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Dieser Artikel behandelt das Argument in Logik Wissenschaft Rhetorik und Kommunikation weitere Bedeutungen siehe unter Argument Begriffsklarung Die Neutralitat des Artikels da er einseitig mit Interessenkonflikten formuliert wurde vgl hier ist umstritten Eine Begrundung steht auf der Diskussionsseite im Abschnitt Beispiele Weitere Informationen erhaltst du hier Ein Argument lateinisch argumentum Darlegung Gehalt Beweismittel Beweisgrund 1 von lateinisch arguere deutlich zu erkennen geben behaupten beweisen zeigen wird typischerweise dazu verwendet etwas zu begrunden oder jemanden zu uberzeugen In Sprachwissenschaft und Philosophie versteht man unter einem Argument eine Abfolge von Aussagen die aus einer Konklusion und moglicherweise mehreren Pramissen besteht wobei die Konklusion diejenige Aussage ist die durch die Pramissen begrundet man sagt auch gestutzt werden soll 2 Umgangssprachlich werden unter einem Argument dagegen oft allein die Pramissen verstanden die zur Begrundung der Konklusion dienen 3 Wesentliche Bestandteile eines Arguments Pramissen Konklusion SchlussMehrere aufeinander bezogene z B aufeinander aufbauende Argumente bilden eine Argumentation 4 Wer Argumente aufstellt und diese schriftlich oder mundlich vorbringt argumentiert In einer Erorterung werden Argumente gepruft und gegeneinander abgewogen Die Argumentationstheorie ist die Wissenschaft vom Argumentieren Sie weist enge Bezuge sowohl zur Logik auf die die objektive Gultigkeit von Argumentformen untersucht als auch zur Rhetorik die sich damit befasst wie Argumente uberzeugend vorgebracht und formuliert werden konnen 5 Inhaltsverzeichnis 1 Grundlegende Eigenschaften von Argumenten 1 1 Deduktive Gultigkeit 1 2 Induktive Starke 1 3 Relevanz 1 4 Stichhaltigkeit 2 Form von Argumenten 3 Argumente analysieren 4 Argumente darstellen 5 Ziele des Argumentierens 5 1 Unmittelbare und finale Ziele des Argumentierens 5 2 Regeln des begrundungsorientierten Diskutierens 6 Empirische Perspektiven auf das Argumentieren 7 Historische Hinweise 8 Argumentation Mining 9 Siehe auch 10 Literatur 11 Weblinks 12 EinzelnachweiseGrundlegende Eigenschaften von Argumenten BearbeitenArgumente bestehen aus Pramissen und einer Konklusion wobei die Pramissen typischerweise die Konklusion begrunden sollen Argumente dienen haufig dazu jemanden zu uberzeugen Dementsprechend gibt es verschiedene Gesichtspunkte unter denen man ein Argument betrachten kann 6 Status der Pramissen Z B Sind die Pramissen wahr Sind sie ihrerseits gut begrundet 7 Status der Konklusion Z B Ist die Konklusion wahr Ist die Konklusion uberhaupt strittig Handelt es sich um eine normative oder um eine deskriptive Aussage Steht die Konklusion im Widerspruch zu anderen Uberzeugungen 8 Verhaltnis von Pramissen und Konklusion Z B Begrunden die Pramissen die Konklusion uberhaupt Angenommen die Pramissen sind wahr ist dann zwingend die Konklusion wahr oder ist die Konklusion dann zumindest wahrscheinlicher 9 Diese ersten drei Gesichtspunkte bestimmen die rationale Starke eines Arguments Wie sich an den ersten beiden Gesichtspunkten erkennen lasst kann die rationale Starke eines Arguments von Kontext zu Kontext eine andere sein Von dieser rationalen Starke des Arguments sind zum Beispiel zu unterscheiden 10 Tatsachliche Uberzeugungskraft rhetorische Kraft Z B Wird eine bestimmte Person aufgrund dieses Arguments tatsachlich von der Konklusion uberzeugt