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Unter Fouling wird die unerwunschte Ansiedlung von Organismen an technischen Oberflachen verstanden Dies betrifft z B Schiffsrumpfe wasserbauliche Anlagen aus Holz Metall und Kunststoff Flachendeckender Bewuchs auf Schiffsrumpfen mit Seepocken und Algen auf einem Sportboot oben und dichtem Biofilm auf einem Kreuzfahrtschiff unten Fouling auf einem Ruderblatt links und Stutzpfeiler rechts Organismengemeinschaften auf lebenden Substraten z B Schneckenhausern Krebspanzern bezeichnet man als Aufwuchs Epibiose auf nicht lebenden naturlichen wie anthropogenen Substraten Felsen Treibholz Mull werden sie Bewuchs genannt Die Begriffe Fouling und Bewuchs sind daher synonym Komplexe am Meeresboden festsitzende Lebensgemeinschaften konnen sich zu Korallenriffen ausbilden die grosse okologische Bedeutung besitzen und von Tauchern und Schnorchlern asthetisch sehr geschatzt aber auf Schiffsrumpfen bekampft werden Dabei handelt es sich bei jeder Bewuchsentwicklung auf technischen Oberflachen um einen immer wiederkehrenden fundamentalen biologischen Prozess der ein intaktes lebendiges Meer anzeigt Im Schiffbau tritt Fouling an allen in Wasser getauchten Oberflachen auf sowohl am Rumpf selbst als auch an Propellern Seekasten und innen gelegenen Strukturen die mit Seewasser in Kontakt kommen z B Ballastwassertanks Kuhlwassereinlaufe Inhaltsverzeichnis 1 Biologie 1 1 Mechanismen 2 Schaden 3 Antifouling 3 1 Biozide 3 2 Biozidfreie Beschichtungen 3 3 Reinigungsfahige Beschichtungen 4 Gesetzliche Regelungen 5 Geschichte 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseBiologie Bearbeiten nbsp Von Semibalanus balanoides links und Lepas anatifera rechts besiedelte Unterwasserstrukturen Die Bewuchsbildung beginnt mit der Bildung eines makromolekularen Films aus Zucker und Eiweiss sobald ein Korper dem Wasser ausgesetzt wird Darauf folgt eine Ansiedlung von Bakterien denen dieser Film als Nahrung dient und ihre Anheftung begunstigt Der Besiedlung durch Bakterien folgen Mikroorganismen einzellige Algen Tiere und Pilze Durch die von diesem Mikrofouling ausgeschiedenen Stoffe entsteht ein schleimartiger Film ein sogenannter Biofilm der schnell zu einer dicken Schicht anwachsen kann und auf die pelagischen Larven und Sporen von Makroorganismen eine uberwiegend anziehende Wirkung ausubt Aus diesen Larven entwickeln sich grossere Organismen die das Makrofouling bilden Dabei wird unterschieden zwischen hartem Bewuchs engl hard fouling zu dem Arten der Krebstiere krustenbildenden Moostierchen Mollusken und rohrenbildenden Wurmer gehoren sowie dem Weichbewuchs engl soft fouling zu dem Algen und Weichkorallen wie Seeanemonen zahlen Mechanismen Bearbeiten nbsp Bratpfanne mit Teflon Beschichtung mit starker Bewuchsentwicklung nach einer Saison im Meerwasser Sessile Bewuchs Organismen sind in der Lage sich selbst an sehr glatten oder auch fettigen Oberflachen fest anzuheften Sie konnen auch durch massive mechanische Belastung nicht gelost werden Im Fall der erwahnten Krebstiere Entenmuscheln und Seepocken sorgt dafur eine Zementdruse der Cyprislarve dem letzten pelagischen Larvenstadium dieser Rankenfusser Mittels der Ausscheidung einer sehr effektiven Klebersubstanz bildet sich nach dem ersten Anheften eine stabile Kalkplatte aus die den Organismus fur den Rest seines Lebens an diesen Standort bindet Miesmuscheln halten sich durch ein Netz von Byssus Faden fest die von einer speziellen Druse am Fuss gebildet und abgeschieden werden 1 An jedem Ende eines Byssus Fadens befindet sich ein starker Klebstoff