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Die Pfeilschwanzkrebse Limulidae auch Molukkenkrebse Hufeisenkrebse 1 2 bilden die einzige rezente Familie innerhalb der Ordnung der Schwertschwanze Xiphosura Die Schwertschwanze sind eine basale Gruppe der Kieferklauentrager moglicherweise die Schwestergruppe aller rezent landlebenden Spinnentiere alle ausser den Asselspinnen Ihre Stellung innerhalb der ausgestorbenen nur fossil erhaltenen Gruppen wird weiterhin kontrovers diskutiert Ihre Vereinigung mit den ausgestorbenen Seeskorpionen Eurypterida in einem Merostomata genannten Taxon galt jahrzehntelang als die Standardhypothese wird jedoch heute als unwahrscheinlich betrachtet PfeilschwanzkrebsePfeilschwanzkrebs als Beifang im Golf von Bengalen gefischt SystematikUberstamm Hautungstiere Ecdysozoa Stamm Gliederfusser Arthropoda Unterstamm Kieferklauentrager Chelicerata Klasse MerostomataOrdnung XiphosuraFamilie PfeilschwanzkrebseWissenschaftlicher NameLimulidaeLeach 1819ArtenLimulus polyphemus Carcinoscorpius rotundicauda Tachypleus gigas Tachypleus tridentatusUnterseite eines Pfeilschwanzkrebses source source source source source Schwimmender Pfeilschwanzkrebs Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Lebensweise 3 Verbreitung und Lebensraum 4 Fortpflanzung und Entwicklung 5 Systematik 6 Gefahrdung 7 Limulus Amobozyten Lysat Test 8 Einzelnachweise 9 WeblinksBeschreibung BearbeitenDer Korper der Xiphosuren ist untergliedert in das hufeisenformige Prosoma und das kleinere Opisthosoma Letzteres ist seinerseits untergliedert in das Mesosoma aus sieben verschmolzenen Segmenten sowie das aus drei Segmenten bestehende Metasoma das in den namensgebenden spitzen beweglichen Schwanzstachel endet Das erste und Teile des zweiten Opisthosomasegments sind dem Vorderkorper angegliedert Dieser ist mit dem Hinterkorper durch ein Gelenk verbunden das also im Gegensatz zu den Spinnentieren nicht der Verbindung zwischen Pro und Opisthosoma entspricht Die Cuticula ist dick fest und frei von Kalkeinlagerungen 3 Das Prosoma besitzt funf Beinpaare die der Fortbewegung dienen Laufen Pfeilschwanzkrebse so werden die Beine alternierend bewegt Pfeilschwanzkrebse schwimmen mit der Ventralseite nach oben dabei schlagen die Beine synchron Der Schwanzstachel dient als Hilfe beim Umdrehen wenn die Tiere auf dem Rucken liegen sowie als Steuer Alle Beine bestehen aus je sechs Segmenten Die Beine der ersten vier Paare tragen eine Schere die des funften haben basal Borsten Nur die Beine des funften Paares besitzen einen blattformigen Epipoditen der als Flabellum lateinisch fur Facher bezeichnet wird Er dient in erster Linie der Lenkung des Wasserstroms in den Kiemenraum hat aber wahrscheinlich auch eine sensorische Funktion Die Scheren des ersten und zweiten Beinpaares der erwachsenen Mannchen sind im Vergleich zu jenen der Weibchen vergrossert und dienen wahrend der Paarung als Klammerorgane Hinter dem funften Beinpaar befindet sich ein Paar kleiner beweglicher Anhange die Chilaria vgl griechisch xeῖlos cheilos Lippe Diese gehen vermutlich auf ein weiteres ruckgebildetes Beinpaar zuruck das viele fossile Arten an der entsprechenden Stelle zeigen Vor den Beinen befinden sich die dreigliedrigen klauenartigen Cheliceren die als Mundwerkzeuge dienen An den Coxen der Beine befinden sich nach innen gerichtete gestachelte Endite Coxal Laden die Nahrungsteile vom Mundvorraum zum Mund befordern Dieser liegt zwischen den Coxen der Beinpaare und somit in der Mitte der Ventralseite des Vorderkorpers Der Hinterkorper zeigt bei Ansicht von oben eine grosse Ruckenplatte die hinten oft bestachelt ist eine kleine Ruckenplatte Tergum oder Thoracetron die als Verschmelzung aus drei