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Ernst Robert Carl Rodenwaldt 5 August 1878 in Berlin 4 Juni 1965 in Ruhpolding war ein deutscher Hygieniker Sanitatsoffizier und zuletzt Generalarzt der Wehrmacht Er gilt als einer der bekanntesten Tropenmediziner Deutschlands und war seinerzeit ein weltweit fuhrender Malariaexperte Ernst Rodenwaldt im Gesundheitslabor von Weltevreden Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werke 3 Traditionspflege 4 Veroffentlichungen Auswahl 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenRodenwaldt war der Sohn eines Gymnasialprofessors und Bruder von Gerhart Rodenwaldt einem der bedeutendsten Archaologen des 20 Jahrhunderts Nach dem Abitur am Kollnischen Gymnasium diente er 1897 98 als Einjahrig Freiwilliger im Garde Fusilier Regiment Zugleich begann er sein Medizinstudium an der Kaiser Wilhelms Akademie fur das militararztliche Bildungswesen in Berlin wo er am 30 Januar 1903 sein Staatsexamen bestand Die Friedrichs Universitat Halle promovierte ihn 1904 zum Dr med 1 2 Von 1909 bis 1913 wirkte Rodenwaldt als Kolonialarzt in Togo wo er neben der Pocken und Malariabekampfung auch die Geburtshilfe reformierte 3 Wahrend des Ersten Weltkriegs war er als Stabsarzt in Kleinasien fur das verbundete Osmanische Reich tatig Auf den dortigen Kriegsschauplatzen konnte er grosse Erfolge bei der Bekampfung von Malaria Fleckfieber Cholera und Typhus erzielen 4 Im Winter 1916 1917 hatte das Fleckfieber fast die ganze Stadt Smyrna ergriffen was Rodenwaldt vor eine grosse Herausforderung stellte 5 In Jerusalem beaufsichtigte Rodenwaldt Kriegslazarette der deutschen Borromaerinnen in Rephaim und der Kaiserswerther Diakonissen in ihrem Jerusalemer Krankenhaus Nach dem Krieg habilitierte er 1919 in Heidelberg mit seinen Studien zur Malariaforschung 6 In Heidelberg wurde Rodenwaldt Mitglied der Verbindung Rupertia Zwischen 1921 und 1934 war er in Ostindien tatig wo ihm schon nach einem Jahr die Malariabekampfung fur den gesamten Archipel ubertragen wurde 1928 wurde er dort zum Inspekteur des Volksgesundheitsdienstes berufen und war ab 1932 der Leiter des Gesundheitslabor in Weltevreden Aufgrund seiner Erfolge bei der Seuchenbekampfung und seiner zahlreichen Veroffentlichungen galt er zu jener Zeit als weltweit fuhrender Malariaexperte 3 Am 1 Marz wurde er Mitglied der Auslandsorganisation der NSDAP 7 der er bis zum 25 Februar 1933 angehorte Die Christian Albrechts Universitat zu Kiel berief ihn 1934 auf den Lehrstuhl fur Hygiene 1935 wechselte er auf den Lehrstuhl der Ruprecht Karls Universitat Heidelberg In dieser Funktion hielt er Pflichtvorlesungen uber Rassenhygiene 8 und warb auch ausserhalb des universitaren Umfelds fur die Reinheit deutschen Blutes 9 Als ausdrucklicher Befurworter der sudafrikanischen Apartheid Gesetzgebung wie der Nurnberger Gesetze verkorperte er so die Einschatzung neuerer Forschungen die Personlichkeit des intellektuellen militaristischen Fanatikers der Rassentrennung 10 Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde er wieder in den militararztlichen Dienst berufen 1940 wurde er Leiter des Instituts fur Tropenmedizin und Tropenhygiene der Militararztlichen Akademie und Beratender Tropenmediziner beim Chef des Sanitatswesens des Heeres Er war an der wissenschaftlichen Auswertung der Menschenversuche der Wehrmacht beteiligt Berufungen