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Reynette von Koblenz auch Reyne Reynette von Munstermaifeld Reynette Bonenfant Gutkind um 1340 verst zw 1394 und 1397 dominierte als Geldverleiherin uber ein Vierteljahrhundert den judischen Kapitalmarkt am Mittelrhein Daneben war sie auch als Immobilien und Weinhandlerin tatig Die Koblenzer Geschaftsfrau fuhrte ein fur eine Judin im Spatmittelalter sehr typisches Leben Mittelalterliche Illustration von judischen Geldverleihern in Frankreich In der christlichen Bildkunst war der Judenhut das Kennzeichen fur Juden Ab Mitte des 13 Jahrhunderts und verstarkt im 14 Jahrhundert kam eine physiognomische Markierung mittels Zerrbild vom hasslichen Juden u a mit Hakennase und wulstigen Lippen hinzu Dies wurde bis ins Spatmittelalter und in die Jetztzeit fortgefuhrt Erwerbstatige Judinnen brachten den Unterhalt fur ihre Familien sehr oft ganz allein auf damit ihre Ehemanner lebenslang und ungestort die Torah an einer Jeschiwa studieren konnten Gemessen an ihrem finanziellen Erfolg stand sie auf einer Stufe mit dem damals wichtigsten Geldgeber Frankfurts der Judin Zornline 1 Als Witwen waren die beiden Frauen dann noch erfolgreicher Im gesamten Rheinland gab es nur sehr wenige mannliche Juden die ihnen in dieser Hinsicht uberhaupt das Wasser reichen konnten Reynette und Zornline markieren sehr eindrucksvoll eine Wende der aschkenasischen Judenheit des Mittelalters die sich auch mit der Abschaffung der Benachteiligung von Frauen im Ehe und Erbrecht auszeichnete 1385 waren in Nurnberg funf der 30 judischen Geldleiher Frauen darunter die Witwen Gutta und Jut Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft 1 2 Munstermaifeld und Koblenz 1 3 Nach Leos Tod 1 4 Reynette Bonenfant Gutkind 1 5 Kinder 2 Historische Einordnung 2 1 Damalige Kreditbedingungen 2 2 Gleichstellung der Frau im judischen Erb und Eherecht 2 3 Zeit der Finsternis 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHerkunft Bearbeiten Ihr Name Reynette bzw Reyne deutet auf eine Herkunft aus dem damaligen Gallien also aus dem Gebiet des heutigen Frankreich hin 2 Sie war vermutlich eine Nachfahrin jener Juden die im Jahre 1306 vom franzosischen Konig Philipp IV aus dessen Kron und Lehnslanden vertrieben worden waren Munstermaifeld und Koblenz Bearbeiten Erstmals in den Quellen erwahnt wird Reynette im April 1358 zusammen mit ihrem Ehemann Leo in Munstermaifeld in Kurtrier als Geld und Pfandleiher Uber ihren Ehemann in den Quellen auch Lewe oder Levin genannt ist wenig bekannt Moglicherweise war er mit Lewen judeum gallicum dem gallischen Juden Lewe identisch der 1333 mit seiner Familie in Vallendar aufgenommen wurde Erstmalig in Munstermaifeld ist er im November 1355 als Jude des Trierer Erzbischofs nachgewiesen 2 Da sich in Koblenz wesentlich bessere Erwerbsmoglichkeiten boten wechselte das Paar wenig spater seinen Wohnort Marz 1361 also nur wenige Jahre nach der Katastrophe der Pestverfolgung von 1349 gewahrte Leo als Koblenzer Burger judischen Glaubens der Stadt Andernach einen Kredit in Hohe von 200 Gulden Bis zu Leos Tod 1365 6 sind zwolf Schuldverschreibungen von Andernachern erhalten mit einem Gesamtbetrag von fast 2000 Gulden und einem Jahreszins von uber 70 Leo war damit der Hauptkreditgeber der Stadt Nach Leos Tod Bearbeiten Reynettes geschaftlicher Erfolg resultierte im Wesentlichen aus ihren Geschaften mit der Stadt Andernach Nach Leos Tod baute Reynette das Geschaft aus 1369 war sie als erste Koblenzer Geldverleiherin in der Lage einen Kredit von 1000 fl zu vergeben