Segmenten besteht und den Schwanzstachel Von unten betrachtet zeigt er sechs Paare plattenformig umgestalteter Spaltbeine Das erste dieser Paare Operculum genannt tragt die paarigen Geschlechtsoffnungen An den Segmenten drei bis sieben des Opisthosomas befinden sich an den Exopoditen der Spaltbeine insgesamt funf Paare Buchkiemen die aus bis zu 150 dicht ubereinander liegenden Lamellen bestehen Der dreigliedrige Telopodit an diesen Spaltbeinen dient der Reinigung der Kiemen 3 Den zwei oben an den Seiten des Ruckenschilds sitzenden Komplex bzw Facettenaugen fehlen die Kristallkegel sie sind somit einfacher gebaut als die der Mandibeltiere Mandibulata Mittig auf dem Prosoma liegen dorsal die sogenannten Medianaugen Sie bestehen aus je einer Linse Von aussen nicht sichtbar liegt unterhalb der Medianaugen ein zweites reduziertes Augenpaar die Endoparietalaugen An der Basis der Oberlippe dicht vor dem Gehirn befindet sich ein drittes Augenpaar Wahrend jenes bei den Larven noch gut entwickelt ist verschmilzt es spater mit dem Frontalorgan das wohl einen Chemorezeptor darstellt 3 Gonaden befinden sich im Prosoma und munden an den verschmolzenen Extremitaten des zweiten Segments des Opisthosoma dem Genitaloperculum Spermien der Xiphosuren zahlen zu den ursprunglichsten der Arthropoden 3 Pfeilschwanzkrebse werden bis zu 85 cm lang Ihre Farbung reicht von dunkel rotbraun bis schwarzbraun 3 Lebensweise Bearbeiten nbsp Fossil mit SpurenNormalerweise leben Pfeilschwanzkrebse auf dem Meeresboden konnen aber auch mit der Bauchseite nach oben schwimmen Sie ernahren sich von Muscheln und anderen Weichtieren sowie Aas das sie im Boden finden und mit der Chelicere oder den Beinen zum Mundvorraum fuhren Alle bekannten Arten konnen sich einrollen und so vor Feinden schutzen Durch wiederholtes Zusammenrollen und Auseinanderklappen konnen die Tiere sich im weichen Sand eingraben Zur Paarungszeit kommen sie nahe ans Ufer Die charakteristischen Fahrten von Pfeilschwanzkrebsen sind oft auch fossil leicht identifizierbar da sich die Endglieder der ersten vier Laufbeinpaare von denen des funften Beinpaares unterscheiden und zudem meist die Schleifspur des Schwanzstachels zu erkennen ist Diese Spurenfossilien heissen Kouphichnium Verbreitung und Lebensraum BearbeitenPfeilschwanzkrebse kommen an den flachen Sandkusten tropischer Meere in Tiefen zwischen 10 und 40 Metern vor Die Art Limulus polyphemus ist an der amerikanischen Atlantikkuste verbreitet Carcinoscorpius rotundicauda sowie die beiden Arten Tachypleus gigas und Tachypleus tridentatus leben in Sudostasien Fortpflanzung und Entwicklung BearbeitenDie geschlechtsreifen Tiere sammeln sich im Fruhsommer im Gezeitenbereich an den flachen Kusten ihrer Heimatmeere wo sich die Mannchen mit Hilfe ihrer entsprechend gestalteten Vorderbeine auf den Weibchen festkrallen Diese legen ihre 200 bis 1000 Eier in eine flache Sandmulde wo sie dann besamt und zugedeckt werden 3 Die erste freischwimmende Larve der Pfeilschwanzkrebse wird aufgrund ihrer Form als Trilobitenlarve bezeichnet Sie besitzt bereits alle Segmente jedoch nur 9 Paar Extremitaten Die restlichen Beinpaare sowie den Schwanzstachel erhalten sie nach der ersten Larvenhautung geschlechtsreif werden die Tiere nach 9 bis 12 Jahren 3 Systematik Bearbeiten nbsp Cancer Moluccanum aus Exoticorum libri decem von Charles de l Ecluse 1605 Die Pfeilschwanzkrebse sind seit dem Ordovizium bekannt und hatten vom Silur bis ins Jura ihre Blutezeit Rezent ist die Familie nur noch mit vier Arten aus drei Gattungen vertreten 4 Carcinoscorpius Pocock 1902 Carcinoscorpius rotundicauda Latreille 1802 Sudostasien in Flussmundungen und Mangrovensumpfen teilweise im Brackwasser Limulus O F Muller 