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Die Physik des Segelns auch Theorie des Segelns erklart die physikalischen Grundlagen der Tatsache dass sich ein Segelfahrzeug unter Ausnutzung des Windes fortbewegen kann Die Betrachtungen erlauben es unter anderem zu verstehen weshalb Segelfahrzeuge auch gegen den Wind fahren konnen oder schneller segeln konnen als der Wind weht Eine Einfuhrung in das Thema gehort zu jeder Segelausbildung Inhaltsverzeichnis 1 Definitionen und Begriffe 1 1 Wahrer und scheinbarer Wind 1 2 Kurse zum Wind 2 Aerodynamik des Segelns 2 1 Antrieb eines Segelschiffes 2 2 Winddruck auf das Segel 2 3 Windstromung am Segel Tragflacheneffekt 3 Hydrodynamik 4 Interaktionen des Wassers mit dem Bootskorper 4 1 Windwellen 4 2 Vom Schiff erzeugtes Wellensystem 5 Luv und Leegierigkeit 6 Stabilitat 7 Dynamisches Verhalten 7 1 Anderung des Momentengleichgewichts Ablegen 7 2 Anderung des Momentengleichgewichts Wenden 7 3 Schwingungsbewegungen 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseDefinitionen und Begriffe Bearbeiten nbsp Wahrer und scheinbarer Wind bei verschiedenen Kursen zum WindWahrer und scheinbarer Wind Bearbeiten Hauptartikel Wahrer und scheinbarer Wind Jedes segelnde Schiff bewegt sich mit der Kraft des Windes Als wahrer Wind wird in der Schifffahrt der tatsachlich an einem gegebenen Ort wehende Wind mit Richtung und Starke bezeichnet Der wahre Wind kann nur durch ortsfeste Einrichtungen gemessen werden Der scheinbare Wind ist der Wind der an Bord eines sich in Bewegung befindlichen Schiffes weht Er unterscheidet sich vom wahren Wind und ergibt sich durch eine Vektoraddition des wahren Windes mit dem Fahrtwind des Schiffes Anhand des nebenstehenden Bildes kann man sehen dass die Starke und Richtung des scheinbaren Windes nicht nur von der Starke des wahren Windes sondern wesentlich auch von der Schiffsgeschwindigkeit und der Fahrtrichtung des Schiffes relativ zur Windrichtung Kurs zum Wind abhangt Kurse zum Wind Bearbeiten Hauptartikel Kurse zum Wind Als Kurs zum Wind bezeichnet man den Kurs Richtung in die das Schiff fahrt relativ zur Windrichtung Es werden im Wesentlichen folgende Situationen unterschieden Am Wind Das Schiff lauft schrag gegen den Wind Weil hier Fahrtwind und wahrer Wind aus fast der gleichen Richtung kommen ist die Geschwindigkeit des scheinbaren Windes am grossten Der kleinstmogliche Winkel zum Wind hangt von der Konstruktion des Schiffes ab Halbwind Das Schiff fahrt ungefahr quer zur Richtung des scheinbaren bzw wahren 1 Windes Raumschots Der Wind weht schrag von hinten auf das Schiff Vor dem Wind Der Wind weht genau von achtern von hinten auf das Schiff Hier ist die Geschwindigkeit des scheinbaren Windes am geringsten Im Wind Der Wind weht genau von vorne auf das Schiff In diese Richtung kann ein normales Segelschiff nicht fahren Abhangig vom Kurs zum Wind wahlt der Segler die Stellung der Segel Als Faustregel gilt Der Baum halbiert den Winkel zwischen Mittschiffslinie und Windeinfallswinkel Auf Amwindkursen sind die Segel und Schoten sehr dicht geholt auf Vorwindkursen stehen die Segel fast querschiffs Durch das Trimmen der Segel werden die Segel genau auf die vorherrschenden Wind und Seegangsverhaltnisse eingestellt Aerodynamik des Segelns BearbeitenAntrieb eines Segelschiffes Bearbeiten nbsp Diagramm 1 Kraftverteilung am Segel bei verschiedenen Kursen zum Wind Die Kraftpfeile in Luv symbolisieren Vortrieb durch Winddruck jene in Lee Vortrieb durch Auftrieb Mit eingezeichnet ist der scheinbare Wind nbsp Zwei Arten des Vortriebs nebeneinander Das linke Segelschiff verwendet einen Spinnaker um sich durch den Winddruck vorwarts schieben zu lassen das rechte Schiff fahrt hart am Wind und lasst sich vom Wind ziehen was zusatzlich aber zu erheblicher Krangung fuhrt source source source source source source source source track Video Antriebseffekte beim SegelEin