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Die Marienvesper SV 206 ist ein Sakralwerk von Claudio Monteverdi 1567 1643 Sie wurde 1610 zusammen mit der Missa in illo tempore ebenfalls von Monteverdi veroffentlicht Titelseite des Generalbasses Der eigentliche Titel des Werkes wurde an anderer Stelle gedruckt Auf dem Titelblatt beider Werke werden sie als Sanctissimae Virgini Missa senis vocibus ad ecclesiarum choros ac Vespere pluribus decantandae cum nonnullis sacris concentibus ad Sacella sive Principum Cubicula accommodata Messe der Heiligsten Jungfrau zu sechs Stimmen fur Kirchenchore und Vesper fur mehrere Stimmen mit einigen geistlichen Gesangen fur Kapellen oder Furstengemacher geeignet angegeben Der eigentliche Titel der Marienvesper findet sich im Stimmheft des Generalbasses und lautet Vespro della Beata Vergine da concerto composta sopra canti firmi Marienvesper zum Konzertieren komponiert uber Cantus firmi Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Musikhistorisches Verstandnis 3 Aufbau 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseBeschreibung BearbeitenMonteverdi gab das Werk drei Jahre nach seiner richtungsweisenden Oper L Orfeo beim Verlagshaus Ricciardo Amadino heraus 1 Er widmete es Papst Paul V als Teil einer in acht Stimmbuchern gedruckten Sammlung Die Veroffentlichung des Werkes erfolgte vermutlich aus personlichen Grunden denn aufgrund finanzieller Probleme nach seinem Dienst unter Herzog Vincenzo Gonzaga reiste Monteverdi nach Rom vermutlich auch um sich um ein Kirchenamt zu bewerben Die Marienvesper ist sozusagen als klingende Bewerbungsmappe entstanden Monteverdi wollte sich hier in seiner ganzen Vielseitigkeit als Komponist prasentieren 2 Wie jede andere Vesper besteht die Marienvesper aus einem Invitatorium funf Psalmen einem Hymnus und einem Magnificat In diesen wurden traditionelle Kompositionstechniken mit hochmodernen Elementen der damaligen Zeit vereint Zwischen den Psalmen fugte Monteverdi noch vier so genannte Concerti im monodisch konzertanten Stil ein Der Originaldruck sieht zwei Moglichkeiten zur Auffuhrung der Vesper vor mit Instrumenten oder nur mit einem begleitenden Generalbass Ebenfalls enthalten sind deswegen zwei Versionen des abschliessenden Magnificats die erste mit obligaten Instrumenten die zweite nur mit Generalbass Die Marienvesper ist ein vielfaltiges Werk in dem Melodie Polyphonie Monodie Rhythmik und der spezifische Einsatz von Instrumenten zu affektreichen und spannungsvollen Passagen kombiniert werden Die Vokalbesetzung des Werkes reicht von Sechs bis hin zur doppelchorigen Zehnstimmigkeit zu der noch mehrere Instrumente hinzukommen Es ist wahrscheinlich dass dieses Werk fur den Festtag Maria Verkundigung komponiert wurde Die Widmung an Papst Pius V den Reformator der Romischen Liturgie nach dem Konzil von Trient zeigt den Verwendungszweck an Da der Festtag ein Festtag duplex I classis ist ist neben einem levitierten Hochamt auch eine feierliche Vesper vorgeschrieben Dies ist durch die durchgangig vokal instrumental durchgefuhrten Psalm und Magnifikatvertonungen erreicht Die so genannten Concerti zeichnen sich durch ihren ausserst modernen Stil aus in dem der Text mit grossem Feingefuhl musikalisch interpretiert wird Sie bilden einen Gegenpol zu den restlichen polyphonen Satzen des Werkes Ein Concerto sticht hierbei heraus Duo Seraphim Dieses enthalt exakt die Worte des siebten Responsorium also des ersten Responsoriums der dritten Nocturn das an den Sonntagen nach Epiphania und nach Pfingsten gebetet wird Es ist nicht offen ersichtlich ob darin eine Kritik an der Praxis der Anticipatio Horarum also des Vorziehens der Gebetszeiten auf den Vortag enthalten ist es ist aber nicht auszuschliessen da diese Praxis gerne von einzelnen Klerikern trotz der strengen Ordnung des Breviers durch Papst Pius V aufrechterhalten wurde Nach