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Der Schiffsbohrwurm Teredo navalis auch Schiffsbohrmuschel ist trotz seines Namens kein Wurm sondern eine Muschel Art aus der Familie der Schiffsbohrmuscheln Teredinidae Sein Korper ist stark verlangert und wurmartig gestreckt Das sehr kleine Gehause im Verhaltnis zur Lange bedeckt nur noch den vordersten Teil des Weichkorpers und wird zum Bohren in Holz genutzt Der Schiffsbohrwurm ist relativ salinitatstolerant 7 bis 39 PSU 1 und ubersteht sogar kurze Phasen von Susswasserbedeckung unversehrt indem er seine Bohrrohre mit den akzessorischen Kalkplattchen Paletten verschliesst Er ertragt auch grosse Temperaturschwankungen 0 bis 30 C 1 SchiffsbohrwurmSchiffsbohrwurm Teredo navalis SystematikOrdnung MyidaUberfamilie PholadoideaFamilie Schiffsbohrmuscheln Teredinidae Unterfamilie TeredininaeGattung TeredoArt SchiffsbohrwurmWissenschaftlicher NameTeredo navalisLinnaeus 1758Stark reduziertes und modifiziertes Gehause des Schiffsbohrwurms Das lange Gebilde in der Mitte ist die Apophyse Oben Innenansicht der rechten unten Aussenansicht der linken Schalenklappe Inhaltsverzeichnis 1 Namen 2 Merkmale 3 Geographische Verbreitung und Lebensraum 4 Lebensweise 5 Fortpflanzung und Lebensweise 6 Geschichte 7 Taxonomie 8 Literatur 9 EinzelnachweiseNamen BearbeitenNeben den vorherrschenden Bezeichnungen Schiffsbohrwurm und Schiffsbohrmuschel werden auch die Bezeichnungen bzw Kurzformen Schiffswurm 2 3 4 5 Holzbohrwurm 2 Holzbohrmuschel 2 6 Pfahlbohrmuschel 7 und Pfahlwurm 3 verwendet Auch die mehrdeutige Bezeichnung Bohrmuschel ist gebrauchlich 3 8 7 Merkmale BearbeitenDas gleichklappige Gehause ist im Grossen und Ganzen halbkugelig Es bedeckt aber nur noch den vordersten Teil des Weichkorpers Der lang gestreckte weniger als einen Zentimeter im Durchmesser erreichende Weichkorper wird bis zu 50 cm lang bleibt jedoch meistens kleiner 20 bis 30 cm Das Gehause wird nur etwa einen Zentimeter lang und einen Zentimeter hoch Es ist im Umriss dreigegliedert in einen kleinen dreieckigen vorderen Teil einen grossen hoch und schiefeiformigen und geblahten mittleren Teil und einen wieder etwas kleineren halbrunden hinteren Teil Auriculum Der kleine dreieckige vordere Teil setzt oben am mittleren Teil an abgesetzt durch einen Knick Der vordere Teil ist mit randparallel verlaufenden auch etwas geschwungenen Rippen versehen die mit stachel oder dornartigen Fortsatzen besetzt sind Im dorsalen Bereich des vorderen Gehauseteils sitzt der Wirbel Der mittlere Teil ist meist nur schwach mit randparallelen Anwachsstreifen ornamentiert ebenso der hintere Gehauseteil Von den Wirbeln verlauft eine schmale Langsgrube fast senkrecht zur Gehauselangsachse uber den mittleren Gehauseteil zum Ventralrand Das halbkugelige Auriculum hinterer Gehauseteil sitzt schrag nach oben auf dem mittleren Gehauseteil uberragt aber den Wirbel nicht Es ist kein Ligament vorhanden ebenso fehlen Schlosszahne und auch akzessorische Schalenplatten Die Fussmuskeln sitzen auf Fortsatzen der hintere grosse Schliessmuskel setzt im Auriculum an der vordere kleine Schliessmuskel inseriert vor den Wirbeln Die beiden Klappen sind mit zwei Gelenkkopfen am Dorsal und Ventralrand verbunden Die aragonitische Schale ist weiss und besteht aus drei Schichten einer ausseren prismatischen einer mittleren mit Kreuzlamellen und einer inneren Schicht bestehend aus komplexen Kreuzlamellen Das Periostrakum ist hellbraun Zusatzlich zum zweiklappigen Gehause der Muschel am Vorderende sondert der Mantel des langlichen Korpers des Schiffsbohrwurms eine Kalkrohre von etwa 1 cm Durchmesser ab die dem Schiffsbohrwurm als Wohnrohre dient es ist eine Auskleidung des vom Tier geschaffenen Bohrganges Der Weichkorper geht hinten an der Mundung des Bohrloches in zwei lange einziehbare Siphonen uber Sie dienen der Atmung dem Einstrudeln von Plankton als Nahrung und der Ausscheidung der Stoffwechselprodukte aber auch dem Einstrudeln der Samenzellen und zum Ausstrudeln der Larven An der Basis der Siphonen sitzen zwei Kalkplatten Paletten die aus einem Blatt und einem Stiel bestehen Der Stiel ist zum Bohrloch hin orientiert