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Das metabolische Syndrom wird gelegentlich auch als todliches Quartett Reaven Syndrom oder Syndrom X 1 bezeichnet Es wird neben dem Rauchen als der entscheidende Risikofaktor fur Erkrankungen der arteriellen Gefasse insbesondere die koronare Herzkrankheit angesehen und ist durch folgende vier Faktoren gekennzeichnet 2 Abdominelle Fettleibigkeit Bluthochdruck auch hochnormale Werte ab 130 mmHg systolisch Fettstoffwechselstorung mit Hypertriglyzeridamie und erniedrigtem HDL Cholesterin Insulinresistenz bzw gestorte Glukosetoleranz Die Definition des metabolischen Syndroms wurde in den letzten Jahren wiederholt geandert Eine allgemein akzeptierte Definition gibt es bislang nicht Die Klassifikation orientiert sich entweder an der Insulinresistenz Insulinresistenzsyndrom WHO Klassifikation 1999 oder an klinischen Parametern NCEP ATP III Einen weltweit gultigen ICD 10 Code zur Dokumentation der Erkrankung gibt es nicht in Deutschland erlaubt der DIMDI Thesaurus aber die Kodierung mit dem Code E88 9 Stoffwechselstorung nicht naher bezeichnet Da fur das metabolische Syndrom kein spezifischer Kode innerhalb der ICD 10 Klassifikation vorhanden ist sind gemass Deutscher Kodierrichtlinie DKR D004d zusatzlich die vier Manifestationen zu verschlusseln Somit mussen zur korrekten Dokumentation des Syndroms die Kodes fur Fettleibigkeit E66 0 Bluthochdruck I10 Hypertriglyzeridamie E78 1 bzw E78 2 und gestorte Glukosetoleranz R73 0 mit angegeben werden Das ist durchaus auch nachvollziehbar da das metabolische Syndrom nicht grundsatzlich als eigenstandige Entitat sondern auch als Cluster kardiovaskularer Risikofaktoren zitiert nach der Leitlinie der Deutschen Adipositas Gesellschaft von 2007 3 gesehen wird Die Behandlung zielt primar auf die Reduktion des Ubergewichts ab Unabhangig davon ist eine medikamentose Behandlung von Bluthochdruck Zucker und Fettstoffwechselstorungen notwendig Inhaltsverzeichnis 1 Pathophysiologie 2 Diagnostik 2 1 Kriterien der WHO 2 2 Kriterien der IDF 2005 2 3 Kriterien nach NCEP ATP III 2002 2 4 Taillenumfang als Kriterium 3 Bedeutung der Symptome 4 Therapie 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweisePathophysiologie BearbeitenDas metabolische Syndrom entwickelt sich durch hyperkalorische Ernahrung und einen Mangel an korperlicher Bewegung Die dadurch ausgeloste Fettleibigkeit fuhrt zur Insulinresistenz Insulin ist hauptsachlich fur die Kontrolle des Blutzuckerspiegels verantwortlich und sorgt dafur dass sowohl Muskeln als auch das Fettgewebe Glukose mittels GLUT 4 Transportern aufnehmen konnen Ein Uberangebot an Glukose im Blut kann die Bauchspeicheldruse temporar durch eine erhohte Insulinproduktion ausgleichen Hyperinsulinamie mit dem Ziel eine euglykamische Stoffwechsellage aufrechtzuerhalten Die hohen Insulinspiegel fuhren aber mit der Zeit zu einem Wirkverlust des Hormons und es entwickelt sich eine Insulinresistenz die zum Typ 2 Diabetes voranschreiten kann Dies geschieht dann wenn die Bauchspeicheldruse nicht mehr in der Lage ist ausreichend Insulin fur den Korper zu produzieren Wesentlichen Einfluss auf die Entstehung des metabolischen Syndroms hat das viszerale Fettgewebe Es handelt sich um ein an Adipozyten Fettzellen reiches Gewebe das sich zwischen den Organen der Bauchhohle befindet intraabdominell Diese Adipozyten sind hormonell aktiv und unterliegen einer erhohten Lipolyse die nicht