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Orli Reichert Wald geboren als Aurelia Torgau geschiedene Reichert verheiratete Wald 1 Juli 1914 in Berelles bei Maubeuge 1 Januar 1962 in Ilten bei Hannover war eine deutsche Widerstandskampferin und als NS Verfolgte von 1936 bis 1945 Gefangene in Zuchthaus und Konzentrationslagern Sie war Lageralteste im Haftlingskrankenbau des KZ Auschwitz Birkenau und wurde aufgrund ihrer Hilfsbereitschaft als Engel von Auschwitz bezeichnet Orli Wald als Haftling 502 KZ Auschwitz am 26 Marz 1942Das Grab von Orli Reichert Wald und ihres Ehemannes Eduard Wald im Familiengrab auf dem Stadtfriedhof Engesohde in Hannover Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft kommunistische Betatigung Widerstand und Haft 1 2 KZ Haftling in Ravensbruck und Auschwitz 1 3 Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus 2 Ehrungen 3 Brief an Ester Yofe Schkurmann in Israel 4 Werke 5 Literatur 6 Weblinks 7 Anmerkungen 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHerkunft kommunistische Betatigung Widerstand und Haft Bearbeiten Als sechstes Kind des deutschen Maschinisten August Torgau und dessen franzosischer Ehefrau Maria wurde sie in Frankreich geboren Kurz nach ihrer Geburt begann der Erste Weltkrieg Infolgedessen wurde die Familie interniert und anschliessend zunachst die Mutter samt Kindern nach Trier ausgewiesen und nach dem Kriegsende auch der Vater Der Vater und zwei altere Bruder engagierten sich spater in Trier fur die KPD deren Ortsgruppe sie dort begrundeten In Trier absolvierte sie nach dem Schulabschluss eine Lehre als Verkauferin und wurde in den 1920er Jahren Mitglied des Kommunistischen Jugendverbandes KJVD Nach der Machtergreifung engagierte sie sich im politischen Widerstand und wurde deswegen 1934 erstmals durch die Gestapo kurzzeitig festgenommen jedoch aus Beweismangel wieder entlassen Ihre Ehe mit dem Bauarbeiter Fritz Reichert wurde 1935 geschlossen er reichte jedoch 1936 die Scheidung ein Ihr Ehemann war ein ehemaliger KJVD Genosse dessen politische Gesinnung sich unter den neuen Machthabern jedoch wandelte Im Juni 1936 erfolgte die Verhaftung von Angehorigen ihrer kommunistischen Widerstandsgruppe und eine Anklage wegen Vorbereitung zum Hochverrat Sie hatte als Kurier in Luxemburg fur die Widerstandsorganisation gearbeitet und sich der Gestapo in Trier gestellt nachdem ihr bei Nichterscheinen mit der Verhaftung ihrer Eltern gedroht worden war Wahrend der Verhore wurde sie von Gestapobeamten gefoltert Am 21 Dezember 1936 mit 22 Jahren wurde sie durch das Oberlandesgericht Hamm zu vier Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt 1 Die Verhaftung erfolgte vermutlich auch aufgrund belastender Aussagen ihres Ehemannes Schliesslich erfolgte 1939 die Ehescheidung auch mit der Begrundung dass sich Reichert zum Nationalsozialismus bekannte und Angehoriger der SA war Infolge ihrer Haft konnte sie den Namen Reichert nicht ablegen den sie wahrend ihrer Verurteilung und Inhaftierung fuhrte KZ Haftling in Ravensbruck und Auschwitz Bearbeiten Trotz voller Verbussung ihrer Haftstrafe im Frauenzuchthaus Ziegenhain bei Kassel wurde sie nach ihrer Entlassung Ende Dezember 1940 umgehend