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Ludwig Ferdinand Clauss 8 Februar 1892 in Offenburg 13 Januar 1974 in Huppert Heidenrod 1 war ein deutscher Psychologe und ein einflussreicher Rassentheoretiker in den 1920er Jahren und in der Zeit des Nationalsozialismus 2 Er war Schuler von Edmund Husserl Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Vor 1945 1 2 Nach 1945 2 Wirken 3 Schriften Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenVor 1945 Bearbeiten Clauss wuchs in Freiburg auf und besuchte dort das Gymnasium Sein Vater war dort Landgerichtsrat Nach dem Abitur absolvierte er seinen Militardienst in der Marine wo er als Seekadett Norwegen bereiste Er meldete sich im Ersten Weltkrieg freiwillig zur Marine In Freiburg studierte er Philosophie Psychologie und deutsche englische und skandinavische Philologie Von 1917 bis 1921 war Clauss Mitarbeiter von Edmund Husserl 1918 heiratete er in Freiburg die Tochter eines Universitatsprofessors von der er sich nach einem Jahr wieder scheiden liess Im November 1919 legte er die Staatsprufung fur das Hohere Lehramt ab 1921 wurde er mit seiner Arbeit Die Totenklagen der deutschen Minnesanger bei Husserl promoviert 1920 wurde Clauss Mitglied im Deutschbund und im antisemitischen Deutschvolkischen Schutz und Trutzbund Laut Breuer war er moglicherweise auch Mitglied des volkischen Jugendbundes der Adler und Falken in dessen Zeitschriften Clauss ausgiebig zu Wort kam 3 An der Bismarck Hochschule in Dresden hielt Clauss 1921 22 seine ersten Vorlesungen zur Psychologie der Rasse Husserl bot ihm ein Projekt uber Wilhelm von Humboldts Sprachphilosophie zur Habilitation an Dieses Projekt wurde jedoch bald wegen unvereinbarer Interessen abgebrochen Als Grund gab Clauss spater an dass Husserl Jude ist 4 Eigentlich wollte sich Clauss bei Husserl mit seinem Werk die Nordische Seele 1923 habilitieren 5 Das Buch mit seinen Attacken auf judische Entartungserscheinungen erweckte jedoch dessen Unwillen Husserl weigerte sich Die nordische Seele als Habilitationsschrift anzunehmen 6 Dennoch lieferte Clauss einen Beitrag zu der Festschrift zu Husserls 70 Geburtstag die 1929 erschien Denn seine Rassenseelenkunde verstand Clauss als eine Erweiterung der Phanomenologie Husserls 7 1923 arbeitete er als Landarbeiter in Norwegen danach als Schiffer in Danemark und Schweden 1925 bereiste er den Balkan Seine Reisen wurden von seinem Forderer Friedrich Wilhelm Prinz zur Lippe unterstutzt Mit ihm und Margarete Lande die er wahrend des Studiums bei Husserl kennengelernt hatte brach er im Januar 1927 zu einer langeren vier Jahre dauernden Exkursion in den Nahen Osten auf Wahrend dieser Reise trat Clauss zum Islam uber Mit seinen Studien zur vorderasiatischen und zur wustenlandischen Rassenseele war Clauss nach seiner Reise jahrelang beschaftigt Margarete Lande die judischer Herkunft war half ihm als private Mitarbeiterin bei der Auswertung Zum 1 Mai 1933 trat er der NSDAP bei Mitgliedsnummer 2 909 460 8 9 10 Im Juli 1933 schloss sich Clauss Hauers Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Glaubensbewegung an 1934 grundete Clauss zusammen mit Hans F K Gunther als Publikationsorgan des Nordischen Ringes die Zeitschrift Rasse Zeitweise wurde Clauss von der SS Stiftung Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe gefordert Er war Mitglied im Nationalsozialistischen Lehrerbund und im Reichsnahrstand letzteres weil er auf einem kleinen Landgut in Ruthnick bei Berlin lebte und als Beruf Forstwirt angab 9 1935 heiratete Clauss zum zweiten