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40 755555555556 13 883166666667 Koordinaten 40 45 20 N 13 52 59 4 O Die Insel Ischia in der Nahe von Neapel ItalienPithekoussai altgriechisch Pi8hkoῦssai ist eine antike Stadt auf der Insel Ischia im Mittelmeer Es handelt sich um eine Grundung der Griechen im westlichen Mittelmeerraum die fur die Forschung hohe Bedeutung bezuglich des Themas griechischen Kolonisation hat Diese Siedlung wurde etwa 770 v Chr gegrundet Nach einigen Jahrzehnten der Prosperitat versank sie an der Wende des 8 zum 7 Jahrhundert v Chr in die Bedeutungslosigkeit Ob man Pithekoussai fur die erste Kolonie halten kann ist in der Forschung allerdings umstritten da nicht eindeutig ist ob es sich bei Pithekoussai um eine Kolonie apoikia oder einen Handelsstutzpunkt emporion handelt Unabhangig davon steht fest dass diese Stadt eine wichtige Brucke fur den Austausch zwischen dem Osten und dem Westen des Mittelmeerraumes dargestellt hat Inhaltsverzeichnis 1 Quellenlage 1 1 Literarische Quellen 1 2 Archaologische Quellen 1 2 1 Die Nekropolis 1 2 2 Die Akropolis 1 2 3 Das metallurgische Viertel Mezzavia 2 Pithekoussai allgemein 2 1 Grundung und Funktion der Siedlung 2 2 Emporion oder Apoikie 2 3 Soziale Struktur 2 4 Pithekoussai und ihre Mutterstadte Chalkis und Eretria 2 5 Beziehungen mit den Einheimischen 2 6 Frauen in Pithekoussai 3 Die Bedeutung von Pithekoussai 3 1 Kontakte mit dem Orient 3 2 Kontakte mit den Etruskern 3 3 Nestorbecher 3 4 Grundung von Kyme 4 Literatur 4 1 Quellen 4 2 Ausgrabungsbericht 4 3 Sekundarliteratur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseQuellenlage BearbeitenUber Pithekoussai berichten antike Schriftquellen nur sparlich Ausser den kurzen Beschreibungen bei Strabon und Livius Autoren aus der Zeit des Kaisers Augustus gibt es uber die Siedlung kaum Notizen Die Aufzeichnungen beider Autoren sind erst etwa acht Jahrhunderte nach der Grundung von Pithekoussai entstanden und haben deshalb nur begrenzten historischen Wert fur die Fruhzeit der Ortschaft Die wichtigste Quelle fur unser Wissen von Pithekoussai stellt wie bei vielen anderen fruhen Grundungen der Griechen die archaologische Feldforschung dar Literarische Quellen Bearbeiten Die wichtigsten antiken schriftlichen Quellen sind die beiden folgenden kurzen Erwahnungen der Schriftsteller Strabon und Livius Pithecussae war einmal von Bewohnern aus Eretria und Chalkis bewohnt die obwohl sie dort aufgrund der Fruchtbarkeit des Bodens und dank der Goldminen zu Wohlstand gekommen waren die Insel als Ergebnis von Streitigkeiten vernachlassigten spater wurden sie auch von der Insel durch Erdbeben vertrieben sowie durch Ausbruche von Feuer Meer und heissen Wassern Daher ruhrt auch der Mythos nach welchem Typhon unter dieser Insel liegt und wenn er seinen Korper wendet brechen Flammen und Wasser aus und manchmal sogar kleine Inseln die siedend heisses Wasser enthalten Strabon V 5 9 Palaeopolis lag nicht weit von der Stelle wo jetzt Neapel liegt In beiden Stadten wohnte dasselbe Volk Es stammte aus Cumae die Cumaner fuhren ihren Ursprung auf das euboische Chalkis zuruck Durch die Flotte auf der sie aus ihrer Heimat herangekommen waren besassen sie grosse Macht an der Kuste des Meeres an dem sie wohnten sie war zuerst auf den Inseln Aenaria und Pithecussae gelandet