oder in ihrer Uberzeugung gefestigt Ist das Argument hinreichend verstandlich und interessant um uberhaupt zur Kenntnis genommen zu werden Literarische Qualitat Z B Werden die Aussagen des Arguments in einer Weise formuliert und wird der Gedankengang der Begrundung in einer Weise entfaltet die unter asthetischen Gesichtspunkten als wertvoll gelten kann Grundlegende Eigenschaften die ein Argument im Hinblick auf seine rationale Starke besitzen kann sind deduktive Gultigkeit induktive Starke Relevanz Stichhaltigkeit Zirkularitat Deduktive Gultigkeit Bearbeiten In einem deduktiv gultigen auch deduktiv korrekten Argument garantiert die Wahrheit der Pramissen die Wahrheit der Konklusion Das bedeutet Es ist unmoglich dass alle Pramissen wahr sind und die Konklusion falsch ist 11 Starker als bei deduktiv gultigen Argumenten kann die Begrundungsbeziehung zwischen Pramissen und Konklusion nicht sein Deduktiv gultige Argumente sind ausserdem monoton d h sie bleiben unter Hinzufugung beliebiger weiterer Pramissen gultig und sind nicht ampliativ d h die Konklusion geht nicht uber den Gehalt der Pramissen hinaus Deduktiv gultige Argumente konnen ganz unterschiedliche Inhalte haben siehe Beispiele 1 4 Beispiel 1 Entstehung des Nordlinger Ries 1 Bei der Entstehung des Nordlinger Ries wurde das Mineral Coesit erzeugt 2 Coesit entsteht nur unter den extremen Bedingungen eines Meteoriteneinschlags Also 3 Bei der Entstehung des Nordlinger Ries gab es einen Meteoriteneinschlag Beispiel 2 Ein Argument fur Nudging 1 Ganz gleich wie man die Gerichte in einer Kantine prasentiert die jeweils erstgenannten werden statistisch gesehen immer bevorzugt 2 Wenn die jeweils erstgenannten Gerichte in einer Kantine statistisch gesehen immer bevorzugt werden ganz gleich wie man die Gerichte prasentiert dann ist es moralisch zulassig die gesundesten Gerichte immer an erster Stelle zu nennen Also 3 Es ist moralisch zulassig die gesundesten Gerichte immer an erster Stelle zu nennen Beispiel 3 Das handlungstheoretische Argument fur den Materialismus 1 Meine Gedanken Wunsche Hoffnungen etc konnen physikalische Zustande namlich Korperbewegungen verursachen 2 Die physikalische Welt ist kausal geschlossen d h physikalische Zustande konnen nur durch physikalische Zustande verursacht werden Also 3 Meine Gedanken Wunsche Hoffnungen etc sind selbst physikalische Zustande Beispiel 4 Eine wirtschaftsliberale Argumentation gegen Ausgabenpolitik 1 Eine Erhohung der Staatsausgaben kann nur uber Steuern oder uber Schulden finanziert werden 2 Werden hohere Staatsausgaben uber Steuern finanziert so reduzieren die Haushalte den privaten Konsum entsprechend der hoheren Steuerlast 3 Werden hohere Staatsausgaben indes uber Schulden finanziert so antizipieren die Haushalte die zukunftig hoheren Steuerzahlungen 4 Antizipieren die Haushalte zukunftig hohere Steuerzahlungen reduzieren sie den privaten Konsum bereits heute entsprechend Also 5 Wenn die Staatsausgaben erhoht werden dann reduzieren die Haushalte den privaten Konsum heute entsprechend Aus 1 4 6 Zieht eine Erhohung der Staatsausgaben eine entsprechende Reduktion des privaten Konsum nach sich so ist eine Erhohung der Staatsausgaben konjunkturell wirkungslos UntersatzAlso 7 Eine Erhohung der Staatsausgaben ist konjunkturell wirkungslos Aus 5 6 Induktive Starke Bearbeiten In sog induktiv starken oder nicht deduktiv korrekten Argumenten besteht eine geeignete Begrundungsbeziehung zwischen Pramissen und