Auffassung einiger Musikwissenschaftler und Theologen erzahlen die Concerti die heilsgeschichtliche Bedeutung Mariens nach von der Erwahlung bis zur eschatologischen Rolle Mariens Monteverdi verweist in seinem ersten Concerto auf die Jahreszeit den beginnenden Fruhling Iam hiems transiit imber abiit et recessit und zeigt in der Frommigkeit der Zeit die Einbindung der Natur in die Verehrung Gottes und Mariens In jeder Vesper wird jeder Psalm von jeweils einer Antiphon umrahmt die vor und nach dem Psalm erklingen soll Dass die Ausgabe Monteverdis keine Antiphonen enthalt ist der Tatsache geschuldet dass die Vesper immer im Chor das heisst im Gebet der Orden oder Kanoniker gebetet wurde Hier ist durch die Reformen von Pius V die Erneuerung der Ausbildung im gregorianischen Choral zur Pflicht gemacht worden Zudem waren die liturgischen Bucher streng einzuhalten sie standen ebenfalls unter kirchlichem Recht Dadurch wurde zumindest das Beten der Antiphonen als Teil der monastischen Pflicht wahrgenommen Aus Dokumenten der Zeit ist allerdings bekannt dass solche Antiphonen oft durch andere Musikstucke ersetzt wurden auch wenn dieses nicht offiziell erlaubt war Ob die Concerti dafur gedacht waren oder ob man sich damals streng an den liturgischen Ritus gehalten hat schliesslich steht auf der Titelseite dass gerade die Vesper auch in der Kammer auffuhrbar ist wo man sich sicherlich Freiheiten nehmen konnte lasst sich nicht mehr rekonstruieren Auf jeden Fall und unabhangig davon ob die Antiphonen gesungen wurden oder nicht brauchte Monteverdi sie nicht zu notieren Musikhistorisches Verstandnis Bearbeiten nbsp Auszug aus dem Alt Stimmbuch in MensuralnotationDie Musikwelt begann in den 1950er und 1960er Jahren sich mit dem Werk eingehend zu beschaftigen Aufgrund ihres in der Entstehungszeit neuartigen Charakters zumindest nach heutiger Sicht wurde die Marienvesper als Gesamtwerk mit definierter Reihenfolge in Frage gestellt Einige Musikhistoriker vertreten die Ansicht dass die Marienvesper nicht mehr sei als eine lose Sammlung von Kompositionen dafur spricht unter anderem auch die stark wechselnde Besetzung sowie die Beschrankung der instrumentalen Zwischenspiele auf nur einige Teile der gesamten Vesper Dem entgegen stehen Behauptungen dass Monteverdi ein bahnbrechendes Meisterwerk einer neuen Musikgattung schaffen wollte Eine vermittelnde Position sieht in der Marienvesper Monteverdis Versuch sich als Komponist geistlicher Musik zu empfehlen der die ganze Breite seiner musikalischen Formensprache insbesondere die in seinen weltlichen Madrigalen und Opern aber auch in seiner Tanz und Ballettmusik erprobten Formen einbringt und sowohl konservativ polyphon als auch modern monodisch geistliche Werke zu komponieren versteht Als Konsequenz dieser verschiedenen Ansichten weisen die zahlreichen Interpretationen der Marienvesper grosse Unterschiede auf wobei der emotionale Gehalt und die Vielfaltigkeit der Originalveroffentlichung je nach Standpunkt in unterschiedlichem Masse beibehalten wird Entsprechend ist die Marienvesper ein Beispiel fur die unterschiedlichen Auslegungsmoglichkeiten der historischen Auffuhrungspraxis Aufbau BearbeitenInvitatorium bestehend aus Intonation Deus in adiutorium meum intende und Responsorium Domine ad adiuvandum me festina sex vocibus amp sex Instrumentis si placet Psalm 109 Dixit Dominus Domino meo sex vocibus amp sex Instrumentis Modus IV Hohelied Motette Nigra sum motetto ad una voce Psalm 112 Laudate pueri Dominum a otte voci sole nel Organo Modus VIII Concerto Pulchra es a due voci Psalm 121 Laetatus sum a sei voci Modus II Concerto Duo Seraphim tribus vocibus Psalm 126 Nisi Dominus a dieci voci Modus VI Concerto Audi coelum sex vocibus Psalm 147 Lauda Jerusalem a sette voci Modus III Sonata sopra Sancta Maria Ora pro nobis a otte voci Hymnus Ave maris stella a otte voci Modus I Magnificat