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Die Mirage Affare war eine politische Affare in der Schweiz die ausgehend von Kostenuberschreitungen bei einer Kampfflugzeugbeschaffung fur die Schweizer Luftwaffe weitreichende Folgen fur die schweizerische Verteidigungspolitik nach sich zog Mirage IIIDas Parlament genehmigte im Jahr 1961 870 Millionen Franken fur die Beschaffung von hundert franzosischen Mirage III Kampfflugzeugen Nach massiven Budgetuberschreitungen wurden nur 57 Einheiten des Flugzeugs beschafft Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangslage 2 Das Auswahlverfahren 3 Die Bestellung 4 Mehrkosten 5 Parlamentarische Untersuchungskommission 6 Einsatz 7 Militarstrategische Folgen 8 Verwaltungstechnische Folgen 9 Siehe auch 10 Literatur 11 Weblinks 12 EinzelnachweiseAusgangslage BearbeitenIn den 1950er Jahren flogen in der Schweiz die Dusenflugzeuge Vampire und Venom Ab 1958 wurden 100 britische Hunter Jagdflugzeuge in Betrieb genommen Zwei schweizerische Projekte N 20 und P 16 hatten zuvor das Stadium der Prototyperprobung erreicht wovon nur eines davon abhob und auch bestellt wurde Nach einem Absturz wurde die bestellte Serie jedoch vor allem aus politischen und Grunden der militarischen Verwendung nie ausgeliefert Es war ein Angriffsflugzeug und kein Jager 1 Alle diese Flugzeuge konnten keine Schallgeschwindigkeit erreichen Vor dem Hintergrund des sich zuspitzenden Kalten Krieges nach dem Ungarischen Volksaufstand 2 und der fortschreitenden Mechanisierung und Modernisierung der europaischen Streitkrafte wurde Anfang der 1960er Jahre in der Schweizer Armee eine neue auf Mobilitat ausgerichtete Truppenordnung Armee 61 eingefuhrt die mit umfangreichen Aufrustungsprojekten verbunden war In der Armeefuhrung dominierte vorubergehend eine Denkschule die sich an den organisatorischen und technologischen Entwicklungspfaden der europaischen Grossmachte orientierte und unter anderem auch eine atomare Bewaffnung der Schweiz forderte Das Leitbild Armee 61 sah die Schaffung eines Luftschirms fur die weitraumig operierenden Mechanisierten Divisionen vor Dazu und auch im Hinblick auf die atomare Option sollte die Luftwaffe zusatzlich zu den vorhandenen Vampire Venom und Hunter Flugzeugen eine Flotte moderner Hochleistungsflugzeuge erhalten die der sowjetischen Mig ebenburtig sein sollten 2 Das Auswahlverfahren Bearbeiten nbsp Saab Draken nbsp Mirage Konkurrent Fiat G 91Fur die Durchfuhrung des Evaluationsverfahrens wurde die dreikopfige Arbeitsgruppe fur militarische Flugzeugbeschaffung AGF ins Leben gerufen Generalstabschef Jakob Annasohn beauftragte den Kommandanten der Flieger und Fliegerabwehrtruppen Divisionar Etienne Primault mit der Ausarbeitung eines Pflichtenhefts das in der Folge jedoch nicht zustande kam Folgende Modelle wurden anlasslich von Testflugen beurteilt Saab 35 Draken Lockheed Starfighter Grumman Tiger Mirage IIIC und Fiat G 91 Die Bestellung BearbeitenDie AGF sprach sich schliesslich fur die Mirage IIIC aus Der Bundesrat folgte dieser Empfehlung und beantragte 1961 einen von den Projektverantwortlichen absichtlich zu tief angesetzten 3 Kredit von 828 Millionen Franken fur hundert Maschinen dieses Typs Das Parlament stimmte zu Zelle und Triebwerk sollten in Lizenz in der Schweiz gefertigt werden Dabei sollten die Maschinen in Abweichung zum franzosischen Original mit amerikanischer Avionik TARAN Taktisches Radar und Navigationssystem einem neueren Radar fur die amerikanische Lenkwaffe AIM 26 Falcon ausgerustet werden ausserdem musste fur JATO Kurzstarts die Tragstruktur verstarkt werden Sogar mit der Auswahl eines geeigneten Fanghakens fur Kurzlandungen war begonnen worden 4 Mehrkosten Bearbeiten nbsp PUK Vorsitzender Kurt FurglerDie Beschaffungskommission hatte Kosten von 1 100 Millionen berechnet Das Kommando der Luftwaffe strich wider besseres Wissen Zusatzkosten wie Ausrustung aus dem beantragten Kredit 3 Wahrend der Herstellungsphase zeigte sich dass diese Sonderanfertigungen und Anpassungen zu massiven Budgetuberschreitungen fuhrten Marcel Kaiser Redaktor der Weltwoche veroffentlichte wahrscheinlich auf Grund von Insiderinformationen als Erster einen brisanten Artikel der wie eine Bombe einschlug Der Bundesrat musste 1964 einen Zusatzkredit von 576 Millionen Franken beantragen welchen das Parlament ablehnte Parlamentarische Untersuchungskommission