Konklusion allerdings ist die Stutzungsrelation schwacher als in deduktiv gultigen Argumenten 12 Die Wahrheit der Pramissen garantiert hier nicht die Wahrheit der Konklusion stattdessen wird die Konklusion durch die Pramissen so die Standardformel plausibler oder wahrscheinlicher gemacht 13 Je nachdem wie stark die Konklusion gestutzt wird spricht man von induktiv schwacheren und starkeren Argumenten 14 Induktiv starke Argumente sind nicht monoton Wenn man eine Pramisse hinzufugt kann aus einem induktiv starken ein induktiv schwaches Argument werden 15 Zudem sind induktiv starke Argumente in der Regel ampliativ d h die Konklusion behauptet mehr als bereits mit den Pramissen ausgesagt wird Beispiele fur induktiv starke Argumente Beispiel 5 Friedliche Demokratien enumerative Induktion 1 Bisher hat noch kein demokratischer Staat einen anderen demokratischen Staat militarisch angegriffen Also 2 Demokratien fuhren keine Kriege untereinander Beispiel 6 Medikamentenversuch statistischer Test 1 Wenn das getestete Medikament tatsachlich wirkungslos ware dann ware es extrem unwahrscheinlich dass nahezu alle Patienten denen das Medikament verabreicht wurde gesunden wahrend sich der Zustand der Patienten die ein Placebo eingenommen haben ausnahmslos verschlechtert 2 Es ist aber der Fall dass nahezu alle Patienten denen das Medikament verabreicht wurde gesunden wahrend sich der Zustand der Patienten die ein Placebo eingenommen haben ausnahmslos verschlechtert Also 3 Das Medikament ist nicht wirkungslos es ist effektiv Beispiel 7 Arzturteil Argument aus der Expertise 1 Mein Arzt sagt dass ich gesund bin 2 Mein Arzt ist ein Experte fur Sachverhalte die meine Gesundheit betreffen Also 3 Ich bin gesund Fugt man dem Argument in Beispiel 7 als weitere Pramisse hinzu dass mein Arzt unter Drogen steht und dass sein Stellvertreter mich krankgeschrieben hat so wird daraus ein induktiv schwaches Argument Dies illustriert die Nicht Monotonie induktiv starker Argumente Relevanz Bearbeiten Viele Argumente enthalten Pramissen die irrelevant sind weil sie entfernt werden konnen ohne dass das Argument deduktiv ungultig wird oder an induktiver Starke einbusst 16 Beispiel 8 Verbot von Killerspielen 1 Killerspiele machen suchtig 2 Killerspiele verherrlichen Gewalt 3 Was suchtig macht sollte verboten werden Also 4 Killerspiele sollten verboten werden Das Argument in Beispiel 8 ist deduktiv gultig die Pramisse 2 ist allerdings in diesem Argument nicht relevant denn Konklusion 4 folgt bereits zwingend aus 1 und 3 Stichhaltigkeit Bearbeiten Die Eigenschaften der deduktiven Gultigkeit und der induktiven Starke charakterisieren einzig das Verhaltnis zwischen Pramissen und Konklusion Sie sagen nichts daruber aus ob die Pramissen wahr oder falsch sind Ein induktiv starkes oder deduktiv gultiges Argument das ausserdem noch die Eigenschaft besitzt dass alle seine Pramissen wahr sind nennt man stichhaltig 17 Nach allem was wir heute uber das Nordlinger Ries wissen ist das Argument in Beispiel 1 nicht nur deduktiv gultig sondern auch stichhaltig Das folgende Argument Beispiel 9 besitzt indes falsche Pramissen Beispiel 9 Paris 1 Paris ist die Hauptstadt des Vereinigten Konigreichs 2 In der Hauptstadt des Vereinigten Konigreichs steht der Eiffelturm Also 3 In Paris steht der Eiffelturm Es ist deduktiv gultig aber nicht stichhaltig Dass ein deduktiv gultiges Argument falsche Pramissen besitzt bedeutet nicht zwangslaufig dass seine Konklusion falsch ist