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Das Marschenfieber Marschenkrankheit Marschkrankheit Ernteseuche Wechselfieber Stoppelfieber Druddendagsfeber oder Dreitagefieber Drei Tage Fieber resp 3 Tage Fieber teilweise auch zu Unrecht Morbus Ditmarsicus Dithmarschen Krankheit Dithmarsische Krankheit etc pp 1 2 ist die deutsche Bezeichnung fur die Malaria tertiana eine Form der Malaria die auch im ubrigen Deutschland vorkam Die Krankheit wurde vor allem von Malariamucken der Art Anopheles atroparvus ubertragen die in den Marschen Norddeutschlands verbreitet war Inzwischen sind diese Marschen weitgehend trockengelegt Anopheles Mucke saugt Blut Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Erreger 3 Krankheitsverlauf 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Nordseekuste mit den Marschen als einen wichtigen Ausgangsort in der Verbreitung der Malaria tertiana in Europa Malaria war in der Vergangenheit auch in Landern mit gemassigtem Klima darunter in Deutschland verbreitet Bis zum Ende des Mittelalters waren die Berichte uber auftretende Epidemien so ungenau dass Malaria darin nur schwer von anderen Erkrankungen mit fiebrigem Verlauf zu unterscheiden ist Als gesichert gilt dass grosse Teile Europas in den Jahren 1557 58 unter einer Malariaepidemie litten Bis ins 18 Jahrhundert gab es zahlreiche derartige Epidemien Betroffen waren grosse Teile Deutschlands vor allem aber die Marschen und Moore an der Kuste sowie die Gebiete entlang der grossen Flusse Wahrend einer Epidemie im Jahre 1826 soll in Ostfriesland jedes zweite Kind an Marschenfieber erkrankt sein 3 Aemil Storm 1833 1897 Theodor Storms jungster Bruder verfasste eine zwanzigseitige Arbeit uber die Krankheit 4 In der Folgezeit wurden durch Flussbegradigungen und Moorkolonisierung zahlreiche Brutplatze fur Mucken zerstort Das zum Teil unter Meeresniveau liegende Gebiet an der Nordseekuste Deutschlands wurde mit viel technischem Aufwand bearbeitet Sinn der Urbarmachung und der Moortrockenlegungen war es weiteres Acker und Weideland zu erhalten und durch zuverlassige Entwasserung den Ertrag der Marschflachen zu verbessern In der entstehenden Kulturlandschaft verdrangte Anopheles maculipennis typicus die fieberubertragende Anopheles maculipennis messeae Gleichzeitig verbesserte sich die Wohnsituation der Bevolkerung so dass die Menschen seltener gestochen wurden Demgegenuber hatten Medikamente oder die Anwendung von Insektiziden fur den Ruckgang des Wechselfiebers in Deutschland nur geringe Bedeutung 3 Gegen Ende des 19 Jahrhunderts war das Wechsel oder Marschenfieber aus Deutschland fast verschwunden lediglich um Emden und Aurich in Ostfriesland sowie um Breslau Oppeln und den Kreis Pless in Schlesien waren endemische Krankheitsherde ubriggeblieben 3 In den 1940er Jahren bekampfte der Hygieniker Ernst Rodenwaldt fur die Wehrmacht erfolgreich nach dem Vorbild der ab 1901 ergriffenen Massnahmen Robert Kochs das Marschenfieber in den Niederlanden 5 Nach beiden Weltkriegen flammte die Krankheit kurzzeitig wieder auf als viele Menschen unter schwierigen hygienischen Bedingungen in Notunterkunften leben mussten In Emden kam es 1918 zu einer Epidemie mit etwa 4000 Erkrankungsfallen Auch nach dem Zweiten Weltkrieg trat das Wechselfieber in Deutschland wieder auf Es wurde durch die feucht warmen Sommer 1945 und 1946 und die zahlreichen Muckenbrutplatze in den zerstorten Stadten begunstigt In Berlin wurden bis Ende 1947 651 Falle gezahlt in Hamburg 88 3 Erreger Bearbeiten nbsp Der Lebenszyklus von Malariaparasiten Sporozoiten werden durch einen Muckenstich inokuliert Sobald sie die Leber erreichen vermehren sie sich zu Tausenden von Merozoiten Bei der Malaria tertiana konnen sich Ruheformen in der Leber ausbilden die Hypnozoiten Die Merozoiten infizieren rote Blutkorperchen und vermehren sich dort Wodurch weitere rote Blutkorperchen infiziert werden Einige Parasiten bilden Gametozyten die von einer Mucke wieder aufgenommen werden und so ihren Lebenszyklus fortsetzen Bei dem in Deutschland einheimischen Wechselfieber handelte es sich in den allermeisten Fallen um Malaria tertiana Die Ubertragung von Malaria quartana und Malaria tropica kann im Prinzip auch durch einheimische Stechmucken geschehen sie ist jedoch weniger wahrscheinlich 3 Die Entwicklungszeit