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Der Begriff Rassismus ohne Rassen gehort zu einem von den Sozialwissenschaftlern Etienne Balibar 1992 und Stuart Hall 1989 gepragten Theorieansatz der Rassismusforschung Er geht dabei von der Existenz eines Rassismus aus bei dem der Begriff der Rasse nicht verwendet werde Er ist heute ein weitverbreiteter Topos in der Rassismusforschung 1 Anstelle des Begriffs Rassismus ohne Rassen werden teilweise auch die Begriffe Kulturalismus 2 3 sowie kultureller Rassismus und Neo Rassismus verwendet Inhaltsverzeichnis 1 Rassismus ohne Rassen nach Stuart Hall 2 Rassismus ohne Rassen nach Etienne Balibar 3 Kultureller Rassismus 4 Neorassismus 5 Kritik an Begriff und Theorie 6 Rassismus ohne Rassen in den Konzepten der Neuen Rechten 7 Begriffsdebatte in der Rassismusforschung 8 Siehe auch 9 Literatur 10 Weblinks 11 AnmerkungenRassismus ohne Rassen nach Stuart Hall BearbeitenStuart Hall sieht im Alltagsbewusstsein vieler Menschen einen Rassismus ohne Rassen der sich als soziale Ausschliessungspraxen manifestiere aber keine ausgepragte Rassentheorie zur Grundlage habe Danach lage Rassismus vor wenn eine ausgrenzende Mehrheitsgruppe die Macht besasse eine Minderheit als nicht normal oder anders zu definieren und sie in ihren Lebensbedingungen zu benachteiligen Wenn dieses Klassifikationssystem dazu dient soziale politische und okonomische Praxen zu begrunden die bestimmte Gruppen vom Zugang zu materiellen oder symbolischen Ressourcen ausschliessen dann handelt es sich um rassistische Praxen Stuart Hall Rassismus als ideologischer Diskurs 4 Nach Hall ermogliche es der Rassismus ohne Rassen Identitat zu produzieren und Identifikationen abzusichern Er sei Bestandteil der Erzielung von Konsens und der Konsolidierung einer sozialen Gruppe in Opposition zu einer anderen ihr untergeordneten Gruppe Allgemein wird dies von Hall als Konstruktion des Anderen beschrieben 5 Rassismus ohne Rassen nach Etienne Balibar BearbeitenDer Rassismus ohne Rassen geht nach Balibar einher mit der Naturalisierung des Kulturellen des Sozialen oder der Geschichte wodurch diese sozusagen stillgestellt und jeglichem Versuch einer Veranderung entzogen sei Siegfried Jager 6 Ideologisch gehort der gegenwartige Rassismus in den Zusammenhang eines Rassismus ohne Rassen eines Rassismus der jedenfalls auf den ersten Blick nicht mehr die Uberlegenheit bestimmter Gruppen oder Volker uber andere postuliert sondern sich darauf beschrankt die Schadlichkeit jeder Grenzverwischung und die Unvereinbarkeit der Lebensweise und Traditionen zu behaupten Etienne Balibar Rasse Klasse Nation Ambivalente Identitaten 7 Balibar bezieht sich auch auf das seiner Auffassung nach ahnlich gelagerte Phanomen des Antisemitismus ohne Juden Dieser Begriff beschreibt die Theorie dass auch in Gegenden ohne judische Bevolkerung Antisemitismus mitunter fortbestehen oder sogar noch ausgepragter sein konne als in Regionen mit einer judischen Gemeinde Kultureller Rassismus BearbeitenGedankengebaude die Kultur nicht als historisch bedingt und nicht als veranderbar betrachten und in denen Vorstellungen von Kultur in einem solchen Masse verdinglicht und essentialisiert werden dass Kultur zum funktionalen Aquivalent des Rassenbegriffs wird werden als kultureller Rassismus bezeichnet 8 John Solomos und Les Back vertreten die Auffassung dass Rasse heute als Kultur kodiert wird und dass das zentrale Merkmal dieser