und hatten dann gewagt ihre Wohnsitze auf das Festland zu verlegen Livius VIII 22 5 6 Die Behauptung von Strabon dass sich auf Ischia ein fruchtbarer Boden befindet entspricht allerdings nicht ganz den Tatsachen weil der Boden Ischias auch in der Antike nur sehr wenig Humus enthielt Von einem besonders fruchtbaren Boden der eine Stadt wie Pithekoussai hinreichend mit Nahrungsmitteln hatte versorgen und dieser sogar hatte zu Reichtum verhelfen konnen kann im Fall von Ischia nicht die Rede sein Auch die Erwahnung der Goldgruben bei Strabon bleibt ratselhaft da nirgendwo auf der Insel Gold nachgewiesen werden konnte Die Beschreibung von Erdbeben und vulkanischer Tatigkeit entspricht dagegen vollkommen den geomorphologischen Gegebenheiten auf Ischia 1 Archaologische Quellen Bearbeiten Neben den Erkenntnissen aus der geographischen Lage dieser Siedlung und der geologischen Bodenbeschaffenheit der Insel Ischia sind fur die Erforschung von Pithekoussai archaologische Ausgrabungen von immenser Wichtigkeit Nur wenige griechische Kolonien im Westen sind diesbezuglich so grundlich erforscht worden Von 1952 bis 1982 wurden bei Lacco Ameno archaologische Forschungen unter Leitung von Giorgio Buchner durchgefuhrt Die Archaologen konzentrierten sich bei ihrer Arbeit auf drei Gebiete Die Nekropolis im Tal San Montano die Akropolis von Pithekoussai auf dem Osthang des Monte di Vico und das metallurgische Viertel im Gebiet von Mazzola auf dem Hugel von Mezzavia Die Nekropolis Bearbeiten Dabei sind die archaologischen Befunde aus der Nekropolis am bedeutendsten nicht zuletzt deshalb weil die Graber bei ihrer Entdeckung praktisch intakt waren Allerdings stellte die Nekropolis die Archaologen vor eine schwere Aufgabe Sie befindet sich namlich in einer thermalen Zone und deswegen steigt die Temperatur je tiefer man sich unter der Erdoberflache befindet Bei den am tiefsten gelegenen Grabern die gleichzeitig die altesten sind in etwa sieben Meter unter der Erdoberflache wurde eine Temperatur bis zu 63 Grad Celsius gemessen Insbesondere Keramik die in diesen Grabern gefunden wurde hatte eine weiche ledrige Konsistenz Insgesamt wurde ungefahr ein Zehntel der Nekropolis grundlich untersucht und dabei etwa 1300 Graber entdeckt Bis heute wurden allerdings nur die Graber 1 723 systematisch beschrieben Die Ausgrabungen der Nekropolis lieferten umfangreiches historisch interessantes Material Insgesamt wurden wahrend der Ausgrabungen funf unterschiedliche Typen von Grabern festgestellt Beerdigung in Grabern mit Beigaben 39 194 Graber Beerdigungen in Amphoren mit oder ohne Beigaben 27 131 Graber Beerdigung in Grabern ohne Beigaben 16 81 Graber Feuerbestattung unter Grabhugel mit Beigaben 15 73 Graber Feuerbestattung unter Grabhugel ohne Beigaben 3 14 Graber 2 Die Analyse der Graber bietet den Forschern wichtige Hinweise auf die gesellschaftliche Struktur in Pithekoussai siehe unten Zu den bedeutendsten Entdeckungen aus der Nekropolis gehoren vor allem der so genannte Nestorbecher die Darstellung eines Schiffbruches auf einer Tonscherbe lokalen Typus Skarabaen aus Fayence agyptischer Provenienz Siegel aus Syrien oder Kilikien Keramik fruh protokorinthischen Stils und nordsyrische Aryballoi Die Akropolis Bearbeiten Auch die Ausgrabungen auf der Akropolis von Pithekoussai auf dem Monte di Vico