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Kritische Exponenten k displaystyle k werden in der Theorie der kontinuierlichen Phasenubergange zur Beschreibung des Verhaltens eines physikalischen Systems in der Nahe des kritischen Punktes und zur Klassifizierung des Phasenuberganges in Universalitatsklassen verwendet Bei kontinuierlichen Phasenubergangen geht der Ordnungsparameter PS displaystyle Psi bei Annaherung von unten an die kritische Temperatur kontinuierlich gegen null und einige hohere Ableitungen des zugehorigen thermodynamischen Potentials zeigen eine Nicht Analyzitat einen Sprung oder eine Divergenz Die hoheren Ableitungen konnen z B die Antwortfunktionen wie die spezifische Warme die Kompressibilitat oder die Suszeptibilitat sein Dabei beobachtet man dass das Verhalten des Ordnungsparameters und einiger dieser hoheren Ableitungen nur von der reduzierten Temperatur t T T C 1 displaystyle tau T T C 1 abhangt welche den skalierten Abstand zur kritischen Temperatur T C displaystyle T C des Phasenubergangs angibt Genauer folgen diese Grossen F displaystyle F naherungsweise einem Potenzgesetz mit einem Exponenten k displaystyle k F t t k T T C T C k displaystyle F tau approx tau k left frac T T C T C right k Es wurde dabei experimentell beobachtet und theoretisch berechnet dass der Wert des Exponenten nur von einigen Grundeigenschaften des Systems abhangt Systeme mit den gleichen Grundeigenschaften zeigen also am Phasenubergang in einer endlichen Anzahl von Grossen das gleiche Potenzverhalten mit identischen Exponenten Man spricht daher von universellem Verhalten und kritischen Exponenten Systeme mit gleichen kritischen Exponenten gehoren der gleichen Universalitatsklasse an ihr Phasenubergang ist durch die Angabe der Universitalitatsklasse vollstandig charakterisiert Die kritischen Exponenten einer Universalitatsklasse sind nicht unabhangig voneinander sondern durch Skalengesetze verbunden Inhaltsverzeichnis 1 Mathematische Definition 2 Universalitat 3 Zusammenhang mit den physikalischen Grossen 4 Werte 5 Skalengesetze 6 Literatur 7 QuellenMathematische Definition BearbeitenIn der Nahe der kritischen Temperatur eines kontinuierlichen Phasenubergangs lasst sich das Verhalten einer physikalischen Grosse als Funktion der reduzierten Temperatur angeben F t A t l 1 b t l 1 displaystyle F tau A cdot tau lambda left 1 b cdot tau lambda 1 cdots right nbsp Dies lasst sich in der Nahe der kritischen Temperatur t 0 displaystyle tau approx 0 nbsp in guter Approximation mit einem einfachen Potenzgesetz beschreiben F t t k fur t gt 0 F t t k fur t lt 0 displaystyle begin alignedat 2 F tau amp propto amp amp tau k amp amp quad text fur quad tau gt 0 F tau amp propto amp amp tau k amp amp quad text fur quad tau lt 0 end alignedat nbsp Die Definition des kritischen Exponenten ist davon abhangig aus welcher Richtung man sich der kritischen Temperatur nahert von oben d h aus der ungeordneten Phase t gt 0 T gt T C k def lim t 0 t gt 0 log F t log t displaystyle tau gt 0 Leftrightarrow T gt T C quad Rightarrow k stackrel text def lim tau to 0 tau gt 0 log F tau over log tau nbsp von unten d h aus der geordneten Phase t lt 0 T lt T C k def lim t 0 t lt 0 log F t log t displaystyle tau lt 0 Leftrightarrow T lt T C quad Rightarrow k stackrel text def lim tau to 0 tau lt 0 frac log F tau log tau nbsp Fur den Ordnungsparameter gibt es nur einen einzigen kritischen Exponenten b displaystyle beta nbsp eigentlich b displaystyle beta nbsp da man diesen nur durch Annaherung aus der geordneten Phase an die kritische Temperatur bestimmen kann in der ungeordneten Phase ist der Ordnungsparameter per definitionem gleich null Universalitat BearbeitenDie kritischen Exponenten sind fast universell d h sie hangen nicht von den Details sondern lediglich von einigen Grundeigenschaften des betrachteten physikalischen Systems ab Diese Grundeigenschaften sind laut der experimentell und numerisch inzwischen sehr gut bestatigten Universalitatshypothese von Griffiths 1 die Dimensionalitat D displaystyle D nbsp die interne oder Spindimensionalitat d displaystyle d nbsp die Reichweite der Wechselwirkung Zur Bestimmung der Reichweite der Wechselwirkung unterscheidet man lediglich zwischen kurz mittel und langreichweitig Nur bei kurz und langreichweitigen Wechselwirkungen stellt sich universelles Verhalten ein Bei mittelreichweitigen Wechselwirkungen konnen die Exponenten dann noch von der Reichweite abhangen Es gibt auch Systeme die am Phasenubergang nicht universelle kritische Exponenten aufweisen z B frustrierte Systeme Zusammenhang mit den physikalischen Grossen BearbeitenIn der folgenden Tabelle sind die wichtigsten kritischen Exponenten und die zugehorigen physikalischen