Mal die Tochter eines ostpreussischen Offiziers aus altem Adel liess sich aber 1940 wieder scheiden 1936 gelang es ihm sich aufgrund erbrachter Leistungen zu denen sein altes Buch Rasse und Seele von 1926 und andere Schriften zahlten zu habilitieren Unterstutzt durch den NS Studentenbund erhielt er an der Berliner Universitat eine Dozentur und wurde 1941 verbeamtet Auf dem Hohepunkt seiner Karriere 1941 war Clauss fur den Lehrstuhl fur Rassenkunde und Rassenpolitik an der Reichsuniversitat Posen vorgesehen 11 und sollte Mitglied einer Kommission zur Erforschung der rassischen Grundelemente des italienischen Volkes werden Beides wurde durch Intervention des Amtes Rosenberg verhindert Ausgelost hatte das alles eine Anzeige seiner zweiten Ehefrau beim Rassenpolitischen Amt die als Folge potenziert wurde durch eine interne Rivalitat zwischen Clauss und Walter Gross der ein Parteiausschlussverfahren anstrengte 1943 kam es schliesslich zum Parteiausschluss und auch seiner Entlassung aus dem Beamtenverhaltnis Clauss wurde vorgeworfen durch eine Beziehung zu Margarete Lande gegen die Nurnberger Rassengesetze verstossen zu haben Er versteckte seine Mitarbeiterin bis zum Ende des Krieges und rettete sie damit vor dem Tod Trotz seines Parteiausschlussverfahrens durfte Clauss weiterhin wirken Hans Ehlich vom Reichssicherheitshauptamt RSHA bescheinigte ihm gute Absichten und dass seine Forschungsergebnisse doch von erheblicher Bedeutung seien 9 Im Mai 1944 wurde Clauss als Sturmmann der Waffen SS als Kriegsberichter zur SS Standarte Kurt Eggers einberufen Ab September 1944 war er in Bosnien im Einsatz Zusammen mit seinem Schuler Bruno Beger sollten sie das aktive Kampfverhalten der sogenannten Muselmann Divisionen beobachten und filmen 1943 waren auf dem Balkan Divisionen der Waffen SS aus etwa 30 000 mohammedanischen Bosniaken aufgestellt worden Clauss wurde jedoch im November 1944 bei einem Luftangriff verwundet und kehrte daher nach Ruthnick zuruck Im November 1944 lieferte er einen Abschlussbericht uber seine Aktivitaten bei der Division Handschar wo er auf grundlegende Probleme im Verhalten deutscher Soldaten und Offiziere hinwies und resumierte dass die Bosniaken vor allem eine ausgepragte Unruhe der Deutschen irritiert hatte 12 Nach 1945 Bearbeiten Nach dem Krieg stellte Clauss einen Antrag auf Wiedergutmachung der jedoch abgelehnt wurde Als Grund wurde aufgefuhrt dass Clauss bei seinem Parteiausschlussverfahren zwar sein Verhalten gegenuber Margarete Lande vorgeworfen wurde nicht jedoch seine Rassenlehre 13 Clauss legte Berufung ein Das Verfahren zog sich 11 Jahre hin und endete im Marz 1962 mit einem Vergleich den Clauss akzeptierte Erneut wurde festgestellt dass eine Wiedergutmachung ausgeschlossen sei weil Clauss den Nationalsozialismus gefordert habe aber durch seine Entlassung als Dozent auch durch ihn geschadigt worden sei Ihm wurde eine geringe Rente zuerkannt Er unternahm unterstutzt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft weitere Forschungsreisen in aussereuropaische Lander wie die Turkei und den Iran Fur die Rettung von Margarete Lande wurde er 1979 nach seinem Tod in Unkenntnis seiner Rolle im Nationalsozialismus als Gerechter unter den Volkern geehrt Nachdem seine Verstrickungen bekannt geworden waren nahm man 1996 die Ehrung zuruck 14 Wirken BearbeitenClauss entwickelte massgeblich die physiognomisch mimische Methode Diese geht von der Annahme aus dass sowohl reine wie gemischte Rassen ihre jeweils eigene und typenbildende Expression haben In seiner