Werden die Siphonen in das Bohrloch zuruckgezogen verschliessen die beiden Platten konusartig die Bohrlochoffnung nbsp Paletten von drei Schiffsbohrmuscheln A Lyrodus pedicellatus B Teredo navalis C Nototeredo norvagica Deutlich sichtbar in diesem Durchlichtbild sind die nicht verkalkten Spitzen die in schwach verkalkte Bereiche ubergehen Die Paletten sind bis etwa 6 mm lang davon entfallen zwei Drittel der Lange auf das Blatt ein Drittel auf den Stiel Die Breite betragt ebenfalls etwa ein Drittel der Gesamt Lange Das Blatt ist leicht gewolbt mit der konkaven Seite zum Sipho hin Diese Seite wird auch als Innenseite die gewolbte Seite entsprechend als Aussenseite bezeichnet Der obere Rand ist jeweils aussen zu Spitzen ausgezogen Allerdings ist der vordere Rand meist unverkalkt und besteht aus organischem Periostracum sodass Exemplaren mit abgeriebenem Rand oder wenn nach Tod des Tieres das organische Periostracum zersetzt wird die seitlichen Spitzen fast fehlen Geographische Verbreitung und Lebensraum BearbeitenDer Schiffsbohrwurm lebt weltweit in warmen bis gemassigten Zonen Das ursprungliche Verbreitungsgebiet lasst sich nicht mehr rekonstruieren da die Art durch den fruheren Schiffsverkehr mit Holzschiffen weltweit verschleppt ist Er lebt in flachen bis flachsten Gewassern uberall dort wo geeignetes Holz im Wasser vorkommt so in den Wanden von Holzschiffen in holzernen Brucken Hafen und Steganlagen holzernen Buhnen und Dalben sowie in Treibholz und im Wasser liegenden Baumstammen Lebensweise BearbeitenKennzeichnend fur den Schiffsbohrwurm ist seine vergleichsweise hohe Toleranz gegenuber Schwankungen von Salzgehalt und Temperatur Er ertragt Brackwasser bis hinunter zu einem Salzgehalt von etwa 7 altere Arbeiten nennen 9 und Temperaturen bis hinunter zum Gefrierpunkt 0 C 1 So hat er entlang der deutschen Ostseekuste nach einer langen unauffalligen Periode seit 1993 mehrere Massenvorkommen erreicht Inzwischen scheint in der Ostsee sogar eine Anpassung an noch niedrigere Salzgehalte eben die genannten 7 passiert zu sein denn die Art wurde nun schon in der ostlichen Ostsee gefunden 1 Die Wohnrohre ist zum Wasser hin nachdem er die Siphonen am Korperhinterende zuruckgezogen hat uber zwei kleine spatelformige Kalkplatten Paletten verschliessbar so dass das Tier auch eine mehrere Wochen dauernde Schiffsfahrt im Susswasser uberstehen kann Bei starkerem Befall kann er erheblichen Schaden an Brucken Hafen und Steganlagen Deichen und Holzschiffen anrichten sofern sie am offenen Meer liegen Der Befall des Holzes durch den Schiffsbohrwurm ist von aussen kaum zu sehen da die Offnung zum Wasser vergleichsweise klein ist und die beiden kleinen Atem Siphonen den von aussen einzig sichtbaren Hinweis geben Der Schaden wird oft erst beim Abbrechen ersichtlich Heute wird das Holz zum Schutz gegen den Schiffsbohrwurm impragniert oder mit Deckschichten aus Metall oder Kunststoffen versehen nbsp Korper eines Teredo navalis links und Schadbild eines Duckdalbens rechts Fortpflanzung und Lebensweise Bearbeiten nbsp Schiffsbohrwurm bohrt sich in ein Stuck Holz nbsp Schadbild an einem BuhnenpfahlDer Schiffsbohrwurm ist ein protandrischer Zwitter der mehrmals das Geschlecht wechseln kann Wenn die Tiere nach nur 60 Tagen geschlechtsreif werden sind sie zuerst Mannchen Nach einigen Wochen und weiterer Grossen und Gewichtszunahme wechselt das Geschlecht zum Weibchen Der Schiffsbohrwurm kann dann in einem Jahr 1 bis 5 Millionen Eier produzieren Die Eier werden dabei im Kiemenbereich zuruckgehalten und dort durch eingestrudelten Fremdsamen befruchtet Anscheinend wird auch Samen aus der mannlichen Phase gespeichert sodass auch Selbstbefruchtung vorkommen kann Die ersten 14 Tage der Entwicklung verbringt die Larve im Kiemenraum Anschliessend wird sie als Veliger Larve mit einem kleinen D formigen Gehause ausgestossen und schwimmt ein bis drei Wochen frei im Wasser Danach setzt sie sich mithilfe eines Byssusfadens an einem Stuck Holz fest wo sie mit Hilfe der beiden Schalenklappen zu bohren beginnt Die kleinen stark klaffenden Muschelschalen dienen ausschliesslich diesem Zweck Innerhalb von ca 60 Tagen