die im Jahr 1965 durchgefuhrt wurden boten viele neue Kenntnisse uber die Siedlung Anlass fur die Ausgrabungen war die Entdeckung einer archaologischen Fundstatte einer grossen Schlucht die eine grosse Menge an Keramik und anderer Materialien aus dem 8 Jahrhundert v Chr enthielt und bei der Konstruktion einer grossen Villa auf dem Monte di Vico an Licht kam 3 Insgesamt wurden mehr als 10 000 Keramikfragmente aus der euboischen Periode entdeckt Zu den bedeutendsten Funden gehoren Kotylai vom Typus Aetos 666 die nur vor 750 v Chr in Umlauf waren und deshalb darauf hindeuten dass Pithekoussai schon in der ersten Halfte des 8 Jahrhunderts v Chr entstanden ist 4 Auf der Akropolis wurde auch eine grosse Anzahl an kleinen Resten von Eisen und von sogenannten tuyeres gefunden Keramikrohren mit denen man bei der Erzeugung von Eisen Luft ins Feuer blies Ausserdem wurde auch ein Stuck Eisenerz gefunden das nachweislich von der Insel Elba stammt und zwar aus einem Gebiet das schon in der Antike fur die Gewinnung von Eisenerz bekannt war 5 Das metallurgische Viertel Mezzavia Bearbeiten In den Jahren 1969 1971 wurden archaologische Arbeiten im Gebiet von Mazzola durchgefuhrt das ausserhalb der Vorgebirge von Monte di Vico liegt und somit zur Peripherie von Pithekoussai zu zahlen ist Dieser mindestens 500 Meter lange suburbane Komplex beinhaltet eine Reihe von gesonderten Komplexen die im Laufe des ersten Viertels des 7 Jahrhunderts v Chr verlassen wurden Davon wurden drei untersucht aber nur einer systematisch ausgegraben In den untersuchten Komplexen sind insgesamt vier Strukturen erkennbar unter denen wahrscheinlich nur das Gebaude Nr I als Wohnung gedient hat Ein gut erhaltener Tiegel im Kuchenraum deutet darauf hin dass dieser Komplex moglicherweise infolge einer Katastrophe schnell verlassen wurde Eventuell war in Anlehnung an Strabon siehe oben ein Erdbeben der Anlass In den Resten des Gebaudes Nr III wurden viele kleine Stucke Eisen und Reste von einer Schmiede gefunden Im Gebaude Nr IV wurde eine weitere Schmiede entdeckt und zwei glatte und harte Steinflachen die vermutlich als Amboss gedient haben Aufgrund dieser Funde ist zu vermuten dass im Viertel von Mezzavia eine intensive Metallverarbeitung betrieben wurde Eisen war dabei nicht das einzige Metall das verarbeitet wurde Es wurden auch Reste von Bronze und Blei entdeckt Neben den verschiedenen Hinweisen auf Metallverarbeitung wurden in Mezzavia diverse Keramikreste entdeckt Einen der bedeutendsten Funde stellt hierbei der sogenannte Nestorbecher dar auf dem die alteste bisher bekannte griechische Alphabet Inschrift angebracht ist Diese Scherbe stammt aus dem spaten 8 Jahrhundert v Chr 6 Pithekoussai allgemein BearbeitenGrundung und Funktion der Siedlung Bearbeiten Die Erkenntnisse aus geographischen geologischen und den archaologischen Forschungen erlauben einige Hypothesen uber die Grunde zur Entstehung von Pithekoussai Ein Blick auf eine Karte des Mittelmeerraumes fuhrt logischerweise zur Frage warum Pithekoussai in einer so grossen Distanz zu den Mutterstadten auf der Insel Euboa entstanden ist Eine plausible Antwort bieten die schon erwahnten Funde von Eisen u a von Eisenerz aus Elba auf der Akropolis und im metallurgischen Viertel Mezzavia So kann vermutet werden dass einer der wichtigsten Grunde fur die