BearbeitenErstmals in der Geschichte der Schweiz wurde das Instrument einer Parlamentarischen Untersuchungskommission PUK zur Aufklarung der Hintergrunde eingesetzt Drei ihrer Mitglieder wurden spater in den Bundesrat gewahlt namlich der Vorsitzende Kurt Furgler sowie Rudolf Gnagi und Pierre Graber Im Bericht dieser Kommission wird unter anderem gefolgert Die Botschaft 1961 war zum Teil tendenzios zum Teil unsorgfaltig und an einzelnen Stellen geradezu irrefuhrend abgefasst 5 In der Folge wurde Fliegerchef Primault entlassen Generalstabschef Annasohn und Bundesrat Chaudet traten zuruck Das EMD wurde reorganisiert die parlamentarische Kontrolle verstarkt und der Lieferumfang von 100 auf 57 Maschinen reduziert Ein zweiter Antrag fur einen unumganglichen Nachtragskredit von 150 Millionen wurde vom Parlament 1965 angenommen Dieser erganzte einen Kredit von 200 Millionen vom 7 Oktober 1964 4 nbsp Schweizer Mirage IIIRS Aufklarer Einsatz BearbeitenEine Mirage III C wurde 1962 fur Systemerprobungen aus der franzosischen Serienproduktion beschafft und ab 1964 in der Schweiz geflogen Die Schweizer Mirages wurden ab 1965 abgeliefert und ab 1966 fur die Aufklarung 18 Stuck die Schulung 2 und in zwei Jagdstaffeln 36 Stuck eingesetzt 1969 1971 und 1983 wurden insgesamt vier Schulungsflugzeuge nachbeschafft Insgesamt wird der bis 2003 wahrende Einsatz der Mirage bei der Schweizer Luftwaffe als Erfolg bewertet Militarstrategische Folgen BearbeitenDie Einsatzdoktrin war mit der verkleinerten Mirage Flotte in ihrer ursprunglich geplanten Form nicht mehr praktikabel und musste auf Luft Luft Verteidigung und Aufklarung beschrankt werden Dadurch wurde das ganze Verteidigungskonzept der Armee 61 in Frage gestellt In diesem Sinne und auch im Hinblick auf die Mitte des Jahrzehnts etwas nachlassenden internationalen Spannungen verlangte das Parlament 1964 auf Antrag des Schaffhauser Sozialdemokraten Walter Bringolf vom Bundesrat eine Uberprufung der Konzeption der Gesamtverteidigung die letztlich auf eine einschneidende militarpolitische Kurskorrektur abzielte Unter dem Stichwort Abwehr schalte sich ein Kompromiss zwischen dem mobilitatsorientierten an die Strategien der Grossmachte angelehnten Paradigma der Armee 61 und alternativen Ansatzen etwa im Sinne des Konzepts der Raumverteidigung heraus Verwaltungstechnische Folgen BearbeitenAls Konsequenz aus der Affare wurde die Vermischung von militarischer Fuhrung und Einkaufsmacht aufgehoben Die Kriegstechnische Abteilung KTA wurde aus der Armee ausgegliedert und die gesamte Beschaffung und Produktion von Armeematerial der neuen Gruppe fur Rustungsdienste GRD ubertragen 1994 erfolgte die Auslagerung der Produktionsbetriebe aus der GRD und die Umbenennung in Gruppe Rustung welche heute unter dem Namen Armasuisse eine reine Beschaffungsorganisation innerhalb der Bundesverwaltung darstellt Siehe auch BearbeitenEidgenossisches Departement fur Verteidigung Bevolkerungsschutz und Sport Starfighter AffareLiteratur BearbeitenRoman Schurmann Helvetische Jager Dramen und Skandale am Militarhimmel Rotpunktverlag Zurich 2009 ISBN 978 3 85869 406 5 Weblinks BearbeitenPaolo Urio Mirage Affare In Historisches Lexikon der Schweiz Bericht der vom Nationalrat und Standerat eingesetzten Kommissionen an die Eidgenossischen Rate uber die Abklarung der Mirage Angelegenheit vom 1 September 1964 PDF Mirage Verein Buochs Mirage Suisse Die Mirage Affare Peter Braun Christian Buhlmann Schweizerische Militardoktrin im Widerstreit der Meinungen Military Power Revue der Schweizer Armee Nr 1 Beilage zur ASMZ 5 2006 PDF Datei 5 MB Mirage Affare Warum der teure Traum vom Superjet geplatzt ist In Zeitblende von Schweizer Radio und Fernsehen vom 19 November 2016 Audio Einzelnachweise Bearbeiten Der gescheiterte Schweizer Kampfjet P 16 NZZ 9 Januar 2006 a b Schweizer Kampfjets Filz Skandale Absturze SRF Spuren der Zeit 6 September 2004 ab Minute 26 a b Schweizer Kampfjets Filz Skandale Absturze SRF Spuren der Zeit 6 September 2004 ab Minute 28 a b Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung uber den Stand der Beschaffung von Kampfflugzeugen Mirage IQ vom 19 August 1966 Bundesblatt Band II Nummer 34 Seite 159 Schweizer Kampfjets Filz Skandale Absturze SRF Spuren der Zeit 6 September 2004 ab Minute 37 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mirage Affare amp oldid 235757169