der selbst an Teflon klebt und so einen extrem guten Halt gewahrleistet Die chemische Struktur dieses Stoffes wurde 2004 aufgeklart Es ist die in der Therapie der Parkinson Krankheit eingesetzte Aminosaure L 3 4 Dihydroxyphenylalanin Levodopa die im Klebstoff durch ein Fe3 Ion in einem oktaedrischen Komplex gebunden ist Schaden BearbeitenIm Falle des Foulings an Schiffsrumpfen entsteht ein wirtschaftlicher Schaden fur den Besitzer und Nutzer des Schiffes Durch den Bewuchs nimmt das Schiff an Gewicht zu und er erhoht zugleich den Stromungswiderstand was zu langsamerer Fahrt und bis zu 30 hoheren Treibstoffkosten fuhren kann 2 3 Zudem sind Dockungen in kurzeren Intervallen notwendig und der Schiffsrumpf kann beschadigt werden Der jahrliche von Fouling verursachte Schaden wird auf mindestens 200 Milliarden geschatzt 3 Antifouling BearbeitenUm dem Fouling entgegenzuwirken werden vor allem sogenannte Antifouling Beschichtungen verwendet die permanent toxische Stoffe Biozide in das Wasser abgeben Diese sollen das Anheften von Organismen unter Wasser verhindern oder bei Beruhrung der Larven mit dem Schiffsrumpf zu deren Absterben fuhren Welche Antifouling fur welche Gebiete geeignet ist hangt vor allem von der Bewuchsintensitat des jeweiligen Gewassers ab Limnische Gewasser weisen dabei tendenziell einen geringeren Bewuchsdruck auf als marine Biozide Bearbeiten nbsp Ballonwachstum einer Auster ausgelost durch TBT Biozide sind chemische oder biologische Substanzen die Wasserorganismen schadigen oder abtoten Sie sollen so die Bewuchsentwicklung verhindern bzw verzogern Seit den 70er Jahren wurden vor allem hochgiftige Tributylzinn Verbindungen TBT eingesetzt Nachdem ein Massensterben von Austernlarven und Fehlbildungen von Austern in franzosischen Zuchtfarmen entlang der Atlantikkuste ebenso wie hormonelle Storungen in anderen Organismen auf dieses Gift zuruckgefuhrt wurden wurden ab 1989 nationale Verbote ausgesprochen und ab 2003 ein internationales Verbot von TBT s gesetzliche Regelungen Stattdessen werden seitdem weiterhin andere Biozide eingesetzt die zwar ebenfalls effektiv Fouling verhindern jedoch auch andere Organismen des aquatischen Lebensraums schadigen Derzeit stellen Kupfer und Kupferverbindungen z B Dikupferoxid Kupferpyrithion Kupferthiocyanat die wichtigsten Hauptbiozide dar Einige Produkte enthalten zusatzlich Zinkoxid das jedoch nicht offiziell als Biozid definiert ist Weitere gangige Biozide sind Zinkpyrithion Zineb Isothiazolinone Dichlofluanid und Tolylfluanid sowie Tralopyril und Medetomidin Diese Biozide sind zwar weniger schadlich als TBT trotzdem handelt es sich auch bei diesen hochwirksamen Verbindungen um Substanzen die unerwunschte Nebenwirkungen auf Wasserorganismen haben konnen und schwer abbaubar sind 4 Einige Forschungen zielen darauf diese und weitere noch nicht zugelassene Biozide in Nanogrosse oder nanoverkapselt einzusetzen Als Beispiel seien hier winzige Nanopartikel aus Vanadium V oxid genannt die den Bewuchs an Grenzflachen unterbinden Vanadiumpentoxid wirkt hierbei als Katalysator der fur Mikroorganismen hoch toxische Verbindungen bildet 3 Biozidfreie Beschichtungen Bearbeiten nbsp Seepocken auf silikonhaltiger Beschichtung die sich in Kratzern ansiedeln konnten Neue Entwicklungen im Bereich biozidfreier Antifouling Systeme existieren in vielfaltiger Ausfuhrung Einige basieren auf Silikonen den sogenannten Silikon FRCs Silicone Fouling Release Coatings Diese Systeme zeichnen sich durch eine extrem glatte Oberflache sowie in einem hohen Masse flexible kalteunempfindliche nichterodierende