wie das Beispiel zeigt Form von Argumenten BearbeitenArgumente lassen sich gemass ihrer Form charakterisieren und klassifizieren Betrachten Sie hierfur die Argumente in Beispiel 10 und 11 Beispiel 10 Dostojewskis Diktum 1 Wenn Gott nicht existiert dann ist alles erlaubt 2 Es ist nicht der Fall dass alles erlaubt ist Also 3 Gott existiert Beispiel 11 Waffeninspektoren 1 Wenn der Staat keine Massenvernichtungswaffen besitzt dann lasst er Inspektoren ins Land 2 Der Staat lasst keine Inspektoren ins Land Also 3 Der Staat besitzt Massenvernichtungswaffen So besitzen etwa die Argumente in Beispiel 10 und 11 die gleiche Form insofern ihnen beiden ein und dasselbe Schema s Beispiel 12 zugrunde liegt Beispiel 12 Variante Modus tollens 1 Wenn nicht p dann q 2 Nicht q Also 3 p Durch Einsetzen von Aussagen d h ganzen Satzen die wahr oder falsch sein konnen fur die Platzhalter p und q lasst sich aus dem Schema in Beispiel 12 sowohl das Argument in Beispiel 10 als auch das Argument in Beispiel 11 gewinnen Ein und demselben Argument konnen unterschiedliche Schemata zugrunde liegen Die logische Form von Argumenten wird durch Schemata beschrieben in denen neben Platzhaltern einzig sog logische Formworter Ausdrucke wie und nicht alle genau dann wenn u a vorkommen wie in dem Schema in Beispiel 12 Wichtige weitere Schemata sind etwa Modus ponens disjunktiver Syllogismus und Kettenschluss Die logische Form von Argumenten ist fur die Argumentanalyse besonders aufschlussreich da sich mit ihr ggf nachweisen lasst dass ein Argument tatsachlich deduktiv gultig ist 18 Anhand der logischen Form von Argumenten lassen sich auch typische Arten von Fehlschlussen unterscheiden 19 Zur Systematisierung und Klassifizierung von Argumenten werden neben den logischen Schlussformen noch weitere Argumentationsmuster unterschieden in denen auch inhaltliche Ausdrucke verwendet werden vgl etwa Schemata in Beispiel 13 und 14 20 Beispiel 13 Schluss auf die beste Erklarung 1 Die Annahme dass p ist die beste Erklarung fur Sachverhalt q 2 Sachverhalt q ist eine erklarungsbedurftige Tatsache Also 3 p Beispiel 14 Argument aus dem Zeugnis anderer 1 Person a ist ein zuverlassiger Experte fur Sachverhalte der Art X 2 Sachverhalt p ist ein Sachverhalt der Art X 3 Person a behauptet wahrhaftig dass Sachverhalt p Also 4 p Argumente nach den Mustern in Beispiel 13 und 14 wie etwa Beispiel 15 und 16 sind in der Regel nicht deduktiv gultig Beispiel 15 Das Aussterben der Dinosaurier 1 Ein Meteoriteneinschlag in der Kreidezeit ist die beste Erklarung fur das Aussterben der Dinosaurier 2 Das Aussterben der Dinosaurier ist eine erklarungsbedurftige Tatsache Also 3 Es gab einen Meteoriteneinschlag in der Kreidezeit Beispiel 16 Arztliche Diagnose 1 Mein Arzt ist eine zuverlassiger Experte fur medizinische Sachverhalte 2 Dass ich gesund bin ist ein medizinischer Sachverhalt 3 Mein Arzt behauptet wahrhaftig dass ich gesund bin Also 4 Ich bin gesund Diskurszusammenhange sind teils durch besondere Argumentationsmuster gekennzeichnet abduktive Argumente sind beispielsweise fur das wissenschaftliche Argumentieren charakteristisch transzendentale Argumente fur das philosophische Argumentieren oder Dammbruch Argumente fur politische Diskurse Argumente analysieren BearbeitenWenn wir miteinander oder mit uns selbst argumentieren fuhren wir Argumente so gut wie niemals vollstandig aus Pramissen werden oft nur angedeutet haufig auch stillschweigend vorausgesetzt die Konklusion