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Das Lubecker Volks und Erinnerungsfest ist das jahrlich stattfindende Volksfest Lubecks Auf dem Lubecker Volks und Erinnerungsfest 2011 Inhaltsverzeichnis 1 Ursprunge 2 Entwicklung im 19 Jahrhundert 3 Entwicklung bis zum Ersten Weltkrieg 4 Entwicklung bis zum Zweiten Weltkrieg 5 Entwicklung in der Nachkriegszeit 6 Das Volksfest heute 7 Weblinks 8 Literatur 9 EinzelnachweiseUrsprunge BearbeitenIm Zuge der Ereignisse des Jahres 1848 konstituierte sich im Sommer jenes Jahres in Lubeck ein Komitee von 15 Privatleuten das in den Lubeckischen Anzeigen vom 3 Juli die Abhaltung eines Allgemeinen Scheibenschiessens auf dem Burgerschutzenhof vor dem Holstentor vom 23 bis 25 Juli ankundigte An den Schiesswettbewerben teilnehmen konnte jeder der die Gebuhr von 1 Mark lubsch und 8 Schilling entrichtete Dieses Konzept war eine fur Lubecker Verhaltnisse radikal demokratische Neuerung denn bis dahin war das stadtische Schutzenwesen traditionsgemass streng standisch organisiert Der Burgerschutzenhof stand bis dahin nur den Schutzengilden der Zunfte und Standeskorporationen offen die hier ihre separaten Schutzenfeste abhielten Die Veranstaltung hatte somit deutlichen Symbolcharakter Noch im Jahr 1843 war ein geplantes Volksfest zur 700 jahrigen Wiederkehr der Stadtgrundung durch den Senat der Hansestadt aus Grunden der Verfassungsdiskussion mittels Senatsdekret unterbunden worden 1 Das Allgemeine Scheibenschiessen fand statt wie geplant die Veranstaltung erhielt einen festlichen Rahmen durch einen feierlichen Zug der 1348 Teilnehmer vom Markt zum Schutzenhof am Eroffnungstag Auf dem Gelande des Burgerschutzenhofes waren zahlreiche Verkaufsbuden errichtet so dass die Veranstaltung den Charakter eines Volksfestes erhielt Die Verbindung zu den revolutionaren Geschehnissen wurde durch die Beflaggung der Stadt in Schwarz Rot Gold Hochrufe auf den Reichsverweser Johann von Osterreich und patriotische Lieder offen demonstriert Der finanzielle Erlos wurde fur den Bau eines Kanonenbootes der kunftigen Reichsflotte gespendet das allerdings nie fertiggestellt wurde Entwicklung im 19 Jahrhundert Bearbeiten nbsp Das Volksfest im Jahre 1854 nbsp Festhalle des Volksfestes 1895Das Allgemeine Scheibenschiessen war von den Veranstaltern als einmaliges Ereignis geplant worden eine Wiederholung war ursprunglich nicht vorgesehen gewesen Das Schutzenfest hatte jedoch grossen Anklang gefunden und die Angehorigen des Komitees erhielten zahlreiche Bitten nach einer Wiederholung im folgenden Jahr Trotz des Scheiterns der Revolution und der Bemuhungen um eine Einigung Deutschlands fand das Scheibenschiessen auch 1849 statt der ubergreifenden politischen Symbolik entkleidet aber weiterhin als demokratische Veranstaltung an der teilzunehmen jedem offenstand In den nachsten Jahren wurde das Allgemeine Scheibenschiessen zu einer festen jahrlichen Veranstaltung die sich immer mehr zum Volksfest wandelte und bei der die Schiesswettbewerbe zunehmend in den Hintergrund ruckten 1852 wurde das erheblich angewachsene Fest vom zu klein gewordenen Burgerschutzenhof auf das Burgfeld verlegt Ab 1853 verkehrten Sonderzuge da das Scheibenschiessen nach dem Eisenbahnanschluss Lubecks zunehmend auswartige Besucher anzog Das Fest verlor seinen politischen Charakter bald wurde dafur aber zu einem popularen jahrlichen Ereignis fur Lubeck und die weitere Umgebung wenn es auch bis weit in die 1860er Jahre der Kritik der lutherischen Staatskirche ausgesetzt war die es fur eine Brutstatte von moralischer Verwahrlosung und Ausschweifungen hielt 1866 fiel das Scheibenschiessen aufgrund des Deutschen Krieges erstmals aus 1870 hingegen fand das Fest trotz der zwei Tage zuvor erfolgten Kriegserklarung durch Frankreich dennoch statt und erhielt durch die offentliche Stimmung zum ersten Mal seit 1848 wieder einen als patriotisch empfundenen Charakter Die Einnahmen wurden der Versorgung Verwundeter im bevorstehenden Krieg gestiftet 1871 erhielt die Veranstaltung den heutigen Namen Volks und Erinnerungsfest vorerst noch als erganzender Untertitel zum Allgemeinen