Prozesse darin besteht dass die Eigenschaften von sozialen Gruppen fixiert naturalisiert und in einen pseudobiologisch definierten Kulturalismus eingebettet werden George M Fredrickson Rassismus Ein historischer Abriss 8 Hall sieht eine Ablosung des genetischen durch einen kulturellen Rassismus Statt von Rasse wurden in neu rechten Ideologien Ethnizitat und Kultur als Ersatzbegriffe verwandt und statt von genetischem Mangel sei von einem Kulturdefizit die Rede 9 Dabei wurden bestimmte Lebensgewohnheiten Sitten und Gebrauche einer bestimmten Menschengruppe verabsolutiert und naturalisiert sozusagen als die einzig normale Form zu leben angesehen und andere davon abweichende Lebensformen negativ oder auch positiv bewertet ohne dass dies unbedingt genetisch oder biologisch begrundet wird Auch dies dient der genannten Ausschliessung anderer Menschen der Abgrenzung und der Legitimation die Anderen zu bekampfen Siegfried Jager 10 In Deutschland ist nach dem Nationalsozialismus das Wort Rasse auf Menschen bezogen diskreditiert Dies fuhre nach Theodor Adorno haufig zur Vermeidung des Begriffes Rasse und der Ersetzung des Begriffes um rassistische Theorien und Inhalte zu kaschieren Als Klassifizierungsschema der Biologie fur Pflanzen und Tiere ist es weiterhin allgemein ublich Das vornehme Wort Kultur tritt anstelle des verponten Ausdrucks Rasse bleibt aber ein blosses Deckbild fur den brutalen Herrschaftsanspruch Theodor W Adorno 11 Dass die Vorstellung von biologischen Rassen wissenschaftlich widerlegt ist hindere nach Ansicht der Psychologin Sabine Grimm Rassisten nicht daran Menschen aus nationalistischen und rassistischen Motiven anzugreifen Der aufklarerische Hinweis darauf dass die Wissenschaft die Vorstellung von biologischen Rassen widerlegt hat hat noch keinen Rassisten davon abgehalten genau zu wissen wen er angreift Denn fur die Individuen die als Rasse identifiziert werden und sich zum Teil selbst identifizieren ist es ziemlich egal ob die Biologie oder der Diskurs Natur oder Kultur als Erklarungen dafur herangezogen werden dass sie ausgegrenzt stigmatisiert oder verbrannt werden Sabine Grimm 12 Benjamin Bauer fuhrt die Renaissance des Rassismus unter dem Begriff der Kultur auf die Entstehung des wissenschaftlichen Antirassismus in der Kulturanthropologie des fruhen zwanzigsten Jahrhunderts zuruck Mit den Forschungen der Gruppe um Franz Boas gelang es den Anthropologen zwar den wissenschaftlichen Rassismus zu widerlegen Auf den Forschungsergebnissen der Boasians fusste die Ablehnung des Rassismus durch die Vereinten Nationen nach dem Zweiten Weltkrieg Gleichzeitig ubernahmen sie mit der Vorstellung in sich geschlossener eigenen Entwicklungsgesetzen unterlegener Kulturen wesentliche Grundannahmen der Rassenanthropologie 13 Nach Auffassung von Verena Stolcke sind Debatten um Migration ein Ausdruck kulturellen Fundamentalismus 14 In dessen ausschliessender Rhetorik so Halleh Ghorashi gehe es nicht mehr um einen Schutz der Rasse sondern um eine historisch verwurzelte homogene Nationalkultur Dieser Rassismus ohne Rassen betone mit seiner Definition von Nation und Kultur die Unvereinbarkeit verschiedener Kulturen und die Notwendigkeit die angestammte Kultur und Identitat vor kultureller Invasion zu bewahren und fuhre damit zu einer neuen Exklusion im Namen der Kultur Halleh Ghorashi 15 In der Forschung zum Neorassismus wird synonym zum Begriff des kulturellen Rassismus