mehr auf die inhibierende Wirkung von Insulin anspricht Substanzen die sezerniert werden sind unter anderem TNF a und Interleukin 6 Entzundungsmediatoren die u a eine Insulinresistenz fordern Gleichzeitig sinkt die Konzentration von Adiponektin auf unter 7 bis 10 µg l ein von Adipozyten produziertes Hormon welches insulinsensitivierend antiatherogen gegen Atherosklerose und antiinflammatorisch entzundungshemmend wirkt Die erhohte Freisetzung von nichtveresterten Fettsauren freie Fettsauren durch diese Adipozyten inhibiert die Wirkung von Insulin an der Leber sowie an der Muskulatur Dadurch werden die Glykogenolyse und die Gluconeogenese in der Leber begunstigt und es kommt zur vermehrten Freisetzung von Glukose aus der Leber Parallel dazu ist haufig die atherogene Dyslipidamie eine spezielle Veranderung der Blutfettwerte niedrige HDL Spiegel sowie hohe Konzentrationen an Triglyceriden und kleinen dichten LDL Partikeln zu beobachten Durch den Einfluss der freien Fettsauren steigt in der Leber die VLDL Produktion Diese Lipoproteine zeichnen sich durch eine hohe Konzentration an Triglyceriden aus die somit in die Peripherie gelangen VLDL Partikel werden innerhalb des Lipidstoffwechsels unter Abspaltung von Fettsauren durch die Lipoproteinlipase zu IDL und LDL verstoffwechselt Dabei interagieren diese Lipoproteine mit HDL Partikeln und tauschen uber das Cholesterol Ester Transferprotein CETP Triglyceride gegen Cholesterolester aus Dadurch verringert sich der Cholesterolanteil in den HDL Molekulen und ihre Konzentration sinkt Die LDL Partikel Zusammensetzung verandert sich ebenfalls bedingt durch eine Abnahme der Cholesterolanteile innerhalb der Lipoproteine Die dadurch entstehenden kleinen dichten LDL Molekule sind atherogener als LDL Partikel normaler Grosse 4 Die negativen metabolischen Folgen des viszeralen Fettgewebes konnen durch eine ausreichende Beanspruchung der Muskulatur uber sog Myokine antagonisiert werden 5 Diagnostik BearbeitenKriterien der WHO Bearbeiten Nach den WHO Kriterien von 1998 6 liegt ein metabolisches Syndrom vor wenn eine gestorte Glukosetoleranz oder Diabetes mellitus und oder Insulinresistenz vorliegtsowie zwei der folgenden Parameter erhohter arterieller Blutdruck 140 90 mmHg Fettstoffwechselstorung Triglyceride 1 7 mmol l 150 mg dl und oder HDL Cholesterin 0 9 mmol l 35 mg dl Manner 1 0 mmol l 39 mg dl Frauen stammbetonte Fettleibigkeit Taillen Huft Ratio gt 1 00 Manner bzw gt 0 85 Frauen oder BMI gt 30 kg m Mikroalbuminurie Albuminausscheidung im Urin 20 µg min oder Albumin Kreatinin Ratio 30 mg g Kriterien der IDF 2005 Bearbeiten Haufig angewandt und international anerkannt ist die Definition der International Diabetes Foundation IDF 7 Voraussetzung fur das Vorhandensein des metabolischen Syndroms ist das Vorliegen einer bauchbetonten sogenannten zentralen Adipositas Bei Mannern ein Taillenumfang 94 cm bei Frauen 80 cm Menschen europaischer Herkunft fur Menschen asiatischer Herkunft gelten andere Werte Kommen zu diesem Leitfaktor noch mindestens zwei der Risikofaktoren Nuchternblutzuckerwerte von gt 100 mg dl gt 5 6 mmol l im Blutplasma gemessen oder diagnostizierter Diabetes mellitus erhohte Triglyceride gt 150 mg dl gt 1 7 mmol l oder bereits eingeleitete Therapie zur Senkung der Triglyceride niedriges HDL Cholesterol lt 40 mg dl lt 1 05 mmol l bei Mannern und lt 50 mg dl lt 1 25 mmol l bei Frauen oder bereits eingeleitete Therapie zur Erhohung