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Nummernkonto oder Nummerndepot ist der umgangssprachliche Ausdruck fur Bankkonten oder Wertpapierdepots bei denen die Kontoanschrift durch eine Nummer oder ein Kennwort ersetzt ist Gegensatz ist das weitaus ublichere Namenskonto Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Geschichte 3 Rechtsfragen 4 International 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenInternational hat jedes Konto eine Kontonummer Diese ist aber lediglich die banktechnische Identifikation eines namentlich genannten Kontoinhabers aus einer Bankverbindung Die Kontonummer dient lediglich der Geschaftserleichterung indem sie ein Organisationsmittel zur Auffindung des Kontoinhabers darstellt 1 Keinesfalls wird das Namenskonto durch die bankinterne Zuordnung einer Kontonummer zum Nummernkonto 2 Beim Nummernkonto fehlt jedoch diese Verknupfung zu einem Kontoinhaber so dass es auf Bankbelegen etwa dem Kontoauszug und in der bankinternen Datenverarbeitung ausschliesslich durch die Nummer identifiziert wird und der Name des Kontoinhabers nicht auftaucht Die Bank kennt zwar den Namen des Kontoinhabers verwendet diesen aber nicht in der taglichen Kontofuhrung Die Datenbank in der ein bestimmtes Nummernkonto einem Kontoinhaber zugeordnet ist ist nur einem begrenzten Kreis an Bankmitarbeitern zuganglich Das Nummernkonto dient mithin insbesondere dazu dass bankintern der Name eines Kontoinhabers nur wenigen Bankmitarbeitern bekannt wird 3 Geschichte BearbeitenNummernkonten waren schon vor dem Ersten Weltkrieg in Italien und Osterreich bekannt 4 Der Soziologe Marc Perrenoud vermutete dass das Nummernkonto in der Schweiz bereits zwischen 1901 und 1903 erstmals verwendet wurde Zu jener Zeit begannen sich die Schweizer Banken fur die Vermogensverwaltung zu interessieren nachdem sie sich in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens vor allem als Kredit und Handelsbanken betatigt hatten Nach 1918 gab es Nummernkonten bei Schweizer Banken wegen der politischen und sozialen Unruhen in vielen anderen Landern wahrend die Schweiz mit Neutralitat und Wahrungsstabilitat fur Kapitalflucht attraktiv wurde 5 In der Rechtsunsicherheit nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland und spater auch in Osterreich sowie befurchteter sozialistischer Regierungen in Frankreich wurde in der Schweiz eine andere Kommunikationsform als notwendig empfunden Die Bergier Kommission erwahnt als Ursachen im Bergier Bericht die Wahrungsentwertung politische Unsicherheiten Devisenbewirtschaftung Enteignungen und Krieg dazu den internationalen Ruf der Schweiz die leichte Erreichbarkeit und den harten Schweizer Franken 6 Ein weiterer Grund war die Tatigkeit von deutschen Spionen worauf der Schweizerische Bankverein SBV im Mai 1934 Massnahmen zur Verdunkelung der wahren Besitzerverhaltnisse der Kunden 7 ergriff 8 Zum Schutz deutschen Fluchtkapitals fuhrten denn auch die Niederlassungen Zurich und Schaffhausen des SBV fur deutsche Kunden Nummernkonten ein wie das Landesfinanzamt Berlin am 22 Marz 1934 in einem Rundschreiben uber Schutzmassnahmen auslandischer Banken meldete 9 Am 8 Juli 1936 gab der SBV eine Arbeitsanweisung an seiner Mitarbeiter heraus wonach die auslandische Kundschaft fortan dazu aufgefordert werden musse ihre Konten als Nummernkonten zu fuhren 10 Das Schweizer Bankgeheimnis trat im November 1934 in Kraft und forderte zusatzlich die Steuerflucht in die Schweiz Im Juni 1975 pladierte der Prasident der Schweizerischen Nationalbank Fritz Leutwiler fur die Abschaffung der dem Ansehen der Schweiz nicht unbedingt zutraglichen Nummernkonten 11 was bei den Banken allerdings auf Ablehnung stiess 12 Im Juni 1980 empfahl bereits der Europarat im Rahmen der Geldwaschebekampfung Identifikationspflichten in nationales Recht zu ubernehmen 13 14 Rechtsfragen BearbeitenNummernkonten dieser Art widersprechen in Deutschland dem steuerrechtlichen und durch Kreditinstitute zu beachtenden Grundsatz der Kontenwahrheit des 154 Abs 1 AO wonach niemand fur sich oder einen Dritten ein Konto auf einen falschen oder erdichteten Namen errichten oder Buchungen vornehmen lassen Wertsachen Geld Wertpapiere Kostbarkeiten in Verwahrung geben oder verpfanden oder sich ein Schliessfach geben lassen darf Durch die Kontenwahrheit sind Nummernkonten in Deutschland ausgeschlossen denn eine Nummer oder ein Kennwort gelten als falscher oder erdichteter Name weil sich der richtige Name des Kontoinhabers ausschliesslich aus Legitimationspapieren bei Privatpersonen oder dem Handelsregister bei Unternehmen ergibt International BearbeitenSchweizDas Schweizer Nummernkonto gehorte zur Bankpraxis fand jedoch keine gesetzliche Verankerung 15 Als rein administrative bankinterne Massnahme ohne besondere