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Lokalisierung bedeutet im Bereich der kondensierten Materie dass die Amplitude einer Welle nicht homogen im gesamten Raum ist sondern sich auf eine Position konzentriert An dieser Position hat die Amplitude ein Maximum mit steigender Entfernung von dieser Position fallt sie exponentiell ab Dieses Verhalten findet sich in ungeordneten Systemen etwa in amorphen Materialien Inhaltsverzeichnis 1 Erklarung 2 Mathematik Punktspektrum vs Kontinuierliches Spektrum 3 Skalenkonzepte Lokalisierungslange 4 Elektronenlokalisierung 4 1 Anderson vs Mott scher Metall Isolator Ubergang 5 Lichtlokalisierung 6 Literatur 7 Einzelnachweise und FussnotenErklarung BearbeitenDie Ursache fur Lokalisierung ist die konstruktive Interferenz 1 von Wellen die in ungeordneten Systemen mehrfach gestreut werden In einem geordneten System sind die Streuzentren periodisch angeordnet Deshalb kann man die Welle als eine Bloch Funktion beschreiben d h als eine ebene Welle mit einer periodisch variierenden Amplitude Eine ebene Welle ist raumlich homogen ausgedehnt und besitzt keine bevorzugten Aufenthaltsorte In einem ungeordneten System jedoch ist ein solcher Bloch Ansatz aufgrund der fehlenden Periodizitat nicht sinnvoll Im Gegenteil nimmt man an dass sich eine Welle von einem bestimmten Punkt A aus im Raum ausbreitet so ergibt sich dass sie an den nicht periodisch angeordneten Streuzentren in eine beliebige Richtung gestreut wird Durch die wiederholte Streuung an anderen Streuzentren kann es nun zur Ausbildung von geschlossenen Bahnen kommen so dass die gestreute Welle wieder an ihrem Ausgangspunkt A ankommt Wellen konnen dabei diese geschlossene Bahn in entgegengesetztem Umlaufsinn durchlaufen Dabei erfahren sie jeweils dieselbe Anderung ihrer Phase wodurch sie im Punkt A miteinander konstruktiv interferieren konnen Diese konstruktive Interferenz fuhrt zu einer erhohten Wahrscheinlichkeit dass Wellen zum Punkt A zuruckkehren anstatt von ihm fort zu propagieren Erhohen der Unordnung fuhrt dabei zu einer hoheren Dichte der Streuzentren so dass die Wahrscheinlichkeit fur die Ausbreitung der Wellen auf solchen geschlossenen Bahnen immer grosser wird wodurch sich die Leitfahigkeit vermindert Ab einer bestimmten Unordnungsstarke W C displaystyle W C nbsp konnen sich die Wellen nur noch auf solchen Bahnen bewegen d h alle Zustande sind lokalisiert und die Leitfahigkeit bei ganz tiefen Temperaturen ist null im Gegensatz zum gewohnlichen metallischen Verhalten Da in diesem Fall die Amplitude der Wellen um einen bestimmten Punkt im Raum konzentriert ist spricht man von Lokalisierung Wie oben erwahnt ergibt sich dass die Wellen keinen raumlich ausgedehnten Charakter besitzen sondern an einer Position eine maximale Amplitude haben Mit steigender Entfernung von dieser Position sinkt die Amplitude immer weiter ab Diese vollstandige Lokalisierung erst ab einer bestimmten Unordnungsstarke W C displaystyle W C nbsp findet man nur in dreidimensionalen ungeordneten Systemen wo man das Phanomen als Anderson Lokalisierung bezeichnet wahrend in ein und zweidimensionalen Systemen stets alle Zustande lokalisiert sind auch bei ganz schwacher Unordnung Ferner hangt die kritische Unordnungsstarke W C displaystyle W C nbsp von der Frequenz ab Das heisst Wellen mit unterschiedlichen Frequenzen bzw unterschiedlichen Energiewerten 2 haben unterschiedliche kritische Unordnungen ab denen sie lokalisiert sind Dieser Effekt fuhrt zur Ausbildung von sogenannten Mobilitatskanten engl mobility edges Die ausserhalb dieser charakteristischen Energien gelegenen Zustande der fur die elektrische Leitfahigkeit zustandigen mehr oder minder