Grundung von Pithekoussai das Interesse der Euboer am Metall der Etrusker gewesen ist Diese These wird auch durch folgende Erkenntnisse gestutzt Wie erwahnt ist der Boden auf Ischia ausser fur Weinanbau fur die Landwirtschaft nicht geeignet So kann ausschlossen werden dass der Grund fur die Entstehung von Pithekoussai Landsuche wie im Fall von vielen anderen Kolonien beispielsweise Kyrene gewesen ist Ausserdem beweisen die zahlreichen Funde von Keramik aus verschiedenen Teilen des Mittelmeerraums dass Pithekoussai ein wichtiges Handelszentrum war Das metallurgische Viertel von Mazzola zeigt allerdings dass Pithekoussai nicht nur ein Handels sondern auch ein industrielles Zentrum war 7 was durch viele weitere griechische Grundungen auf dem Weg zum Golf von Neapel gestutzt wird Die Koloniegrundungen in Korkyra Eretria Naxos Zankle Messana und Rhegion durch Chalkis liegen nicht zufallig an wesentlichen Etappen des Seeweges vom korinthischen Golf nach Pithekoussai einem Weg dem Korinth mit Eroberung Korkyras der Grundung von Syrakusai und seinen spateren Grundungen an der Adria Leukas Ambrakia Anaktrion ebenso folgte wie Megara und besonders die Gemeinden Achaias die Kroton und Sybaris im Golf von Tarent grundeten Sybaris durfte nicht zufallig an der kurzesten Landverbindung zwischen dem Golf von Tarent und dem Tyrrhenischen Meer liegen was die gefahrliche Durchquerung der Strasse von Messina vermied und ihm sprichwortlichen Reichtum verschaffte 8 Emporion oder Apoikie Bearbeiten Eine wichtige wissenschaftlich bislang ungeklarte Frage ist ob es sich bei Pithekoussai um einen Handelsstutzpunkt ein Emporion oder um eine Kolonie eine Apoikia handelt Generell definiert man die beiden Begriffe folgendermassen Wahrend ein Emporion als Marktumschlagplatz einen heterogenen moglicherweise auf mehrere Stadte zuruckgehenden Ursprung hat und durch eine gemischte Population gekennzeichnet ist handelt es sich im Fall einer Apoikia um eine autarke Stadt als Grundung einer einzelnen griechischen Polis mit allen Implikationen die dies mit sich bringt Pithekoussai hatte zwar eine gemischte Population aber keinen heterogenen Ursprung Deswegen lasst sich die Stadt eindeutig weder als Emporion noch als Apoikia bezeichnen Zur Zeit der Grundung von Pithekoussai war die griechische Polis als organisatorisches Gebilde wahrscheinlich noch nicht entwickelt Selbst Korinth war noch um das Jahr 730 v Chr nur ein Konglomerat von Dorfern Deswegen kann Pithekoussai nicht als eine Kolonie im vollen Wortsinn bezeichnet werden Allerdings ist die Diskussion bis heute nicht abgeschlossen da noch nicht alle Spezifika der Begriffe Emporion und Apoikia klar definiert werden konnten Sicher ist dass in der neueren Literatur der Begriff Emporion als Bezeichnung von Pithekoussai bevorzugt wird 9 Soziale Struktur Bearbeiten Mit Hilfe der Ausgrabungen aus der Nekropolis lassen sich bestimmte Hypothesen uber die soziale Struktur der Stadt aufstellen wie z B dass Erwachsene die ohne Beigaben bestattet wurden in der Gesellschaft einen niedrigeren Rang einnahmen und dass es wohl in Pithekoussai mindestens zwei unterschiedliche soziale Klassen gab Ebenfalls lasst sich vermuten dass Kinder in der Gesellschaft ein niedrigeres Ansehen als Erwachsene hatten da sie weniger Beigaben erhielten Da jedoch die Bedeutung von