an den Munchner Lehrstuhl fur Rassenhygiene oder das Berliner Reichsinstitut fur Erbforschung lehnte er jedoch ab 3 1943 wurde er zum Generalarzt ernannt Rodenwaldts Einsatze fuhrten ihn nach Frankreich wo ihm ein Kolonialmedizinisches Sonderlazarett bei Bordeaux unterstand in die Niederlande und nach Belgien nach Italien auf den Balkan und nach Nordafrika Besonderes Augenmerk wurde 1943 1944 den malariaverseuchten Regionen um die Abtei Montecassino zuteil Zu Kriegsende kam er in ein Kriegsgefangenenlager ins englische Windermere Cumbria Dort wurde er nach wenigen Monaten Chefarzt eines deutschen Gefangenenlazaretts Anfang 1946 erfolgte auf Betreiben seiner englischen Kollegen die Freilassung nach Deutschland wo er erfuhr dass er schon Ende 1945 von der amerikanischen Militarregierung wegen nationalsozialistischer Belastung als Ordinarius fur Hygiene entlassen worden war Nachdem er im Rahmen der Entnazifizierung in erster Instanz als Minderbelasteter eingestuft wurde erfolgte in einem zweiten Verfahren 1948 ein endgultiger Freispruch 3 Nach dem Freispruch erhielt er noch im selben Jahr einen Lehrauftrag an der Universitat Heidelberg Nach seiner Emeritierung wurde er 1951 Leiter der geomedizinischen Forschungsstelle der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Bis zu seinem Tod war er noch als Berater fur verschiedene Organisationen tatig Er hatte Einfluss auf den Sanitatsdienst der Bundeswehr war Beirat im Bundesministerium fur wirtschaftliche Zusammenarbeit und engagierte sich in der Entwicklungshilfe 4 Werke BearbeitenRodenwaldt verfasste unzahlige Schriften im Bereich der Tropenmedizin Von 1952 bis 1961 wurde unter seiner Leitung ein dreibandiger Weltseuchenatlas erstellt und herausgegeben der als geomedizinisches Standardwerk galt 4 Daruber hinaus forschte er auch im Bereich der Geomorphologie und bildete zusammen mit der Seuchengeographie das neue Forschungsfach der Geomedizin heraus 4 1941 war er Verfasser einer Tornisterschrift des Oberkommandos der Wehrmacht mit dem Titel Der Islam die heute als interessantes Werk fur die damalige Denkweise der Nationalsozialisten uber den Islam gilt Dieser wird in dem Buch so positiv dargestellt und mit heute noch bestehenden Vorurteilen aufgeraumt dass der Islamwissenschaftler Stefan Weidner urteilte So vieles ist selbst aus gegenwartiger Sicht an dieser Propagandaschrift sachlich und psychologisch korrekt dass einem fast ein wenig unwohl zumute wird 11 Traditionspflege BearbeitenRodenwaldt wurde als Koryphae der deutschen Tropenmedizin gefeiert und geehrt Er war Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina Zu seinem 85 Geburtstag wurde ihm von der philosophischen Fakultat der Universitat Tubingen die Ehrendoktorwurde verliehen Am 15 Dezember 1967 wurde dem Institut fur Wehrmedizin und Hygiene der Bundeswehr in Koblenz der Name Ernst Rodenwaldt Institut verliehen Bereits am 30 November 1967 war das nationale Hygiene Institut der Republik Togo nach Ernst Rodenwaldt benannt worden Am 5 August 1978 wurde in Lome ein Rodenwaldt Relief enthullt Nachdem sich jedoch der Verdacht bestatigte Rodenwaldt habe Kenntnis von den Menschenversuchen in der Zeit des Nationalsozialismus gehabt wurde am 24 Marz 1998 der Traditionsname Ernst Rodenwaldt Institut entfernt Im Oktober 1998 wurde das Rodenwaldt Institut in Togo in Institut National d Hygiene umbenannt