auch inkorrekterweise der Begriff Kulturalismus verwendet vgl Magiros Der Kulturalismus als kultureller Rassismus bezeichnet Konzepte die mittels ihres Kulturbegriffes volkische Lehren weiter verfolgen Neorassisten vertreten demnach keinen Kulturalismus im philosophischen Sinne sondern gerade entgegengesetzt einen Biologismus den sie auch auf die Kultur ubertragen Der Kulturbegriff der Neorassisten ist kein kulturalistischer sondern ein naturalistischer Die Rhetorik andert sich zwar aber das biologistische Denken bleibt Das Wort Rasse werde hier durch Kultur Ethnie Volk Nation oder andere Begriffe ersetzt Der Begriff Rasse werde in dieser Form von Rassismus aufgegeben ohne dass in ihm die Abwertung und Ausgrenzung des Anderen an Scharfe verloren gehe 16 Als Merkmale kulturalistischer Konzepte werden folgende Eigenschaften beschrieben Ethnische Formulierung Kultur ware alleine mit der ethnischen volkischen Herkunft verbunden Homogenitat Alle Mitglieder einer ethnischen Gruppe sollten die gleiche Kultur haben Reduzierbarkeit Die wesentlichen Eigenschaften einzelner Menschen waren auf die kulturellen Eigenschaften einer Gruppe beschrankt Starrheit Kulturen seien nicht oder nur uber lange Zeitraume im Rahmen von Generationen veranderbar Solchen Konzepten zufolge wird Kultur als eine unuberwindliche Schranke betrachtet die politisch nicht zu uberwinden sei Entsprechende naturalisierende und biologisierende Argumentationen kamen sowohl im Rechtsextremismus als auch in verkurzten ethnopluralistischen Ansatzen der Neuen Rechten in der Gestalt von Kulturalisierungen der Differenz Muller vor Der emanzipatorische Kultur Begriff des Multikulturalismus werde hier in seiner politischen Bedeutung umgedreht bei Taguieff als Retorsion bezeichnet Dieser kulturalistische eigentlich naturalistische Kultur Begriff sei mit emanzipatorischen Vorstellungen der prinzipiellen Veranderbarkeit von Gesellschaften nicht vereinbar die davon ausgingen dass Menschen sich standig mit ihrer Umgebung auseinandersetzen so dass sie nicht passive Kulturtrager sind sondern sich aktiv Kultur aneignen und die Kulturen ihrer Umwelt auch verandern 17 Gazi Caglar geht so weit objektiv sehr verschiedenartige Kreislaufmodelle als kulturzyklische zu bundeln und in die Kulturalismus Debatte einzubeziehen Dazu zahlt er insbesondere Samuel P Huntingtons clash of civilizations 18 Zyklische Kreislauftheorien interpretieren nach ihm die Geschichte von Gesellschaften als Summe der Geschichte einzelner Kulturen bzw Zivilisationen 19 Der kulturalistische Rassismus verwende Bruchstucke aus den Zyklentheorien zumal von Oswald Spengler und Arnold J Toynbee 20 Auf diesen Zyklentheorien baue nach Gazi Caglar auch das Zivilisationsparadigma auf wie es von Samuel P Huntington in Kampf der Kulturen ausgefuhrt wird Es basiert auf Annahmen zyklischer Geschichtstheoriebildung den grundlegenden Bildern des Eurozentrismus und des kulturalistischen Rassismus uber das Eigene und das Fremde und der politischen Ambitionierung mit den geopolitischen geomilitarischen geowirtschaftlichen Interessen gegenwartiger Zentren der Weltpolitik und okonomie mit Vorzugsstellung des europaischen und US amerikanischen Gazi Caglar 21 Gazi Caglar sieht in Huntingtons Kampf der Kulturen eine Rassentheorie ohne Rassen aus unserer Zeit In diesem Buch spricht Huntington von sieben oder acht Kulturen 22 deren Grenzen allerdings nicht entlang der Linien verlaufen die