Grabbeigaben in Pithekoussai nicht eindeutig gesichert ist haben die obigen Vermutungen nur einen begrenzten Wert Pithekoussai und ihre Mutterstadte Chalkis und Eretria Bearbeiten nbsp Chalkis und Eretria auf der Lelantischen EbenePithekoussai wurde von ihren Mutterstadten vor allem aus Handelsinteressen gegrundet Funde von Keramik aus Euboa in Pithekoussai bezeugen dass es zwischen dem griechischen Mutterland und Pithekoussai auch nach der Grundung Kontakte gab Es ist allerdings zu erwahnen dass Keramik aus Euboa bei weitem nicht so haufig gefunden wurde wie beispielsweise Keramik aus Korinth oder aus dem Orient Ausserdem stellt die lokale Produktion von Keramik haufig Imitationen protokorinthischer Keramik dar Wie Giorgio Buchner bemerkt hatte man ohne schriftliche antiken Quellen Pithekoussai wahrscheinlich als korinthische Kolonie bezeichnet Lokal nachgeahmt wurde auch geometrisch euboische Keramik offenbar von zugezogenen Topfern die oft der originalen euboischen Keramik so ahnlich ist dass ihr Produktionsort nur durch Tonanalysen sicher bestimmt werden kann 10 Die Handelsbeziehungen mit den Mutterstadten spielten zwar eine Rolle jedoch nicht die Hauptrolle Die Kontakte zwischen Pithekoussai und Euboa bestehen bis zum Verlassen von Pithekoussai nach dem Ende des 8 Jahrhunderts v Chr Danach scheint sich auch Euboa fur den Westen allgemein nicht mehr zu interessieren zumindest sind keine Funde aus Euboa in diesem Gebiet mehr feststellbar Ein anderer moglicher Hinweis auf die Beziehungen Pithekoussais zu ihren Mutterstadten ist die Erwahnung Strabons dass die Eretrier infolge innerer Streitigkeiten siehe oben von Pithekoussai aus weggezogen sind In der Forschung wird kontrovers diskutiert ob es sich hier um ein Echo des sogenannten lelantischen Krieges der auf Euboa moglicherweise zu diesem Zeitpunkt ausgebrochen ist handeln konnte 11 Beziehungen mit den Einheimischen Bearbeiten Die Viertel von Mazzola und Monte di Vico wurden in der Bronzezeit offensichtlich von indigener Bevolkerung besiedelt deren Hinterlassenschaften der Apennin Kultur zuzurechnen sind In der Eisenzeit wurden die Siedlungen allerdings anscheinend verlassen Dies gilt allerdings nicht fur die ganze Insel Ischia da sich in der Nahe von Pithekoussai ein indigenes Dorf das heutige Castiglione befand in dem Uberreste sowohl aus der Bronzezeit als auch aus der Eisenzeit ausgegraben wurden Castiglione das sich ostlich von Pithekoussai befindet wurde zu dieser Zeit besiedelt und da diese Siedlung auch noch im 8 Jahrhundert v Chr bestand waren die Beziehungen zwischen Pithekoussai und Castiglione offenbar friedlich 12 Frauen in Pithekoussai Bearbeiten Viele Forscher stellen sich heute die Frage welchen Ursprungs die Frauen in griechischen Kolonien waren handelte es sich um griechische Frauen die entweder zusammen mit den ersten Kolonisatoren oder spater angereist sind oder heirateten die Griechen indigene Frauen Diese Frage ist generell nicht einfach zu beantworten weil Frauen in den antiken Quellen nur wenig behandelt werden Im Fall von Pithekoussai ist es nicht anders Die einzigen Informationen uber die wir verfugen stammen aus den archaologischen Ausgrabungen und lassen sich folgendermassen zusammenfassen Erstens waren Frauen in Pithekoussai prasent was eine grosse Zahl von Frauen und Kindergrabern