Segelschiff wird durch zwei Effekte vorangetrieben durch Winddruck auf das Segel und durch Luftstromung um das Segel die durch Unterdruck am Segel zieht In der Praxis uberlagern sich meistens beide Effekte wobei je nach Kurs zum Wind der eine oder der andere Teil uberwiegt Beim fahrenden Schiff ist die Gegenkraft zum Vortrieb im Wesentlichen der Wasserwiderstand der auf den Schiffsrumpf wirkt Der hauptsachliche Vortrieb entsteht durch die Ubertragung des Winddruckes auf den oder die segelfuhrenden Masten und Schoten und die Kraft ubertragt sich wiederum auf den Schiffsrumpf Der Rumpf wird quasi mitgezogen Das vom Wind angestromte Segel nimmt eine gewolbte Form Bauch an und entwickelt eine Kraft die proportional zum Produkt aus der Segelflache und dem Quadrat der Windgeschwindigkeit ist Die Kraft wirkt senkrecht zur Flache des Segels in Richtung Lee Einfluss auf die Grosse der Kraft hat neben Form und Grosse des Segels und der Windgeschwindigkeit auch der Anstromwinkel des Windes auf das Segel Je nach Anstromwinkel uberwiegt entweder die Komponente Antrieb durch Widerstand oder die Komponente Antrieb durch Auftrieb Diagramm 1 Winddruck auf das Segel Bearbeiten Trifft der Wind von hinten auf Vorwindkurs oder von schrag hinten auf Raumwindkurs auf das Segelschiff erfolgt der Antrieb des Segelschiffes durch den Widerstand den die Segel dem Wind entgegensetzen Die Luftstromung wird dabei unterbrochen und der Wind versucht den Widerstand wegzuschieben Diese Art des Vortriebs wird am gunstigsten durch die fruher auf Grossseglern verwendeten Rahsegel genutzt Auch die Grosssegler fuhren auf Raumwindkurs schneller als auf Vorwindkurs da bei Letzterem die meisten Segel in den Windschatten der hintersten Segel geraten Moderne Segelschiffe mit Schratsegeln sind nicht besonders gut fur den Antrieb durch Widerstand geeignet da es den Schratsegeln besonders im oberen wirksameren Bereich an Segelflache fehlt Um diese Nachteile auszugleichen werden im Kursbereich Vor dem Wind bis Halber Wind zusatzlich grosse bauchige Segel wie Spinnaker oder Gennaker eingesetzt Windstromung am Segel Tragflacheneffekt Bearbeiten Segelschiffe sind in der Lage schrag gegen den Wind zu segeln und aufzukreuzen Dadurch konnen Ziele erreicht werden die in Windrichtung liegen Dabei haben Schratsegel die grosste Effizienz Segel verhalten sich stromungstechnisch ahnlich dem Tragflugel eines Flugzeuges Die Wolbung der Bauch des Segels bewirkt komplexe aerodynamische Ablaufe und Stromungen rund um das Segel Die unterschiedlichen Stromungsgeschwindigkeiten auf Luv und Leeseite der laminaren Stromung am Segel vorbei fuhren zu Druckunterschieden die sich zu einem Gesamtvektor aufaddieren der bezogen auf die Tragflache also das Segel nach Lee und vorwarts zeigt Dazu ist eine Kraft erforderlich Diese Kraft wird zum Teil in Vortrieb und zum anderen Teil in Abdrift nach Lee und durch den Widerstand des Kiels oder Schwertes unter Wasser in Krangung Schraglage des Schiffes umgesetzt Da die Segel nur bei Umstromung Auftrieb bzw Vortrieb liefern spricht man von dynamischem Auftrieb nbsp Diagramm 2 Vektordiagramme der Wirkung des Windes und der Gegenwirkung des Bootes bei Amwindkurs 2 Erklarung siehe Text nbsp Diagramm 3 Vektordiagramme fur die Wirkung auf Halbwindkurs Hier zeigen Auftrieb und Vortrieb genau in die gleiche Richtung Es ist der schnellste Kurs eines Segelschiffes nbsp Diagramm 4 Vektordiagramme fur die Wirkung des Windes auf Raumschotskurs Jetzt uberwiegt der Vortrieb durch Widerstand Die Gesamtkraft nimmt jedoch ab da der scheinbare Wind schwacher wird Das nebenstehende Diagramm 2 erlautert die Krafte die an einem Boot wirken das auf Amwindkurs segelt Die linke Darstellung zeigt die Kraft G die der Wind auf das Segel ausubt Die Windkraft kann in Auftrieb A und Luftwiderstand Ww zerlegt werden Der Auftrieb ist bei optimaler Anstromung des Segels ungefahr