breiten sog Energiebander sind lokalisiert wahrend die innerhalb gelegenen Zustande ausgedehnt sind Mit zunehmender Unordnung wird dieser Bereich immer schmaler bis er schliesslich bei W C displaystyle W C nbsp ganz verschwindet Lokalisierung aufgrund von Unordnung kann nur dann erfolgen wenn die Wellen innerhalb ihrer Koharenzlange l displaystyle l nbsp gestreut werden l displaystyle l nbsp wird auch als freie Weglange bezeichnet Mit der Wellenlange der Elektronen l displaystyle lambda nbsp ergibt sich 2 p l Ioffe Regel l displaystyle 2 pi l text Ioffe Regel equiv lambda nbsp bei schwacher Streuung ware dagegen l l displaystyle l gg lambda nbsp Die angegebene Identitat definiert das sog Ioffe Regel Kriterium 3 das besagt dass in einem stark streuenden Medium eine Welle bei der Streuung mindestens eine Oszillation vollstandig ausfuhren muss Durch die Verwendung der Grosse l displaystyle l nbsp und durch das phanomenologische Bild der festen Elektronenwellenlange statt einer Superposition verschiedener Wellen ist die angegebene Bedingung nur von begrenztem Wert bei einer mathematisch sauberen Theorie der behandelten Phanomene 4 In einer vertieften Darstellung s u werden die Phanomene analog zur Theorie der Phasenubergange und kritischenPhanomene 5 mit sog Skalenkonzepten behandelt Mathematik Punktspektrum vs Kontinuierliches Spektrum BearbeitenDie Elektronen bilden in den genannten Systemen sowohl bei ebenen Wellen als auch bei den lokalisierten Eigenfunktionen ein dichtes System von Zustanden mit einem Spektrum von sog uneigentlichen d h nicht quadratintegrierbaren oder eigentlichen d h quadratintegrierbaren Eigenfunktionen das bei gewohnlichem Verhalten kontinuierlich ist sog kontinuierliches Spektrum uneigentliche Eigenfunktionen Aus den uneigentlichen Eigenfunktionen muss man da sie nicht quadratintegrierbar sind wie ublich durch Uberlagerung quadratintegrierbare Wellenpakete bilden Im Lokalisierungsfall handelt es sich dagegen um ein Punktspektrum d h die Eigenfunktionen sind von vornherein quadratintegrierbar Skalenkonzepte Lokalisierungslange BearbeitenMit dem Begriff der Lokalisierung der Wellenfunktionen hangt sehr eng das Problem der elektrischen Leitfahigkeit des Systems zusammen Es kommt hierbei ganz wesentlich darauf an ob eine erste charakteristische Energie der Ladungstrager die sog Fermi Energie E F displaystyle E F nbsp im Bereich der leitenden d h der kontinuierlichen oder delokalisierten Zustande des Systems liegt oder aber im Bereich der lokalisierten Zustande Gewohnlich d h bei schwacher Unordnung ist ersteres der Fall dann ist also die freie Weglange l sehr gross gegenuber der Wellenlange l displaystyle lambda nbsp der Ladungstrager Ferner ist l umgekehrt proportional zur Ladungstragerkonzentration nimmt also mit zunehmender Unordnung ab D h eine zweite charakteristische Energie des Systems die sog Lokalisierungskante E c displaystyle E c nbsp liegt also bei schwacher Unordnung beispielsweise unterhalb von E F displaystyle E F nbsp bei sehr starker Unordnung dagegen oberhalb Im letztgenannten Fall sind also die Zustande lokalisiert d h die Wellenfunktion ps displaystyle psi nbsp nimmt mit zunehmendem Abstand r vom Lokalisierungszentrum ab beispielsweise nach dem Gesetz ps exp r 3 displaystyle psi sim exp r xi nbsp also exponentiell auf der Skala einer sog Lokalisierungslange 3 displaystyle xi nbsp Diese divergiert bei Annaherung von Fermi Energie und Lokalisierungskante und zwar mit einem sog kritischen Exponenten n displaystyle nu nbsp also nach dem Gesetz 3 E F E c n displaystyle xi sim E F E c nu nbsp Der genaue Wert von n displaystyle nu nbsp ist weniger interessant verglichen mit der Tatsache