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Richard Kunze bekannt auch als Knuppel Kunze 5 Februar 1872 in Sagan Landkreis Sagan Provinz Schlesien Mai 1945 1 war ein deutscher Lehrer Publizist und volkisch nationalsozialistischer Politiker Richard Kunze Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schriften 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenNach dem Besuch der Stadt und Furstentumschule sowie der Praparandenanstalt und des Seminars zu Sagan arbeitete Kunze zunachst als Volksschullehrer Nach seiner Mittelschullehrerprufung war er an der Knabenmittelschule in Schoneberg tatig und studierte unterdessen Englisch Franzosisch Philosophie und Nationalokonomie an der Berliner Universitat 1907 bis 1909 war er Stadtverordneter in Schoneberg 1909 verliess er den Schuldienst und war von da an hauptsachlich politisch und publizistisch tatig Wahrend des Ersten Weltkrieges leitete Kunze ein Kriegsgefangenenlager in Gardelegen 1918 war Kunze kurzfristig auf Betreiben von Kuno von Westarp beim Kriegsministerium aus dem Heeresdienst entlassen worden 2 Im Konigreich Sachsen fungierte er als Generalsekretar der Deutschkonservativen Partei und war als Redakteur bei deren Zeitschrift Vaterland angestellt wo er sich mit antisemitischer Propaganda einen Namen machte 3 Beim Wahlkampf der Deutschnationalen Volkspartei DNVP zur Wahl zur Deutschen Nationalversammlung im Januar 1919 war Kunze von Oskar Hergt zum Generalsekretar der DNVP und Leiter der Abteilung Vortragswesen beim Parteivorstand ernannt worden 4 Zur gleichen Zeit war Kunze Leiter der Werbeabteilung der Schriftenvertriebsstelle der DNVP 5 dort aber wieder bereits zum 1 April des Jahres entlassen worden 6 Im Vorfeld des Parteitages der DNVP am 12 und 13 Juli liess Kunze durch seinen eigenen Verlag Reklamezettel verteilen in denen er fur einen Gummiknuppel genannt Heda warb der zur Abwehr gegen korperliche Angriffe der durch Brachial Rohheit in der ganzen Welt verrufenen Juden dienen und nur an Nationalgesinnte abgegeben werden sollte 6 7 Kunze wurde fortan weithin als Knuppel Kunze bekannt Ebenfalls 1919 brachte Kunze John Retcliffes Roman Biarritz unter dem Titel Das Geheimnis der judischen Weltverschworung heraus und gab das darin Geschilderte als Tatsachenbericht aus 8 1919 wurde Kunze wiederum Stadtverordneter in Schoneberg und grundete im selben Jahr das Deutsche Wochenblatt Untertitel Unabhangige Zeitung fur das geknechtete Volk seit 1924 als Die Neue Zeitung im Tageszeitungsformat erscheinend Seit 1920 gab er zudem das Deutsche Witzblatt heraus alle diese Publikationen waren radikal antisemitisch Beim Verkauf des Deutschen Wochenblattes am Berliner Kurfurstendamm durch jugendliche Rechtsextremisten kam es im August 1919 zu tatlichen Auseinandersetzungen und dem Einsatz von Schusswaffen Kunze galt als Initiator der antisemitischen Krawalle 9 Am 19 und 21 Februar 1920 hielt Kunze Reden zum Thema Staatsbankrott in Munchen auf vom Deutschvolkischen Schutz und Trutzbund ausgerichteten Veranstaltungen mit insgesamt etwa 5 000 Teilnehmern 10 Im Fruhjahr 1920 grundete Kunze zusammen mit Arnold Ruge und Reinhold Wulle den Deutschvolkischen Arbeitsring Berlin ein Konkurrenzunternehmen zum Deutschvolkischen Schutz und Trutzbund schied aber wegen Meinungsverschiedenheiten noch in der