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Beim Kernwaffenprogramm der Schweiz von 1945 bis 1988 handelte es sich um ein Programm zur eigenstandigen Entwicklung und Herstellung von Atombomben fur die Schweizer Armee Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Technik 2 1 Reaktoren 2 2 Spaltbares Material 2 3 Waffentrager Mirage III 3 Einsatz Konzept 4 Siehe auch 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenEinen Monat nach den Atombombenabwurfen auf Hiroshima und Nagasaki beriet die Landesverteidigungskommission der Schweiz 1945 daruber was eine Atombombe fur die Landesverteidigung der Schweiz bewirken konnte 1946 wurde vom Bundesrat die Studienkommission fur Atomenergie SKA ins Leben gerufen Sie sollte die Moglichkeiten der zivilen Nutzung von Kernkraft untersuchen Insgeheim wurde diese Kommission jedoch von Bundesrat Karl Kobelt beauftragt die Schaffung einer schweizerischen Uran Bombe oder anderer geeigneter Kriegsmittel die auf dem Prinzip der Atomenergie Verwendung beruhen voranzutreiben 1947 gewahrte das schweizerische Parlament einen Kredit in Hohe von 18 Millionen Schweizer Franken ohne von den militarischen Absichten Kobelts und somit auch der Kommission zu wissen 1 Mit Paul Scherrer war ein renommierter Kernphysiker Vorsitzender der SKA Er hatte gute Kontakte zu Fachkollegen wie Werner Heisenberg Lise Meitner und Otto Hahn Er war direkt am Projekt Matterhorn zur Erforschung der Kernfusion beteiligt Mit seinem Fachwissen und seinen Kontakten war er somit eine massgebliche Stutze des schweizerischen Kernwaffenprogramms 1 Bis 1955 war es der SKA gelungen 10 Tonnen Uran zu beschaffen wovon die Halfte als militarische Kriegsreserve eingelagert wurde 2 Der Bundesrat erliess im Juli 1958 eine Grundsatzerklarung in der folgendes festgehalten wurde In Ubereinstimmung mit unserer jahrhundertealten Tradition der Wehrhaftigkeit ist der Bundesrat deshalb der Ansicht dass der Armee zur Bewahrung der Unabhangigkeit und zum Schutze unserer Neutralitat die wirksamsten Waffen gegeben werden mussen Dazu gehoren Atomwaffen 3 Der Bundesrat selbst verstand diese Aussage wie man einem diplomatischen Memorandum entnehmen konnte so dass eine Beschaffung von Kernwaffen nur dann notwendig ware wenn neben den bisherigen drei Atommachten USA Grossbritannien Sowjetunion weitere Lander dieses Monopol brechen wurden Es sollte aber deutlich demonstriert werden dass die Schweiz an der Schwelle zur Produktion von Kernwaffen stand Insbesondere wurden die deutschen Nachbarn misstrauisch beobachtet Es wird angenommen dass im Falle einer atomaren Aufrustung bei der deutschen Bundeswehr die Schweiz den gleichen Schritt unternommen hatte 1 Als Reaktion auf die Erklarung des Bundesrats wurde eine Eidgenossische Volksinitiative lanciert welche ein Verbot von Nuklearwaffen fur die Schweiz forderte Die Initiative wurde 1962 nur von einem Drittel der Stimmenden angenommen Mit der Ablehnung der im 1963 folgenden Volksinitiative Entscheidungsrecht des Volkes uber die Ausrustung der schweizerischen Armee mit Atomwaffen wurde auch eine Unterstellung der Entscheidung zu Atomwaffen unter ein Obligatorisches Referendum abgelehnt 2 Im Fruhjahr 1964 legte eine Arbeitsgruppe des Eidgenossischen Militardepartements EMD die Atombombentests in der Schweiz guthiess einen geheimen Ausrustungsplan fur die Einfuhrung der Atombombe vor In der ersten Phase des Plans sollten funfzig Fliegerbomben a sechzig bis hundert KT beschafft werden In Phase zwei sollten anschliessend zu einem spateren Zeitpunkt weitere 200 Bomben beschafft werden 4 Um in der Schweiz nach Uran zu suchen die Ultrazentrifugen zur Urananreicherung sowie die Atomwaffentechnik selbst voranzutreiben sowie um endgultig zu klaren ob in der Schweiz Atombombenversuche durchgefuhrt werden konnten beantragte der damalige Generalstabschef Jakob Annasohn bei Bundesrat Paul Chaudet dem Vorsteher des EMD eine Bewilligung des Gesamtetats von 20 Millionen Franken beim Bundesrat anzustreben 4 Der Antrag kam am selben Tag vor den Bundesrat an dem auch uber den Zusatzkredit in Hohe 576 Millionen Franken fur die Beschaffung der Mirage III entschieden wurde Die damit angebahnte Mirage Affare fuhrte somit auch zu einem grossen Ruckschlag bei den atomaren Bestrebungen der Schweiz Der Bundesrat gab dem Antrag Annasohns zwar statt torpedierte jedoch seinen eigenen Beschluss durch stark eingeschrankte Personalressourcen 4 Auch nach dieser Entwicklung erklarte Paul Scherrer 1967 in einem Gesprach mit einem schweizerischen Militarattache dass der Schweiz alles uber die Konstruktion der Bombe bekannt sei und dass nach einer Entwicklungszeit von vier Jahren und einer Investition von einer Milliarde Franken eigenstandig eine Atombombe gebaut werden konne 1 Durch den Abschluss des Atomwaffensperrvertrags im Juli 1968 kamen die Bestrebungen die Schweiz als Atommacht