Die Andernacher Burgerschaft stand zu der Zeit mit 1600 fl bei ihr in der Kreide Drei Jahre spater waren es bereits 8000 fl und der Stadt drohte Zahlungsunfahigkeit die vermittels eines Beauftragten des Trierer Erzbischofs abgewendet werden konnte Den Burgern wurde erlaubt ihre Schulden in Naturalien besonders Wein abzutragen Reynettes Geldgeschafte mit der Stadt dauerten bis Ende der 1370er Jahre an Reynette Bonenfant Gutkind Bearbeiten An Reynettes Selbstandigkeit anderte sich auch nichts als sie spatestens 1377 Moses den Sohn des 1351 in die Stadt aufgenommenen Jakob aus der einflussreichen Familie Bonenfant heiratete Moses verfugte wie sein Vater uber rabbinische Kenntnisse seinen Lebensunterhalt aber verdiente er sich nicht als Lehrer sondern mit kleineren Geldgeschaften vorwiegend in Oberlahnstein An grossere Kreditoperationen traute er sich meist nur im Verbund mit seiner Frau Reynette blieb nach aussen hin der eindeutig dominierende Teil dieser Partnerschaft Moses machte die Rollenverteilung offentlich indem er mit ich Moisse Reynetten man unterzeichnete 1 Er tatigte auch Geschafte wenngleich in einem wesentlich bescheideneren Masse Gewinntrachtiger und weniger risikobehaftet da mit zuverlassigeren Sicherheiten versehen war das Geschaft mit Adolf I von Nassau der die Mainzer Erzbischofswurde anstrebte und 1381 auch erreichte Dieser brauchte fur seine territorialpolitischen Auseinandersetzungen mit den rheinischen Pfalzgrafen bestandig Bargeld so das Reynette Bonenfant mehrere tausend Gulden investieren konnte und als Sicherheit die Einnahmen des Mainzer Zolls aus Oberlahnstein erhielt Bei 60 von 132 in Koblenz belegten Kreditgeschaften lagen die Summen zwischen 1000 fl und 8000 fl wobei ihre Kunden neben den Genannten noch Grafen Edelherren Stiftskleriker Ritter und stadtische Ministeriale waren Die zweite Judenschuldentilgung Konig Wenzels 1390 veranlasste den Trierer Erzbischof Werner von Falkenstein in die uber 30 Jahre ungehinderten judischen Geldgeschafte einzugreifen um bspw Zinsreduzierungen zu erreichen Reynette Bonenfant war zu der Zeit nur noch gelegentlich aktiv und ihre Tochter Mede die den gleichen Beruf ausubte hatte sich bereits an den Oberrhein abgesetzt 1418 vertrieb Falkensteins Nachfolger Otto von Ziegenhain die Juden aus dem Erzstift Um 1430 verschuldete sich Koblenz bereits erneut bei Juden Sie konnten ab 1518 dann wieder dort leben Kinder Bearbeiten Bekannt ist die Tochter Mede Sie lebte unter dem Schutz des Mainzer Erzbischofs 1387 in Bingen und heiratete dort Eheschliessung Lieser von Strassburg Ab 1390 lebte sie wieder im Trierer Erzstift Am 1 Januar dieses Jahres erhielt das Paar von Erzbischof Werner von Falkenstein das Recht sich mit Kindern und Gesinde fur zunachst drei Jahre in Oberwesel gegen einen jahrlichen Schutzzins von 35 Gulden hauslich niederzulassen Darauf und auf ihre Erbanspruche verzichtete Mede Sie zog es vor als freie Judin in Koln und spater im kurmainzischen Bingen spater Speyer zu leben Medes Ehemann Lieser jedoch trat fur sich und seine noch unmundige Tochter Trinlin das Erbe Reynettes an auch wenn er dafur seine Freiheit aufgeben musste Er wurde erbeigener Jude des Trierer Erzstifts Historische Einordnung BearbeitenDamalige Kreditbedingungen Bearbeiten Der Jahreszinssatz der Kredite betrug seinerzeit etwa 50 Verstrich die Ruckzahlungsfrist waren weitere Zinsen zwischen 43 und 72 fallig Die Laufzeit stieg mit der Hohe des Kreditrahmens von zwei Wochen auf mehrere Jahre bei dann exakt festgelegten Teilruckzahlungssummen und terminen