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Bautzen Gorlitz KamenzLauban Lobau ZittauAls Oberlausitzer Ponfall wird die vom bohmischen Konig Ferdinand I im Sommer 1547 vorgenommene Bestrafung der zum Oberlausitzer Sechsstadtebund gehorenden Stadte Bautzen Gorlitz Kamenz Lauban Lobau und Zittau bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Anlass 2 Der Ponfall 3 Die Folgen fur die Stadte und ihre Uberwindung 4 Literatur 5 EinzelnachweiseAnlass Bearbeiten nbsp Ferdinand I Der Ponfall steht im engen Zusammenhang mit dem Schmalkaldischen Krieg und dem Aufstand der bohmischen Stande in den Jahren 1546 47 Als Ferdinand I seinem Bruder Kaiser Karl V gegen die im Schmalkaldischen Bund vereinten protestantischen Fursten und Stadte zu Hilfe kam forderte er auch von den Standen der bohmischen Kronlander Militarhilfe gegen die Protestanten Die uberwiegend evangelischen bzw utraquistischen Stande Bohmens und der Oberlausitz wollten jedoch nicht gegen ihre Glaubensgenossen zu Felde ziehen und in Bohmen leistete man dem Konig offenen Widerstand In der Oberlausitz dagegen verhielten sich Adel und Stadte 1546 abwartend man zog die Verhandlungen mit Ferdinand I in die Lange und hoffte auf diese Weise der Beteiligung am Krieg doch noch entgehen zu konnen Dabei verhandelten Land und Stadte jeweils getrennt mit dem Konig Anfang 1547 gab es keine Ausfluchte mehr und die beiden Stande bewilligten die Stellung von Truppen Die Stadte rusteten fur zwei Monate ein Kontingent von Soldnern aus das sich in Sachsen mit der Armee der habsburgischen Bruder vereinigte Als die zwei Monate um waren zog die Truppe der Stadte am 23 April 1547 also unmittelbar vor der Entscheidungsschlacht bei Muhlberg aus dem Heerlager ab Ein koniglicher Befehl die Kriegsknechte weiterhin zu besolden hatte die Rate der Oberlausitzer Stadte zu spat erreicht Von Ferdinand wurde der Abzug als Ungehorsam wider seine konigliche Majestat ausgelegt Der Ponfall BearbeitenNachdem das kaiserliche Heer die Protestanten besiegt hatte und Ferdinand den Aufstand der Bohmen mit seinem Einzug in Prag im Juli 1547 beenden konnte ging der bohmische Konig an die Bestrafung seiner untreuen Untertanen Im August wurden auch die Vertreter der Oberlausitzer Stadte Bautzen Gorlitz Zittau Lauban Lobau und Kamenz zur Verantwortung nach Prag vorgeladen Die Anklageschrift enthielt eine Vielzahl von Vergehen derer die Stadte beschuldigt wurden Neben der problematischen Geschichte mit den Truppen wurde ihnen auch die Verletzung der Oberlausitzer Verfassung zum Schaden des Konigs und die Missachtung der koniglichen Befehle Religionssachen betreffend angekreidet Die Sammlung der Anklagen war in wesentlichen Teilen von Vertretern des Oberlausitzer Adels lanciert worden die darin eine Moglichkeit sahen den mit ihnen verfeindeten Stadten zu schaden Besonders der Amtshauptmann des Gorlitzer Kreises Ulrich von Nostitz ein Katholik fand bei Ferdinand ein offenes Ohr fur seine Beschuldigungen Der Konig hatte im Juli 1547 zur Aburteilung der bohmischen Aufstandischen ein Sondergericht gebildet das vor allem mit Adeligen aus den Nebenlandern der Krone Bohmen besetzt war Somit sassen auch die Feinde der Stadte aus dem Oberlausitzer Adel mit uber die Kommunen zu Gericht Die von den Stadten ausgearbeitete Rechtfertigung wurde in Prag gar nicht angehort Nach einem kurzen Prozess wurde das harte Urteil gesprochen Verlust aller Stadtprivilegien darunter der Entzug der stadtischen Gerichtsbarkeit und der freien Ratswahl Abtretung aller stadtischen Landguter an die konigliche Kammer Ablieferung aller Waffen Einfuhrung einer ewigen Biersteuer