ins KZ Ravensbruck verbracht wo sie eine Freundschaft mit Margarete Buber Neumann verband Obwohl ihr im Prozess gegen den luxemburgischen Kommunisten Zenon Bernard als Kronzeugin bei ihn belastenden Aussagen Straffreiheit in Aussicht gestellt wurde entlastete sie den Angeklagten wahrend des Prozesses 1 Im Marz 1942 wurde sie mit 998 weiblichen Haftlingen aus Ravensbruck ins KZ Auschwitz eingeliefert wo sie die Haftlingsnummer 502 erhielt Sie war im beruchtigten Haftlingskrankenbau beschaftigt und wurde dort im Marz 1943 Lageralteste nachdem sie im Winter 1942 43 an Fleckfieber erkrankt war 2 Im Sommer 1943 versuchte sie sich zu suizidieren wurde jedoch von befreundeten Haftlingsfrauen gerettet Sie gab danach an dass sie nicht mehr den Tod standig mit ansehen konne 3 Im Haftlingskrankenbau erlebte sie unfassbare Grauel KZ Arzte die Sauglinge mit Phenolspritzen toteten Menschenversuche vornahmen und Kranke statt zu versorgen fur die Vergasung selektierten Auch im Lager gehorte sie der deutschen Widerstandsgruppe an Unter Lebensgefahr half und rettete sie judische und andere Haftlinge Anerkennend nannten sie Mithaftlinge den Engel von Auschwitz Sie uberlebte im Januar 1945 den Todesmarsch von Auschwitz ins KZ Ravensbruck und das KZ Aussenlager Malchow Dort traf sie auf Haftlingsfrauen die sie bereits aus Auschwitz kannte Die Auschwitzuberlebende Jeanne Juda berichtet von dem Wiedersehen folgendes Die Madchen waren begeistert und jubelten Unsere Orli ist wieder bei uns Juda urteilt uber Reichert Wald Ich kenne keine Haftlingsfunktionarin die so Mensch geblieben ist wie sie 4 Aus dem Aussenlager Malchow gelang ihr im April 1945 krank und geschwacht die Flucht Sie wurde von Soldaten der Roten Armee vergewaltigt 2 Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus Bearbeiten Nach Kriegsende lebte sie Berlin und trat der SED sowie der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes VVN bei 1 Korperlich geschwacht befand sie sich ab Mai 1946 fur knapp zwei Jahre in der sowjetischen Besatzungszone in dem Sanatorium fur NS Verfolgte Sulzhayn im Harz und wurde wegen ihrer erneut ausgebrochenen Tuberkuloseerkrankung und Depressionen behandelt 2 Im November 1947 heiratete sie den wahrend ihres Sanatoriumsaufenthalt kennengelernten Eduard Wald Schwager von Otto Brenner Widerstandskampfer und NS Verfolgter wie sie Mit ihrem Ehemann zog sie im gleichen Jahr nach Hannover Entgegen anderen Darstellungen wahrte diese Ehe mit dem fuhrenden sozialdemokratischen Gewerkschafter bis zu ihrem Lebensende Beide hatten sich offensiv gegen stalinistische Verfolgungen und Machenschaften der SED gewandt und traten der SPD bei Mit autobiographischen Kurzgeschichten versuchte sie die traumatischen Erlebnisse der KZ Haft zu bewaltigen und fur die Anerkennung ihrer Widerstandstatigkeit zu streiten nbsp Orli Wald unbekanntes Datum Wald litt bis zu ihrem Tod an den Folgen der Gefangenschaft und war 1954 fur neun Monate Patientin in der Psychiatrie danach kam es wiederholt zu langeren psychiatrischen Krankenhausaufenthalten Mehrfach versuchte sie sich das Leben zu nehmen und wurde mit Elektroschocks behandelt 2 Der Auschwitzuberlebende Hermann Langbein besuchte sie 1960 um