Scheibenschiessen Betont wurde fortan dass das Fest seinen Ursprung im Wunsch nach nationaler Einigung hatte die nunmehr erfolgt sei Zugleich versuchte das Festkomitee das Fest zu einer wurdevollen Feierlichkeit umzugestalten bei der die volksfesttypischen Belustigungen als unpassend empfunden und untersagt wurden Da hierdurch allerdings die Attraktivitat litt wurden sie bereits zur 25 Jahr Feier 1873 wieder zugelassen Die nationalen Aspekte des Volksfestes beschrankten sich hinfort auf die Eroffnungsfeier Motive des Festzuges und die Dekorationen des Festplatzes Gegen Ende des 19 Jahrhunderts war das zweitagige Lubecker Volks und Erinnerungsfest zu einem der grossten Volksfeste Norddeutschlands geworden das 300 Schausteller Verkaufs und Bewirtungsgeschafte versammelte Entwicklung bis zum Ersten Weltkrieg Bearbeiten nbsp Schaustellergeschafte auf dem Volks und Erinnerungsfest des Jahres 1909 nbsp Der Lowenmensch Attraktion des indischen Pavillons aus dem Jahre 1909In den ersten Jahren des 20 Jahrhunderts wuchs das Volksfest weiter an 1912 wurde festgestellt dass die Flache des Burgfelds nicht mehr ausreichte und ein anderer Veranstaltungsort gefunden werden musste Der Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 der zur Einstellung des Festes fuhrte machte diese Uberlegungen vorerst gegenstandslos Die zunehmend aggressiv nationalistisch gepragten und burgerlich obrigkeitstreu ausgerichteten Festzuge und Eroffnungsfeiern machten das Volksfest zur Zielscheibe besonders von Sozialdemokraten und Gewerkschaften welche auch die mangelnde Reprasentierung der Arbeiterschaft im Programm hart kritisierten Bis zum Beginn des Krieges anderte sich dennoch nichts am Wesen des Festes Im Sommer 1914 fand das Volksfest letztmals statt Wahrend der Kriegsjahre stand die Abhaltung eines grossen Vergnugungsfestes vollig ausser Frage und auch 1919 gab es noch keinerlei Initiativen das Fest wieder aufleben zu lassen Zudem war ein grosser Teil des Burgfeldes noch mit Lazarettbaracken bebaut die wahrend des Krieges errichtet worden waren so dass das traditionelle Veranstaltungsgelande nicht zur Verfugung stand Ein 1920 von einigen Schaustellern organisiertes Volksfest in kleinem Massstab auf einem unbebauten Teil des Burgfelds fand wenig Beachtung Entwicklung bis zum Zweiten Weltkrieg Bearbeiten1921 konstituierte sich ein Festausschuss von Schaustellern die an einer Wiederbelebung des fur sie lukrativen Lubecker Volksfestes interessiert waren Nachdem das Burgfeld von den Baracken befreit worden war fand im Juli 1921 das von ihnen organisierte Volksfest in altem Umfang statt nunmehr ausgedehnt auf acht Tage Der Publikumsandrang war gross von den Angehorigen des immer noch existierenden alten Festkomitees und der konservativen Presse allerdings wurde es herabsetzend als Ersatzvolksfest bezeichnet das ein reiner kommerzieller Jahrmarkt inhaltsleer und ohne jeden historischen oder vaterlandischen Hintergrund sei Das neue Volks und Erinnerungsfest erfreute sich trotz dieser Kritik grossen Zuspruchs geriet aber ab 1924 in Gefahr Ein Teil des Burgfeldes sollte einer neuen Nutzung als offentliche Sportanlage zugefuhrt werden und die Stadt empfand es als unvertretbar das Gelande nur des gewinnorientierten Interesses der Schausteller wegen nicht dem Gemeinwohl widmen zu konnen Erst 1927 kamen Stadt und Schausteller zu einer Einigung Eine grosse Freiflache an der Travemunder Allee beim Lauerholz wurde zum neuen festen Ort des Volksfestes Der Volksfestplatz erfullte diese Funktion bis 2014 Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 erfuhr das Volksfest das als Heimatfest und sogenanntes volkisches Brauchtum von den neuen Machthabern grundsatzlich mit Wohlwollen betrachtet wurde verschiedene Anderungen Wahrend die verlangerte Dauer von acht Tagen beibehalten wurde kehrte man bei ausserem Rahmen und Programmgestaltung zu den Formen der Vorkriegszeit angepasst an die neuen politischen Verhaltnisse zuruck Organisiert von offiziellen Stellen fanden wieder ein Festzug und eine aufwendige Eroffnungsfeier sowie weitere Begleitveranstaltungen statt die zunehmend im Zeichen