und seewasserbestandige Eigenschaften aus Theoretisch konnen diese rein auf physikalischen Oberflacheneigenschaften beruhenden Systeme eine deutlich langere Standzeit erreichen als biozidhaltige Antifoulingbeschichtungen bei denen der Wirkstoff durch Hydrolyse oder Abtragung des Bindemittels freigesetzt und somit verbraucht wird Problematisch ist bei Silikonen allerdings deren Anfalligkeit gegenuber mechanischen Belastungen wie sie in der Schifffahrt z B durch Eisgang Grundberuhrungen Schlepperkontakt oder bei Anlegemanovern vorkommen konnen Neuerdings verfugen einige dieser hydrophoben Silikon Beschichtungen uber eine hydrophile Hydrogel Schicht die bei Wasserkontakt aus in der Beschichtung verteilten Polymeren gebildet wird Diese Schicht wirkt wasseranziehend Das erschwert den Organismen die Ansiedlung da die Grenzschicht vom flussigen Medium Wasser zum festen Schiffsrumpf nicht klar ausgepragt ist Reinigungsfahige Beschichtungen Bearbeiten Fur den Sportbootbereich werden zunehmend auch Verfahren entwickelt die mit Hilfe mechanischer Unterstutzung den Bootsrumpf frei von Bewuchs halten sollen Dafur werden reinigungsfahige nichttoxische Hartbeschichtungen verwendet die in regelmassigen Abstanden mit handgefuhrten Reinigungsgeraten oder automatischen Waschstrassen gereinigt werden Diese Methode der Bewuchsverhinderung wird jedoch derzeit nur fur Sussgewasser empfohlen Im Meerwasser ist der Bewuchsdruck so stark dass das Reinigungsintervall zu kurz ware 5 6 Einer Erfassung der Sportboote in Deutschland aus dem Jahr 2014 zufolge liegen allerdings zwei Drittel aller Sportboote in Deutschland im Susswasser 7 Gesetzliche Regelungen BearbeitenIn zahlreichen Untersuchungen wurde gezeigt dass TBT in Antifouling Farben lange in der Umwelt verbleibt und sich in Sedimenten ablagert und anreichert Es schadigt durch seine hohe Toxizitat Wasserorganismen und wirkt sich hormonell auf diese und letztendlich auf den Menschen am Ende der Nahrungskette aus Daher wurde der Einsatz von TBT in Schiffsanstrichen in der EU Verordnung 782 2003 verboten und seit dem 1 Januar 2008 fur Schiffe die unter der Flagge der EU fahren oder Hafen der EU anfahren umgesetzt Die gleiche Regelung wurde 2001 von der IMO International Maritime Organization verabschiedet und trat am 17 September 2008 in Kraft so dass TBT international als Wirkstoff in Schiffsanstrichen verboten ist 4 In den folgenden Jahren gingen die Konzentrationen von TBT in Wasser und Sedimenten zuruck trotzdem werden die zulassigen Grenzwerte teilweise immer noch uberschritten 8 In der Verordnung EU Nr 528 2012 Biozid Verordnung werden die zukunftig zugelassenen Wirkstoffe geregelt Einige Altbiozide wie Diuron Chlorthalonil u a sind dadurch bereits seit 2008 verboten da fur diese von der Industrie kein Antrag gestellt wurde Sie durfen in keinem Antifoulingprodukt mehr enthalten sein Von den beantragten Altbioziden haben Zineb Isothiazolinon Tolylfluanid Kupferpyrithion Kupferflocken Kupfer I oxid Kupferthiocyanat und Dichlofluanid und als neue Biozide Tralopyril und Medetomidin die Prufung vollstandig durchlaufen und sind inzwischen als Antifoulingbiozide zugelassen 9 Cybutryn besser bekannt unter dem Namen Irgarol wurde hingegen abgelehnt und darf ab dem 31 Januar 2017 nicht mehr in Antifoulingprodukten verwendet werden EU Durchfuhrungsbeschluss 2016 107 vom 27 Januar 2016 Ab dem 2 Marz 2017 durfen keine Boote mehr verkauft werden die mit Cybutryn beschichtet sind und Restmengen von Antifouling Produkten mit Cybutryn mussen vor dem Stichtag 31 Januar 2017 entsorgt werden 10 Auch Altbestande