funfmal so gross wie der Luftwiderstand Durch die Form des Bootsrumpfes und den Lateralplan wird die Querbewegung reduziert und der Vortrieb optimiert rechte Darstellung der Lateralwiderstand Wl ist viel grosser als der Formwiderstand Wf Die dabei entstehende Querkraft Q auf das Segel fuhrt bei Einrumpfbooten zu einer Krangung die ausgeglichen werden muss damit das Boot nicht umkippt siehe Abschnitt Stabilitat 2 Zu beachten ist dass die Windkraft G im Segeldruckpunkt S angreift wahrend die Gegenkraft des Lateralplans Wl im Lateraldruckpunkt L angreift Durch richtige Segeleinstellung und angepasste Krangung konnen die beiden Krafte so ausgeglichen werden dass das Boot weder luv noch leegierig ist und nur die gleichformige Fahrt vorwarts bei konstanter Krangung verbleibt Die beiden wirkenden Krafte kann man naherungsweise auch numerisch bestimmen 2 3 W K A v 2 r L 2 displaystyle W K cdot A cdot v 2 cdot frac rho L 2 nbsp mit K Umrechnungskonstante 0 5 fur Vortrieb 1 32 fur Querkraft abhangig auch vom Kurs zum Wind A Segelflache in m2 v Geschwindigkeit des scheinbaren Winds in m s rL Dichte der Luft 1 204 kg m3 Das Ergebnis W ist die wirkende Kraft in Newton Beispiel Ein Boot mit einer Segelflache von 35 m2 erzeugt bei einem scheinbaren Wind von 5 m s einen Vortrieb von 263 N Segelt das Boot mit 6 Knoten 3 09 m s entspricht dies einer Windleistung von 0 81 kW oder 1 09 PS Die Yacht beschleunigt so lange bis sich Antriebs und Widerstandskrafte die Waage halten Der Formwiderstand ist der Widerstand der dadurch entsteht dass der Bootsrumpf bei der Fahrt durchs Wasser dieses zur Seite schieben muss An der weglaufenden Bug und Heckwelle erkennt man dass dabei Energie verbraucht wird Der Reibungswiderstand entsteht durch die Reibung des Wassers am Bootskorper Er kann durch geeignete Oberflachenanstriche reduziert werden was zugleich auch schadlichen Bewuchs am Bootskorper reduziert 4 Schiffskonstrukteure versuchen den Form und den Reibungswiderstand so gering wie moglich zu halten indem die Boote stromlinienformig konzipiert werden und die durch das Wasser benetzte Flache klein gehalten wird Der Luftwiderstand entsteht an allen Teilen des Bootes die uber der Wasserlinie stehen Uberwasserschiff Aufbauten das Rigg und auch die Crew Auf Kursen vor dem Wind hilft jeglicher Luftwiderstand allerdings dem Vortrieb Entscheidend beeinflusst wird der Vortrieb am Segel und damit die Antriebskraft und die Geschwindigkeit des Bootes durch den Winkel zwischen Segel und Wind dem sogenannten Anstellwinkel Ist dieser Winkel zu klein beginnt das Segel zu killen flattern Ist der Winkel zu gross reisst die Luftstromung auf der Leeseite des Segels ab es entstehen Luftwirbel und der Auftrieb bricht zusammen Durch Trimmen wird der richtige Winkel zwischen Segel und Wind eingestellt Der Windeinfallswinkel wird nicht nur durch den Kurswinkel des Schiffes zum tatsachlichen Wind sondern auch von seiner eigenen Geschwindigkeit gepragt Der fur die Segel relevante wirksame Wind der scheinbare Wind wird immer vorlicher einfallen als der wahre Wind Da auch die Geschwindigkeit des scheinbaren Windes mit der Bootsgeschwindigkeit zunimmt ist es moglich schneller als der Wind zu segeln Wegen des immer vorlicher einfallenden Windes bei zunehmender Geschwindigkeit wird man dadurch auch die Segel immer dichter fahren mussen Aus Sicht der Crew fahrt ein schnelles Segelschiff daher sehr haufig Amwindkurs auch wenn der wahre Wind achterlich einfallt Hydrodynamik Bearbeiten nbsp Diagramm 5 Auftriebskrafte Luvkrafte am Kiel entstehen durch den Abdriftwinkel zwischen anliegendem Kurs K und Kurs durchs Wasser K nbsp Segelschiff mit einem traditionellen Langkiel Sehr kursstabil aber die grosse Flache verursacht auch Reibungswiderstand Bedeutend fur die Segeleigenschaften eines Schiffes ist neben dem Rigg wie oben bereits angedeutet auch das Unterwasserschiff Der Konstrukteur