wachst die Larve zu einem erwachsenen geschlechtsreifen Tier heran und bohrt sich dabei immer weiter durch das Holz Aus der nur wenige Millimeter grossen Offnung zum Wasser ragen nur die zwei kleinen Atem Siphone heraus Sie konnen durch zwei spezielle Kalkplattchen hermetisch abgeschlossen werden Die Bohrrohre wird mit einer Kalkschicht ausgekleidet und dient als Wohnhohle in der der Schiffsbohrwurm den Rest seines Lebens verbringt Der Schiffsbohrwurm kann zwei bis drei Jahre alt werden 7 Der Schiffsbohrwurm ernahrt sich indem er die Zellulosebestandteile des abgeraspelten Holzes mit den Enzymen Cellulase und Glucosidase zu knapp 80 in Zucker umwandelt Diese Enzyme werden von symbiotischen Bakterien im Darm geliefert Daneben filtert er aus dem Atemwasser Plankton als Nahrungserganzung heraus Geschichte BearbeitenSchadigungen durch Schiffbohrwurmer waren bereits der antiken Welt bekannt Anfangs wurden die Schiffsrumpfe mit einer zusatzlichen Beplankung als eine Art Opferholz ausgerustet Die Agypter hatten ihre Schiffe mit einem schutzenden Anstrich versehen die Chinesen bauten Doppelhullenboote mit einer Zwischenlage aus Ziegenleder die sich dem Zugriff der Bohrwurmer widersetzte Die Romer versuchten im Unterwasserbereich ihrer Galeeren Metallbleche anzubauen spater entdeckten sie die giftige Wirkung metallhaltiger Zinn Kupfer Anstriche Dass die Bohrwurmer auch vor den Schiffen der Flotte von Christoph Kolumbus nicht halt machten kann man aus seinen Logbuchern entnehmen wo er schildert wie seine gesamte Schiffsflotte aus damals noch unbekannten Grunden mehr oder weniger unter den Fussen der Mannschaft auseinanderfiel Auf seinen vier Reisen verlor Kolumbus insgesamt neun Schiffe 7 9 1731 hatte der Schiffsbohrwurm in Holland die holzernen Deichtore zerfressen worauf sie bei einer Sturmflut brachen 7 Von 1919 bis 1921 richtete er in der San Francisco Bay an holzernen Kaianlagen Schaden im Wert von uber 900 Millionen US Dollar an 10 4 Taxonomie BearbeitenDie Art wurde schon 1758 von Carl von Linne beschrieben 11 Er glaubte jedoch noch dass es sich bei der Art um einen Wurm handelt Teredo navalis ist die Typusart der Gattung Teredo Linnaeus 1758 12 Literatur BearbeitenRuth D Turner A Survey and Illustrated Catalogue of the Teredinidae Harvard University Cambridge 1966 biodiversitylibrary org Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Luisa M S Borges Lucas M Merckelbach Iris Sampaio Simon M Cragg Diversity environmental requirements and biogeography of bivalve wood borers Teredinidae in European coastal waters In Frontiers in Zoology 2014 11 13 13 S a b c Friedrich Schodler Brehm s Illustrirtes Thierleben Volks und Schulausgabe 3 Band Niedere Thiere Verlag des Bibliographischen Instituts Hildburghausen 1872 S 840 Google Books a b c Bohrmuscheln In Meyers Grosses Konversations Lexikon 6 Auflage Band 3 Bibliographisches Institut Leipzig Wien 1905 S 166 167 a b Die Termiten der Meere Spiegel Online Schiffsbohrwurm nagt an Hafenanlagen Versuch soll Befallsdichte aufzeigen Millionenschaden durch Teredo navalis In Kieler Nachrichten 21 Juli 2009 abgerufen am 10 Juli 2017 Entwicklung eines Verfahrens zum Schutz von Holzkonstruktionen im Wasserbau gegen die Pfahlbohrmuschel Teredo navalis In dbu de Abgerufen am 21 April 2017 a b c d e Carsten Fiedler Maritime Holzzerstorer Pfahl oder Schiffsbohrwurm Teredo navalis letztmals modifiziert 6 Oktober 2016 abgerufen am 10 Juli 2017 Bohrmuschel zerstort den Steg der Luttfischer In Flensburger Tageblatt 19 April 2012 abgerufen am 10 Juli 2017 D E G Briggs P R Crowther eds Palaeobiology II Blackwell Science Oxford 2007 Kapitel Bioerosion S 273 277 Kai Hoppe Der Schiffsbohrwurm Teredo navalis Memento vom 8 September 2005 im Internet Archive Carl von Linne Systema naturae per regna tria naturae secundum classes ordines genera species cum characteribus differentiis synonymis locis Tomus II Editio decima reformata S 1 824 Salvius Holmia Stockholm 1758 S 651 biodiversitylibrary org Teredinidae Rafinesque 1815 MolluscaBaseNormdaten Sachbegriff GND 4179578 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schiffsbohrwurm amp oldid 227862980