Rassentheoretiker des 19 Jahrhunderts fur ihre Konstruktionen genutzt haben Huntington lehnt einen Zusammenhang zwischen Kulturkreis und Rasse allerdings ausdrucklich ab Es gibt eine signifikante Entsprechung zwischen der an kulturellen Merkmalen orientierten Einteilung der Menschen in Kulturkreise und ihrer an physischen Merkmalen orientierten Einteilung in Rassen Freilich sind Kulturkreis und Rasse nicht identisch Angehorige einer Rasse konnen durch ihre Zugehorigkeit zu unterschiedlichen Kulturkreisen tief gespalten sein Angehorige verschiedener Rassen konnen durch einen Kulturkreis geeint sein Die wesentlichen Unterschiede zwischen Menschengruppen betreffen ihre Werte Uberzeugungen Institutionen und Gesellschaftsstrukturen nicht ihre Korpergrosse Kopfform und Hautfarbe Samuel P Huntington Kampf der Kulturen Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21 Jahrhundert 23 Hakan Gurses schreibt zum Rassenbegriff dass mit der Ablehnung eines Begriffs nicht seine sprachliche Funktion und ebenso wenig die ihn hervorbringende rationale sprachliche Ordnung getilgt werden konne In vielen seiner Gebrauchsweisen ersetze der Kulturbegriff den Rassebegriff Demgegenuber betont Gurses dass der politische Einsatz des Kulturbegriffs in kolonialistischen oder neo rassistischen Kontexten diesen nicht von vornherein obsolet machen musse denn derselbe Begriff werde auch fur emanzipatorische oder antirassistische Zwecke eingespannt Die Kultur stelle heute im Rahmen kulturwissenschaftlicher und philosophischer Debatten einen Begriff dar der gleichzeitig und auf gleicher Ebene sowohl als Determinante wie auch als Determiniertes eingesetzt werde Gurses beklagt umso mehr die Instrumentalisierung des Kulturbegriffes durch neo rassistische oder neo kolonialistische Theorien Zur unruhmlichen Rolle des Kulturbegriffs im Kolonialismus komme sein durchaus verherrlichender Gebrauch in politisch aktuellen Debatten Der Rassismus handele Kultur als eine Quasi Rasse ab Kulturelle Differenz diene als Paradigma bei der Formulierung jeder Differenz und jede Differenz werde allmahlich auf die Kultur zuruckgefuhrt oder als eine in letzter Instanz kulturelle entschlusselt Die Artikulation jeder kulturellen Differenz bringe eine kulturelle Identitat hervor Der neo rassistische Slogan Recht auf Differenz begleitet vom Zwang zur ethnisch kulturellen Identitat finde in diesem Kulturbegriff einen guten Nahrboden Wer heute uber kulturelle Identitat rede fur den Kulturerhalt pladiere ohne auf die problematischen Funktionen des Kulturbegriffs zu verweisen mache sich verdachtig 24 Den Antirassismus erklart Gurses angesichts der neuen Erscheinungsformen des Rassismus fur gescheitert Der traditionelle Rassismus werde durch einen differentialistischen Neo Rassismus abgelost kulturelle Differenzen wurden verabsolutiert Vermischung verursache so der rassistische Diskurs einen Ethnozid bzw Ethnosuizid der von Antirassisten an der eigenen Kultur begangen werde 25 Taguieff der den Begriff des differentialistischen Rassismus gepragt hat spricht vom rassistischen Antisemitismus des Nationalsozialismus als bereits kulturalistischem Rassismus 26 Neorassismus BearbeitenUnter dem Stichwort New Racism lost der britische Kulturwissenschaftler Martin Barker Rassismus weitgehend von der Verknupfung mit biologischen Rassenkonstruktionen und wendet ihn als komplexen Diskriminierungszusammenhang auch auf ahnliche Einteilungen und