ergibt sich vielmals nur aus dem Kontext Pramissen eines Arguments die nicht ausdrucklich angefuhrt werden nennt man implizite Pramissen Argumente mit impliziten Pramissen heissen Enthymeme 21 Die Argumentanalyse zielt darauf ab all die impliziten d h nicht genannten Bestandteile eines Arguments transparent und so einer kritischen Bewertung zuganglich zu machen Die Argumentanalyse ist im Kern eine hermeneutische Methode Mit ihr wird ein Text oder eine Rede unter dem Gesichtspunkt des Begrundens systematisch interpretiert 22 Bei der Analyse und Rekonstruktion von Argumenten gibt es einen Interpretationsspielraum Ein zentraler Leitgedanke der Argumentanalyse ist das Prinzip der wohlwollenden Interpretation Es fordert den bestehenden Interpretationsspielraum so zu nutzen dass eine Begrundung als ein moglichst starkes und moglichst uberzeugendes Argument rekonstruiert wird 23 Argumente darstellen BearbeitenAls Standarddarstellung von Argumenten hat sich etabliert zunachst die einzelnen Pramissen und schlussendlich die Konklusion markiert durch einen Schlussstrich oder ein anderes Schlussfolgerungssymbol aufzulisten siehe Darstellung der Beispielargumente Argumentationen in denen bereits erschlossene Konklusionen in anderen Teilargumenten als Pramissen verwendet werden und somit als Zwischenkonklusionen fungieren lassen sich ebenfalls in Listenform darstellen wobei es hilfreich ist die Abhangigkeiten der Zwischenkonklusionen anzugeben s etwa Argumentation in Beispiel 4 nbsp Inferenzdiagramm eines wirtschaftsliberalen Arguments erstellt mit argdown org Der interne Aufbau einer Argumentation kann durch sog Inferenzdiagramme visualisiert werden s die Darstellung von Beispiel 4 in der Abbildung rechts Ganze Debatten in denen sich Argumente stutzend und angreifend aufeinander beziehen lassen sich als Argumentkarten argument maps analysieren und prasentieren 24 Wie man wiederum die Ergebnisse einer detaillierten Argumentanalyse welche in Standardform und ggf als Argumentkarte vorliegen in einem Fliesstext prasentiert hangt insbesondere davon ab welche Ziele man mit dem Text verfolgt z B eine These verteidigen einen Debattenstand darstellen eine Interpretation plausibel machen etc und an welche Adressaten sich der Text richtet Fur das Verfassen solcher Texte gibt es keine Rezepte Allzu starre Vorgaben fur das Schreiben argumentativer Texte wie sie sich z B teils in der Deutschdidaktik unter dem Stichwort Erorterung finden werden kritisch beurteilt 25 Ziele des Argumentierens BearbeitenUnmittelbare und finale Ziele des Argumentierens Bearbeiten Wer argumentiert zeigt zunachst nur Begrundungszusammenhange auf und behauptet dass bestimmte Aussagen eine andere Aussage zwingend begrunden oder doch zumindest plausibilisieren Solche Begrundungszusammenhange zu klaren kann selbst wiederum ganz unterschiedlichen Zielen dienen z B dem Erkenntnisgewinn der guten Entscheidungsfindung der Herstellung koharenter Uberzeugungen dem Verstandnis der Standpunkte anderer der Auflosung von Meinungsverschiedenheiten Argumente uben dabei frei nach Habermas nur einen eigentumlich zwanglosen Zwang aus Sie zwingen uns zwar eine Konklusion als wahr oder plausibel zu akzeptieren wenn wir die Pramissen akzeptieren Dieser Zwang bleibt aber insofern zwanglos als sie uns immer die Wahl lassen eine Pramisse abzulehnen anstatt der Konklusion zuzustimmen Argumente konnen anders gesagt Anderungen an einem Uberzeugungssystem als Ganzes erzwingen