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Kurt Neuwald geb 23 November 1906 in Gelsenkirchen gest 6 Februar 2001 ebenda war ein Gelsenkirchener Unternehmer sowie Mitbegrunder und Vorsitzender des Landesverbandes der Judischen Gemeinden von Westfalen Lippe Grundungsmitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland und langjahriger Vorsitzender der nach dem Holocaust unter seiner Mitwirkung aufgebauten Judischen Kultusgemeinde in Gelsenkirchen Gedenktafel fur Kurt Neuwald auf dem nach ihm benannten Platz in Gelsenkirchen Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft 1 2 Verfolgungszeit 1 3 Wiederaufbau Funktionen und Engagement 1 4 Personlichkeit 1 5 Ehrungen 2 Gedenken Nachlass Sonstiges 2 1 Posthume Ehrungen 2 2 Nachlass und Familie 3 Weblinks 4 Literatur und Quellen 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHerkunft Bearbeiten Kurt Neuwald stammte aus einer in Gelsenkirchen eingesessenen judischen Familie Sein Grossvater Isaak Neuwald fuhrte ein Pfandleihgeschaft in der Stadt und grundete im Jahr 1880 das kunftige Familienunternehmen ein Spezialgeschaft fur Bettware in der Arminstrasse 15 in der Gelsenkirchener Altstadt Leopold Neuwald Kurts Vater war 1877 geboren Er diente als Landsturmsoldat im Ersten Weltkrieg und ubernahm das Textilgeschaft nach dem Tode des Grossvaters im Februar 1923 als Alleininhaber Die Familie der Mutter Martha Heimann kam aus Hamm in Westfalen Kurt der zwei altere Geschwister und einen jungeren Bruder hatte machte nach dem Besuch der Stadtischen Oberrealschule in Bulmke eine kaufmannische Lehre und trat anschliessend als Geschaftsfuhrer in die elterliche Firma ein deren Mitinhaber er spater wurde Der Betrieb war vor 1933 das einzige Bettengeschaft in Gelsenkirchen und hatte rund 30 Angestellte sowie Filialen in Essen und Wattenscheid Verfolgungszeit Bearbeiten Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde die wirtschaftliche Existenz der Familie sukzessive zerstort indem man zum Boykott des Geschafts aufrief und die Angestellten bedrangte nicht mehr fur die judische Firma zu arbeiten Kurts Eltern wollten nicht auswandern und die Familie die keine Verwandten im Ausland besass hoffte vergeblich auf eine Besserung der Verhaltnisse In der Pogromnacht im November 1938 wurde das Geschaft verwustet und musste anschliessend aufgegeben werden Die Familie musste ihr Haus und ihren sonstigen Besitz unter Wert verkaufen und das Haus wurde in ein so genanntes Judenhaus umgewandelt in das weitere judische Familien zwangsweise eingewiesen wurden Die Sohne leisteten in den darauf folgenden Jahren kaum bezahlte Zwangsarbeit im Ruhrbergbau und auf Tiefbaustellen Am 7 Marz 1939 heiratete Kurt Neuwald die aus Essen stammende Rosa Stern Neuwald wurde am 27 Januar 1942 zusammen mit seiner Familie mit dem ersten der drei grossen Abtransporte von Juden aus Gelsenkirchen in das Ghetto Riga deportiert Dort arbeitete er eine Zeitlang fur den Kraftwagenpark des Heeres und begegnete nach eigenen Berichten unter anderem einem fruheren Angestellten aus dem Geschaft seines Vaters der inzwischen SS Mann geworden war und ihm bei einer Gelegenheit Kartoffeln ins Lager brachte Nach Auflosung des Ghettos kam er in verschiedene Konzentrationslager und wurde 1945 aus einem Aussenlager des KZ Buchenwald bei einer Munitionsfabrik in Magdeburg befreit Zusammen mit seinem Bruder Ernst gelang es ihm sich in den letzten drei Tagen vor Ankunft der Amerikaner zu verstecken womit sich beide dem Todesmarsch entzogen dem viele Mithaftlinge zum Opfer fielen Von den 26 verschleppten Familienangehorigen wurden 24 ermordet darunter auch seine Ehefrau Den Holocaust uberlebte ausser Kurt Neuwald nur der jungste Bruder Ernst Wiederaufbau Funktionen und Engagement Bearbeiten nbsp Neubau aus den 1960er Jahren in dem sich das Hauptgeschaft der Firma Neuwald befand Im April 1945 kehrte Kurt Neuwald in seine Heimatstadt zuruck und gehorte zu den ca 60 uberlebenden Ruckkehrern von ehemals uber 