Bewertungen aufgrund von Klasse Geschlecht Nation Kultur und Religion an Wesentlich fur diese Ideologie ist nicht die angebliche intellektuelle oder moralische Uberlegenheit von Menschen europaischer Abstammung sondern die Behauptung dass die kulturellen Unterschiede miteinander unvereinbar seien Integration oder Inklusion von Immigranten aus anderen kulturellen Zusammenhangen wird als nicht moglich angesehen vielmehr halten Neorassisten Parallelgesellschaften und einen Kampf der Kulturen im Sinne Huntingtons fur unausweichlich und glauben ihre traditionelle kulturelle Identitat darin verteidigen zu mussen 27 Kritik an Begriff und Theorie BearbeitenKritiker bezeichnen Balibars Konzept des Rassismus ohne Rassen als Inflation des Rassismus Christoph Turcke 28 Der Gefahr der Verschleierung des Rassismus stehe dann die Gefahr entgegen den negativ besetzten Rassismusbegriff zur Tabuisierung und intellektuellen Abwertung von sachlich unverwandten Themenstellungen zu missbrauchen Dies wiederum verzerre den intellektuellen Diskurs Ulrich Bielefeld pladiert fur einen vorsichtigeren und praziseren Umgang mit dem Begriff des Rassismus der immer in einem spezifischen historischen Kontext auftrete Weite man den Begriff zu sehr aus stehe er nicht mehr fur die Falle zur Verfugung in denen er gleichzeitig als analytischer Begriff tatsachlich benotigt werde 29 Arata Takeda beobachtet in der jungeren Ausweitung des Rassismusbegriffs eine Metaphorisierung des Rassismus wodurch die anprangernde Wirkung in erster Linie rhetorisch erzielt werde So seien Ausdrucke wie Rassismus ohne Rassen oder kultureller Rassismus genau genommen Oxymora wie umgekehrt der Ausdruck biologischer Rassismus ein Pleonasmus sei Fur analytische Zwecke schlagt Takeda vor Rassismus und Kulturalismus terminologisch auseinanderzuhalten zumal Kulturalismus im eigentlichen Sinn auch gut gemeinte Praktiken umfassen konne denen Rassismus zu attestieren weder sachgemass noch sinnvoll sei 30 Der Soziologe Wulf D Hund sieht die kulturelle Dimension des Rassismus als zentralen Bestandteil rassistischer Ausgrenzungsmechanismen Die Verbindung rassistischer Diskriminierung mit der Kategorie Rasse umfasst zwar eine sehr wirkungsmachtige aber vergleichsweise kurze Phase der Geschichte des Rassismus Die uberwiegende Zeit seiner Umsetzung wurde er mit Hilfe kultureller Konzepte begrundet und vermittelt Das ist auch heute wieder der Fall Nach der Diskreditierung des Rassenbegriffs bedient sich die rassistische Rhetorik verstarkt kultureller Argumente Obwohl das von der Rassismusforschung analysiert und theoretisiert wird betrachten viele Beitrage dies als neues Phanomen und erstrecken ihre Recherche nicht auf kulturalistische Formen des Rassismus die vor der Entwicklung des Rassenbegriffs oder ausserhalb seiner Reichweite existierten Wulf D Hund Negative Vergesellschaftung S 119 31 Allerdings kann daraus auch gefolgert werden dass kulturelle z B religiose Ausgrenzungsmechanismen langer existieren und dauerhafter sind als biologisch rassistische die fur den fruhen Kolonialismus und das Zeitalter des Imperialismus besonders kennzeichnend sind Nach Hund entwickelte sich die Vorstellung von einer besonderen durch Klima und Boden determinierten Befahigung der weissen Rasse ebenso wie der Rassenbegriff selbst in Deutschland erst in der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts Besonders pragend waren die Werke des Anatomen Johann