bezeugt Zweitens deuten die Fibeln italischer Provenienz die in weiblichen Grabern gefunden wurden darauf hin dass zumindest Frauen der ersten Generation indigenen Ursprungs waren Allerdings ist diese Annahme nicht zwingend da auch griechische Frauen italische Fibeln tragen konnten die sie beispielsweise im Handel hatten erwerben konnen Wie die aktuelle Forschung zeigt sind Kunstprodukte nicht notwendig nur fur eine Ethnie spezifisch 13 Die These dass die Frauen in Pithekoussai indigenen Ursprung gewesen sind lasst sich also weder bestatigen noch widerlegen Die Bedeutung von Pithekoussai BearbeitenKontakte mit dem Orient Bearbeiten Pithekoussai hat nicht nur Handel mit dem Orient getrieben Es gibt auch Anhaltspunkte dafur dass hier Auslander aus dem Orient gelebt haben Auf einer griechischen Amphora aus dem Grab 575 die man in der Nekropolis entdeckte wurden beispielsweise drei semitische Inschriften gefunden die auf die Prasenz von Auslandern in Pithekousassai hindeuten Das Gefass selbst stammt wahrscheinlich von der Insel Rhodos auf der eine phonizische Minderheit lebte Es diente ursprunglich als Olbehalter und wurde wohl von Rhodos nach Pithekoussai exportiert Hier auf der Nekropolis wurde allerdings der ursprunglichen Zweck dieser Amphore geandert da in ihrem Inneren ein Sauglingsskelett gefunden wurde Dies bezeugt auch die letzte der drei semitischen Inschriften die ein semitisches religioses Symbol darstellt Daraus lasst sich ableiten dass die dritte Inschrift in Pithekoussai eingeritzt wurde und zwar von jemandem der kein Euboer war Mindestens eines der Elternteile des in der Amphora bestatteten Kindes stammte also aus dem Orient 14 Kontakte mit den Etruskern Bearbeiten Die Ausgrabungen von Pithekoussai weisen aber nicht nur zahlreiche Verbindungen mit dem Orient sondern auch mit der Welt der Etrusker in Italien auf wie dies bei den Funden von Eisen und insbesondere von Eisenerz aus Elba und Kleiderspangen italischer Provenienz schon festgestellt wurde Viele Funde aus den indigenen Siedlungen von Italien ahneln den Funden von Pithekoussai weil sie den gleichen Typus darstellen oder weisen sogar ein identisches Muster auf In der Nekropolis des vorhellenistischen Kyme wurden beispielsweise Becher entdeckt die dem euboischen mittelgeometrischen Stil zuzuordnen sind Ahnliche Becher wurden auch in Capua Pontecagnano und Pithekoussai ausgegraben Auch Siegel vom Typus der Lyra Spieler Gruppe die wir ebenfalls aus Pithekoussai kennen wurden an verschiedenen Orten in Etrurien festgestellt In Faluri wurde sogar ein Siegel gefunden das einem Siegel aus Pithekoussai entspricht In Pithekoussai selbst wurden wiederum zwei Amphoren etruskischer Provenienz entdeckt Diese Beispiele stellen nur einen Bruchteil von Funden dar die auf den Warenaustausch mit Etruskern hinweisen Der intensive Handelskontakt zwischen den Etruskern und den Euboern und die gleichzeitige Entwicklung der Metallindustrie in etruskischen Zentren lasst David Ridgway die These aufstellen dass die Euboer als Tausch fur Eisen und andere Waren den Etruskern ihr technisches Wissen angeboten haben Auch das Wachstum von zentralisierten Siedlungen demographisches Wachstum Erscheinung von sozialen Unterschieden und Erlernen der Navigation betrachtet Ridgway als mogliche Frucht des Kontakts mit den Euboern aus