1600 Gelsenkirchener Juden 1 Eine Gruppe aus diesem Kreis darunter sein Bruder Ernst grundete 1945 ein judisches Hilfskomitee das sich erfolgreich um Unterstutzung durch emigrierte Gelsenkirchener Juden aus den USA bemuhte 2 Kurt Neuwald gehorte am 27 Januar 1946 zu den drei Grundern des Landesverbands der Judischen Gemeinden von Westfalen Lippe dessen Vorstand er seitdem angehorte Als Mitbegrunder des Zentralrats der Juden in Deutschland wurde er 1951 bei der Verlegung des Sitzes der Institution nach Dusseldorf in dessen Direktorium gewahlt dem er bis 1994 angehorte Aus dem Gelsenkirchener Hilfskomitee ging binnen weniger Jahre die judische Kultusgemeinde Gelsenkirchen hervor die 1953 die Anerkennung als Korperschaft des offentlichen Rechts erhielt und deren Leitung Kurt Neuwald ab 1956 als Nachfolger des Grundungsvorsitzenden Robert Jessel fur fast vier Jahrzehnte ubernahm 1958 wurde das erste Bethaus der Gemeinde im Parterre eines Privathauses in der Von der Recke Strasse eingeweiht 3 Von 1963 bis 1994 war Neuwald Vorsitzender des Landesgemeindeverbands Westfalen Lippe und wurde anschliessend dessen Ehrenvorsitzender Am 31 August 1947 heiratete er Cornelia Basch 1921 1969 eine rumanisch ungarische Judin die als Zwangsarbeiterin im Gelsenberg Lager beim Hydrierwerk in Gelsenkirchen Horst inhaftiert gewesen war und baute mit ihr zusammen das fruhere Bettenfachgeschaft seiner Familie am angestammten Geschaftssitz in der Arminstrasse wieder auf 1948 und 1959 wurden dem Paar zwei Tochter geboren 1962 erfolgte der Umzug des Geschafts in einen grosseren Neubau zwei Hauser weiter in der Arminstrasse 11 Nach dem Tod seiner zweiten Ehefrau am 5 Januar 1969 zog sich Kurt Neuwald aus der Firma Betten Neuwald zuruck und verpachtete das Geschaft Seit dieser Zeit engagierte er sich in der Unterstutzung der Kinderkrebshilfe in Israel Im Zentralrat der Juden in Deutschland war er von 1969 bis 1982 Finanzdezernent und von 1973 bis 1976 Mitherausgeber der Allgemeinen Judischen Wochenzeitung Neuwald galt als Finanzexperte und akkurater Verwalter Bis 1989 fungierte er als Leiter des Judischen Gemeindefonds Nordwestdeutschlands In allen seinen Funktionen setzte sich Kurt Neuwald fur eine Versohnung zwischen judischer und nichtjudischer Bevolkerung ein In Gelsenkirchen bemuhte er sich in den letzten Jahren seiner Gemeindeleitung besonders um die Eingliederung der zahlreichen judischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion die verstarkt seit 1990 in der Stadt ansassig wurden und die judische Gemeinde heute stark mitpragen 1 4 Personlichkeit Bearbeiten Ein Jahr vor seinem Tod feierte er die Bat Mitzwa seiner Enkelin Es war sein Herzenswunsch gewesen sie noch zu erleben Anders als viele judische Ruckkehrer hatte Kurt Neuwald den Zeugnissen seiner Umgebung zufolge nie auf gepackten Koffern gesessen Er war von Anfang an entschlossen in seiner Heimat zu bleiben und hat immer den Standpunkt vertreten Hitler soll nicht im nachhinein noch Recht bekommen indem Deutschland judenfrei wird Wie kaum ein anderer Gemeindefunktionar gab der hagere zierliche Mann aus dem Ruhrgebiet der Nachkriegsgemeinde Gelsenkirchen und der judischen Nachkriegsgemeinschaft ein Gesicht Judische Allgemeine 5 Ehrungen Bearbeiten Kurt Neuwald wurde 1994 an seinem 88 Geburtstag in Anwesenheit des lange mit ihm befreundeten 6 damaligen nordrheinwestfalischen Ministerprasidenten Johannes Rau zum Ehrenburger der Stadt Gelsenkirchen ernannt Am 17 Marz 1999 erhielt er das Grosse Bundesverdienstkreuz mit Stern Bereits 1958 war Neuwald mit dem Bundesverdienstkreuz erster Klasse ausgezeichnet worden hatte 1978 das Grosse Verdienstkreuz der Auszeichnung und 1986 den Verdienstorden des Landes Nordrhein Westfalen erhalten Gedenken Nachlass Sonstiges BearbeitenPosthume Ehrungen Bearbeiten Am 7 Juli 2005 weihte Oberburgermeister Frank Baranowski eine Gedenktafel fur Kurt Neuwald auf dem gleichzeitig nach ihm benannten Kurt Neuwald Platz in Gelsenkirchen ein der sich