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Das Enthymem gr ἐn8ymhma enthymema das Erwogene das Beherzigte das Argument ist ein auf Aristoteles zuruckgehender Begriff der Rhetorik bzw der Argumentationslehre Man spricht auch von einem enthymemischen Wahrscheinlichkeitsschluss 1 oder rhetorischen oder dialektischen Schluss 2 d h einem Schluss mit nicht ausgesprochenen Pramissen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Heutige Verwendung 3 Beispiele aus dem Alltag 4 Literatur 5 Einzelnachweise 6 WeblinksGeschichte BearbeitenDie erste Behandlung einer Theorie des Enthymems findet sich in dem pseudo aristotelischen Rhetorik Lehrbuch Rhetorik an Alexander das wahrscheinlich von Anaximenes von Lampsakos verfasst wurde Dort ist das Enthymem ein Uberzeugungsmittel das den Nachweis fuhrt dass der Gegner sich selbst widerspricht oder seine Aussagen oder Handlungen gegen gesellschaftlich moralische Grundsatze verstossen im Gegensatz zu den eigenen 3 Am nachhaltigsten pragte Aristoteles den Begriff Wegen Mehrdeutigkeiten und interpretatorischen Missverstandnissen finden sich in der darauffolgenden Rhetoriktradition und bis heute jedoch Enthymembegriffe die sich untereinander und mit seinem Begriff widersprechen In Aristoteles Rhetorik ist das Enthymem das wichtigste Uberzeugungsmittel namlich der rhetorische Beweis bei dem die Pramissen von den Zuhorern anerkannte Meinungen sind Die Pramissen von Enthymemen behandeln keine wissenschaftlichen Gegenstande und gelten dementsprechend zumeist nicht notwendig und allgemein sondern nur in der Regel Aristoteles charakterisiert das Enthymem zudem als Argument aus Wahrscheinlichem und Zeichen An pr II 27 70a2 Vermutlich meint dies Folgendes Wegen der behandelten Gegenstande gelten die Pramissen des Enthymems fast immer nicht notwendig anders als wissenschaftliche Pramissen In der Folge gilt auch die Konklusion nur wahrscheinlich necessitas consequentis In der Tradition wurde aber auch die Art der Folgerungsbeziehung als bloss wahrscheinlich aufgefasst necessitas consequentiae In diesem Fall waren Enthymeme gar keine zwingend gultigen Schlusse 4 Neben den logisch notwendigen Enthymem kennt Aristoteles auch die Sonderform bestimmter Indizienschlusse die nicht notwendig gelten wie etwa Es hat geregnet denn die Strasse ist nass 5 Aristoteles erlautert dass wegen der Redesituation und der Zielgruppe Enthymeme kurzer seien als andere Argumente Oftmals wurden daher Pramissen ausgelassen die allen bekannt seien Rhet I 2 1357a7 18 Die Forderung das Enthymem musse weniger Pramissen haben fuhrt zur so genannten syllogismus truncatus Lehre das Enthymem bestehe aus einer Pramisse Denn diese Forderung wurde vor dem Hintergrund der Syllogismus Theorie des Aristoteles verstanden in der ein Argument immer aus zwei Pramissen besteht Diese Ansicht ist fur das Mittelalter kennzeichnend findet sich schon bei Avicenna und al Farabi und geht moglicherweise auf Alexander von Aphrodisias zuruck 6 Heutige Verwendung BearbeitenIn der Rede wird die vierteilige Struktur des strengen Syllogismus nur selten angewandt sondern das Argument wird auf drei oder zwei Schritte reduziert der fehlende Rest die Proposition eine der beiden Pramissen oder auch die Konklusion wird vom Zuhorer in Gedanken erganzt In vielen Schriften zur Rhetorik wird speziell nur dieser verkurzte Beweisgang Enthymem genannt der vollstandige Beweis heisst dann wenn auch nicht im aristotelischen Sinne Syllogismus Zum Teil wird der enthymemische Wahrscheinlichkeitsschluss vom bewussten Trugschluss eristischer Syllogismus unterschieden 7 und lediglich darauf hingewiesen dass verkurzte Schlusse fur die persuasive Argumentation und Werbesprache charakteristisch sind 8 Anderenorts 9 wird darauf hingewiesen dass die Verkurzung des Beweisganges der bewussten Verschleierung einer Schwache des Arguments dienen kann wenn z B eine Pramisse weggelassen wird die wenn man sie ausformulierte dem Zuhorer unglaubhaft erscheinen musste Beispiele aus dem Alltag Bearbeitena vollstandigEs wird Regen geben Proposition Beweisziel denn wenn der Luftdruck fallt gibt es Regen erste Pramisse Obersatz Nun ist der Luftdruck gefallen zweite Pramisse Untersatz also wird es regnen Konklusion Schlussfolgerung b verkurztEs wird Regen geben der Luftdruck ist gefallen Wenn der Luftdruck fallt wird es regnen c fehlende PramisseEr ist nicht bestechlich Schliesslich ist er Beamter Es fehlt die Pramisse Kein Beamter ist bestechlich Literatur BearbeitenGeorg Brun Gertrude Hirsch Hadorn Textanalyse in den Wissenschaften Vdf Zurich 2009 UTB Nr 3139 ISBN 978 3 8252 4250 3 S 222 229 Christoph Zimmer Die enthymematische Falle 1 Kor 15 12 20 Replik zu Bachmann In Linguistica Biblica 67 1992 S 40 44 2 Ed 2006 PDF 134 kB Katharina von Schlieffen Hrsg Das Enthymem Zur Rhetorik des juridischen Begrundens Duncker amp Humblot Berlin 2011 ISBN 978 3 428 13897 5 Einzelnachweise Bearbeiten Metzler Philosophielexikon 2 Aufl 1999 Enthymem Bussmann Lexikon der Sprachwissenschaft 3 Aufl 2002 Enthymem Ludger Jansen enthymema in Christoph Horn Christof Rapp Hgg Worterbuch der antiken Philosophie Munchen 2002 S 137 Christof Rapp Aristoteles Rhetorik Berlin 2002 Bd II S 194 208 Christof Rapp Aristotle s Rhetoric The Stanford Encyclopedia of Philosophy Summer 2002 Edition Edward N Zalta Hg Christof Rapp Aristoteles Rhetorik Berlin 2002 Bd 1 S 323 335 Bd II 223 240 Christof Rapp Aristoteles Rhetorik Berlin 2002 Bd 2 S 187f Ob Quintilians syllogismus imperfectus Inst orat V 10 3 bereits so verstanden werden kann ist unsicher Vgl ebd S 188 Metzler Philosophielexikon 2 Aufl 1999 Enthymem Bussmann Lexikon der Sprachwissenschaft 3 Aufl 2002 Enthymem So die Vorgangerversion hier Weblinks BearbeitenMP4 Video Erklarung Enthymem auf Mediathek br de Abteilung Wissen Memento vom 27 Oktober 2012 im Internet Archive abgerufen am 3 Mai 2014 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Enthymem amp oldid 236738728