Pithekoussai Obwohl es fur diese Vermutungen keine konkreten Beweise gibt dienen sie trotzdem als plausible Erklarung fur den Aufschwung der Etrusker auf dem Feld der Technologie Politik und Wirtschaft im 8 Jahrhundert v Chr Gestutzt werden diese Annahmen vor allem durch die Tatsache dass sich diese Anderungen gerade im 8 Jahrhundert v Chr an Orten ereigneten mit denen die Euboer die ihrerseits bereits uber alle diese Errungenschaften verfugten in intensivem Kontakt standen 15 Nestorbecher Bearbeiten nbsp der NestorbecherDen beruhmtesten Fund von Pithekoussai stellt sicherlich der sogenannte Nestorbecher dar Es handelt sich um einen Import aus Rhodos der in einem aus dem Ende des 8 Jahrhunderts v Chr stammenden reichen Grab eines ungefahr zehnjahrigen Jungen entdeckt wurde Was diesen Becher so interessant macht ist eine darauf eingeritzte dreizeilige Inschrift Nestor besass eine hochst trinkwurdige Schale aber jeder der aus der meinen trinkt wird sogleich von Verlangen nach der schongekronten Aphrodite befallen werden Boardman 1981 S 197 Die Inschrift wurde in Pithekoussai eingeritzt 16 und es handelt sich um eine scherzhafte Anspielung auf Verse Homers aus der Ilias die ungefahr zum gleichen Zeitpunkt wie diese Inschrift entstanden ist Fur die Forscher ist dabei von Bedeutung dass die Inschrift in einem griechischen Alphabet chalkidischen Typus und in einem euboischen Dialekt eingeritzt wurde Chalkis eine der Mutterstadte von Pithekoussai war im 8 Jahrhundert v Chr eines der wichtigsten Zentren der ionischen Adelskultur und deswegen uberrascht es nicht dass Verse des Ioniers Homer gerade in einer seiner Tochterstadte auftauchten Der Nestorbecher ist aber nicht nur wegen des Bezugs auf Homer bedeutend Es handelt sich zugleich um eines der altesten bislang gefundenen Beispiele des griechischen Alphabets auf italienischen Boden uberhaupt Dieser Fund illustriert die Ubertragung des Alphabets von Griechen an die Etrusker die es ihrerseits an die Romer weitergegeben haben Das etruskische Alphabet erscheint um 700 v Chr und es handelt sich um den gleichen Typus der auch in Pithekoussai und Kyme benutzt wurde 17 Das Fundstuck befindet sich heute im Museo Archeologico di Pithecusae auf Ischia Grundung von Kyme Bearbeiten Die Bedeutung von Pithekoussai liegt auch darin dass es die Mutterstadt von Kyme ist der nach Strabon wichtigsten Kolonie von Italien und Sizilien Kyme wurde in der zweiten Halfte des 8 Jahrhunderts v Chr auf der gegenuberliegenden Kuste von Pithekoussai gegrundet als Kolonie im vollen Sinne des Wortes Auf die Frage ob Kyme von Pithekoussai aus gegrundet wurde geben die antiken Quellen eine nicht ubereinstimmende Antwort Wahrend Livius berichtet dass Kyme von Chalkidiern von Pithekoussai aus gegrundet wurde siehe oben erwahnt Strabon diese Information nicht Das Schweigen Strabons lasst sich plausibel dadurch erklaren dass Strabons Quelle fur Kyme Ephorus darstellt ein Autor des 4 Jahrhunderts v Chr Ephorus stammte aus dem aolischen Kyme weswegen sich vermuten lasst dass er Pithekoussai nicht erwahnt hat um seine eigene Heimatstadt als eine der Grunderinnen von Kyme besser hervorheben zu konnen Kyme erlangte bald nach seiner Grundung grosse Bedeutung im Mittelmeer da es die Funktion als Handels und Handwerkszentrum von Pithekoussai ubernahm Die Bedeutung