des HDL Bluthochdruck ab gt 130 mmHg systolisch und gt 85 mmHg diastolisch oder bereits behandelte Hypertoniehinzu so besteht eine deutlich hohere Gefahr im Laufe des Lebens eine Herz Kreislauf Erkrankung zu erleiden In diesem Fall liegt das so genannte metabolische Syndrom vor Die Risikofaktoren Adipositas Diabetes Fettstoffwechselstorungen und Bluthochdruck werden aus diesem Grund in Fachkreisen auch kardiometabolische Risikofaktoren genannt Kriterien nach NCEP ATP III 2002 Bearbeiten Nach dem National Expert Panel on Detection Evaluation and Treatment of High Blood Cholesterol in Adults NCEP ATP III 8 wird die Diagnose metabolisches Syndrom gestellt wenn mindestens drei der folgenden funf Kriterien erfullt sind abdominelle Fettverteilung bestimmt durch einen Bauchumfang von uber 102 cm bei Mannern oder uber 88 cm bei Frauen Serumtriglyceride von uber 150 mg dl gt 1 7 mmol l oder bereits eingeleitete Therapie zur Senkung der Triglyceride HDL Cholesterol 40 mg dl lt 1 05 mmol l bei Mannern bzw lt 50 mg dl 1 25 mmol l bei Frauen Blutdruck von 130 85 mmHg oder mehr oder bereits eingeleitete Therapie zur Senkung des Hypertonus Nuchternblutzucker 110 mg dl 6 1 mmol l oder Vorliegen von Diabetes Typ 2 Des Weiteren nennt der NCEP ATP III einen prothrombotischen und proinflammatorische Status als Symptome jedoch nicht als Diagnosekriterien des Metabolischen Syndroms Taillenumfang als Kriterium Bearbeiten Eine grosse Rolle fur die Definition des metabolischen Syndroms spielt ein erhohter Taillenumfang Denn fur das kardiovaskulare Risiko ist weniger das Ausmass des Ubergewichts als vielmehr das Fettverteilungsmuster entscheidend Besonders nachteilig wirken sich hier Fettdepots im Bauchraum und an den inneren Organen aus Dieses innere Bauchfett Fachleute nennen es intraabdominales Fett oder viszerales Fettgewebe ist sehr stoffwechselaktiv Es beeinflusst den Fett und Kohlenhydratstoffwechsel Zuckerstoffwechsel so dass Fettstoffwechselstorungen und Diabetes die Folge sein konnen Die Messung des Bauchumfangs an der Taille gilt als einfacher und schneller Weg zu einer ersten Risikoeinschatzung Erhohtes Risiko liegt laut ATP III fur Frauen mit einem Taillenumfang uber 88 cm vor Bei Mannern beginnt der Risikobereich bei 102 cm In Deutschland uberschreiten ca 30 40 diese Risikoschwelle Durch die Reduktion des Bauchumfangs z B durch Sport kann das Risiko einer Herz Kreislauf Erkrankung erheblich reduziert werden Bedeutung der Symptome BearbeitenInsulinresistenz Adipositas Bluthochdruck und Fettstoffwechselstorungen treten auch unabhangig voneinander auf und stellen jeweils fur sich erhohte Risiken fur das spatere Auftreten einer koronaren Herzkrankheit und Arteriosklerose dar Therapie BearbeitenNach der Diagnose sollte eine Anderung des Lebensstils erfolgen Ziel ist es das Korpergewicht zu reduzieren da sich hierdurch alle diagnostischen Faktoren verbessern die zum metabolischen Syndrom beitragen 9 Niedriges HDL Cholesterin ist ein Risikofaktor fur kardiovaskulare Erkrankungen und Diabetes ungesattigte Fettsauren haben hier einen besonders positiven Einfluss Fur den Nutzen einer medikamentosen Anhebung des HDL Cholesterin Spiegels gibt es aber derzeit keine Belege Allenfalls Patienten mit einer Kombination von niedrigem HDL Cholesterin und hohen Triglyzeriden profitieren von Fenofibrat Liegt ein Typ 2 Diabetes mellitus vor sollte er bei nicht ausreichender Wirkung der Ernahrungs und