die ehemalige Haftlingsfunktionarin fur den geplanten ersten Frankfurter Auschwitzprozess als Zeugin zu gewinnen Wald arbeitete in seinem Beisein eine von ihm vorgelegte Namensliste bis zum Ende durch und gab ausfuhrlich Auskunft zu ihren Erinnerungen Langbein berichtete dass Wald aufgrund der nervlichen Belastung die Hande zitterten und er ihr die Liste deshalb wieder abnehmen wollte Wald bestand jedoch darauf das Gesprach bis zum Ende durchzufuhren 5 Mit Beginn des Eichmann Prozesses erlitt sie einen Nervenzusammenbruch 1 Sie starb am 1 Januar 1962 in den Wahrendorffschen Anstalten in Ilten 2 Die KZ Uberlebende und Freundin Walds Jeanne Juda gab an dass sie sich suizidiert habe Sie hat immer darunter gelitten dass sie nicht noch mehr fur die Haftlinge gemacht hatte 5 Nach anderer Darstellung hatte sie aufgrund erheblicher innerer Unruhe eine hohe Medikamentendosis verabreicht bekommen und starb am selben Tag aufgrund der jahrelangen psychischen und physischen Strapazen 1 Adelaide Hautval Haftlingsarztin in Auschwitz ausserte sich folgendermassen uber Wald Alles in allem eine gute Kameradin aber ein sehr unausgeglichenes Verhalten begreiflich nach so vielen Jahren KZ 6 Laut Langbein gab es kaum jemanden der seine Funktion in Auschwitz so uneigennutzig ausgeubt hat wie Orli 5 nbsp Benennung der Orli Wald Allee am Engesohder Friedhof in der Sudstadt HannoversEhrungen BearbeitenIm Ortsteil Wettbergen der Stadt Hannover wurde 1984 die Strasse Reicherthof nach Reichert Wald benannt Diese missverstandliche Benennung wurde nach der Vorgeschichte von Angehorigen nicht als Ehrung verstanden Daher wurde 2007 in der Sudstadt eine Strasse entlang des Stadtfriedhofs Engesohde wo sie beigesetzt wurde in Orli Wald Allee umbenannt Zu ihrem Gedenken wurde in Trier 2007 ein Stolperstein verlegt und seit 2013 gibt es in Trier die Orli Torgau Strasse 7 Seit Februar 2016 heisst die Integrierte Gesamtschule in Uetze Aurelia Wald Gesamtschule 8 Brief an Ester Yofe Schkurmann in Israel BearbeitenBrief an Ester Auschwitz uberlebende Freundin Seite 1 Seite 2Werke BearbeitenKurzgeschichten und Gedichte erschienen in verschiedenen Publikationen Nachgelassenes Schriften von Orli Wald in Der dunkle Schatten Orli Wald Reichert Das Taschentuch in Hans Gunther Adler Hermann Langbein amp Ella Lingens Reiner Hgg Auschwitz Zeugnisse und Berichte Europaische Verlagsanstalt EVA Koln 1979 ISBN 3 434 00411 4 S 105 108 A 1 6 Aufl mit Vorwort zur Editionsgeschichte von Katharina Stengel Schriftenreihe 1520 Bundeszentrale fur politische Bildung BpB Bonn 2014 ISBN 978 3 8389 0520 4 S 107 111 Literatur BearbeitenBernd Steger Gunter Thiele Hrsg Peter Wald Der dunkle Schatten Leben mit Auschwitz Erinnerungen an Orli Reichert Wald Schuren Marburg 1989 ISBN 3 924800 57 X erw Neuauflage Steger amp Wald Hinter der grunen Pappe Orli Wald im Schatten von Auschwitz Leben und Erinnerungen VSA Verlag Hamburg 2008 ISBN 978 3 89965 322 9 Hermann Langbein Menschen in Auschwitz Europa Wien 1996 ISBN 3 203 51145 2 auch Ullstein Margarete Glas Larsson Ich will reden Hg G Botz Wien 1981 ISBN 3 217 01186 4 Adelaide Hautval Medizin gegen die Menschlichkeit Die Weigerung einer nach Auschwitz deportierten Arztin