legt uber den Langsriss den sogenannten Lateralplan fest Dies ist die seitliche Widerstandsflache des Unterwasserschiffes mit der die Abdrift verhindert wird 5 Zum Lateralplan gehoren auch Kiel Ruder und eventuelle Leitflossen 5 Der Lateraldruckpunkt ist der Punkt an dem man sich die Querkrafte vereinigt denken kann Er ist allerdings nicht statisch sondern andert sich mit der Krangung des Schiffes Je starker das Schiff krangt umso weiter wandert der Lateraldruckpunkt nach vorne weil hauptsachlich der Bug immer tiefer ins Wasser dringt der tiefe Kiel und das Ruder aber immer hoher steigen Die dynamischen Krafte am Unterwasserschiff sind im nebenstehenden Diagramm 5 dargestellt Tatsachlich ist namlich nicht die aufrichtende Wirkung des Kiels fur die Kraft Wl in Richtung Luv verantwortlich diese kontert nur das Drehmoment um die Langsachse Die Seitenkraft nach Luv wird dadurch aufgebaut dass auch die Kielflosse wie eine Tragflache wirkt Der Anstellwinkel ist dabei der Driftwinkel Winkel zwischen anliegendem Kurs K und Kurs durchs Wasser K in der Literatur mit b displaystyle beta nbsp oder L displaystyle Lambda nbsp angegeben 6 Die Theorie schlanker Korper liefert dazu noch einen interessanten Zusammenhang Der hydrodynamische Auftrieb des Kiels bestimmt sich als L C T R T r p v s 2 T 2 b displaystyle L C left frac T R T right rho pi v s 2 T 2 beta nbsp nbsp Diese Rumpfmodelle aus uber 50 Jahren Segelbootsbau zeigen eindrucklich die Entwicklung vom langen flachen Kiel zu tiefen schmalen Konstruktionen nbsp Moderner Kiel mit Bombe Verbessert die Segeleigenschaften Auftrieb und Hebelwirkung wesentlich dafur leidet die Kursstabilitat mit L Auftrieb C Umrechnungskonstante r displaystyle rho nbsp Dichte des Wassers v s displaystyle v s nbsp Geschwindigkeit durchs Wasser T Tiefgang T R displaystyle T R nbsp Tiefgang des Bootskorpers 7 Aus der Formel folgt dass mit erster Naherung der Auftrieb nicht von der Flache des Kiels sondern nur vom Quadrat des Tiefgangs abhangig ist Dies bedeutet dass der Kiel verkurzt werden kann ohne den Auftrieb zu verringern was genau der Entwicklung der Kielformen uber die Zeit entspricht Die Verkurzung hat den Vorteil dass dadurch der Reibungswiderstand des Rumpfes verringert wird Nachteilig ist allerdings die geringere Kursstabilitat und das nervosere Verhalten am Ruder sowie fur den Konstrukteur die Herausforderung die grossen Querkrafte an der kleinen Auflageflache des Kiels sicher in den Rumpf einzuleiten Rechnerisch muss zum Auftrieb am Kiel auch noch der Auftrieb am Ruder berucksichtigt werden denn dieses wirkt ebenso als symmetrische aerodynamische Tragflache lediglich mit geringerer Flache Ublicherweise ist das Ruder ausserdem weniger tief als der Kiel das hat aber vorwiegend praktische Grunde Beim unglucklichen Fall einer Grundberuhrung halt der massive Kiel deutlich mehr aus als das vergleichsweise filigrane Ruderblatt Wie bereits weiter oben ausgefuhrt hat die Form des Unterwasserschiffes einen wesentlichen Einfluss auf die Segeleigenschaften Der Rumpf soll moglichst stromlinienformig sein damit das Schiff geschmeidig durch die See fahrt Bei Kielbooten soll das Kielgewicht moglichst schwer sein und moglichst tief angebracht werden um dessen Hebelwirkung zu maximieren und die hydrodynamischen Auftriebskrafte zu maximieren Es ist Aufgabe des Bootskonstrukteurs diese teilweise widerspruchlichen Anforderungen gegeneinander abzuwagen und entsprechend dem Verwendungszweck des Bootes anzupassen Schnelle Regattaboote haben heute einen sehr flachen Rumpf mit einem tiefen Kiel sie konnen damit teilweise Gleitfahrt erreichen Fahrtensegler bevorzugen etwas rundere und tiefere Rumpfe mit geringerem Tiefgang da diese zusatzlichen Wohnraum bieten sanfter durch die Wellen gleiten und auch kleinere Hafen und Buchten angelaufen werden konnen Auch das bei Fahrtenyachten generell grossere Gesamtgewicht