Friedrich Blumenbach und des Philosophen Immanuel Kant 32 Rassismus ohne Rassen in den Konzepten der Neuen Rechten BearbeitenGemass Ines Aftenberger ist ein sich als Rassismus ohne Rassen prasentierender Neorassismus ein zentrales Ideologem der Neuen Rechten 33 Die rassistische Konzeption dahinter heisst Ethnopluralismus die davon ausgeht dass es nebeneinander existierende kulturelle und genetisch unterschiedliche Gemeinschaften gabe In dieser Konzeption wird uber Kultur geredet jedoch Rasse gemeint und verstanden 34 Nach Auffassung des Ethnopluralismus sind Volker und Volksgemeinschaften nur dann fahig Konflikte zu losen wenn sie sich auf die eigenen kulturellen und geographischen Eigenheiten konzentrieren Die Ideologie geht davon aus dass die einzelnen Volksgemeinschaften jeweils einheitliche Kulturen bilden die man gegen fremde Einflusse verteidigen musse 34 Begriffsdebatte in der Rassismusforschung BearbeitenAuch in der Rassismusforschung ist der Begriff Rasse aus etymologischen Grunden umstritten Forscher wie Philip Cohnen erlautern dass es keinen Zusammenhang zwischen Rasse und Rassismus geben musse Rasse ist das Objekt des rassistischen Diskurses ausserhalb dessen sie keine Bedeutung besitzt sie ist ein ideologisches Konstrukt und keine empirische Gesellschaftskategorie Philip Cohen Gefahrliche Erbschaften Studien zur Entstehung einer multirassistischen Kultur in Grossbritannien 35 Ausgehend von der Annahme dass der Begriff zwar verschwinden kann aber sein Sinngehalt weiterhin existent bleibe ergaben sich dagegen fur Forscher wie etwa Robert Miles Ansatze Rassismus in seiner ideologischen Form zu untersuchen 36 Dabei verwendet Miles eine begrifflich strengere Definition als Hall bei der nur eine Ideologie von der Ungleichheit von Rassen als Rassismus bezeichnet wird Vorgange in denen bei formaler Gleichbehandlung aller Personen die Folgeerscheinungen einer fruheren diskriminierenden Politik fortgeschrieben werden zahlt Miles nicht automatisch zum Rassismus 37 Siehe auch BearbeitenRassismus Rassentheorien Institutioneller Rassismus Ethnisierung Rassistisches Wissen Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit IdeologiekritikLiteratur BearbeitenBenjamin Bauer Kultur und Rasse Determinismus und Kollektivismus als Elemente rassistischen und kulturalistischen Denkens In Berliner Debatte Initial 30 Jg Nr 1 2019 ISSN 0863 4564 S 15 26 Etienne Balibar Immanuel Wallerstein Rasse Klasse Nation Ambivalente Identitaten 3 Auflage Argument Hamburg 2014 ISBN 978 3 88619 386 8 Jost Muller Ideologische Formen Texte zu Ideologietheorie Rassismus Kultur Mandelbaum Verlag Wien 2017 ISBN 978 3 85476 661 2 Jost Muller Mythen der Rechten Nation Ethnie Kultur Edition ID Archiv Berlin 1995 ISBN 978 3 85476 661 2 Philip Cohen Gefahrliche Erbschaften Studien zur Entstehung einer multirassistischen Kultur in Grossbritannien In Annita Kalpaka Nora Rathzel Hrsg Die Schwierigkeit nicht rassistisch zu sein Koln 1994 Stuart Hall Rassismus als ideologischer Diskurs In Das Argument Nr 178 1989 Christian Koller Rassismus UTB Profile Ferdinand Schoningh Paderborn u a 2009 ISBN 978 3 8252 3246 7 Gazi Caglar Der Mythos vom Krieg der Zivilisationen Der Westen gegen den Rest der Welt Eine Replik auf Samuel P Huntingtons Kampf der Kulturen Unrast Munster 2002 ISBN 3 89771 414 0 Siegfried Jager Rassismus und Rechtsextremismus Gefahr fur die Demokratie fes de dort zu Stuart Hall Annita Kalpaka Nora