aufzubauen erstmals auch in einen deutlichen politischen Gegenwind aus dem Ausland Aufgrund dessen und infolge des stetig wachsenden innenpolitischen Drucks unterzeichnete die Schweiz im November 1969 den Atomwaffensperrvertrag Der Vertrag wurde jedoch erst im Marz 1977 ratifiziert nachdem klar wurde dass Staaten die nicht dem Vertrag angehorten immer starkerem politischen und wirtschaftlichen Druck ausgesetzt waren 1 4 Erst Bundesrat Arnold Koller beendete die Bestrebungen im November 1988 als er den Nachfolger des SKA den Arbeitsausschuss fur Atomfragen aufloste 1 4 1995 stimmte die Schweiz der unbefristeten Verlangerung des Atomwaffensperrvertrags zu dieser sieht ein vollstandiges Verbot von Atomtests und ein effizientes Uberprufungssystem vor 1996 erfolgte auch die Zusage zum umfassenden Atomteststoppabkommen 5 Technik BearbeitenReaktoren Bearbeiten Im Zusammenhang mit dem schweizerischen Atomwaffenprogramm werden haufig zwei Reaktoren erwahnt Nicht nachgewiesen ist dass der Reaktor Lucens im Kanton Waadt militarisch genutzt wurde Die mogliche militarische Nutzung des Reaktors wurde in wissenschaftlichen Arbeiten sowohl angenommen als auch abgelehnt Der Forschungsreaktor Diorit in Wurenlingen Kanton Aargau war jedoch nachweislich Standort von fur das Kernwaffenprogramm angeschafftem Uran Spaltbares Material Bearbeiten Zwischen 1953 und 1955 beschaffte die Schweiz uber ein Geheimabkommen von England und Belgisch Kongo rund zehn Tonnen Uran 5 000 Kilogramm hiervon wurden dem Forschungsreaktor Diorit in Wurenlingen zugeteilt 3 238 Kilogramm Uran und 2 283 Kilogramm Uranoxid wurden als Kriegsreserve in einem Depot in Wimmis eingelagert 1 In den Jahren 1960 bis 1973 wurde im Forschungsreaktor Diorit Plutonium erbrutet Dieses wurde in Frankreich und Belgien auf einen 239Pu Anteil von 92 angereichert und dann in die Schweiz zuruckgesandt 20 kg des pulverformigen Plutoniums wurden daraufhin in Tresoren auf dem Gelande des heutigen Paul Scherrer Instituts gelagert 6 Im Februar 2016 wurde der Transport dieses Plutoniums das sich seit den 1960er Jahren im Eigentum des Bundes befand in die USA bekanntgegeben 7 Waffentrager Mirage III Bearbeiten Hauptartikel Mirage III Als Waffentrager wurden neben dem franzosischen Mirage III Dassault auch der schwedische Saab J 35 Draken und der amerikanische Starfighter evaluiert Im November 1960 wurde die Auswahl auf die Saab J 35 Draken und die Mirage III beschrankt Im Dezember 1960 wurde vom Bundesrat eine Entscheidung zugunsten der Mirage III gefallt 1961 bewilligten die Rate den Beschaffungskredit von 871 Mio Franken fur 100 Mirage IIIS Fur Waffeneinsatzerprobungen wurde 1962 eine einzelne Mirage IIIC der franzosischen Luftwaffe ubernommen und 1964 erhielt die Schweiz zwei doppelsitzige Mirage IIIBS fur die Pilotenausbildung 8 Nachdem es aufgrund von massiven Fehlkalkulationen vor allem im Zusammenhang mit der spezialisierten Ausrustung als Kernwaffentrager zur Mirage Affare kam wurde die zu beschaffende Anzahl der Mirage III auf 57 Flugzeuge reduziert Mirage III nbsp Mirage lll RS R 2115 nbsp Mirage III S bei einem JATO Start vor dem Tower des Militarflugplatzes Payerne nbsp Mirage IIIRS White im Bremshaus von BuochsEinsatz Konzept BearbeitenNeben der abschreckenden Wirkung von Atomwaffen waren auch Praventiv oder Vergeltungsschlage gegen mogliche Aggressoren erwahnt worden Oberstdivisionar Etienne Primault bemerkte einmal ein Flugzeug wie die Mirage III ware in der Lage gewesen Atombomben bis nach Moskau zu tragen womit auch ein Einsatz im Feindesland denkbar ware 2 Es war aber eher noch brisanter vorgesehen bei einer moglichen Invasion der Schweiz durch einen Aggressor die Waffen auf Schweizer Boden einzusetzen 9 2 Siehe auch BearbeitenAtomwaffensperrvertrag Eidgenossisches Departement fur Verteidigung Bevolkerungsschutz und SportEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g Atommacht Schweiz In Neue Zurcher Zeitung Abgerufen am 17 Dezember 2012 a b c d Der Traum von der Schweizer Atombombe Beschlussprotokoll des Bundesrates Juli 1958 in der Datenbank Dodis der Diplomatischen Dokumente der Schweiz a b c d e Die versenkte Atombombe In Die Wochenzeitung Abgerufen am 17 Dezember 2012 Marco Jorio Atomwaffen In Historisches Lexikon der Schweiz 6 Oktober 2011 abgerufen am 17 Dezember 2012 20 Kilogramm Schweizer Plutonium in die USA uberfuhrt In Schweizer Radio und Fernsehen janes com 26 Februar 2016 abgerufen am 24 April 2018 Transport von aufgelosten Plutoniumlager des Bundes in die USA ist erfolgt Mirages fur die Schweiz Nicht mehr online verfugbar In mirage buochs ch Archiviert vom Original am 7 Oktober 2012 abgerufen am 17 Dezember 2012 Notfalls auch gegen die eigene Bevolkerung In tagesanzeiger ch Abgerufen am 17 Dezember 2012 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schweizer Kernwaffenprogramm amp oldid 232634502