Bewegungstherapie medikamentos behandelt werden Gleiches gilt fur die Einstellung des Bluthochdrucks Alkohol erhoht die Blutfette und den Blutdruck und sollte auch zur Korpergewichtsreduktion gemieden werden Siehe auch BearbeitenTaille Huft VerhaltnisLiteratur BearbeitenH Toplak Das Metabolische Syndrom Beginn des Todlichen Quartetts In Journal fur Kardiologie 2005 12 Supplementum C S 6 7 F Hoppichler Das metabolische Syndrom Epidemiologie und Diagnose In Acta Medica Austriaca 2004 31 4 S 130 132 M Hanefeld Das metabolische Syndrom Definitionen common soil fur Diabetes und kardiovaskulare Erkrankungen Konsequenzen fur die Therapie In AdipositasSpektrum 03 2006 S 7 10 R Eckel Das Metabolische Syndrom bearb O E Janssen u O H Jannsen Kapitel 236 In Harrisons Innere Medizin 17 Auflage 2009 D Effertz Das metabolische Syndrom Korperliche Aktivitat als Medikament Grundlagen und Empfehlungen fur Patienten und Angehorige Radikal Gesund Band 1 1 Auflage 2018 Zur Entdeckungsgeschichte Gary Taubes Good Calories Bad Calories Fats Carbs and the Controversial Science of Diet and Health Anchor 2008 ISBN 1 4000 3346 2 S 139 ff Weblinks BearbeitenTodlicher Uberfluss das Metabolische Syndrom Memento vom 19 Juni 2021 im Internet Archive netdoktor de Mai 2002 EU fordert Netzwerk zur Erforschung des metabolischen Syndroms Memento vom 3 Dezember 2013 im Internet Archive Deutsches Medizinradio Dezember 2006 Sport beim Metabolischen Syndrom Memento vom 28 September 2020 im Internet Archive pharmakotherapieberatung de 2018 University of California Television UCTV Sugar The Bitter Truth auf YouTube 31 Juli 2009 englisch Einzelnachweise Bearbeiten Syndrom X In Roche Lexikon Medizin 5 Auflage Elsevier Urban amp Fischer Verlag Munchen 2003 ISBN 3 437 15072 3 gesundheit de Frank Hermann Peter Muller Tobias Lohmann Endokrinologie fur die Praxis Diagnostik und Therapie von A Z 6 Auflage Thieme Verlag Leipzig 2010 ISBN 978 3 13 131016 3 S 37 Leitlinie PDF Deutsche Adipositas Gesellschaft 2007 S 8 abgerufen am 4 Mai 2019 Eckel Grundy Zimmet The metabolic syndrome In Lancet 2005 365 9468 S 1415 1428 Inflammation during Obesity Pathophysiological Concepts and Effects of Physical Activity Abgerufen am 26 Januar 2019 englisch K G Alberti P Z Zimmet Definition diagnosis and classification of diabetes mellitus and its complications Part 1 diagnosis and classification of diabetes mellitus provisional report of a WHO consultation In Diabetic medicine a journal of the British Diabetic Association Band 15 Nummer 7 Juli 1998 S 539 553 ISSN 0742 3071 doi 10 1002 SICI 1096 9136 199807 15 7 lt 539 AID DIA668 gt 3 0 CO 2 S PMID 9686693 Volltext Memento vom 21 August 2014 im Internet Archive PDF S 32 f Definition Memento vom 21 Februar 2013 im Internet Archive PDF 30 kB der International Diabetes Federation Institut fur Praventive Medizin an der Universitat Erlangen Nurnberg National Cholesterol Education Program NCEP Third Report of the Expert Panel on Detection Evaluation and Treatment of High Blood Cholesterol in Adults ATP III Final Report NIH Publication No 02 5215 September 2002 Memento vom 24 Mai 2005 im Internet Archive Sareen S Gropper Jack L Smith Timothy P Carr Advanced Nutrition and Human Metabolism Seventh Edition Auflage Cengage 2018 ISBN 978 1 305 62785 7 S 291 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4380839 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Metabolisches Syndrom amp oldid 236908909