ersten Jahreshalfte wieder aus 11 Dem Schutz und Trutzbund warfen Kunze Wulle und Ruge vor von Freimaurern beherrscht zu sein 12 Am 23 Februar 1921 grundete Kunze die Deutschsoziale Partei DtSP 13 Bei den Wahlen zur Berliner Stadtverordnetenversammlung im Oktober 1921 erzielte die DtSP 0 7 das einzige Mandat der Partei nahm Kunze wahr der zugleich Bezirksverordneter in Schoneberg wurde 14 Ebenfalls 1921 eroffnete Kunze am Potsdamer Platz ein Wurst und Fleischwarengeschaft in dem Abonnenten seiner Zeitung Deutsches Wochenblatt zu verbilligten Preisen einkaufen konnten 15 Die Moglichkeit Wurst zu reduzierten Preisen einzukaufen bestand auch in der DtSP Parteigeschaftsstelle Diese Geschaftspraktiken wurden vom Berliner Tageblatt aufgegriffen das Widerspruche zu dem von Kunze vertretenen besonderen Schutz kleiner Gewerbetreibender sah Nach Angaben der Zeitschrift Weltbuhne hatte sich Kunze wahrend des Krieges als Leiter des Gefangenenlagers an Schiebungen von Lebensmitteln beteiligt Bei Kriegsende habe Kunze versucht mit einem Mobelwagen nach Berlin zuruckzukehren Das Fahrzeug sei jedoch so mit Lebensmitteln beladen gewesen dass es unterwegs zusammenbrach so die Weltbuhne 16 Kunze galt dabei nach Meinung der Weltbuhne als einer der besten Redner die es heute in Deutschland gibt Kein Zweifel dass Kunze sich auf die Psychologie der Philister versteht wie kaum Einer im Lande hier Er weiss ganz genau wie er eine Periode aufzubauen hat deren Schluss schon halb in den beginnenden Beifallssturmen untergeht Sein politisches Programm ist wenn man die Geistesverfassung seiner Anhanger berucksichtigt fur die es ja verfasst ist erstaunlich geschickt zusammengestellt Er hegt sogar keine Bedenken mit den Kommunisten zu paktieren und Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer zu fordern Das Geheimnis ist eben dass Kunze mit der Dummheit jongliert und dabei viel besser fahrt als seine Kollegen von den anderen Parteien die immer wahnen einem Auditorium von Gelehrten gegenuberzustehen 17 Das Berliner Tageblatt veroffentlichte am 26 April 1922 einen Briefwechsel zwischen einem Vertrauten Kunzes und dem Berliner Buro des Grossindustriellen Hugo Stinnes in dem um finanzielle Unterstutzung Kunzes gebeten wurde Das Buro von Stinnes lehnte dies wegen der Kampfesweise Kunzes ab wies aber auf eine inhaltliche Ubereinstimmung in vielen Punkten hin Kunzes Ziel wurde von seinem Vertrauten unter anderem als die Trennung unserer gutgesinnten Arbeiterschaft von ihren judischen Fuhrern 18 definiert Kunze der sich selbst als Berliner Arbeiterfuhrer sah hatte in Reden Stinnes mehrfach offentlich angegriffen Kunze mobilisierte seine Anhanger zu von Gewalt begleiteten Kundgebungen gegen ihm politisch Missliebige hielt sich jedoch bei Gewalttaten im Hintergrund Im Juli 1922 erhielt der Reichskommissar fur die Uberwachung der offentlichen Ordnung vertrauliche Hinweise dass aus einer Gruppe innerhalb des Kreises um den bekannten Knuppel Kunze Gefahr drohe die auch fur den Herrn Reichskanzler von Bedeutung sei Es handelt sich hauptsachlich um junge Leute die den studentischen Vereinen nahestunden Dabei wurde ausgeschlossen dass Kunze sich selbst an Anschlagen auf fuhrende Vertreter der Weimarer Republik beteiligen konnte Kunze selbst ist wie mir berichtet wird ein eitler auf seine