Rathzel Hrsg Die Schwierigkeit nicht rassistisch zu sein 2 Auflage Mundo Leer 1990 Angelika Magiros Kritik der Identitat Bio Macht und Dialektik der Aufklarung Werkzeuge gegen Fremdenabwehr und Neo Rassismus 2004 dort S 6 f ausfuhrlich zur Debatte um den Theorieansatz Shulamit Volkov Antisemitismus als kultureller Code Zehn Essays 2 Auflage Beck Munchen 2000 ISBN 3 406 42149 0 Ulrich Bielefeld Das Eigene und das Fremde Neuer Rassismus in der Alten Welt 2 Auflage Junius Hamburg 1992 ISBN 3 88506 190 2 Giaco Schiesser Rassismus ohne Rassen Zur Geschichte und Theorie eines Begriffs In WoZ Nr 44 1991 Rezension von Robert Miles Einfuhrung in die Geschichte und Theorie eines Begriffs Hamburg 1991 Weblinks BearbeitenStefan Gaitanides Gegenuberstellung in tabellarischer Form des traditionellen biologischen Rassismus und des Neo Kultur rassismus PDF 45 kB FH Frankfurt Rassismus heute Informations und Dokumentationszentrum fur Antirassismusarbeit in Nordrhein Westfalen Anmerkungen Bearbeiten Angelika Magiros Kritik der Identitat Bio Macht und Dialektik der Aufklarung Werkzeuge gegen Fremdenabwehr und Neo Rassismus 2004 dort S 6 f ausfuhrlich zur Debatte um den Theorieansatz Institut fur Wissenschaft und Kunst Rassismus und Kulturalismus mit einem Vorwort von Franz Martin Wimmer Hartmut M Griese Kritik der interkulturellen Padagogik Essays gegen Kulturalismus Ethnisierung Entpolitisierung und einen latenten Rassismus Lit Verlag 2004 ISBN 3 8258 5638 0 Stuart Hall Rassismus als ideologischer Diskurs In Das Argument Ausgabe 178 1989 S 913 Stuart Hall Rassismus als ideologischer Diskurs In Das Argument Nr 178 1989 Siegfried Jager Brandsatze Synoptische Analyse vgl Etienne Balibar Immanuel Wallerstein Rasse Klasse Nation 1 Auflage Hamburg 1990 Etienne Balibar Immanuel Wallerstein Rasse Klasse Nation 1 Auflage Hamburg 1990 S 28 a b George M Fredrickson Rassismus Ein historischer Abriss Hamburger Edition Hamburg 2004 Einleitung online Memento vom 23 August 2016 im Internet Archive Gita Steiner Khamsi Multikulturelle Bildungspolitik in der Moderne Leske amp Budrich Opladen Rassismus und Rechtsextremismus Gefahr fur die Demokratie online vgl Stuart Hall Rassismus als ideologischer Diskurs In Das Argument Jg 31 Nr 178 1989 S 913 921 Theodor W Adorno Schuld und Abwehr Gesammelte Schriften Band 9 2 Frankfurt a M 1975 Sexismus ohne Sex Wahrend der Komplex Rassismus Nationalismus ausgiebig diskutiert wird sieht es hinsichtlich des Sexismus eher durftig aus Benjamin Bauer Kultur und Rasse Determinismus und Kollektivismus als Elemente rassistischen und kulturalistischen Denkens In Berliner Debatte Initial Nr 1 2019 ISBN 978 3 947802 23 4 S 15 27 Verena Stolcke Talking Culture New Boundaries New Rhetorics of Exclusion in Europe In Current Anthropology Band 36 Nr 1 1995 S 1 24 englisch Halleh Ghorashi Warum hat Ayaan Hirsi Ali unrecht In Perlentaucher 14 Marz 2007 Angelika Magiros Kritik der Identitat Bio Macht und Dialektik der Aufklarung Werkzeuge gegen Fremdenabwehr und Neo Rassismus Munster 2004 Insb S 166 ff vgl Pierre Andre Taguieff 1988 Mark Terkessidis Kulturkampf Volk Nation der Westen und die Neue Rechte Koln 1995 Jost Muller Rassismus und die Fallstricke des gewohnlichen Antirassismus In Redaktion diskus Hrsg Die freundliche Zivilgesellschaft Edition ID Archiv Berlin 1990 Kanak attak Multikulturalismus Die Caprifischer schlagen zuruck 1 Gazi Caglar Der Mythos vom Krieg der Zivilisationen