ein Strafgeld in Hohe von 100 000 Gulden Bis zur Bezahlung der enormen Summe wovon 40 000 Gulden auf Gorlitz fielen jeweils 20 000 auf Bautzen und Zittau 10 000 auf Lauban und jeweils 5 000 auf Lobau und Kamenz wurden die etwa hundert nach Prag gereisten Burgermeister und Rate darunter Jakob Rosler Burgermeister Franz Schneider Franz Lindner und Peter Skorler ins Gefangnis gesteckt Wenige davon beispielsweise Schneider und Lindner kamen in ein besseres Gefangnis auf dem Schloss Der Gorlitzer Rat der die hochste Strafe der sechs Stadte zu bezahlen hatte wurde wie schon mehrmals zuvor auch von Juden uber 2 000 Gulden Kanzleikosten entlastet Kurz vor der Freilassung der Gefangenen am 12 Oktober 1547 lieh Sigmund Morgenrot dem Rat am 7 oder 8 Oktober 300 Taler 1 2 Die Religionsfrage hat bei der Urteilsbegrundung keine Rolle mehr gespielt Die Bestrafung der Stadte geschah also nicht aus religiosen Grunden In die kirchliche Ordnung der protestantischen Kommunen griff der katholische Habsburger nicht ein Die Summe der Strafen bedeutete eigentlich dass die Oberlausitzer Stadte die Wurde eines freien Standes verloren hatten und deshalb auch nicht mehr landtagsfahig waren So jedenfalls war es den meisten bohmischen Stadten ergangen die ahnlich harte Massnahmen des Konigs zu erdulden hatten Mit der Durchfuhrung der Strafmassnahmen wurden konigliche Kommissare beauftragt die zum grossen Teil aus dem Oberlausitzer Adel stammten und unter Fuhrung des Ulrich von Nostitz standen Von diesen wurden neue Rate eingesetzt das Amt des Stadtrichters ubernahmen nun Angehorige des Adels Die Folgen fur die Stadte und ihre Uberwindung BearbeitenUnmittelbare Folgen des Ponfalls waren akuter Geldmangel wegen der Aufbringung der Strafe eine Gefahrdung der offentlichen Ordnung weil die Gerichte nicht mehr funktionierten die stadtischen Buttel keine Waffen mehr hatten und die per Zwang eingesetzten Rate sich oft genug als Versager herausstellten die unter normalen Umstanden nie in die Stadtregierungen berufen worden waren Auch die Versorgungslage in den Stadten wurde kritisch Weil sie ihre Landguter verloren hatten mussten Lebensmittel viel teurer eingekauft werden Selbst die Guter kirchlicher Stiftungen waren betroffen so dass auch die Armen und Kranken nicht mehr auf die ubliche Weise unterhalten werden konnten Unruhen waren zu befurchten Die Verwaltung der zu Gunsten der koniglichen Kammer eingezogenen Landguter funktionierte nicht zufriedenstellend Die eingesetzten Kommissare erwiesen sich als unfahig und in Einzelfallen auch als korrupt so dass die konigliche Kammer kaum Einnahmen aus dem neuen Besitz verbuchen konnte Angesichts der eigenen Finanznote war Ferdinand I gezwungen die Guter schnell zu Geld zu machen Die meisten wurden unter Wert verkauft manche sogar an Parteiganger des Konigs verschenkt Die Vormacht der Stadte uber den Adel wurde zwar durch den Ponfall ein fur alle Mal gebrochen die fur alle Beteiligten wenig befriedigende Situation in der Oberlausitz barg jedoch den Keim fur einen Wiederaufstieg der Stadte im politischen Gefuge des Markgraftums Nach der Uberwindung des ersten Schocks bemuhten sich die Fuhrungen der Stadte intensiv darum die verlorenen Positionen zuruckzugewinnen und auch der Konig sah ein dass ihm die entstandene Unordnung auf Dauer keine Vorteile brachte Schritt fur Schritt kauften die Stadte zumeist auf Kredit ihre Landguter zuruck mit unausgesetzten Bitten besturmten sie den Konig und die Prager Statthalterei unter Erzherzog Ferdinand wegen der Ruckgabe ihrer Privilegien die sie auch nach und nach erhielten wenngleich fur viele der Urkunden