Als Sicherung der Darlehen waren neben Rustungen Waffen Kleidern Schmuck und Anteilen an Zolleinkunften auch immobile Guter so dass Reynette Bonenfant auch als Immobilienhandler tatig war Im Mittelrheingebiet wurden auch Ertrage der Weinlese in Fuder 1 Fuder 800 1800 Liter oder deren Einkunfte in Pfand genommen Gleichstellung der Frau im judischen Erb und Eherecht Bearbeiten Die Rabbinen entschieden mit Beginn des 14 Jahrhunderts dass auch Frauen erben konnen Der Impuls fur die Erbrechtsanderung ging vermutlich von den gallo romanischen Juden aus in deren ehemaliger Heimat selbstandige weibliche Geldverleiherinnen schon seit geraumer Zeit keine Seltenheit waren Die Einzelfamilie gewann zunehmend an Bedeutung Bedingt durch die besondere rechtliche Entwicklung gewann die judische Familie nunmehr auch als wirtschaftliche Kleinstorganisation eine wesentlich grossere Geltung Zeit der Finsternis Bearbeiten Aufschlussreich fur das christlich judische Verhaltnis im Mittelalter ist folgendes Reynette lieh dem Burggrafen Daniel auf Lahneck bei Oberlahnstein damals im Besitz des Mainzer Erzbischofs Geld und notierte auf der Schuldurkunde als Termin fur die Ruckzahlung auf Hebraisch Zeit der Finsternis wahrend der deutsche Text der Urkunde Maria Lichtmess angab Der Ausdruck Zeit der Finsternis wurde von ihr ganz bewusst gewahlt Es war die Antwort auf antisemitische Attituden der Christen wie u a die Gottesmutter als Jungfrau Maria zu verehren und Kerzen anzuzunden 3 wohingegen jeder Jude damals wusste dass im Original hebraischer Text junge Frau stand So wie die Juden in ihrer internen antichristlichen Polemik die jungfrauliche Gottesmutter bisweilen mit wenig schmeichelhaften Attributen beehrten so fanden sie fur das christliche Fest Maria Lichtmess keine passendere Bezeichnung als eben die Zeit der Finsternis Die Bezeichnung bis zur Zeit der Finsternis war auch auf drei weiteren Urkunden anderer Geldverleiher notiert Literatur BearbeitenFranz Josef Ziwes Zum judischen Kapitalmarkt im spatmittelalterlichen Koblenz In Friedhelm Burgard Alfred Haverkamp Franz Irsigler Winfried Reichert Hrsg Hochfinanz im Westen des Reiches 1150 1500 Trierer Historische Forschungen 31 Trier 1996 S 49 74 Franz Josef Ziwes Reynette von Koblenz Judisches Frauenleben im spaten Mittelalter In Franz Irsigler Gisela Minn Hrsg Portrat einer europaischen Kernregion Der Rhein Maas Raum in historischen Lebensbildern Trier 2005 S 138 146 Weblinks BearbeitenFranz Josef Ziwes Reynette von Koblenz In Portal Rheinische Geschichte Abgerufen am 9 November 2023 Franz Josef Ziwes Judisches Frauenleben im spaten Mittelalter Reynette von Koblenz In Portal der Synagoge Munstermaifeld Abgerufen am 9 November 2023 Einzelnachweise Bearbeiten a b Barbara Beuys Heimat und Holle Judisches Leben in Europa durch zwei Jahrtausende Religion Geschichte Kultur Rowohlt 2017 ISBN 978 3 688 10322 5 books google de a b Franz Josef Ziwes Judisches Frauenleben im spaten Mittelalter Reynette von Koblenz In Portal der Synagoge Munstermaifeld Abgerufen am 9 November 2023 Franz Josef Ziwes Zum judischen Kapitalmarkt im spatmittelalterlichen Koblenz In Hochfinanz im Westen des Reiches Verlag Trierer historische Forschungen Band 31 1996 ISBN 3 923087 30 6 Normdaten Person GND 1069579289 lobid OGND AKS VIAF 315559137 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME ReynetteALTERNATIVNAMEN Reynette BonefantKURZBESCHREIBUNG GeldleiherinGEBURTSDATUM um 1340STERBEDATUM nach 1390 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reynette amp oldid 239315673