Grundlage im Gesetz bietet das Nummernkonto hochstens in praktischer Hinsicht einen erhohten Schutz indem nur ganz wenige Mitarbeiter Management und eventuell deren Hilfspersonen die Namen der Konteninhaber kennen 16 Das Nummernkonto verstarkt nicht das Schweizer Bankgeheimnis sondern steht hier dem Namenskonto gleich 17 Bei Steuerbetrug und Geldwascherei wird das Bankgeheimnis auch fur Nummernkonten durchbrochen Bei Nummernkonten ist die seit Oktober 1987 bestehende Vereinbarung uber die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken VSB 08 zu beachten Diese Vereinbarung ist auf unter Nummern oder Kennworten gefuhrte Konten Hefte Depots und Schrankfacher laut Art 9 uneingeschrankt anwendbar Hingegen ist die Eroffnung von Inhabersparheften verboten 18 Seit Juli 2004 sind die Schweizer Kreditinstitute verpflichtet auch die Identitat der Inhaber eines Nummernkontos zu prufen und zu dokumentieren Nach Art 3 GwG hat der Finanzintermediar bei der Aufnahme von Geschaftsbeziehungen die Vertragspartei aufgrund eines beweiskraftigen Dokumentes zu identifizieren Handelt es sich bei der Vertragspartei um eine juristische Person so muss der Finanzintermediar die Bevollmachtigungen der Vertragspartei zur Kenntnis nehmen und die Identitat der Personen uberprufen die im Namen der juristischen Person die Geschaftsbeziehung aufnehmen Der Finanzintermediar muss nach Art 4 GwG auch die wirtschaftlich berechtigte Person mit der nach den Umstanden gebotenen Sorgfalt feststellen Im Sprachgebrauch ist inzwischen nicht mehr von Nummernkonten sondern zunehmend von Inhaberkonten die Rede Der bargeldlose Zahlungsverkehr war bei Nummernkonten faktisch nur eingeschrankt moglich weil Uberweisungen Auslandsuberweisungen als Pflichtfeld die namentliche Angabe des Kontoinhabers erfordern Deshalb waren lediglich Barein und Barauszahlungen moglich Anonyme Auslandsuberweisungen von einem Schweizer Nummernkonto waren bis 2004 moglich seitdem sind sie abgeschafft 19 OsterreichIn Osterreich liess sich ein Nummernkonto unter irgendeinem Phantasienamen eroffnen Wohnsitz und Adresse mussten nicht einmal hinterlegt werden Ein Anleger kann seit Juni 2002 sein osterreichisches Konto nicht mehr vollig anonym fuhren Er muss seine Identitat bei der Kontoeroffnung preisgeben Anonyme Sparbucher mit Losungswort sind nur noch auf Spareinlagen bis zu 14 999 Euro erlaubt Nach 38 Abs 2 BWG gilt das Bankgeheimnis nicht im Finanzstrafverfahren und bei der Verpflichtung zur Auskunftserteilung Gemass 40 BWG haben die Kreditinstitute die Identitat eines Kunden festzustellen und zu uberprufen Weitere LanderWeitere Lander mit Nummernkonten waren oder sind Belgien Frankreich Liechtenstein Luxemburg sowie Steueroasen und insbesondere Offshore Finanzplatze Siehe auch BearbeitenNachrichtenloses Vermogen Nachrichtenlose Vermogen Schweiz Einzelnachweise Bearbeiten Fritz Knapp Verlag Hrsg Zeitschrift fur das gesamte Kreditwesen Band 32 1979 S 236 Rudolf Liesecke Die Haftungsausschlusse der Kreditinstitute nach den AGB in der Praxis in WM 1970 S 504 Wolfgang Grill Hrsg Gabler Bank Lexikon 1995 S 214 Neue Zurcher Zeitung vom 11 April 2004 Mythos Nummernkonto verschwindet abgerufen am 19 Oktober 2020 Hans Lothar Merten Vertreibung aus dem Paradies 100 Jahre Steueroasen zwischen Nummernkonten Briefkastenfirmen und Karibikinseln 2017 o S Bergier Bericht Band 13 Der schweizerische Finanzplatz und die Schweizer Banken in der Zeit des Nationalsozialismus 2002 S 1 ff Archiv UBS Fonds SBV Hrsg Protokoll der Generaldirektion vom 15 Mai 1934 S 137 Robert U Vogler Das Schweizer Bankgeheimnis Entstehung Bedeutung Mythos Heft 7 2005 S 59 ff Barbara Bonhage Hanspeter Lussy Marc Perrenoud Nachrichtenlose Vermogen bei Schweizer Banken 2001 S 118 Barbara Bonhage Hanspeter Lussy Marc Perrenoud Nachrichtenlose Vermogen bei Schweizer Banken 2001 S 431 International Herald Tribune vom 10 Mai 1976 Interview von Fritz Leutwiler S 9 Schweizerische Nationalbank 75 Jahre 1957 bis 1982 1982 S 265 Die Bedeutung der bei Nummernkonten verstarkten Diskretion wurde uberdies von gewissen Banken gegenuber der Kundschaft in ungebuhrlicher Weise hochgespielt Europarat vom 27 Juni 1980 Recommendation No R 80 10 Sven Hufnagel Der Strafverteidiger unter dem Generalverdacht der Geldwasche gemass 261 StGB 2004 S 10 Wolfgang Grill Hrsg Gabler Bank Lexikon 1995 S 214 Christoph Buchenbacher Tatsachen uber das schweizerische Bankgeheimnis 1977 S 91 Karl H Lindmayer Friedrich Weihbrecht Geldanlage und Steuern 89 1989 S 206 Vereinbarung uber die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken VSB 08 PDF 534 kB Wirtschaftswoche Band 58 Ausgaben 36 40 2004 S 109Normdaten Sachbegriff GND 4506993 1 lobid OGND AKS Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nummernkonto amp oldid 233991361