Grossen tabelliert Die Vorzeichen der Exponenten unterscheiden sich je nach physikalischer Grosse da der Ordnungsparameter bei Annaherung der Temperatur an die kritische Temperatur konvergiert wahrend spezifische Warme Suszeptibilitat und Korrelationslange divergieren Kritischer Exponent Physikalische Grosseb displaystyle beta nbsp Ordnungsparameter PS t b da t lt 0 displaystyle Psi approx tau beta text da tau lt 0 nbsp a a displaystyle alpha alpha nbsp Spezifische Warme C t a wenn t gt 0 t a wenn t lt 0 displaystyle C approx begin cases tau alpha amp text wenn tau gt 0 tau alpha amp text wenn tau lt 0 end cases nbsp g g displaystyle gamma gamma nbsp Suszeptibilitat x t g wenn t gt 0 t g wenn t lt 0 displaystyle chi approx begin cases tau gamma amp text wenn tau gt 0 tau gamma amp text wenn tau lt 0 end cases nbsp n n displaystyle nu nu nbsp Korrelationslange 3 t n wenn t gt 0 t n wenn t lt 0 displaystyle xi approx begin cases tau nu amp text wenn tau gt 0 tau nu amp text wenn tau lt 0 end cases nbsp h displaystyle eta nbsp Korrelationsfunktion ps r i ps r j r i r j D 2 h 1 bei T T C displaystyle left langle psi vec r i psi vec r j right rangle approx left vec r i vec r j D 2 eta right 1 text bei T T C nbsp d displaystyle delta nbsp kritische Isotherme bei T T C displaystyle text bei T T C nbsp Werte BearbeitenIn der folgenden Tabelle sind die kritischen Exponenten aus Experimenten und theoretischen Berechnungen aufgelistet Bei den Experimenten sind zwei Werte fur die Koeffizienten a g n displaystyle alpha gamma nu nbsp gegeben wobei die obere Zahl die Messung fur t gt 0 displaystyle tau gt 0 nbsp und die untere Zahl die Messung fur t lt 0 displaystyle tau lt 0 nbsp wiedergibt Die Abkurzung log steht fur eine logarithmische Singularitat Kritischer Exponent a displaystyle alpha nbsp b displaystyle beta nbsp g displaystyle gamma nbsp d displaystyle delta nbsp n displaystyle nu nbsp h displaystyle eta nbsp Experiment Reales Gas loglog 0 35 1 37 0 2 1 0 0 3 4 4 0 4 0 640 64 0Experiment Magnet loglog 0 34 1 33 0 03 1 33 0 03 4 2 0 65 0 03 0 65 0 03 0Landau Theorie 2 0 Sprung 0 5 1 3 0 5 0Theorie Ising Modell D 2 d 1 kurzreichweitig log 0 125 1 75 15 1 0 25Theorie Ising Modell D 3 d 1 kurzreichweitig 0 11 0 325 1 24 4 82 0 63 0 33Theorie Heisenberg Modell D 3 d 3 kurzreichweitig 0 365 1 39 4 80 0 705 0 034 Quelle Nolting Band 6 Statistische Physik Springer Verlag Die theoretischen Werte fur das Ising Modell D 2 d 1 kurzreichweitig sind noch exakt bestimmbar fur alle anderen theoretischen Werte mussen Naherungsverfahren wie Renormierungsgruppenrechnungen benutzt werden Der am genauesten gemessene Wert ist a 0 012 7 displaystyle alpha 0 0127 nbsp fur den Phasenubergang des supraflussigen Heliums der sogenannte lambda Ubergang Dieser Wert wurde in einem Satelliten bestimmt um Druckunterschiede in der Flussigkeit zu minimieren Das Messergebnis stimmt genau mit der theoretischen Voraussage uberein die mit Hilfe der Variationsstorungstheorie gewonnen wurde Skalengesetze BearbeitenSiehe auch Van der Waals Gleichung Die Idee fur die Skalengesetze gehen auf L P Kadanoff zuruck der sie speziell fur das Ising Modell zeigte Quantitativ bestatigt wurden sie dann durch Renormierungsgruppenrechnungen Gesichert sind die Skalengesetze nur dann wenn die freie Enthalpie und die Korrelationsfunktionen verallgemeinerte homogene Funktionen sind Zunachst folgt aus den Skalengesetzen dass die Richtung aus welcher der kritische Exponent bestimmt wird nicht entscheidend ist a a g g n n displaystyle alpha alpha gamma gamma nu nu nbsp Weitere Skalengesetze verbinden nun die verschiedenen kritischen Exponenten miteinander a 2 b g 2 displaystyle alpha 2 beta gamma 2 nbsp a b 1 d 2 displaystyle alpha beta cdot 1 delta 2 nbsp b g d 1 displaystyle beta frac gamma delta 1 nbsp n g 2 h displaystyle nu frac gamma 2 eta nbsp Sind die Skalengesetze gultig so genugt die Bestimmung von nur zwei Exponenten um mit Hilfe der o g Formeln die restlichen vier Exponenten zu errechnen Literatur BearbeitenPhase Transitions and Critical Phenomena Band 1 20 Academic Press Hrsg C Domb M S Green und J L Lebowitz J M Yeomans Statistical Mechanics of Phase Transitions Oxford Science Publications 1992 ISBN 0198517300 Hagen Kleinert Critical Properties of f 4 displaystyle varphi 4 nbsp Theories World Scientific Singapore 2001 Paperback ISBN 981 02 4658 7 also available online here Wolfgang Nolting Grundkurs Theoretische Physik Band 6 Statistische Physik Springer VerlagQuellen Bearbeiten R B Griffiths Phys Rev Lett 24 1479 1970 Gebhardt Wolfgang Krey Uwe Phasenubergange und kritische Phanomene Vieweg 1980 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kritischer Exponent amp oldid 220653202