lassen aber offen wie genau ein Uberzeugungssystem modifiziert werden muss 26 Neben dem Argumentieren gibt es zahlreiche weitere Methoden sich selbst oder eine andere Person von etwas zu uberzeugen Beobachtung oder intuitive Heuristiken sind Beispiele nicht argumentativer Uberzeugungsbildung Weisen der Uberzeugungsbildung lassen sich unter dem Gesichtspunkt ihrer Rationalitat Erkenntnistheorie ihrer tatsachlichen Uberzeugungskraft Rhetorik oder ihrer psychologischen Funktionsweise Kognitionswissenschaft untersuchen Nicht argumentative Uberzeugungsbildung ist nicht zwangslaufig irrational Gleichwohl gilt das Argumentieren als paradigmatische Methode rationaler Uberzeugungsbildung Regeln des begrundungsorientierten Diskutierens Bearbeiten Neben den formalen Regeln der Logik und Argumentationstheorie wurden allgemein verschiedene Diskussions Diskurs Debatten oder Argumentationsregeln vorgeschlagen 27 Unter anderem werden sie in der Diskurstheorie erforscht Was konkret ein guter Diskurs oder eine gute Diskussion ist hangt naturlich von den Zielen die die Teilnehmer verfolgen ab Es gibt zahlreiche Listen fur solche Regeln die jedoch fur ganz unterschiedliche Zielsetzungen von Diskursen oder Diskussionen entwickelt wurden s Streitkultur Diskussionsregeln Empirische Perspektiven auf das Argumentieren BearbeitenDas Argumentieren lasst sich einerseits als eine normative Praxis verstehen Man kann richtig und falsch argumentieren so wie man auch richtig und falsch rechnen kann Das ist die Perspektive der Argumentationstheorie Diskurstheorie und Logik in der Argumente unter dem Gesichtspunkt der rationalen Starke evaluiert werden vgl Grundlegende Eigenschaften von Argumenten Andererseits lasst sich das Argumentieren aber auch rein deskriptiv betrachten Man beschreibt die tatsachliche argumentative Praxis moglichst adaquat und versucht argumentatives Verhalten zu erklaren Ganz verschiedene Disziplinen untersuchen das Argumentieren aus dieser Perspektive In den Politikwissenschaften und der Soziologie stehen soziale und kollektive Mechanismen politischer Debatten und Deliberation im Vordergrund 28 In den Kommunikationswissenschaften wird etwa die Relevanz von Argumenten in offentlichen Debatten mittels empirischer Diskursanalysen bestimmt 29 In Psychologie und Kognitionswissenschaft werden die kognitiven Grundlagen des Argumentierens erforscht In den letzten Jahrzehnten sind in der Kognitionswissenschaft zahlreiche empirische Arbeiten zum Argumentieren erschienen Einflussreich waren die Arbeiten von Daniel Kahneman und Amos Tversky 30 Die empirische Forschung belegt dass tatsachliche Denkprozesse dem Ideal rationaler Argumentation nur selten vollstandig genugen sondern sich in der Regel an approximativen schnellen Heuristiken orientieren Historische Hinweise Bearbeiten Hauptartikel Argumentationstheorie Mit der Einsicht dass sich Argumente gemass ihrer Form charakterisieren und klassifizieren lassen hat Aristoteles die Logik und Argumentationstheorie begrundet Besonders strikte und detaillierte Regeln des begrundungsorientierten Diskutierens wurden schon in der mittelalterlichen Scholastik entwickelt und praktiziert s Disputation Unter rhetorischen Gesichtspunkten d h im Hinblick auf ihre Uberzeugungskraft diskutiert Arthur Schopenhauer in der Eristischen Dialektik effektive Argumentationsstrategien Gottlob Frege ist der Begrunder der modernen Logik der wirkmachtigen Theorie des deduktiv gultigen Schliessens In