septem vocibus amp sex Instrumentis Modus I Magnificat a sei voci Modus I Den Psalmen und dem Magnificat werden zumindest bei liturgischer Auffuhrung die jeweiligen gregorianischen Antiphonen vorangestellt Besetzung Bis zu zehnstimmiger Chor gegebenenfalls solistisch zu besetzen und Solostimmen Instrumentalbesetzung Streicher Zinken und Posaunen Floten Orgel Literatur BearbeitenJerome Roche Hrsg Studienpartitur Eulenburg London 1994 ISBN 3 7957 6962 0 ISMN 979 0 2002 1187 0 Suche im DNB Portal Uwe Wolf Hrsg Partitur Kritische Ausgabe Carus Stuttgart 2014 Partitur ISMN 979 0 007 14203 2 Suche im DNB Portal Klavierauszug ISMN 979 0 007 14204 9 Suche im DNB Portal Verlagsinformation David Donald Farr Claudio Monteverdi s Vespro della Beata Vergine 1610 Dissertation University of Oregon Eugene 1966 Stephen Bonta Liturgical problems in Monteverdi s Marian Vespers In Journal of the American Musicological Society 20 1967 S 87 106 JSTOR 830454 Jeffrey Kurtzman Some historical perspectives on the Monteverdi Vespers In Studien zur italienisch deutschen Musikgeschichte 10 Analecta Musicologica 15 1975 Volk Koln 1975 ISBN 3 87252 081 4 Iain Fenlon The Monteverdi Vespers Suggested answers to some fundamental questions In Early Music 5 1977 S 380 387 JSTOR 3126093 Helmut Hucke Die falschlich so genannte Marien Vesper von Claudio Monteverdi In Bericht uber den Internationalen Musikwissenschaftlichen Kongress Bayreuth 1981 Barenreiter Kassel 1985 ISBN 3 7618 0750 3 S 295 305 Andrew Parrott Transposition in Monteverdi s Vespers of 1610 an aberration defended In Early Music 12 1984 S 490 516 JSTOR 3137979 Jeffrey Kurtzman An Aberration Amplified In Early Music 13 1985 S 73 76 JSTOR 3127408 Bernhard Meier Zur Tonart der Concertato Motetten in Monteverdis Marienvesper In Ludwig Finscher Hrsg Claudio Monteverdi Festschrift Reinhold Hammerstein zum 70 Geburtstag Laaber Verlag Laaber 1986 ISBN 3 89007 105 8 S 359 368 Graham Dixon Monteverdi s Vespers of 1610 della Beata Vergine In Early Music 15 1987 S 386 389 JSTOR 3137561 Jurgen Jurgens Claudio Monteverdis Marienvesper von 1610 ein Gesamt Kunstwerk oder ein Sammeldruck Ambitus CD amb 383826 1987 John Whenham Monteverdi Vespers 1610 Cambridge University Press Cambridge 1997 ISBN 0 521 45377 1 Jeffrey Kurtzman The Monteverdi Vespers of 1610 Music Context Performance Clarendon Press Oxford 2000 ISBN 0 19 816409 2 Michael Malkiewicz On the choreography of Claudio Monteverdi s ballet music aspects of re construction In Recercare XIII 2001 2002 S 125 145 JSTOR 41701359 Richard Schulte Staade Marienvesper in der Gemeinde 31 Modelle Butzon amp Bercker Kevelaer 2002 ISBN 3 7666 0241 1 Roger Bowers An Aberration reviewed the reconciliation of inconsistent clef systems in Monteverdi s Mass and Vespers of 1610 In Early Music 31 2003 S 527 538 JSTOR 3137675 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Marienvesper Monteverdi Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Vespro della Beata Vergine SV 206 Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project Gemeinfreie Noten von Messa e Vespro della Beata Vergine in der Choral Public Domain Library ChoralWiki englisch Claudio Monteverdi Joachim Carlos Martini Marienvesper PDF 115 kB In www junge kantorei de 1 November 2005 archiviert vom Original am 7 November 2017 abgerufen am 4 Januar 2022 Lateinischer Text und deutsche Ubersetzung Einzelnachweise Bearbeiten Olaf Matthias Roth Claudio Monteverdi Marienvesper In Barenreiter Werkeinfuhrungen Barenreiter Kassel 2017 ISBN 978 3 7618 2407 8 S 29 31 Simply the best Die Top 99 der Alten Musik Monteverdi Marienvesper in br klassik de 13 Mai 2021 abgerufen am 13 September 2021 Audiobeitrag inkl Musikbeispielen Normdaten Werk GND 300105967 lobid OGND AKS LCCN n85076143 VIAF 177840418 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Marienvesper Monteverdi amp oldid 230159402