eine hohe Gebuhr an die bohmische Hofkanzlei entrichtet werden musste Gegenuber den kleineren und armeren Stadten zum Beispiel Lobau erwies sich Konig Ferdinand gnadig indem er ihnen Besitzungen teilweise kostenlos zuruckgab Bis 1560 hatten die Stadte die Niedergerichte und die freie Ratskur wiedergewonnen Schon vorher waren sie wieder in alter Weise auf den Landtagen vertreten Anhand der uberlieferten Quellen lasst sich nicht entscheiden ob sie ganz davon ausgeschlossen gewesen waren ausdrucklich verboten wurde ihnen die Teilnahme im Urteil des Ponfalls jedenfalls nicht Mit der Verleihung der Obergerichte an alle Adeligen und freien Stadte der Oberlausitz im Jahr 1562 hatten die Kommunen in fast allen Dingen den Zustand vor dem Ponfall erreicht Nur die Gerichtsgewalt uber Teile des Adels und dessen Untertanen blieb ihnen fur immer versagt Dafur war das Verhaltnis zur Ritterschaft nun weit weniger angespannt als vor 1547 Das hatte auch mit den veranderten politischen Konstellationen um 1560 zu tun Zum einen vereinigten sich beide Stande in der Opposition gegen den koniglichen Landvogt Christoph von Dohna der sein Amt nicht verfassungsgemass verwaltete zum anderen war man sich in der Religionspolitik einig denn auch im Adel gab es gut ein Jahrzehnt nach dem Ponfall keine profilierten Vertreter des Katholizismus mehr Adel und Stadte bemuhten sich nun geschlossen um die landesrechtliche Anerkennung der lutherischen Konfession Die hohen Strafgelder und die Kosten fur den Ruckkauf der Guter und Privilegien hatten der stadtischen Wirtschaft enorme Mittel entzogen so dass die Okonomien der Kommunen noch Jahrzehnte spater deutlich geschwacht waren zumal von den Raten fur die Abtragung der Schulden bis in die 1580er Jahre hinein hohere Steuern eingetrieben werden mussten Literatur BearbeitenHermann Baumgartel Geschichte des Ponfalls der Oberlausitzer Sechsstadte Bautzen 1898 Hanus Hartel Prinoski k tak mjenowanemu Ponfallej hornjoluziskich sescimestow Beitrage zum so genannten Ponfall der Oberlausitzer Sechsstadte In Letopis Band 5 6 Bautzen 1958 59 S 150 227 sorbisch ISSN 0943 2787 Matthias Herrmann Hrsg Ponfall der Oberlausitzer Sechsstadte 1547 1997 Beitrage der Herbsttagung der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Gorlitz e V in Zusammenwirken mit dem Kamenzer Geschichtsverein e V zum Thema Ponfall der Oberlausitzer Sechsstadte und Reformation Kamenzer Beitrage Band 2 Kamenzer Geschichtsverein Kamenz 1999 ISBN 3 932890 03 5 Matthias Herrmann Der Ponfall der oberlausitzischen Sechsstadte und seine uberregionale Einordnung In Joachim Bahlcke Volker Dudeck Hrsg Welt Macht Geist Das Haus Habsburg und die Oberlausitz Oettel Gorlitz und Zittau 2002 ISBN 3 932693 61 2 S 97 110 Theodor Neumann Beitrage zur Geschichte des Schmalkaldischen Krieges der Bohmischen Emporung von 1547 sowie des Ponfalles der Oberlausitzischen Sechsstadte in demselben Jahre Gorlitz 1848 Digitalisat Friedrich Pietsch Gorlitz im Ponfall In Neues Lausitzisches Magazin Band 111 Oettel Gorlitz und Zittau 1935 S 52 141 Friedrich Theodor Richter Geschichte des Ponfalls der Oberlausitzischen Sechsstadte In Neues Lausitzisches Magazin Band 13 1835 S 5 144 Digitalisat Einzelnachweise Bearbeiten Reiner Gross Martin Luther 1483 1546 Dokumente seines Lebens und Wirkens H Bohlau 1983 S 296 google de abgerufen am 3 August 2021 Friedrich Pietsch Gorlitz im Ponfall In Richard Jecht Hrsg Neues Lausitzisches Magazin Band 111 1935 S 104 105 112 113 136 nbsp Dieser Artikel wurde am 9 September 2004 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Oberlausitzer Ponfall amp oldid 235390647