Rassenlehre ging es primar um die Typisierung angenommener Phanomene und weniger um die Erforschung rassischer Merkmale 15 In einem Beitrag mit dem Titel Sind die Juden eine minderwertige Rasse kam Clauss 1933 zum Schluss Fur die Wissenschaft gibt es keine minderwertigen Rassen 16 Nach Hans F K Gunther war Clauss der wichtigste Referenzautor in der rassenpadagogischen Literatur und der eigentliche Begrunder der Rassenseelenkunde 17 Fur Reinhard Mehring gehort Clauss zu den Vatern des NS Rassismus 18 Im Februar 1945 verfasste Clauss ein Dokument zur Vorbereitung eines Einsatzes zur Gewinnung islamischer Volker wo er seine eigene Arbeiten mit dem Bestrebungen der Germanischen Leitstelle im SS Hauptamt verband Das Amt war fur die Aufstellung und Betreuung nicht germanischer Verbande der Waffen SS zustandig Bei diesem Projekt wollte Clauss selbst die Mitwirkung bei arabischen Autoritaten bewerben Bruno Beger sollte sich zu Freiwilligenverbanden in Turkestan begeben und ein weiterer Schuler von Clauss Reinhard Walz sollte sich um die Koran Deutung kummern Realer Hintergrund des Projektes waren nicht nur die eigenen Erfahrungen bei den Muselmann Divisionen auf dem Balkan sondern auch ein Kooperationsabkommen des SS Hauptamtes mit Mohammed Amin al Husseini dem Grossmufti von Jerusalem um eine rassenseelisch begrundete Abklarung wechselseitiger Interessen auszuloten Im Zusammenhang mit der Aufstellung von Verbanden aus Angehorigen von Turkvolkern wurde durch das Amt im November 1944 in Dresden eine Mullah Schule gegrundet in der Imame fur die Truppenbetreuung ausgebildet wurden 19 Schriften Auswahl BearbeitenLieder der Edda Altheldischer Sang in neues Deutsch gefasst von Ludwig Ferdinand Clauss Lehmann und Schulze 1921 Rasse und Seele Eine Einfuhrung in die Gegenwart J F Lehmann Munchen 1926 Spater mit dem Untertitel Eine Einfuhrung in den Sinn der leiblichen Gestalt Von Seele und Antlitz der Rassen und Volker Eine Einfuhrung in die vergleichende Ausdrucksforschung J F Lehmann Munchen 1929 Die nordische Seele Eine Einfuhrung in die Rassenseelenkunde J F Lehmann Munchen 1932 Als Beduine unter Beduinen Herder Freiburg im Breisgau 1933 Rasse und Charakter das lebendige Antlitz M Diesterweg Frankfurt am Main 1936 Rasse ist Gestalt Eher Munchen 1937 Semiten in der Wuste unter sich Miterlebnisse eines Rassenforschers Buchergilde Gutenberg Berlin 1937 Rassenseele und Einzelmensch J F Lehmann Munchen 1938 Araber Luken amp Luken 1943 Umgang mit Arabern des Ostens Luken amp Luken 1949 Thuraja Roman Kompass Verlag 1950 Verhullte Haupter Roman C Bertelsmann Gutersloh 1955 Die Wuste macht frei Roman C Bertelsmann Gutersloh 1956 Die Seele des Andern Wege zum Verstehen im Abend und Morgenlande B Grimm Verlag fur Kunst und Wissenschaft 1958 Die Weltstunde des Islam Neues Forum 1963 Nach Kriegsende wurden Clauss Schriften Rasse ist Gestalt Eher Munchen 1937 Rassenseele und Einzelmensch Lehmann Munchen 1938 Die nordische Seele Lehmann Munchen 1940 Rasse und Charakter Diesterweg Frankfurt a M 1942 und Rasse und Seele Lehmann Munchen 1943 in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt 20 Literatur BearbeitenOtto Renkhoff Nassauische Biographie Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten 2 Auflage Historische Kommission fur Nassau Wiesbaden 1992 ISBN 3 922244 90 4 S 106 Nr 598 Peter Weingart Doppel Leben Ludwig Ferdinand Clauss Zwischen Rassenforschung und Widerstand Campus Frankfurt am Main New York 1995 ISBN 3 593 35354 7 Hans Christian Harten Uwe Neirich Matthias Schwerendt Rassenhygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reichs Bio bibliographisches Handbuch Akademie Verlag Berlin 2006 S 144 150 Felix Wiedemann Clauss Ludwig Ferdinand in Handbuch des Antisemitismus Band 2 1 2009 S 144 145 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Ludwig Ferdinand Clauss im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Felix Wiedemann Der deutsche Scheich Kurzbiografischer Bericht auf einestages Clauss Ludwig Ferdinand Hessische Biografie Stand 2 September 2020 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Einzelnachweise Bearbeiten Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 2 Auflage Fischer Frankfurt am Main 2005 S 94 Horst Junginger Sigrid Hunke Europe s New Religion and its Old Stereotypes Vortragsmanuskript gehalten auf dem Kongress Neo Paganism voelkische Religion and Antisemitism II The Religious Roots of Stereotypes in Tubingen Oktober 1997 online Stefan Breuer Die Volkischen in Deutschland Kaiserreich und Weimarer Republik WBG Darmstadt 2008 S 115 und 216 Hans Christian Harten Uwe Neirich Matthias Schwerendt Rassenhygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reichs Bio bibliographisches Handbuch Akademie Verlag Berlin 2006 S 144 Otto Poggeler Schritte zu einer hermeneutischen Philosophie K Alber Verlag 1994 S 78 Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft Jg 45 H 8 August 1997 S 757 Felix Wiedemann Der doppelte Orient Zur volkischen Orientromantik des Ludwig Ferdinand Clauss Zeitschrift fur Religions und Geistesgeschichte H 1 2009 S 4 Bundesarchiv R 9361 VIII KARTEI 5201756 a b c Hans Christian Harten Uwe Neirich Matthias Schwerendt Rassenhygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reichs Bio bibliographisches Handbuch Akademie Verlag Berlin 2006 S 148 Helmut Heiber Universitat unterm Hakenkreuz Teil 1 Der Professor im Dritten Reich Saur Munchen 1991 ISBN 3 598 22629 2 S 485 Helmut Wilhelm Schaller Die Reichsuniversitat Posen 1941 1945 Verlag Lang Frankfurt am Main 2010 S 172 Hans Christian Harten Uwe Neirich Matthias Schwerendt Rassenhygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reichs Bio bibliographisches Handbuch Akademie Verlag Berlin 2006 S 149 Kirstin Breitenfellner Charlotte Kohn Ley Wie ein Monster entsteht Philo Verlag 1998 S 206 Benno Muller Hill Weingart Peter Doppelleben Ferdinand Ludwig Clauss zwischen Rassenforschung und Widerstand In 1999 Zeitschrift fur Sozialgeschichte Januar 1997 Heft 4 S 120 Volker Bohnigk Kulturanthropologie als Rassenlehre Konigshausen amp Neumann 2002 S 43 Ludwig Ferdinand Clauss Sind die Juden eine minderwertige Rasse In Heinrich Mann Hg Gegen die Phrase vom judischen Schadling Amboss Prag 1933 S 245 Hans Christian Harten Uwe Neirich Matthias Schwerendt Rassenhygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reichs Akademie Verlag Berlin 2006 S 144 Mehring in Rudiger vom Bruch Christoph Jahr Rebecca Schaarschmidt Die Berliner Universitat in der NS Zeit Steiner Stuttgart 2005 S 214 Hans Christian Harten Uwe Neirich Matthias Schwerendt Rassenhygiene als Erziehungsideologie des Dritten Reichs Bio bibliographisches Handbuch Akademie Verlag Berlin 2006 S 149f http www polunbi de bibliothek 1946 nslit c htmlNormdaten Person GND 119290308 lobid OGND AKS LCCN no91020202 VIAF 110091157 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Clauss Ludwig FerdinandKURZBESCHREIBUNG deutscher PsychologeGEBURTSDATUM 8 Februar 1892GEBURTSORT OffenburgSTERBEDATUM 13 Januar 1974STERBEORT Huppert 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