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Levi ben Gershon auch Levi ben Gerson oder Levi ben Gerschom lateinisch Leo Hebraeus Leo de Balneolis oder Gersonides genannt geboren 1288 in Bagnols sur Ceze und gestorben vermutlich am 20 April 1344 in Perpignan war ein judischer Mathematiker Philosoph Astronom und Talmud Gelehrter der in Frankreich lebte Uber seinen Lebenslauf ist wenig bekannt Er war Abkommling einer Familie von Gelehrten lebte eine Zeit lang in Orange spater in Avignon und Perpignan und hatte Kontakt zu einflussreichen Christen Obwohl er auch Rabbi Levi ben Gershon genannt wurde war er niemals als Leiter einer judischen Gemeinde tatig Bereits als junger Mann wurde er in samtliche Zweige der Philosophie seiner Zeit eingefuhrt Inhaltsverzeichnis 1 Schriften 2 Philosophie 3 Rezeption 4 Ausgaben und Ubersetzungen 5 Literatur 6 WeblinksSchriften BearbeitenIm Alter von kaum 30 Jahren begann er seine Schrift Sefer milhamot Adonai Kampfe Gottes 1317 1329 sein wichtigstes Werk das von theologischer Seite einigen Widerspruch erregte und von Kritikern zuweilen als Milhamot im Adonai Kampfe mit Gott zitiert wurde 1319 schrieb er Sefer ha hekkesh ha yashar Buch des richtigen Syllogismus eine von Averroes Ibn Ruschd beeinflusste Abhandlung zu Problemen der aristotelischen Logik Sein mathematisches Hauptwerk Maaseh Hoshev Praktische Kunst des Rechners auch Sefer ha mispar Buch der Zahl genannt ist in zwei verschiedenen Redaktionen von 1321 und 1322 erhalten Der erste Teil des zweiteiligen Werks ist eine Sammlung von 68 Theoremen und Beweisen zur Arithmetik Algebra und Kombinatorik der zweite Teil behandelt die Grundrechenarten Quadrat und Kubikwurzelziehung Verhaltnisse und Proportionen und fugt eine umfangreiche Sammlung vermischter Probleme an Einen als Einfuhrung in die Trigonometrie gedachten Auszug aus den astronomischen Kapiteln des Milhamot Adonai widmete er 1342 in einer lateinischen Ubersetzung von Petrus de Alexandria unter dem Titel De sinibus chordis et arcubus Von den Kreisbogen Kreisschnitten und Bogen Papst Clemens VI Dieses Werk enthielt nicht nur Sinustafeln mit bis zu funf Stellen Genauigkeit sondern auch eine neuartige Ableitung des Sinustheorems ausserdem die aus Milhamot Adonai ubernommenen Behandlungen der Camera obscura und des Jakobsstabes eines Gerates zur Messung des Winkelabstandes von Gestirnen das in der Folgezeit zu einem wichtigen Navigationsinstrument der europaischen Seefahrt wurde 1343 ein Jahr vor seinem Tod verfasste er auf Veranlassung von Philip von Vitry des Bischofs von Meaux den nur lateinisch erhaltenen musiktheoretischen Traktat De numeris harmonicis Erhalten sind ausserdem Glossen zu den ersten funf Buchern der Elemente Euklids und eine Schrift Hibbur hokhmat ha tishboret Uber die Wissenschaft der Geometrie mit einer Beweisfuhrung zum funften Postulat Parallelenpostulat Euklids ferner als astrologische Schrift ein Prognostikon uber die Konjunktion des Jahres 1345 Levi ben Gershon war auch Exeget der Bibel der die historisch wortliche Erklarung mit moralischen Nutzanwendungen to aliyot des Bibeltextes verband Sein exegetisches Werk umfasst Kommentare zum Pentateuch zu Buchern der Propheten Perush al nevi im rishonim und zu den meisten Buchern der Hagiographen Buch der Sprichworter Hiob Hohelied Ruth Prediger Esther Daniel von denen sein Kommentar zum Buch Hiob eines der ersten in hebraischer Sprache und Schrift gedruckten Bucher war 1477 in Ferrara und 1543 44 in Venedig auch in einer gereimten Kurzfassung von Zerah Barfat gedruckt wurde Ausser diesen wissenschaftlichen und exegetischen Schriften hat Levi ben Gershon auch liturgische Gedichte pizmonim und Gebete viddui hinterlassen ausserdem zwei astronomische Gedichte eines davon uber den Jakobsstab und zwei Purim Parodien unter letzteren auch ein Buch uber die Flasche des Propheten Sefer ha baqbuq ha navi in dem man eine Inspirationsquelle fur das Figurengedicht auf die Weinflasche im postumen Cinquieme libre von Rabelais Edition von 1564 vermutet hat Philosophie BearbeitenLevi ben Gershon obwohl kein Rabbi wurde mehrfach in Fragen der Halacha um Rat angegangen In seinen philosophischen Schriften betonte er die Nutzanwendung seiner Ansichten Er war Aristoteliker und stark von Ibn Ruschd beeinflusst neuplatonische Argumente finden sich bei ihm nicht Andererseits war er immer ein unabhangiger Denker Als einziger der judischen Peripatetiker wagte er es das aristotelische System insgesamt zu verteidigen auch wenn es der einen oder anderen Doktrin der judischen Theologie widersprach Er scheute sich aber auch nicht eine von Aristoteles bzw Ibn Ruschd abweichende Meinung klar auszusprechen Sein zentrales Thema war eine Synthese von biblischen talmudischen und philosophischen aristotelischen Lehrmeinungen In diesem Sinne behandelt sein Hauptwerk Sefer milhamot Adonai in sechs Abteilungen naturphilosophische Probleme die von seinen Vorgangern besonders