www.wikidata.de-de.nina.az
Dieser Artikel erlautert den Begriff Retorsion im philosophischen Sinn die volkerrechtliche Bedeutung wird unter Retorsion Volkerrecht erlautert die strafrechtliche unter Retorsion Strafrecht Retorsion aus dem lat PPP retortum des Verbs retorquere zuruckdrehen also wortlich zuruckgedreht 1 bezeichnet in der Philosophie eine Argumentationsfigur die verschiedene Aussagen einer Argumentation gegen ihre expliziten Schlussfolgerungen wendet Der Begriff entlehnt sich dem volkerrechtlichen Prinzip der Retorsion nach dem bestimmte Massnahmen gegen einen Staat von diesem durch vergleichbare Massnahmen beantwortet werden konnen beispielsweise wenn auf die Ausweisung von Botschaftspersonal mit einer gleichartigen Massnahme reagiert wird Im Strafrecht gibt es eine veraltete Rechtsfigur namens Retorsion nach der Beleidigungen unmittelbar erwidert werden durften 2 Inhaltsverzeichnis 1 Erlauterung 2 Performative Retorsion 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseErlauterung BearbeitenIn einem Retorsionsargument werden Sprechakte Behauptungen oder Argumentationen eines Sprechers verwendet um Festlegungen die der Sprecher explizit treffen wollte zu widerlegen Das Retorsionsargument dient nicht dazu bestimmte Aussagen direkt zu begrunden sondern dazu bestimmte Aussagen zu widerlegen oder doch ihre Grunde zu entkraften Im einfachsten Fall wird daher die angefuhrte Begrundung einer Behauptung zum Beweis der negierten Behauptung verwendet 3 Beispielsweise konnte argumentiert werden dass ein Kind weniger streng beurteilt werden sollte da es noch ein Kind ist Das Argument kann dann wie folgt umgedreht werden Weil es um ein Kind geht sollte man strenger sein damit es die moralischen Regeln lernt und es auch dann tadeln wenn es Dinge tut die bei Erwachsenen schlecht aber lasslich sind Performative Retorsion BearbeitenIn einem bestimmten Fall geschieht diese Umkehr der Stossrichtung durch Ausnutzung eines Widerspruchs zwischen Aussageinhalt und Implikaten des Aussagevollzugs Dabei handelt es sich um eine besondere Form des Widerspruchs einen sogenannten performativen Widerspruch Das Retorsionsargument geht in diesem Fall von einer doppelten Mitteilungsfunktion der Sprache 4 aus Jede Aussage teilt nicht nur eine Sachaussage einen sogenannten propositionalen Gehalt mit sondern auch Implikate die das Aussern der Aussage als Sprechakt mit sich bringt Werden diese Implikate expliziert zu Sprache gebracht kann moglicherweise zwischen propositionalem und performativem Gehalt ein Widerspruch festgestellt werden Ein klassisches Beispiel fur die performative Retorsion betrifft die global skeptische These Es gibt keine wahren Aussagen Diese Aussage kann retorsiv widerlegt werden indem darauf verwiesen wird dass mit der Ausserung dieser Aussage selbst ein Anspruch auf Wahrheit verbunden ist Das Retorsionsargument beweist in vorstehendem Beispiel nicht dass es Wahrheit gibt aber dass nicht sinnvollerweise geleugnet werden kann dass es Wahrheit gibt Dieser Sonderfall des Retorsionsarguments wird deshalb auch unter die transzendentalen Argumente gezahlt Es beruht im erwahnten Fall auf im Vollzug implizierten allgemeinen Bedingungen der Moglichkeit von wahrheitsfahigen Aussagen In modifizierter Form finden Retorsionsargumente etwa in der Transzendentalpragmatik von Karl Otto Apel und Jurgen Habermas Anwendung Eine derartige Argumentation findet sich der Struktur nach aber auch unter explizitem Bezug auf Wahrheit bereits bei Aristoteles und danach vielfach in der erkenntnistheoretischen Tradition Explizit diskutiert und dann auch als solches bezeichnet wird das Retorsionsargument v a im Neuthomismus z B bei Joseph Marechal Hansjurgen Verweyen oder Bela Weissmahr 5 Siehe auch BearbeitenTalion Tu quoqueLiteratur BearbeitenKarl Otto Apel Das Problem der philosophischen Letztbegrundung im Lichte einer transzendentalen Sprachpragmatik In Bernulf Kanitscheider Hrsg Sprache und Erkenntnis Festschrift fur Gerhard Frey zum 60 Geburtstag Innsbrucker Beitrage zur Kulturwissenschaft Band 19 Amoe Innsbruck 1976 ISBN 3 85124 057 X S 55 82 Gaston Isaye La justification critique par retorsion In Revue philosophique de Louvain Band 52 1954 ZDB ID 1014745 7 S 204 233 Weblinks BearbeitenBill Vallicella When Is Retorsion Probative Blogbeitrag in Maverick Philosopher August 2013Einzelnachweise Bearbeiten Erich Pertsch Langenscheidts Grosses Schulworterbuch Lateinisch Deutsch Langenscheidt Berlin 1978 ISBN 3 468 07201 5 Retorsion In Heidelberger Akademie der Wissenschaften Hrsg Deutsches Rechtsworterbuch Band 11 Heft 5 6 bearbeitet von Heino Speer u a Hermann Bohlaus Nachfolger Weimar 2005 ISBN 3 7400 1230 7 adw uni heidelberg de Vgl dazu auch die Definition in Arthur Schopenhauer Eristische Dialektik Nachlass Manuskript dort als Kunstgriff Nr 26 Link Bela Weissmahr Die Wirklichkeit des Geistes Kohlhammer Stuttgart 2006 S 57 Hansjurgen Verweyen Ontologische Voraussetzungen des Glaubensaktes Zu transzendentalen Fragen nach der Moglichkeit von Offenbarung Patmos Dusseldorf 1969 Isaye 1954 bes S 109 ff zu Marechal Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Retorsion amp oldid 213895537