personliche Sicherheit sehr bedachter Mann und alles andere als ein Mann der Tat 19 Der schlesische SPD Landtagsabgeordnete Otto Buchwitz charakterisierte Kunze als politischen Wegelagerer und als eine skrupellose Erpressernatur 20 In der Reichstagswahl im Mai 1924 konnte Kunze fur den Wahlkreis 3 Potsdam II in den Reichstag einziehen wo er seine Partei in der zweiten Wahlperiode bis Dezember 1924 vertrat In dieser Zeit setzte der Niedergang der DtSP ein Im September 1924 trat der nach Kunze fuhrende Mann in der Berliner DtSP unter dem Vorwurf Kunze benutze die Partei nur fur private Zwecke zum Gelderwerb aus 21 Wahlniederlagen und Massenabwanderungen der DtSP Mitglieder zur Deutschvolkischen Freiheitsbewegung und zur Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei NSDAP reduzierten die DtSP zur Splittergruppe Im Mai 1929 loste Kunze die DtSP auf und trat selber in die NSDAP ein 22 Mitgliedsnummer 240 001 23 Der Berliner NSDAP Gauleiter Joseph Goebbels kommentierte dies in seiner Zeitung Der Angriff unter der Uberschrift Parteibesitzer Kunzes Ende 21 Nach der Auflosung der Partei betatigte sich Kunze unter anderem als Wirt eines Lokals in der Landsberger Strasse im Berliner Bezirk Friedrichshain Dieses Lokal diente zeitweise dem SA Sturm von Horst Wessel als Sturmlokal Ab 1930 trat Kunze fur die NSDAP als Reichsredner auf Anschliessend war er von 1932 bis 1933 fur die NSDAP Mitglied im Preussischen Landtag Von November 1933 bis 1945 hatte er erneut ein Mandat im dann bedeutungslosen Reichstag Zu Kunzes 70 Geburtstag erschienen in der nationalsozialistischen Presse zahlreiche Wurdigungen in denen Kunzes Rolle als Wegbereiter bei der Propagierung antisemitischen Gedankengutes hervorgehoben wurde 21 Am gleichen Tag wurde Kunze unter Verweis auf seine Tatigkeit als Schriftsteller und Parlamentsabgeordneter das Goldene Parteiabzeichen der NSDAP verliehen 23 Nach der Befreiung Berlins im Mai 1945 wurde Kunze verhaftet und gilt seitdem als verschollen 24 Wilhelm Heinz Schroders Datenbank BIORAB Online gibt diesen Monat als Todesdatum an 1 Kunzes Publikationen Im neuen Deutschland 1929 und Die ungeheure Schuld der Novemberlinge und ihrer Mitlaufer 1931 wurden in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt 25 in der Deutschen Demokratischen Republik folgte dazu noch Hau Ruck Der Westwall steht 1939 26 Schriften BearbeitenDie Schuldigen Ein Wegweiser fur alle die nicht aufhoren wollen Preussen und Deutsche zu sein Deutschnationale Schriftenvertriebsstelle Berlin 1919 Das Schicksal unserer gefangenen Bruder Ein Weckruf an das deutsche Gewissen Deutschnationale Schriftenvertriebsstelle Berlin 1919 Die Germanen in der antiken Literatur Eine Sammlung der wichtigsten Textstellen Freytag Leipzig und Tempsky Wien 1920 Bd 1 Romische Literatur Bd 2 Griechische Literatur Im neuen Deutschland Ein Bilderbuch fur Erwachsene Erschienen im Selbstverlag Berlin 1929 Die ungeheure Schuld der Novemberlinge und ihrer Mitlaufer Erschienen im Selbstverlag Berlin 1931 Der Weg zur Rettung Erschienen im Selbstverlag Berlin 1932 Hau Ruck Der Westwall steht Ein launiges Buch von den Mannern mit Schippe und Hacke Herausgegeben im Auftrag der Deutschen Arbeitsfront Gauwaltung Saarpfalz Saardeutsche Verlagsanstalt Saarbrucken 1939 Literatur BearbeitenChristoph Jahr Kunze