im Verhaltnis zur Bootslange erhoht den Komfort da ein schwereres Boot weniger in den Wellen tanzt Zum Nachteil wird das grosse Gewicht bei wenig Wind weil solche schweren Boote dann erst ab einer bestimmten Windstarke uberhaupt sinnvoll gesegelt werden konnen Interaktionen des Wassers mit dem Bootskorper BearbeitenWindwellen Bearbeiten Hauptartikel Wasserwelle Das Segelschiff bewegt sich an der Grenzschicht von Luft und Wasser Das im physikalischen Sinne als Oberflachenwellen im ublichen Sprachgebrauch einfach als Wellen bezeichnete Phanomen hat einen wesentlichen Einfluss auf die Fortbewegung mit einem Schiff Fur den Segler sind sie oft nur lastig da sie einen bremsen konnen wenn sie von vorne gegen den Bug schlagen und nicht selten dabei auch noch das Deck fluten Zudem verursachen sie dynamische Bewegungen Gieren um die Hochachse Rollen um die Langsachse Stampfen um die Querachse die unangenehm sind und Seekrankheit verursachen konnen Die Energie einer Welle kann ein Schiff zum Kentern bringen besonders wenn sie direkt von der Seite aufschlagt denn die kinetische Energie des sich bewegenden Wassers kann allein aufgrund seiner Masse enorm werden Vom Schiff erzeugtes Wellensystem Bearbeiten source source source source source source source source Gleichmassig erzeugte Wasserwellen eines FrachtschiffesWahrend die Wirkung der Windwellen auf das Schiff fur jeden Beobachter offensichtlich sind gilt das nicht fur die Wellen die das Schiff selber erzeugt Zunachst einmal erzeugt ein Schiff bei hinreichender Wassertiefe und flachem Wasser ein immer gleich aussehendes Wellensystem siehe Video Die Form dieses Systems ist erstaunlicherweise unabhangig von der Geschwindigkeit des Schiffes und der Dichte der Flussigkeit Das Wellensystem offnet sich mit einem Winkel der durch a arcsin 1 3 20 displaystyle alpha arcsin frac 1 3 approx 20 circ nbsp gegeben ist Es handelt sich um eine rein geometrische Eigenschaft von Wellen die aus der Tatsache herruhrt dass das Wellenbild relativ zum bewegten Schiff stationar ist Zusatzlich spielt die sogenannte Dispersionsrelation fur Tiefwasserwellen eine Rolle v p w k g k g l 2 p displaystyle v p frac omega k sqrt frac g k sqrt frac g cdot lambda 2 pi quad quad nbsp v p displaystyle v p nbsp wird dabei auch als Phasengeschwindigkeit der Wellen bezeichnet 8 Dies kann man als Zahlenwertgleichung v p 1 m s 1 25 l 1 m displaystyle frac v p mathrm 1 m s approx 1 25 cdot sqrt frac lambda mathrm 1 m nbsp schreiben oder mit bei der Seefahrt ublicheren Einheiten v R 1 k n 2 43 l 1 m displaystyle frac v R mathrm 1 kn approx 2 43 cdot sqrt frac lambda mathrm 1 m nbsp was die Phasengeschwindigkeit der Wellen in Relation zur Wellenlange setzt Die vorstehende Formel wird oft auch geschrieben als v R 1 k n 2 43 L 1 m displaystyle frac v R mathrm 1 kn approx 2 43 cdot sqrt frac L mathrm 1 m nbsp mit der Wasserlinienlange L eines Schiffes statt der Wellenlange l displaystyle lambda nbsp Dies ist namlich genau die als Rumpfgeschwindigkeit bekannte Grosse Im Zusammenhang mit der Rumpfgeschwindigkeit wird auch oft die sogenannte Froude Zahl genannt Dies ist eine dimensionslose Kennzahl die die Wellenlange des vom Schiff erzeugten Wellensystems in Relation zur Lange des Schiffes stellt F r v s g L displaystyle Fr frac v s sqrt g cdot L nbsp mit vs Schiffsgeschwindigkeit g Schwerebeschleunigung L Wasserlinienlange Die Schiffsgeschwindigkeit ist gleich der Phasengeschwindigkeit des Wassers Durch Einsetzen des rechten Terms aus Gleichung wird daraus F r g l 2 p g L 1 2 p l L 0 4 l L displaystyle Fr frac sqrt frac g cdot lambda 2 pi sqrt g cdot L frac 1 sqrt 2 pi cdot sqrt frac lambda L approx 0 4 cdot sqrt frac lambda L nbsp Mit der Froude Zahl lassen sich nun die Wellensysteme verschiedener Schiffe miteinander vergleichen Ein Schiff das mit einer Froude Zahl kleiner als 0 4 unterwegs ist fahrt unterhalb seiner