dass er universell ist also fur ganz verschiedene dreidimensionale Systeme stets denselben Wert hat Daruber hinaus ist der Begriff der Lokalisierungslange selbst naturlich sehr anschaulich Im leitenden Bereich hat man ebenfalls eine charakteristische Lange die zwar weniger anschaulich definiert ist aber ebenfalls mit 3 displaystyle xi nbsp bezeichnet wird und fur die ebenfalls derselbe kritische Exponent n displaystyle nu nbsp gilt Jetzt ist 3 displaystyle xi nbsp uber die Leitfahigkeit s displaystyle sigma nbsp definiert und zwar durch den Ansatz s 1 3 displaystyle sigma sim 1 xi nbsp wobei der Vorfaktor durch Naturkonstanten ausgedruckt werden kann Erneut gilt 3 E F E c n displaystyle xi sim E F E c nu nbsp aber jetzt ist beispielsweise nicht mehr E F lt E c displaystyle E F lt E c nbsp lokalisierte Zustande sondern es gilt E F gt E c displaystyle E F gt E c nbsp ausgedehnte Zustande Elektronenlokalisierung BearbeitenDie Idee der Lokalisierung von Elektronen in ungeordneten Halbleitern wurde erstmals von dem amerikanischen Physiker Philip Warren Anderson behandelt 6 Er fand dass sich Elektronen in solchen Systemen nicht frei bewegen konnen wodurch ein leitendes Material zu einem Isolator wird Anderson vs Mott scher Metall Isolator Ubergang Bearbeiten Von dem hier besprochenen durch Unordnung induzierten Anderson schen Metall Isolator Ubergang einem Einteilcheneffekt ist der sog Mott sche Metall Isolator Ubergang benannt nach Sir Nevill Mott zu unterscheiden Hier handelt sich um einen Vielteilcheneffekt und zwar kommt im Mott schen Fall die Lokalisierung der Ladungstrager ohne jede Unordnung allein durch eine besonders starke gegenseitige Abstossung der Ladungstrager zustande Skalierungseffekte spielen hierbei keine Rolle da der Phasenubergang jetzt unstetig ist Lichtlokalisierung BearbeitenDer Physiker Sajeev John diskutierte in einer bedeutenden Arbeit die Idee Licht in besonderen Strukturen zu lokalisieren 7 Ahnlich wie fur Elektronen in Halbleitern lasst sich in solchen Systemen erreichen dass sich Licht nicht mehr ausbreiten kann sondern vielmehr an einzelne Positionen gebunden ist Dieses wurde von einer Gruppe um D S Wiersma experimentell nachgewiesen 8 Literatur BearbeitenDavid Thouless Introduction to localization In Physics Reports Band 67 1980 Les Houches LecturesEinzelnachweise und Fussnoten Bearbeiten Es gibt auch den Fall einer destruktiven Interferenz z B bei dominierender sog Spin Bahn Wechselwirkung anstelle von Potential Streuung In diesem Fall wurde sich die Leitfahigkeit durch zunehmende Unordnung erhohen Die Frequenz n und die Energie E eines quantenmechanischen Systems sind bekanntlich zueinander proportional E hn mit der Planck schen Konstante h A F Ioffe und A R Regel Non crystalline amorphous and liquid electronic semiconductors In Prog Semiconduct Band 4 1960 S 237 Bei schwacher Unordnung ist zwar die Leitfahigkeit s displaystyle sigma nbsp proportional zum Kehrwert der freien Weglange aber bei starker Unordnung kann man die ublichen Formeln nicht verwenden und s displaystyle sigma nbsp ist nach dem unten angegebenen Skalenkonzepten zu berechnen W Gebhardt und U Krey Phasenubergange und kritische Phanomene eine Einfuhrung Vieweg Braunschweig 1980 ISBN 3 528 08422 7 P W Anderson Absence of diffusion in certain random lattices In Phys Rev Band 109 1958 S 1492 S John Strong localization of photons in certain disordered dielectric superlattices In Phys Rev Lett Band 58 1987 S 2486 D S Wiersma P Bartolini A Lagendijk und R Righini Localization of light in a disordered medium In Nature Band 390 1997 S 671 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lokalisierung Physik amp oldid 202708670