Der Westen gegen den Rest der Welt Eine Replik auf Samuel P Huntington 2002 Gazi Caglar Der Mythos vom Krieg der Zivilisationen Der Westen gegen den Rest der Welt Eine Replik auf Samuel P Huntington 2002 S 48 Detlef Felken Oswald Spengler Konservativer Denker zwischen Kaiserreich und Diktatur Munchen 1988 Gazi Caglar Der Mythos vom Krieg der Zivilisationen Der Westen gegen den Rest der Welt Eine Replik auf Samuel P Huntington 2002 S 10 Samuel P Huntington Kampf der Kulturen Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21 Jahrhundert Siedler Taschenbucher im Goldmann Verlag 1998 ISBN 3 442 75506 9 Seite 30 und 31 Grafik Seite 57 62 Seite 246 288 Seite 398 Grafik Samuel P Huntington Kampf der Kulturen Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21 Jahrhundert Siedler Taschenbucher Goldmann Verlag 1998 ISBN 3 442 75506 9 S 52 53 Hakan Gurses Funktionen der Kultur Zur Kritik des Kulturbegriffs In Stefan Nowotny Michael Staudigl Hrsg Grenzen des Kulturkonzepts Meta Genealogien Verlag Turia Kant Wien 2003 S 13 34 PDF Memento vom 23 August 2016 im Internet Archive Hakan Gurses Vom Nationalsozialismus der Elite zum Rassismus der Mitte In Mitteilungen des Instituts fur Wissenschaft und Kunst 1997 S 2 6 PDF 1 02 MB vgl Taguieff 1991 S 246ff Andre Gingrich Rassismus In derselbe Fernand Kreff Eva Maria Knoll Hrsg Lexikon der Globalisierung transcript Bielefeld 2011 ISBN 978 3 8376 1822 8 S 335 338 hier S 336 f Christoph Turcke Inflation des Rassismus In Konkret Nr 8 1993 Ulrich Bielefeld Leiter des Arbeitsbereiches Nation und Gesellschaft am Hamburger Institut fur Sozialforschung zurzeit Gastdozent an der Universitat Haifa pladiert fur einen vorsichtigen und prazisen Umgang mit dem Begriff des Rassismus der immer einen spezifischen historischen Kontext aufrufe Weite man diesen zu sehr aus stehe er nicht mehr fur die Falle zur Verfugung in denen wir ihn gleichzeitig als analytischen und skandalisierenden Begriff tatsachlich benotigen auf Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Wir und sie Was Menschen zu Fremden macht Von der ganz alltaglichen Ausgrenzung und ihren Folgen Memento vom 27 September 2007 im Internet Archive Arata Takeda Konsequenzen von Kulturalismus Von konfrontativen zu partizipativen Ansatzen in der Vermittlung von Sprache Kultur und Werten In vorgange Nr 217 56 Jg Heft 1 2017 S 128 ff Wulf D Hund Negative Vergesellschaftung Dimensionen der Rassismusanalyse Verlag Westfallisches Dampfboot ISBN 3 89691 634 3 Immanuel Kant Werke Akademie Textausgabe Bd 9 Logik Physische Geographie Padagogik De Gruyter 1987 S 314 316 Ines Aftenberger Die Neue Rechte und der Neorassismus Leykam 2007 ISBN 3 7011 0088 8 S 7 a b Magdalena Marsovszky Wir verteidigen das Magyarentum In Gesine Drews Sylla Renata Makarska Neue alte Rassismen Differenz und Exklusion in Europa nach 1989 Transcript 2015 S 112 Philip Cohen Gefahrliche Erbschaften Studien zur Entstehung einer multirassistischen Kultur in Grossbritannien In Annita Kalpaka Nora Rathzel Hrsg Die Schwierigkeit nicht rassistisch zu sein Koln 1994 Robert Miles Rassismus Einfuhrung in die Geschichte und Theorie eines Begriffs Argument Verlag Hamburg 1999 ISBN 3 88619 389 6 Robert Miles Rassismus Einfuhrung in die Geschichte und Theorie eines Begriffs Argument Verlag Hamburg 1999 ISBN 3 88619 389 6 Seite 37 und Seite 51 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rassismus ohne Rassen amp oldid 236522487