Gegenbewegung dazu haben Stephen Toulmin und andere Vertreter der informellen Logik dargelegt dass es nicht einzig die formal logische Form ist anhand derer sich interessante und aufschlussreiche Typen von Argumenten unterscheiden lassen Argumentation Mining Bearbeiten Hauptartikel Argumentation Mining Das Ziel von Argumentation Mining ist die automatische Identifizierung von Argumentationsstrukturen in Texten durch das Nutzen von Kunstlicher Intelligenz 31 Dadurch kann zum Beispiel Unterstutzung bei der Erstellung von argumentativen Texten gegeben werden 32 Siehe auch BearbeitenInformaler FehlschlussLiteratur BearbeitenRobert Alexy Theorie der juristischen Argumentation 1 Auflage Suhrkamp Frankfurt a M 1983 Andre Bachtiger John S Dryzek Jane Mansbridge Mark E Warren Hrsg The Oxford Handbook of Deliberative Democracy 1 Auflage Oxford University Press Oxford 2018 Klaus Bayer Argument und Argumentation Logische Grundlagen der Argumentationsanalyse 2 Auflage Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2007 Gregor Betz Theorie dialektischer Strukturen 1 Auflage Klostermann Frankfurt 2010 Tracey Bowell Gary Kemp Critical Thinking A Concise Guide 4 Auflage Routledge London 2014 Georg Brun Die richtige Formel 1 Auflage ontos Verlag Frankfurt 2003 Georg Brun Gertrude Hirsch Hadorn Textanalyse in den Wissenschaften 1 Auflage vdf Hochschulverlag Zurich 2009 Wolfgang Detel Grundkurs Philosophie Logik 1 Auflage Reclam Stuttgart 2011 Frans H van Eemeren Rob Grootendorst A Systematic Theory of Argumentation The Pragma dialectical Approach 1 Auflage Cambridge University Press Cambridge 2004 Wilhelm K Essler Rosa F Martinez Grundzuge der Logik I Das logische Schliessen 1 Auflage Klostermann Frankfurt 1991 Richard Feldman Reason and Argument 2 Auflage Pearson Harlow 2014 Leo Groake Informal Logic Edward N Zalta Hrsg The Stanford Encyclopedia of Philosophy Spring 2017 Edition 2017 stanford edu York Hagmayer Logik in der Psychologie Warum Menschen nicht gemass den Gesetzen der Logik schlussfolgern P Klimczak P Zoglauer Hrsg Logik in den Wissenschaften Mentis Paderborn 2017 S 157 180 Gilbert Harman Change in View Principles of Reasoning 1 Auflage MIT Press Cambridge Mass 1986 Daniel Kahneman Paul Slovic Amos Tversky Hrsg Judgment under uncertainty heuristics and biases 1 Auflage Cambridge University Press Cambridge 1982 Daniel Kahneman Thinking fast and slow 1 Auflage Farrar Straus and Giroux New York 2011 Manfred Kienpointner Alltagslogik Struktur und Funktion von Argumentationsmustern 1 Auflage Frommann Holzboog Stuttgart 1992 Manfred Kienpointner Vernunftig argumentieren Regeln und Techniken der Diskussion 1 Auflage Rowohlt Reinbek 1996 Paul Kirschner u a Hrsg Visualizing Argumentation 1 Auflage Springer London 2003 Gerda Lauerbach und Karin Aijmer Argumentation in Dialogic Media Genres Talk Shows and Interviews Special Issue In Journal of Pragmatics Band 39 Nr 8 2007 S 1333 1464 Hugo Mercier Dan Sperber The enigma of reason 1 Auflage Harvard University Press Cambridge Mass 2017 Christian Nimtz Stefan Jordan Lexikon der Philosophie Hundert Grundbegriffe Induktion 1 Auflage Reclam Stuttgart 2017 Jonas Pfister Werkzeuge der Philosophie 1 Auflage Reclam Stuttgart 2013 Wesley Salmon Logik 1 Auflage Reclam Stuttgart 1983 Oliver R Scholz Was es heisst eine Argumentation zu verstehen Zur konstitutiven Rolle von Prasumtionen Geert Lueke Lueken Hrsg Formen der Argumentation 2000 S 161 176 Holm Tetens Philosophisches Argumentieren 