Rumpfgeschwindigkeit denn die Wellenlange des erzeugten Wellensystems ist kurzer als die Wasserlinienlange Bei Erreichen der Froude Zahl 0 4 nimmt der Wasserwiderstand exponentiell zu denn jetzt erzeugt das Schiff ein Wellensystem das genau eine Wellenlange lang ist Am Bug befindet sich dabei der Wellenberg am Heck das Tal Um weiter beschleunigen zu konnen muss das Schiff die eigene Bugwelle uberfahren Dies ist genau der Punkt an dem ein Gleiter ausreichende Antriebsleistung in Form von Windenergie vorausgesetzt in Gleitfahrt ubergehen kann Dies ist jedoch nur bei leichten Booten mit flachem Rumpf der Fall Luv und Leegierigkeit Bearbeiten nbsp Darstellung der Krafte die Luvgierigkeit mittleres Bild und Leegierigkeit rechtes Bild bewirken Hauptartikel Luv und Leegierigkeit Da ein Boot immer so konstruiert wird dass der Segeldruckpunkt S im Lee des Lateraldruckpunktes liegt entsteht durch das Kraftepaar Vortrieb V und Formwiderstand Wf ein Drehmoment nach Luv Dieses nimmt umso starker zu je mehr das Boot krangt denn dadurch wird der Hebelarm grosser Dagegen wirkt das Kraftepaar aus Querkraft Q und Widerstand des Lateralplans Wl das ein Drehmoment nach Lee erzeugt Das Drehmoment nimmt zu wenn der Segeldruckpunkt zu weit nach vorne wandert etwa weil die Segelflachen der verschiedenen Segel nicht im richtigen Verhaltnis zueinander stehen Bei einem korrekt konstruierten Schiff und korrekt eingestellter Trimmung der Segel halten sich die beiden Krafte die Waage und das Schiff fahrt selbst bei festgesetztem Ruder geradeaus Segelschiffe sind bewusst so konstruiert dass sie bei zunehmender Krangung etwa durch zunehmenden Wind immer luvgieriger werden Durch das Anluven reduziert sich die Krangung automatisch wieder und falls keine Gegenmassnahmen ergriffen werden wird ein Sonnenschuss folgen Der Bug dreht sich in den Wind und das Schiff bleibt stehen Wurde das Boot in so einem Fall nach Lee ausbrechen wurde die Krangung deutlich zunehmen weil der Wind dann quer auf das Segel druckt und eine Kenterung provozieren Ein Schiff das auf einem Raumschotskurs leegierig ist begunstigt zudem eine gefahrliche Patenthalse Stabilitat Bearbeiten Hauptartikel Stabilitat Schiffskorper nbsp Kiel einer YachtEine wesentliche Aufgabe des Kiels oder Schwertes besteht darin dem seitlich wirkenden Winddruck auf das Segel einen Widerstand unter Wasser entgegenzusetzen um die Abdrift nach Lee zu verringern Die daraus resultierende Schraglage des Bootes wird als Krangung bezeichnet Auch durch Seegang kann ein Boot in Krangung versetzt werden Unter der Stabilitat eines Bootes wird seine Fahigkeit diese Krangung auszugleichen und selbstandig wieder in die aufrechte Lage zuruckzukehren verstanden Dies kann auf zwei unterschiedliche Arten geschehen einerseits durch Formstabilitat bei der die Rumpfform des Bootes eine Ruckkehr in die Ausgangslage begunstigt und andererseits durch Gewichtsstabilitat bei der ein tief liegender Ballastkiel das Boot wieder in die aufrechte Lage zwingt Bei gewichtsstabilen Yachten erzeugt der Ballastkiel ein aufrichtendes Drehmoment das mit zunehmender Krangung immer starker wird Ein solches Boot besitzt eine geringe Anfangsstabilitat aber eine hohe Endstabilitat und kann nur unter sehr schweren Wind und Seegangsbedingungen kentern Da durch die Krangung gleichzeitig der Winddruck im Segel abnimmt ist auch grosse Schraglage allein fur das Boot nicht kritisch allerdings potentiell fur die Crew ungemutlich Die Rumpfform bevorzugt ausserdem einen bestimmten Krangungswinkel sodass durch rechtzeitiges Reffen die Geschwindigkeit wieder zunehmen kann Bei formstabilen Booten wie beispielsweise einer Jolle erfolgt der Ausgleich der Krangung durch den Auftrieb des Bootskorpers und eine Verlagerung des Mannschaftsgewichtes nach Luv Ausreiten Dynamisches Verhalten BearbeitenDie bisherigen Betrachtungen gingen von der Annahme aus das Boot befinde sich