Richard in Handbuch des Antisemitismus Band 2 1 2009 S 444f Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Richard Kunze im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Richard Kunze in der Datenbank der ReichstagsabgeordnetenEinzelnachweise Bearbeiten a b Lebensdaten nach der Biografie von Richard Kunze Politiker 1872 In Heinrich Best Wilhelm H Schroder Datenbank der Abgeordneten in der Nationalversammlung und den deutschen Reichstagen 1919 1933 Biorab Weimar Jan Striesow Die Deutschnationale Volkspartei und die Volkisch Radikalen 1918 1922 Band 1 Haag und Herchen Frankfurt Main 1981 S 15 Jan Striesow Die Deutschnationale Volkspartei und die Volkisch Radikalen 1918 1922 Band 2 Haag und Herchen Frankfurt Main 1981 S 503 Walter Mohrmann Antisemitismus Ideologie und Geschichte im Kaiserreich und in der Weimarer Republik Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1972 S 111 Striesow 1981 Band 1 S 48 a b Striesow 1981 Band 1 S 128 Vgl auch Mohrmann 1972 S 156f Mohrmann 1972 S 124f Bernd Kruppa Rechtsradikalismus in Berlin 1918 1928 Overall Verlag Berlin 1988 ISBN 3 925961 00 3 S 101ff Uwe Lohalm Volkischer Radikalismus Die Geschichte des Deutschvolkischen Schutz und Trutz Bundes 1919 1923 Leibniz Verlag Hamburg 1970 S 294 ISBN 3 87473 000 X Lohalm 1970 S 258 Kruppa Rechtsradikalismus S 142 Martin Schuster Die SA in der nationalsozialistischen Machtergreifung in Berlin und Brandenburg 1926 1934 Technische Universitat Berlin 2005 S 18 20 Kruppa Rechtsradikalismus S 223 Kruppa Rechtsradikalismus S 151f Kruppa Rechtsradikalismus S 152 unter Verweis auf Johannes Fischart Neue Politikerkopfe XIV Richard Kunze in Die Weltbuhne Nr 30 II 24 Juli 1924 S 127 131 Heinz Pollack Knuppel Kunze in Die Weltbuhne Nr 43 II 26 Oktober 1922 S 440 442 zitiert bei Kruppa Rechtsradikalismus S 150 Im Berliner Tageblatt Nr 195 26 April 1922 veroffentlichtes Schreiben zitiert bei Kruppa Rechtsradikalismus S 192 Schriftverkehr des Reichskommissars fur die Uberwachung der offentlichen Ordnung zitiert bei Kruppa Rechtsradikalismus S 194f Siehe auch ebenda S 143 Manfred Weissbecker Deutschsoziale Partei 1921 1928 in Dieter Fricke Hrsg Lexikon zur Parteiengeschichte Die burgerlichen und kleinburgerlichen Parteien und Verbande in Deutschland 1789 1945 Band 2 Bibliographisches Institut Leipzig 1984 S 539 unter Verweis auf Otto Buchwitz 50 Jahre Funktionar der deutschen Arbeiterbewegung Berlin 1949 S 109f a b c Kruppa Rechtsradikalismus S 300 327ff 362 Schuster 2005 S 43 a b Klaus D Patzwall Das goldene Parteiabzeichen und seine Verleihungen ehrenhalber 1934 1944 Patzwall Norderstedt 2004 ISBN 3 931533 50 6 S 55 76 Ernst Rudolf Huber Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789 Band 6 Die Weimarer Reichsverfassung Kohlhammer Stuttgart 1984 S 282 http www polunbi de bibliothek 1948 nslit k html http www polunbi de bibliothek 1953 nslit k htmlNormdaten Person GND 130080357 lobid OGND AKS VIAF 15867180 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kunze RichardALTERNATIVNAMEN Knuppel KunzeKURZBESCHREIBUNG deutscher Lehrer Publizist und Politiker NSDAP MdR MdLGEBURTSDATUM 5 Februar 1872GEBURTSORT Sagan Landkreis Sagan Provinz SchlesienSTERBEDATUM Mai 1945 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Richard Kunze Politiker 1872 amp oldid 232781463