in Sichtweite des vormaligen Geschafts der Familie auf der Arminstrasse befindet 7 Im Herbst 2011 wurde der Gemeindesaal der 2007 eingeweihten neuen Gelsenkirchener Synagoge nach Kurt Neuwald benannt Nachlass und Familie Bearbeiten Nach seinem 1944 ermordeten Vater Leopold Neuwald wurde anlasslich des 50 Jahrestags der Pogromnacht am 9 November 1988 ein Platz in der Innenstadt Gelsenkirchens in der Umgebung des Musiktheaters benannt 8 Am 100 Geburtstag Kurt Neuwalds 2006 wurde sein Nachlass von seinen Tochtern dem Gelsenkirchener Institut fur Stadtgeschichte Stadtarchiv zur Verwahrung und wissenschaftlichen Auswertung ubergeben Seine Tochter Judith Neuwald Tasbach wurde im Mai 2007 zur Vorsitzenden der Judischen Gemeinde Gelsenkirchen gewahlt 9 Weblinks BearbeitenKurt Neuwald Kurzportrat auf der Internetseite der Stadt Gelsenkirchen abgerufen am 27 August 2016 Friedhelm Pothoff Eine Ehrung fur Kurt Neuwald Bericht in der WAZ vom 8 Oktober 2011 mit biografischen Einzelheiten abgerufen am 27 August 2016 Sibylle Raudies Fast jeder Gelsenkirchener ruhte einst auf Kissen von Neuwald Artikel in der WAZ vom 27 Dezember 2014 mit Einzelheiten und Bildern zur Lebens und Unternehmensgeschichte abgerufen am 29 August 2016 Literatur und Quellen BearbeitenBestandsverzeichnis des Nachlasses von Kurt Neuwald beim Institut fur Stadtgeschichte Stadtarchiv Gelsenkirchen Nachlass Kurt Neuwald Bestand Na 56 Memento vom 11 Marz 2014 im Internet Archive PDF 260 kB bearbeitet von Annett Fercho mit Kurzbiografie in der Einleitung Gelsenkirchen 2007 Stefan Goch Judisches Leben Verfolgung Mord Uberleben Ehemalige judische Burgerinnen und Burger Gelsenkirchens erinnern sich Schriftenreihe Materialien des Instituts fur Stadtgeschichte Band 8 Klartext Verlag Essen 2004 S 98 101 enthalt eine Kurzbiografie sowie personliche Erinnerungen von Kurt Neuwald Einzelnachweise Bearbeiten a b Informationstafel der Stadt Gelsenkirchen an der Neuen Synagoge 2007 Andreas Jordan Unvergessen Leo Gompertz judischer Aktivist 1887 1968 Onlinepublikation Gelsenkirchen April 2010 Anke Klapsing Reich Judische Gemeinden in Westfalen PDF 783 kB Schriftenreihe des Judischen Museums Westfalen Heft 3 Dorsten 2007 S 16 18 Susanne Abeck Vielfalt pragt Ohne Zuwanderung kein Ruhrgebiet In Metropole Ruhr RVR Heft 2 2006 Memento vom 3 August 2016 im Internet Archive PDF 5 4 MB S 6 10 hier S 9 Heide Sobotka Kurt Neuwald Auf immer Vorbild Erinnerungen zum hundertsten Geburtstag von Kurt Neuwald Wurdigung in der Judischen Allgemeinen vom 23 November 2006 abgerufen am 2 September 2016 Johannes Rau Laudatio auf Paul Spiegel bei der Verleihung des Heinrich Albertz Friedenspreises Rede des Bundesprasidenten gehalten in Berlin am 13 Juni 2001 abgerufen auf der Internetseite des Bundesprasidialamtes am 27 August 2016 Einweihung der Gedenktafel fur Kurt Neuwald Memento vom 28 August 2016 imInternet Archive Meldung auf der Internetseite der Stadt Gelsenkirchen vom 7 Juli 2005 mit dem Text der am gleichen Tag gehaltenen Rede von Oberburgermeister Frank Baranowski abgerufen am 27 August 2016 Ludger Breitbach Institut fur Stadtgeschichte Stadtarchiv Gelsenkirchen Historische Spuren vor Ort Gelsenkirchen im Nationalsozialismus Klartext Verlag Essen 1998 S 60 Patricia Konig Stach Zuruck in die Herzen der Menschen Memento vom 11 September 2016 imInternet Archive Bericht in der WAZ vom 28 Januar 2008 Zlatan Alihodzic Judische Kultur leben Interview mit Judith Neuwald Tasbach uber die neue Synagoge in der Judischen Allgemeinen vom 15 Oktober 2009 beide abgerufen am 28 August 2016 Normdaten Person GND 1026397537 lobid OGND AKS VIAF 262769226 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Neuwald KurtKURZBESCHREIBUNG deutscher Vorsitzender des Landesverbandes der Judischen Gemeinden in Westfalen LippeGEBURTSDATUM 23 November 1906GEBURTSORT GelsenkirchenSTERBEDATUM 6 Februar 2001STERBEORT Gelsenkirchen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kurt Neuwald amp oldid 221316604