Maimonides nur unzureichend abgehandelt worden waren Dies waren insbesondere das Wesen der Materie die Unsterblichkeit der Seele Prophetie und Traume die Allwissenheit Gottes und die gottliche Vorsehung sowie die himmlischen Spharen und die Natur der Gestirne Aus Levis Sicht ist Gott das oberste Denken und gleichzeitig das hochste Formprinzip des Seins Gott habe die Welt zwar erschaffen dies jedoch aus einer ewigen und daher unerschaffbaren Materie Fur ihn war Gottes Wissen nicht allumfassend sondern beschrankt auf die Gesetzmassigkeiten im Kosmos In diesem Sinne genugt Gottes Wirken als Schopfer eine gegenwartige Einwirkung Gottes auf die Welt verneinte er Den aktiven Teil der Seele hielt er fur unsterblich Er entwickelte eine astronomische Theorie die erhebliche Abweichungen vom uberkommenen Weltbild des Ptolemaus enthielt Seine Ansichten dargestellt im funften Abschnitt des Sefer milhamot Adonai untermauerte er durch eigene Beobachtungen die er bis etwa 1340 fortsetzte Rezeption BearbeitenGiovanni Pico della Mirandola zitierte Levis astronomischen Schriften mehrfach in den Disputationes in Astrologiam noch Johannes Kepler gab sich alle Muhe ein Exemplar des fur Clemens VI ins Lateinische ubersetzten astronomisch mathematischen Teils zu bekommen Levi ben Gershon gilt neben Saadia Gaon Abraham ibn Daud und Maimonides als der bedeutendste mittelalterliche Philosoph des Judentums Er wurde oft wegen seiner Ausdrucksweise und seiner unkonventionellen Ideen kritisiert ja sogar als Haretiker denunziert wie es auch Maimonides geschah Er hat das philosophische Denken bis ins 19 Jahrhundert beeinflusst Der Mondkrater Rabbi Levi ist nach ihm benannt Ausgaben und Ubersetzungen BearbeitenMichela Andreatta Hrsg Gersonide Commento al Cantico dei Cantici nella traduzione ebraico latina di Flavio Mitridate Studi Pichiani Band 14 Olschki Firenze 2009 ISBN 978 88 222 5905 9 kritische Edition Bernard R Goldstein Hrsg The Astronomy of Levi Ben Gerson 1288 1344 A critical edition of chapters 1 20 with translation and commentary Springer 1985 Gerson Lange Hrsg Die Praxis des Rechners Ein hebraisch arithmetisches Werk des Levi Ben Gerschom aus dem Jahre 1321 Golde Frankfurt am Main 1909 hebraischer Text mit deutscher Ubersetzung von Maaseh Hoshev Charles H Manequin Ubersetzer The logic of Gersonides A Translation of Sefer ha Heqqesh ha Yashar The Book of the Correct Syllogism Kluwer Dordrecht 1989Literatur BearbeitenMaximilian Curtze Die Abhandlungen Levi Ben Gersons uber Trigonometrie und den Jacobstab Bibliotheca Mathematica Band 12 1898 S 97 112 Digitalisat Gilbert Dahan Hrsg Gersonide et son temps Peeters Lowen Paris 1992 Inhalt Gad Freudenthal Hrsg Studies on Gersonides Brill Leiden 1992 Bernard R Goldstein The astronomical tables of Levi Ben Gerson Transactions of the Connecticut Academy of Arts and Sciences Band 45 1974 Bernard R Goldstein Levi ben Gerson s Lunar Model Centaurus Band 16 1972 S 257 283 Bernd Kettern Levi ben Gershon In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 4 Bautz Herzberg 1992 ISBN 3 88309 038 7 Sp 1572 1576 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Charles H Manequin The logic of Gersonides an analysis of selected doctrines with a partial edition and translation of The book of the correct syllogism Kluwer Dordrecht 1992 Julio Samso Levi ben Gerson In Charles Coulston Gillispie Hrsg Dictionary of Scientific Biography Band 8 Jonathan Homer Lane Pierre Joseph Macquer Charles Scribner s Sons New York 1973 S 279 282 online C Sirat S Klein Braslavy Olga Weijers Ph Bobichon G Dahan M Darmon G Freudenthal R Glasner M Kellner J L Mancha Les methodes de travail de Gersonide et le maniement du savoir chez les scolastiques Librairie philosophique J Vrin Paris 2003 Susanne Mobuss Die Intellektlehre des Levi ben Gerson in ihrer Beziehung zur christlichen Scholastik Peter Lang Frankfurt am Main New York und Paris 1991 ISBN 3 631 44011 1 Julio Samso Levi ben Gerson In Lexikon des Mittelalters Band 5 Artemis Munchen 1991 Sp 1923 f Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Levi ben Gershon im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Tamar Rudavsky Gersonides In Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Menachem Kellner Bibliographia Gersonideana untergliederte Version Memento vom 13 August 2011 im Internet Archive Haifa 1992 John J O Connor Edmund F Robertson Levi ben Gershon In MacTutor History of Mathematics archive Artikel in Jewish EncyclopediaNormdaten Person GND 118538802 lobid OGND AKS LCCN n81078650 VIAF 59118174 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Levi ben GershonALTERNATIVNAMEN Levi ben Gerson Leo de Bagnols GersonidesKURZBESCHREIBUNG judischer Mathematiker Philosoph Astronom und Talmud GelehrterGEBURTSDATUM 1288GEBURTSORT Bagnols sur Ceze Sudfrankreich STERBEDATUM 20 April 1344STERBEORT Perpignan Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Levi ben Gershon amp oldid 239333043