Veroffentlichungen Auswahl Bearbeitenmit Heinz Zeiss Einfuhrung in die Hygiene und Seuchenlehre zwischen 1936 und 1943 insgesamt funf Auflagen Ferdinand Enke Verlag Stuttgart Die Mestizen von Kisar Hrsg durch die Mededeelingen van den Dienst der Volksgezondheit in Nederlandsch Indii 2 Bande Batavia 1927 Tropenhygiene Stuttgart 1938 Ein Tropenarzt erzahlt sein Leben Stuttgart 1957 Literatur BearbeitenWolfgang U Eckart Generalarzt Ernst Rodenwaldt in Gerd R Ueberschar Hrsg Hitlers militarische Elite Von den Anfangen des Regimes bis Kriegsbeginn Bd 1 Primus Verlag Darmstadt 1998 ISBN 3 89678 083 2 Seite 210 222 Wolfgang U Eckart Christoph Gradmann Hygiene In Wolfgang U Eckart Volker Sellin Eike Wolgast Hrsg Die Universitat Heidelberg im Nationalsozialismus Springer Heidelberg 2006 ISBN 978 3 540 21442 7 S 697 719 hier S 701 718 Ernst Robert Carl Rodenwaldt Ausbildung und deutscher Kolonialdienst Wolfgang U Eckart Rodenwaldt Ernst In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte De Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 1256 f Manuela Kiminus Ernst Rodenwaldt Leben und Werk Diss med Univ Heidelberg 2002 Michael Kutzer Rodenwaldt Ernst Robert Karl In Neue Deutsche Biographie NDB Band 21 Duncker amp Humblot Berlin 2003 ISBN 3 428 11202 4 S 697 f Digitalisat Wolfgang U Eckart Von Kommissaren und Kamelen Heinrich Zeiss Arzt und Kundschafter in der Sowjetunion 1921 1931 Schoningh Paderborn 2016 Seiten 28 46 49 64 69 ISBN 978 3 506 78584 8 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Ernst Rodenwaldt Sammlung von Bildern Literatur von und uber Ernst Rodenwaldt im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten WorldCat Dissertation Aufnahmen des geistigen Inventars Gesunder als Massstab fur Defektprufungen bei Kranken a b c d Manuela Kiminus Ernst Rodenwaldt Leben und Werk a b c d Kutzer Michael Rodenwaldt Ernst Robert Karl In Neue Deutsche Biographie 21 2003 S 697 698 Onlinefassung Wolfgang U Eckart Medizin und Krieg Deutschland 1914 1924 Ferdinand Schoningh Verlag Paderborn 2014 S 320 323 ISBN 978 3 506 75677 0 Habilitationsschrift Zur Frage der Chininresistenz der Plasmodien der menschlichen Malaria Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich 5 Auflage Fischer Frankfurt am Main 2015 ISBN 978 3 596 16048 8 S 501 Wolfgang U Eckart Die Heidelberger Anatomie im Nationalsozialismus in Sara Doll Joachim Kirsch Wolfgang U Eckart Hrsg Wenn der Tod dem Leben dient Der Mensch als Lehrmittel Springer Deutschland 2017 S 77 doi 10 1007 978 3 662 52674 3 Ernst Rodenwaldt Wie bewahrt der Deutsche die Reinheit seines Blutes in Landern mit farbiger Bevolkerung In Jahrbuch fur auslandsdeutsche Sippenkunde Jg 1 1936 S 62 68 Wolfgang U Eckart Volker Sellin Eike Wolgast Hrsg Die Universitat Heidelberg im Nationalsozialismus Springer Heidelberg 2006 ISBN 3 540 21442 9 S 705 Stefan Weidner am 13 Mai 2013 in cicero de Das Multikulti Bekenntnis der WehrmachtNormdaten Person GND 116579277 lobid OGND AKS LCCN n85816428 VIAF 37670812 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Rodenwaldt ErnstALTERNATIVNAMEN Ernst Robert Carl Rodenwaldt vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher TropenmedizinerGEBURTSDATUM 5 August 1878GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 4 Juni 1965STERBEORT Ruhpolding Abgerufen 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