in einem statischen Fahrzustand oder zumindest dass es diesen nach kurzem Ungleichgewicht wieder erreiche Dies ist aber in mehreren Betrachtungsfallen nicht zutreffend etwa weil das Boot den Kurs andern sollte oder weil es im Seegang zum Tanzen gebracht wird Anderung des Momentengleichgewichts Ablegen Bearbeiten Der erste Zeitpunkt bei dem sich das Momentengleichgewicht andert und als Ergebnis schliesslich der gleichformige Fahrzustand der vorigen Abschnitte erreicht wird ist das Ablegen 9 Wir betrachten ein Boot das mit gesetzten Segeln am Steg festgemacht ist Die Geschwindigkeit durchs Wasser ist demzufolge Null wodurch auch die hydrodynamische Auftriebskraft des Kiels Null ist Der Wind wehe mit konstanter Geschwindigkeit in ablandiger Richtung Ablegemanover unter Segeln mit auflandigem Wind sind an sich schon anspruchsvoll genug Auf das Schiff wirkt eine Kraft nach Lee die jedoch in diesem Zustand nur zu Krangung fuhrt Werden nun die Festmacherleinen losgeworfen druckt der Wind das Boot zunachst vom Land weg Dadurch nimmt es aber gleichzeitig auch Fahrt nach vorne auf denn der Bug wird bei langsamer Fahrt schneller weggedruckt als das Heck Dadurch entsteht jetzt die Stromung um den Kiel die in der hydrodynamischen Seitenkraft resultiert die der Kiel dem Segeldruck entgegensetzen muss damit das Schiff bei Amwindkurs geradeaus fahrt Der Gleichgewichtszustand ist erreicht wenn sich wie in Diagramm 2 ersichtlich die Unterwasserkraft des Kiels W l W f displaystyle overrightarrow Wl overrightarrow Wf nbsp und die Auftriebskraft des Segels V Q G displaystyle overrightarrow V overrightarrow Q overrightarrow G nbsp die Waage halten Anderung des Momentengleichgewichts Wenden Bearbeiten Neben An und Ablegen sind die wichtigsten Manover auf einem Segelschiff Wende und Halse Bei diesen Manovern andern Luv und Lee ihre Platze und die Segel stehen anschliessend auf der anderen Bootsseite Bezogen auf die physikalische Betrachtung heisst das dass die Richtung des Auftriebsvektors des Segels und jene des hydrostatischen Auftriebsvektors vertauscht werden Nehmen wir an das Boot segle gleichformig auf Steuerbordbug 10 Die Wende wird durch deutliches Ruderlegen des Rudergangers nach Luv Backbord eingeleitet Dadurch entsteht ein Drehimpuls denn die Auftriebskraft des Ruderblatts zeigt wegen des grossen Anstellwinkels nun nach Lee in geradliniger Fahrt zeigt die Auftriebskraft des Ruderblatts etwas nach Luv um die Luvgierigkeit des Boots zu kompensieren Das Boot reagiert prompt und luvt an bis die Segel einfallen killen und wenn genugend Schwung vorhanden ist dreht es weiter bis der Wind von der anderen Seite in die Segel greift Der Ruderganger muss jetzt Stutzruder geben d h entgegen der Drehbewegung steuern um mit einem Ruderauftrieb in die neue Leerichtung die Drehbewegung des Bootes aufzufangen Wurde die Wende zugig durchgefuhrt befindet sich noch genugend Fahrt im Boot sodass auf dem neuen Kurs sofort die hydrodynamische Auftriebskraft des Kiels entsteht naturlich jetzt in die neue Luvrichtung Der Wind fullt das Segel und entwickelt dessen Auftriebskraft Nun haben die Auftriebskrafte von Kiel und Segel ihre Richtung relativ zum Schiff um 180 geandert die Gesamtkrafte jedoch nicht Die Richtung des Vortriebsvektors nun relativ zur Umgebung hat sich nur um den Wendewinkel von typischerweise etwa 90 geandert Schwingungsbewegungen Bearbeiten Ein Schiff in Fahrt erfahrt durch Wellen Beschleunigungen in Langs Quer und Hochrichtung sowie um alle drei Achsen Interessant ist dabei zunachst einmal die Beschleunigung in Hochrichtung die zu einer vertikalen Tauchschwingung fuhrt wenn das Boot von Wellen angehoben und abgesenkt wird Das Boot selbst reagiert darauf ahnlich einer Feder denn je tiefer es eintaucht umso grosser wird der Auftrieb der das Boot wieder in die Normallage bringen will Die Eigenfrequenz des idealen Bootes w 0 k m