an medizinischen Experimenten teilzunehmen Karl Dietz Berlin 2008 ISBN 978 3 320 02154 2 Ella Lingens Reiner Gefangene der Angst Berliner Taschenbuchverlag 2005 ISBN 3 8333 0152 X Bruno Baum Widerstand in Auschwitz VVN Berlin 1949 S 25 wieder Kongress Berlin 1962 S 80 A 2 Nachlass Edu Wald DGB Archiv Dusseldorf und Archiv der sozialen Demokratie Peter Wald Nachrichten von Vater und Mutter Eine Jugend in Zwiespalt 1936 1948 Original Ausgabe 1 Auflage Erstdruck Schardt Oldenburg 2003 ISBN 3 89841 085 4 Hiltrud Schroeder Hrsg Sophie amp Co Bedeutende Frauen Hannovers Biographische Portraits Fackeltrager Verlag Hannover 1991 ISBN 3 7716 1521 6 S 259f Klaus Mlynek WALD REICHERT Orly In Hannoversches Biographisches Lexikon S 374 Klaus Mlynek Wald 2 Orli In Klaus Mlynek Waldemar R Rohrbein Hrsg u a Stadtlexikon Hannover Von den Anfangen bis in die Gegenwart Schlutersche Hannover 2009 ISBN 978 3 89993 662 9 S 652 Ernst Klee Auschwitz Tater Gehilfen Opfer und was aus ihnen wurde Ein Personenlexikon S Fischer Frankfurt am Main 2013 ISBN 978 3 10 039333 3 Weblinks BearbeitenOrli Reichert Wald In FemBio Frauen Biographieforschung mit Literaturangaben und Zitaten Peter Wald Stolpersteine Trier Biografie Orli Wald Allee Beschlussfassung Orli Wald Allee Hannover Memento vom 28 September 2007 im Internet Archive Die dramatische Lebensgeschichte einer aussergewohnlichen Frau PDF Datei 314 kB Buchrezension Der dunkle Schatten Leben mit Auschwitz Ansprache zur Strassenumbenennung von Bezirksburgermeister Lothar Pollahne 12 Juli 2007 Orli Wald Informationsflyer PDF Datei 307 kB Anmerkungen Bearbeiten ein Erlebnisbericht uber die Ermordung eines blinden Madchens mit Gift Spritze durch die SS die Tochter eines deutschen Offiziers nach Aussagen der polnischen Mutter Zuerst Zeitung Thuringer Volk 10 April 1948 Der Morder mit der Spritze war der SS Sanitatsdienstgrad Hans Nierzwicki der nach 1945 unbestraft blieb in der Schreibweise Orly Reichert Baum war spater ein linientreuer SED Funktionar Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e Es war einmal Aurelia Reichert Wald In wochenspiegellive de a b c d e Ernst Klee Auschwitz Tater Gehilfen Opfer und was aus ihnen wurde Personenlexikon Frankfurt M 2013 S 330 Hermann Langbein Menschen in Auschwitz Frankfurt 1980 S 148 Hermann Langbein Menschen in Auschwitz Frankfurt 1980 S 248 a b c Hermann Langbein Menschen in Auschwitz Frankfurt 1980 S 536 Zitiert nach Ernst Klee Auschwitz Tater Gehilfen Opfer und was aus ihnen wurde Personenlexikon Frankfurt M 2013 S 330 Eintrag zu Stolperstein fur Aurelia Torgau Wald in der Datenbank der Kulturguter in der Region Trier abgerufen am 21 Marz 2016 Vortrag von Peter Wald In peter wald de abgerufen am 11 Februar 2021Normdaten Person GND 11888820X lobid OGND AKS LCCN n94108099 VIAF 54946323 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Reichert Wald OrliALTERNATIVNAMEN Torgau Aurelia Geburtsname Wald Reichert OrlyKURZBESCHREIBUNG deutsche Widerstandskampferin gegen den NationalsozialismusGEBURTSDATUM 1 Juli 1914GEBURTSORT Berelles bei MaubeugeSTERBEDATUM 1 Januar 1962STERBEORT Ilten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Orli Reichert Wald amp oldid 236086479