die bis vor einigen Jahren Cybutryn enthielten durfen dann nicht mehr verwendet werden Geschichte Bearbeiten nbsp Korper eines Schiffsbohrwurms links und seine Lebensweise in einem Duckdalben aus Larche nach vier Jahren Einsatz im Norderneyer Hafen rechts Besonders schadlich war Fouling bei holzernen Seeschiffen wie sie bis ins 20 Jahrhundert benutzt wurden Auf den Holzplanken lagerte sich besonders viel ab Seit der Antike so zum Beispiel im romischen Reich bedeckte man den Unterwasserbereich der Schiffe mit Bleiplatten um das Fouling zu behindern Blei ist weich genug um es auf holzigen Untergrund hammern zu konnen Diese Technik wurde bei den Nemi Schiffen dokumentiert Man begann im 18 Jahrhundert vermehrt die Schiffe mit Kupferplatten zu bedecken Dies schutzte auch vor dem Schiffsbohrwurm Teredo navalis einer holzbohrenden Muschelart Siehe auch BearbeitenFouling Kuhlwasser Holzschadling Holzschadlingsbekampfung HolzschutzLiteratur BearbeitenUlrich Scharnow Lexikon Seefahrt 5 Auflage Transpress VEB Verlag fur Verkehrswesen Berlin 1988 ISBN 3 344 00190 6 S 28 Simone Durr Jeremy C Thomason Hrsg Biofouling John Wiley amp Sons 2009 ISBN 978 1 4443 1547 9 englisch Mary J Sever Jaime T Weisser Jennifer Monahan Shalini Srinivasan Jonathan J Wilker Metal Mediated Cross Linking in the Generation of a Marine Mussel Adhesive In Angewandte Chemie Band 116 2004 S 454 456 englisch Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Fouling Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Labor fur limnische und marine Forschung Abgerufen am 23 Mai 2016 Antifouling an Sportbooten In Oxyl Boote 2015 abgerufen am 25 September 2018 Einzelnachweise Bearbeiten J H Waite M L Tanzer The bioadhesive of Mytilus byssus A protein containing L DOPA In Biochemical and Biophysical Research Communications Band 96 Nr 4 1980 S 1554 1561 doi 10 1016 0006 291X 80 91351 0 S Donner Ungiftiger Antifouling Anstrich Haihaut schutzt den Schiffsrumpf 10 September 2008 abgerufen am 19 Mai 2016 a b c P Giegerich Von der Natur inspiriert Lacke mit bakteriziden Nanopartikeln gegen marines Fouling 2 Juli 2012 abgerufen am 19 Mai 2016 a b Antifouling Mittel Umweltbundesamt 9 September 2015 abgerufen am 19 Mai 2016 B Daehne Dr B Watermann C Furle D Daehne A Thomsen Erprobung von Reinigungsverfahren der Unterwasserbereiche von Sportbooten und kustenoperierenden Schiffen als Bewuchsschutz Alternative Materialbelastung Effektivitat und Gewasserbelastung Juni 2014 abgerufen am 19 Mai 2016 Dr B Watermann B Wohlert B Daehne D Daehne A Thomsen P Janson C Furle Erprobung von Reinigungsverfahren fur biozidfreie Unterwasserbeschichtungen an Sportbooten in Modellregionen Unterweser Dummer Ratzeburger See Zeuthener See Marz 2016 abgerufen am 19 Mai 2016 Dr B Watermann D Daehne C Furle A Thomsen Sicherung der Verlasslichkeit der Antifouling Expositionsschatzung im Rahmen des EU Biozid Zulassungsverfahrens auf Basis der aktuellen Situation in deutschen Binnengewassern fur die Verwendungsphase im Bereich Sportboothafen August 2015 abgerufen am 19 Mai 2016 Dr B Watermann Dr M Herlyn B Daehne Langfristige Effekte von Anitfouling Bioziden in marinen Gewassern 2014 abgerufen am 19 Mai 2016 Genehmigte Wirkstoffe Antifouling Produkte Produktart 21 In REACH CLP Biozid Helpdesk Bundesanstalt fur Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin abgerufen am 1 November 2020 EU Kommission lehnt Genehmigung von Antifouling Wirkstoff ab Umweltbundesamt 20 April 2016 abgerufen am 1 September 2016 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fouling Schiffbau amp oldid 232401013