des Erregers in der Mucke ist stark von der Temperatur abhangig sie dauert in gemassigten Breiten langer als in den Tropen Fieberepidemien traten daher vor allem in heissen Sommern auf wahrend kalte Sommer sie zum Erliegen bringen konnten Bei 20 C benotigt Plasmodium vivax der Erreger der tertiaren Malaria nur 17 Tage zur Entwicklung Die Erreger der Malaria tropica brauchen bei derselben Temperatur 23 Tage die Erreger von Malaria quartana sogar 35 Tage 3 Pl vivax und Pl ovale die Ausloser der Malaria tertiana konnen im Gegensatz zu anderen Plasmodien als Hypnozoiten in der Leber eines infizierten Menschen uberdauern Die Erkrankung bricht haufig nicht nach einer kurzen Inkubationszeit von 8 bis 16 Tagen aus sondern erst nach einer primaren langen Latenz von mehreren Monaten Auf diese Weise konnten die Erreger die muckenlosen Wintermonate uberstehen Uber das Jahr betrachtet traten die Erkrankungsfalle mit Wechselfieber vor allem im Fruhjahr und im Spatsommer auf Im Fruhjahr waren viele Menschen jahreszeitlich bedingt geschwacht was das latente Wechselfieber ausbrechen liess Im Spatsommer hauften sich die Falle in denen die Krankheit nach einer Neuinfektion mit kurzer Inkubation verlief 3 Krankheitsverlauf BearbeitenDie Erkrankung zeigt eine ihr spezifische Rhythmik des Fiebers Zunachst kommt es zu einer wenige Tage dauernden Prodromalphase daran schliesst sich eine Drei Tages Fieberrhythmik an das heisst am ersten Tag Fieber den zweiten Tag fieberfrei und am dritten Tag erneutes Fieber Innerhalb der Fieberattacken zeigen sich beim Marschenfieber Malaria tertiana oft folgende Auspragungen Frostphase oft circa eine Stunde in der der infizierte Mensch unter massivem Schuttelfrost Zytokine englisch cytokine storm 6 7 leidet In dieser Phase schnellt die Korpertemperatur stark nach oben es folgt die Hitzephase sie dauert einige Stunden und wird begleitet von vegetativen Allgemeinsymptomen Nicht selten werden beim Patienten Korpertemperaturen von mehr als 40 C gemessen Bei den vegetativen Symptomen kommt es noch nicht zu Schweissausbruchen denn diese sind typisch fur die nachste Phase Schweissphase Sie ist etwas kurzer dauert aber auch einige Stunden und wird von eben heftigen Schweissausbruchen begleitet Erholungsphase wahrend die Temperatur wieder auf ein normales Mass sinkt beginnt sich der Patient langsam zu erholen 8 Literatur BearbeitenStefanie Kaupa Malaria in den Marschen Schleswig Holsteins In Dominik Collet Manfred Jakubowski Tiessen Hrsg Schauplatze der Umweltgeschichte in Schleswig Holstein Universitatsdrucke Universitatsverlag Gottingen 2013 ISBN 978 3 86395 041 5 S 65 73 doi 10 17875 gup2013 477 Weblinks BearbeitenOtto S Knottnerus Malaria around the North Sea A Survey 2002 abgerufen am 23 Februar 2015 Einzelnachweise Bearbeiten Heinrich August Pierer Hrsg Pierer s Universal Lexikon 4 umgearbeitete und stark vermehrte Auflage Band 5 Verlagsbuchhandlung von H A Pierer Altenburg 1858 S 196 zeno org Raphael Herder und Benjamin Herder Hrsg Herders Conversations Lexikon 1 Auflage Band 2 Herder sche Verlagshandlung Freiburg im Breisgau 1854 S 409 410 zeno org a b c d e f g Margot Kathrin Dalitz Autochthone Malaria im mitteldeutschen Raum Martin Luther Universitat Halle Wittenberg 2005 sundoc bibliothek uni halle de Dissertation Aemil Storm Aemilius Storm De febre sic dicta marchica 1 Auflage Christian Albrechts Universitat zu Kiel Universitatsbuchhandlung C F Mohr Kiel 1857 daten digitale sammlungen de Latein De febre sic dicta marchica Dissertation Gundolf Keil Robert Koch 1843 1910 Ein Essai In Medizinhistorische Mitteilungen Zeitschrift fur Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung Band 36 37 2017 2018 2021 S 73 109 hier S 82 Maureen C TY Ana Rodriguez Malaria inflammation by xanthine oxidase produced reactive oxygen species EMBO Mol Med 2019 11 e9903 https doi org 10 15252 emmm 201809903 Ian A Clara Lisa Alleva et al Understanding the role of inflammatory cytokines in malaria and related diseases March 2008 Travel Medicine and Infectious Disease 6 1 2 67 81 DOI 10 1016 j tmaid 2007 07 002 Diagnostik und Therapie der Malaria Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften AWMF 1 Normdaten Sachbegriff GND 4799050 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Marschenfieber amp oldid 238775295