von Kyme liegt unter anderem darin dass es selbst viele bedeutende Kolonien gegrundet hat wie zum Beispiel Neapel um nur das wichtigste Beispiel zu nennen Kyme und seine Tochterstadte pflegten zahlreiche Kontakte zu den Etruskern was den Austausch von Ideen und Waren zwischen der griechischen und der etruskischen Welt sehr gefordert hat 18 Literatur BearbeitenQuellen Bearbeiten Livius T Romische Geschichte Buch VII X hg und ubers von Hillen H J Zurich 1994 Strabon The Geography Buch II hg Page T E u a London u a 1960 Ausgrabungsbericht Bearbeiten Giorgio Buchner David Ridgway con appendici di C F Russo e F De Salvia e contributi di J Close Brooks F R Serra Ridgway e altri Pithekoussai 1 La necropoli tombe 1 723 scavate dal 1952 al 1961 Roma 1993 Sekundarliteratur Bearbeiten John Boardman Kolonien und Handel der Griechen Vom spaten 9 bis zum 6 Jahrhundert v Chr Munchen 1981 Giorgio Buchner Dibattito In Centro di Studi sulla Magna Grecia dell Universita di Napoli Hrsg Metropoli e colonie di Magna Grecia Atti del terzo convegno di studi sulla Magna Grecia tenuto a Taranto dal 13 al 17 ottobre 1963 Neapel 1964 S 263 274 Giorgio Buchner Pithecusa Scavi e scoperte 1966 1971 In Centro studi dell Magna Grecia dell Universita di Napoli Hrsg Le Genti non Grece della Magna Grecia Atti dell undicesimo convegno sulla Magna Grecia Neapel 1972 S 363 374 Giorgio Buchner D Ridgway Pithekoussai Band 1 Text Rom 1993 Giorgio Buchner D Ridgway Pithekoussai Band 1 Tafeln Rom 1993 Ettore Maria De Iuliis Magna Grecia L Italia meridionale dalle origini leggendaria alla conquista romana Bari 1996 Walter Eder Kolonisation In Der Neue Pauly DNP Band 6 Metzler Stuttgart 1999 ISBN 3 476 01476 2 Sp 646 666 Emanuele Greco Archeologia della Magna Grecia Bari 1992 Christian Hulsen Aenaria In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band I 1 Stuttgart 1893 Sp 594 f David Ridgway L alba della Magna Grecia Mailand 1984 David Ridgway La Precolonizzatione In Istituto per la Storia e l Archeologia della Magna Grecia Hrsg Un secolo di richerche in Magna Grecia Atti del ventottesimo convegno di studi sulla Magna Grecia Tarent 1989 S 111 126 Klaus Ruter Kjeld Matthiessen Zum Nestorbecher von Pithekussai In Zeitschrift fur Papyrologie und Epigraphik Band 2 1968 S 231 255 Gillian Shepherd Fibulae and Females Intermarriage in the western Greek colonies and the evidence from the cemeteries In Gocha R Tsestkhladze Hrsg Ancient Greeks West and East Brill u a 1999 S 267 300 Rudolf Wachter Altlateinische Inschriften Sprachliche und epigraphische Untersuchungen zu den Dokumenten bis etwa 150 v Chr Bern u a 1987 Weblinks BearbeitenKlaus Dieter Linsmeier Wer trank aus Nestors Becher in Spektrum de vom 6 Januar 2023Einzelnachweise Bearbeiten Ridgway 1984 S 47 49 Ridgway 1984 S 60 61 Ridgway 1984 S 96 97 Buchner 1963 S 264 266 Ridgway 1984 S 104 105 Ridgway 1984 S 112 Buchner1972 S 373 Boardman1981 S 663 De Iuliis 1996 S 48 Richard E Jones John Boardman Greek and Cypriot Pottery A Review of Scientific Studies British School at Athens Athen 1986 S 673 680 Boardman 1981 S 194 Buchner 1972 S 364 Sheperd 1999 S 275 Ridgway 1984 S 126 129 Ridgway 1984 S 147 169 Ruetter 1968 S 237 Wachter 1987 S 15 22 De Iuliis 1996 S 108 110 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pithekoussai amp oldid 229653818