displaystyle omega 0 sqrt tfrac k m nbsp hangt von der Masse m und einer vom Bootskorper abhangigen Federkonstante k ab Fur ein reales Boot liefert 11 w 0 A w r g m m w A w r g m e f f displaystyle omega 0 sqrt frac A w cdot rho cdot g m m w sqrt frac A w cdot rho cdot g m mathrm eff nbsp schon recht gute Schatzwerte A w displaystyle A w nbsp Flache Schwimmwasserlinie r displaystyle rho nbsp Dichte des Wassers Nun wird die Wellenfrequenz in der Regel nicht dieser Eigenfrequenz entsprechen was physikalisch gesehen auf das Problem eines fremderregten Schwingungssystems hinauslauft Im Bootsbau ist es erwunscht moglichst zu vermeiden dass das Boot mit seiner Eigenschwingung angeregt werden kann denn eine Anregung eines Schwingkorpers mit seiner Eigenfrequenz fuhrt zu einer sehr hohen Amplitude die durchaus auch hoher sein kann als jene des fremderregenden Systems in diesem Fall den Wellen Schiffe mit sehr kleiner Eigenfrequenz etwa Katamarane mit geringer Wasserlinenflache werden als wave piercing Schiffe bezeichnet da sie durch die Wellen durchfahren Aquivalente Betrachtungen konnen auch fur Drehbewegungen angestellt werden Auch hier gibt es Wellenmuster die das Boot erheblich starker rollen lassen konnen als die Hohe der Wellen vermuten lassen wurde Die Kreisfrequenz der Rollschwingung wird formal dargestellt als w r m G M g 8 displaystyle omega r sqrt frac m cdot overline GM cdot g Theta nbsp mit G M displaystyle overline GM nbsp metazentrische Hohe naherungsweise der Abstand zwischen dem Wirkungspunkt des Auftriebs und dem Schwerpunkt und 8 displaystyle Theta nbsp Tragheitsmoment Aus Stabilitatsgrunden ware grundsatzlich ein grosses G M displaystyle overline GM nbsp wunschenswert denn bei einer solchen Yacht ist eine Kenterung weniger wahrscheinlich Sie nimmt die senkrechte Schwimmlage namlich sehr schnell wieder ein Dynamisch betrachtet kann das allerdings auch ein erheblicher Nachteil sein denn eine schnelle Ruck Bewegung des Schiffes verursacht grosse Krafte in der Takelage was die Dimensionierung derselben nicht hergeben konnte Es gibt in der Literatur etliche Beispiele von Entmastung durch zu steife zu stabile Konstruktionen 12 Literatur BearbeitenWolfgang Puschl Physik des Segelns 1 Auflage Wiley VCH Weinheim 2012 ISBN 978 3 527 41106 1 Joachim Schult Segler Lexikon 13 Auflage 2008 ISBN 978 3 7688 1041 8 Thomas Bock Mitarb Petra Krumme Red Seemannschaft Handbuch fur den Yachtsport 30 Auflage Delius Klasing Bielefeld 2013 ISBN 978 3 7688 3248 9 Seit 1929 mit wechselnden Mitarbeitern herausgegeben vom Deutschen Hochseesportverband Hansa anfangs mit dem Untertitel Handbuch fur Segler und Motorbootfahrer seit der 13 Auflage 1969 als Handbuch fur den Yachtsport Ross Garret The Symmetry of Sailing Sheridan House Dobbs Ferry 1996 Weblinks Bearbeiten nbsp Portal Segeln Ubersicht zu Wikipedia Inhalten zum Thema Segeln nbsp Commons Theory of sailing Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Die Literatur ist sich uneins daruber ob sich ein Halbwindkurs auf den wahren oder den scheinbaren Wind beziehen soll a b c Seemannschaft 28 Auflage S 157 f Joachim Schult Segler Lexikon Stichwort Windkraft F CT 0 615 v2 A mit CT zwischen 1 0 fur Vorwindkurse und 1 5 fur Amwindkurse Spezielle Hinweise fur den Regattasegler und die fur Regattaboote verwendeten Antifoulings Abgerufen am 26 Dezember 2012 a b Joachim Schult Segler Lexikon Stichwort Lateralplan Wolfgang Puschl Physik des Segelns S 16 ff Wolfgang Puschl Physik des Segelns S 108 f Wolfgang Puschl Physik des Segelns S 124 Nach Ross Garret The Symmetry of Sailing In Wolfgang Puschl Physik des Segelns S 169 f Nach Ross Garret The Symmetry of Sailing Adaptiert von Wolfgang Puschl Physik des Segelns S 171 Wolfgang Puschl Physik des Segelns S 173 Wolfgang Puschl Physik des Segelns S 177 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Physik des Segelns amp oldid 232100904