1785 Limulus polyphemus Linnaeus 1758 amerikanische Atlantikkuste und Golf von Mexiko Tachypleus Leach 1819 Tachypleus gigas O F Muller 1785 Sudost und Ostasien Tachypleus tridentatus Leach 1819 Sudost und OstasienFast identische Formen sind aus dem Mesozoikum bekannt weshalb die Pfeilschwanzkrebse oft als lebende Fossilien bezeichnet werden 3 Neben den Pfeilschwanzkrebsen wurden auch die ausgestorbenen Seeskorpione Eurypterida haufig zu den Merostomata gestellt 3 Neuere phylogenetische Analysen anhand der kladistischen Methodik lassen diese Position unwahrscheinlich erscheinen Die meisten gemeinsamen Merkmale der fossilen Formen sind vermutlich Symplesiomorphien gemeinsame Stammgruppen Merkmale die sich aus der aquatischen Lebensweise ergaben Vermutlich sind die Seeskorpione daher tatsachlich naher mit den Spinnentieren verwandt 5 6 7 Ihre Stellung zu weiteren allesamt ausgestorbenen Gruppen wie den Chasmataspidida ist nicht vollig geklart Zudem existierten im Kambrium wohl zahlreiche Stammgruppenvertreter der Kieferklauentrager mit oberflachlich sehr ahnlich aussehendem Korperbau deren genaue Verwandtschaft ungeklart ist vermutlich wurde aber ihre Einbeziehung in die Xiphosura diese paraphyletisch machen Die altesten Pfeilschwanzkrebse im engeren Sinne wie die Gattung Lunataspis 8 9 stammen damit wohl aus dem Ordovizium Die Zusammenfassung der basalen Formen in einem Taxon Synziphosurina gilt heute ebenfalls als uberholt Die nahere Verwandtschaft der rezenten Formen die Familie Limulidae konnte aus dem Perm stammen 10 Der Methodik der molekularen Uhr zufolge trennten sich die rezenten Gattungen vielleicht schon in der fruhen Kreide Die ostasiatischen Gattungen sind naher miteinander als jeweils mit der amerikanischen Gattung Limulus verwandt 11 Gefahrdung BearbeitenDie amerikanische Art Limulus polyphemus und die asiatische Art Tachypleus tridentatus werden von der IUCN als gefahrdet vulnerable mit einem sinkenden Populationstrend gelistet Zu den anderen beiden Arten ist die Datenlage fur eine Einschatzung unzureichend 12 13 Limulus Amobozyten Lysat Test BearbeitenIn den 1970er Jahren wurde ein erster in vitro Test zum Nachweis pyrogener Stoffe entwickelt Fur diesen Test wird dem Pfeilschwanzkrebs sein durch den Sauerstoff Transporter Hamocyanin blau gefarbtes Blut abgenommen Das Verfahren dient zum Nachweis von bakteriellen Endotoxinen Lipopolysacchariden die nach dem sterilisationsbedingten Zerfall von Bakterien aus den Zellwanden in oder auf dem Medium Injectabilia medizinische Gerate entstehen Das Blut der Pfeilschwanze reagiert auf diese bakteriellen Zerfallsstoffe Endotoxin und gerinnt dabei zu einem Gel Der medizinische Limulus Amobozyten Lysat Test LAL Test misst die Gerinnung eines aus Blutzellen Amobozyten des Pfeilschwanzkrebses gewonnenen Lysates ausgelost durch Endotoxin Dabei handelt es sich um bakterielle Stoffe z B aus Kolibakterien oder Salmonellen die im Menschen gesundheitsgefahrdende Effekte haben konnen Nach der Aktivierung der Faktoren C und B durch Lipopolysaccharid aktiviert ein Gerinnungsenzym die Koagulation welche dann turbidimetrisch oder mit Hilfe einer Farbreaktion bewertet wird Mit einer Kanule wird den Pfeilschwanzen ins Herz gestochen und bis zu einem Drittel ihres hellblauen Blutes entnommen Danach werden sie zuruck ins Meer gebracht Welchen Schaden sie durch die Blutentnahme haben weiss man nicht 14 Teilweise werden Pfeilschwanzkrebse zur Lysatgewinnung getotet was auf heftige Kritik stosst und sich erheblich auf das Okosystem auswirkt in dem sie leben Es ist moglich die Blutentnahme ohne eine direkte Totung vorzunehmen allerdings kommt es auch hier zu einer Mortalitatsrate von bis zu 30 15 16 17 18 