nationalsozialistischen Gedankenguts standen Das Komitee der Schausteller war nur noch fur die Errichtung der Budenstadt auf dem Volksfestplatz zustandig 1940 fiel das Volksfest kriegsbedingt aus 1941 und 1942 hingegen fand es wenn auch in reduziertem Umfang wieder statt um dann endgultig eingestellt zu werden Entwicklung in der Nachkriegszeit BearbeitenIm unmittelbar auf das Kriegsende folgenden Sommer 1945 fand kein Volksfest statt doch schon 1946 wurde es in bescheidenem Rahmen und unter dem Namen Vergnugungsmarkt mit Genehmigung der britischen Besatzungsbehorden wieder abgehalten Weil der Volksfestplatz zur Lagerung von Trummerschutt diente fand das Fest an der Obertrave am Rande der Lubecker Altstadt statt wo auch die Oster und Weihnachtsmarkte beheimatet waren Damit sich die Anreise fur die Schausteller lohnte wurde die Dauer auf zwei Wochen verlangert Im folgenden Jahr kehrte man zur Bezeichnung Volks und Erinnerungsfest zuruck und hob die demokratischen Ursprunge des Festes ausdrucklich hervor 1949 zog das Fest auf einen neu angelegten innenstadtnahen Veranstaltungsplatz an der Possehlstrasse um der deutlich mehr Platz bot als der Strassenzug An der Obertrave Im Verlauf der 1950er Jahre wuchs das Fest und stiegen die Besucherzahlen das in den fruhen Nachkriegsjahren noch bescheidene Rahmenprogramm wurde wieder umfangreicher 1956 beschloss die Stadt den Ausbau der Possehlstrasse bei dem das Veranstaltungsgelande erheblich verkleinert werden musste und legte dem Festausschuss der Schausteller der das Volksfest organisierte den Umzug auf den mittlerweile wieder zur Verfugung stehenden Volksfestplatz nahe Die Betroffenen reagierten zunachst mit Ablehnung da ihnen der Platz unter anderem als zu abgelegen erschien Da allerdings keine Alternative bestand wurde das Volksfest abermals verlegt und fand von 1957 bis 2014 auf dem Volksfestplatz statt Im April 1957 bildete sich ein unabhangiges neues Lubecker Volksfestkomitee e V das seitdem anstelle der Schausteller Organisation und Gestaltung des Festes wahrnimmt und das sich auch der Traditionspflege verpflichtet sieht Die Bemuhungen fanden ihren Ausdruck bereits beim Volksfest des Jahres 1957 das wieder mit Festzug und Rahmenfeierlichkeiten in zeitgemassem Stil abgehalten wurde und das erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder unter seinem vollen Namen Lubecker Volks und Erinnerungsfest Allgemeines Scheibenschiessen stattfand Das Volksfest heute BearbeitenSeit den 1990er Jahren hat das Lubecker Volksfest einen Ruckgang der Besucherzahlen zu verzeichnen Die Grunde sind vielfaltig und werden nicht einheitlich bewertet Neben der Konkurrenz durch andere Freizeitangebote existieren weitere Probleme darunter die nach Ansicht der Veranstalter mangelnde Unterstutzung durch die Hansestadt Lubeck die das Volksfest nicht in den offiziellen Veranstaltungskalendern und auf der Tourismus Webseite erwahnt den uber Jahre angebotenen Buszubringer zum Volksfestplatz eingestellt hat und die Busse des Stadtverkehrs wahrend der zwei Festwochen nicht mehr wie fruher ublich beflaggen lasst und so das Volksfest aus der Wahrnehmung verdrangt Daneben bestehen Schwierigkeiten mit dem Mangel an Parkplatzen in der Umgebung des Volksfestplatzes und nach Auffassung von Schaustellern eine mangelnde Identifikation der Lubecker mit ihrem Volksfest die sich so auffallend nirgendwo sonst in Deutschland feststellen lasse 2015 wurde das Volks und Erinnerungsfest vom Volksfestplatz verlegt und fand zum ersten Mal an der Musik und Kongresshalle statt 2 Weblinks BearbeitenWebseite des Lubecker Volksfestkomitees Webseite des Lubecker Volks und ErinnerungsfestesLiteratur BearbeitenGisela Jaacks Das Lubecker Volks und Erinnerungsfest Museum fur Hamburgische Geschichte 1971Einzelnachweise Bearbeiten Berichterstattung in der Munchener Allgemeinen Zeitung Nr 133 vom 13 Mai 1843 Digitalisat gleichlautend in mehreren deutschen Zeitungen Premiere fur das Volksfest an der MuK Lubecker Nachrichten online 6 Juni 2015 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lubecker Volks und Erinnerungsfest amp oldid 220194004