1 Auflage Beck Munchen 2004 Stephanie Uther Diskurse des Climate Engineering Argumente Akteure und Koalitionen in Deutschland und Grossbritannien 1 Auflage Springer VS Heidelberg 2014 Douglas N Walton Chris Reed Fabrizio Macagno Argumentation Schemes 1 Auflage Cambridge University Press Cambridge New York 2008 Weiterfuhrende Lekture Klaus Bayer Argument und Argumentation Logische Grundlagen der Argumentationsanalyse 2 Auflage Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2007 Tracey Bowell Gary Kemp Critical Thinking A Concise Guide 4 Auflage Routledge London 2014 Georg Brun Gertrude Hirsch Hadorn Textanalyse in den Wissenschaften 1 Auflage vdf Hochschulverlag Zurich 2009 Jonas Pfister Werkzeuge der Philosophie 1 Auflage Reclam Stuttgart 2013 Wesley Salmon Logik 1 Auflage Reclam Stuttgart 1983 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Argument Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Das Critical Thinking Web von Joe Lau Philosophy Department University of Hong Kong enthalt zahlreiche und hochwertige Erlauterungen und Ubungen zum Thema Argumentieren und Argumentanalyse Die frei verfugbaren Beitrage der Stanford Encyclopaedia of Philosophy bilden den aktuellen Wissensstand zu nahezu allen Themen der Philosophie ab viele Artikel sind auch fur das Thema Argumentieren einschlagig etwa Informal Logic Fallacies und Classical Logic Einzelnachweise Bearbeiten Georges Ausfuhrliches lateinisch deutsches Handworterbuch Bayer 2007 S 85ff Ein Argument ist ein Versuch Beweise zugunsten einer Ansicht zu liefern An argument is an attempt to provide evidence in favour of some point of view Groake 2017 Brun Hirsch Hadorn 2009 S 198 S Essler Martinez 1991 S 19 Siehe auch Brun Hirsch Hadorn 2009 S 203 Vgl z B Bayer 2007 S 86 f Vgl z B Bayer 2007 S 190 f Vgl z B Bayer 2007 S 88 f Vgl Feldman 2014 S 22 f Vgl Salmon 1983 S 5ff Bayer 2007 S 101 Brun Hirsch Hadorn 2009 S 237 Pfister 2013 S 23 Allerdings bezeichnen einige Autoren deduktiv gultige Argumente auch als schlussig so etwa Tetens 2004 S 24 Detel 2011 S 48 Salmon 1983 S 63ff Bayer 2007 S 125 Brun Hirsch Hadorn 2009 S 237 Pfister 2013 S 27 S Nimtz Jordan 2017 S 139 Salmon 1983 S 35f Brun Hirsch Hadorn 2009 S 277f Vgl Bayer 2007 S 86 Feldman 2014 S 181 ff Pfister 2013 S 26 Vgl Bayer 2007 S 101ff Brun 2003 Vgl Bayer 2007 S 106 S Alexy 1983 Kienpointner 1992 Walton Reed Macagno 2008 Brun Hirsch Hadorn 2009 S 224 ff Vgl Betz 2010 Kap 9 S Scholz 2000 Bowell Kemp 2014 S 56 ff S etwa Kirschner u a 2003 S Schreib Web Dazu etwa Harman 1986 Vgl Kienpointner 1996 van Eemeren Grootendorst 2004 Tetens 2004 S 161 164 S Bachtiger et al 2018 Z B Lauerbach und Aijmer 2007 Uther 2014 Kahneman Slovic Tversky 1982 Kahneman 2011 aber vgl auch Hagmayer 2017 Mercier Sperber 2017 Marco Lippi Paolo Torroni Argumentation Mining State of the Art and Emerging Trends In ACM Transactions on Internet Technology Band 16 Nr 2 20 April 2016 ISSN 1533 5399 S 1 25 doi 10 1145 2850417 acm org abgerufen am 11 Marz 2021 Thiemo Wambsganss Christina Niklaus Matthias Cetto Matthias Sollner Siegfried Handschuh AL An Adaptive Learning Support System for Argumentation Skills In Proceedings of the 2020 CHI Conference on Human Factors in Computing Systems ACM Honolulu HI USA 2020 ISBN 978 1 4503 6708 0 S 1 14 doi 10 1145 3313831 3376732 acm org abgerufen am 11 Marz 2021 Normdaten Sachbegriff GND 4273545 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Argument amp oldid 236646579