Einzelnachweise Bearbeiten Helmut Mayr Limulus Der kleine schielende Cyclop Online Begleitartikel zur Sonderausstellung Von der Evolution vergessen Lebende Fossilien Bayerische Staatssammlung fur Palaontologie und Historische Geologie Ludwig Maximilians Universitat Munchen abgerufen am 6 November 2013 Lexikon der Biologie Xiphosura Spektrum der Wissenschaft 1999 abgerufen am 6 Juli 2019 a b c d e f g h i Wilfried Westheide Gunde Rieger Hrsg Spezielle Zoologie Teil 1 Einzeller und Wirbellose Tiere 3 Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg 2013 ISBN 978 3 642 34695 8 S 498 500 Kōichi Sekiguchi Biology of Horseshoe Crabs Science House 1988 ISBN 978 4 915572 25 8 Jeffrey W Shultz 2007 A phylogenetic analysis of the arachnid orders based on morphological characters Zoological Journal of the Linnean Society 150 221 265 Jason A Dunlop 2010 Geological history and phylogeny of Chelicerata Arthropod Structure amp Development 39 124 142 doi 10 1016 j asd 2010 01 003 Russell J Garwood amp Jason Dunlop 2014 Three dimensional reconstruction and the phylogeny of extinct chelicerate orders PeerJ 2 e641 doi 10 7717 peerj 641 D M Rudkin G A Young G S Nowlan 2008 The oldest horseshoe crab a new xiphosurid from Late Ordovician Konservat Lagerstatten deposits Manitoba Canada Palaeontology 51 1 9 doi 10 1111 j 1475 4983 2007 00746 x Oldest Horseshoe Crab Fossil Found 445 Million Years Old Auf ScienceDaily vom 8 Februar 2008 Quelle Royal Ontario Museum Memento im Webarchiv vom 2 Februar 2017 James C Lamsdell 2016 Horseshoe crab phylogeny and independent colonizations of fresh water ecological invasion as a driver for morphological innovation Palaeontology 59 181 194 doi 10 1111 pala 12220 Matthias Obst Soren Faurby Somchai Bussarawit Peter Funch Molecular phylogeny of extant horseshoe crabs Xiphosura Limulidae indicates Paleogene diversification of Asian species In Molecular Phylogenetics and Evolution Band 62 Nr 1 1 Januar 2012 S 21 26 doi 10 1016 j ympev 2011 08 025 Smith D R Beekey M A Brockmann H J King T L Millard M J amp Zaldivar Rae J A 2016 Limulus polyphemus The IUCN Red List of Threatened Species 2016 e T11987A80159830 doi 10 2305 IUCN UK 2016 1 RLTS T11987A80159830 en Laurie K Chen C P Cheung S G Do V Hsieh H John A Mohamad F Seino S Nishida S Shin P amp Yang M 2019 Tachypleus tridentatus errata version published in 2019 The IUCN Red List of Threatened Species 2019 e T21309A149768986 doi 10 2305 IUCN UK 2019 1 RLTS T21309A149768986 en Anne Kathrin Hentsch Nationalgeographic Darum kostet ein Liter ihres Blutes 15 000 Auf NationalGeographic de vom 8 Oktober 2020 Alexis C Madrigal The Blood Harvest Each year half a million horseshoe crabs are captured and bled alive to create an unparalleled biomedical technology Auf The Atlantic vom 26 Februar 2014 S26 EP7 Crash A Tale of Two Species The Benefits of Blue Blood Auf Public Broadcasting Service PBS Nature 10 Juni 2008 A S Leschen S J Correia Mortality in female horseshoe crabs Limulus polyphemus from biomedical bleeding and handling implications for fisheries management In Marine and Freshwater Behaviour and Physiology Band 43 Nr 2 Marz 2010 ISSN 1023 6244 S 135 147 doi 10 1080 10236241003786873 Lebensrettendes blaues Wunder Viele Pfeilschwanzkrebse sterben bei Bluternte Video auf n tv de vom 6 August 2023 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Pfeilschwanzkrebse Limulidae Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien The Horseshoe Crab Ecological Research amp Development Group ERDG abgerufen am 6 November 2013 Jason A Dunlop Fossil Focus Xiphosura Palaeontology Online Volume 2 Article 6 1 9 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pfeilschwanzkrebse amp oldid 237718235