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Kulubnarti ist eine Insel im Nil im Norden des Sudan die seit der Zeit des christlichen Reiches von Makuria von etwa 1100 n Chr bis heute bewohnt ist Bis ins 15 Jahrhundert war das abgelegene Gebiet wahrend sich der Islam nach Suden ausbreitete der letzte bekannte Ruckzugsort fur Christen in Nubien Es ist der einzige nubische Ort mit einer vom Mittelalter bis heute ununterbrochenen und archaologisch untersuchten Besiedlungsgeschichte KulubnartiGewasser NilGeographische Lage 21 3 N 30 39 O 21 055386111111 30 653208333333 Koordinaten 21 3 N 30 39 OKulubnarti Sudan Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Forschungsgeschichte 3 Siedlungsbild 3 1 Kirche 3 2 Festung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLage BearbeitenKulubnarti Insel von Kulb liegt etwa 120 Kilometer Luftlinie sudwestlich von Wadi Halfa und etwas nordlich des Dal Katarakts der sich zwischen dem 2 und 3 Katarakt befindet Das Batn al Hadschar Bauch der Steine genannte schroffe und unwirtliche Felsgebiet an dessen Sudende Kulubnarti liegt trennte als naturliche Barriere das ab der romischen Zeit kulturell starker unter agyptischen Einfluss gekommene Unternubien vom sudlichen Obernubien Batn al Hadschar besteht aus nackten Granitbergketten mit tief eingeschnittenen Rinnen dazwischen die sich uber einem Grundgebirge aus prakambrischem Sedimentgestein erheben Der Wind hat Felsmulden mit Sand aufgefullt Landwirtschaft ist nur an kleinen begunstigten Ecken und auf der etwa ein Kilometer langen Insel moglich da die Felsen nah am Fluss stehen und die ubliche breite Zone von alluvialem fruchtbaren Ackerland am Nilufer fehlt Die heutige Bevolkerung lebt uberwiegend im modernen Dorf Kulb am westlichen Kulb West und ostlichen Kulb East Nilufer Die Meereshohe betragt etwa 200 Meter Wegen der bis in uber 600 Meter Hohe aufragenden Felsberge verlauft die Asphaltstrasse zwischen Abri und Wadi Halfa nordlich von Kulb East in einem grosseren Abstand im Osten des Flusses Forschungsgeschichte BearbeitenDer Reisende Johann Ludwig Burckhardt kam auf seiner ersten Expedition sudlich von Assuan 1813 den Nil aufwarts bis zum 3 Katarakt Er erwahnt in seiner 1819 erschienenen Reisebeschreibung Travels in Nubia die Insel und die kleine Kirche Die ersten archaologischen Untersuchungen unternahm Somers Clarke auf Reisen Anfang des 20 Jahrhunderts bei denen er christliche Baureste entlang des Nil zwischen Kairo und Soba erforschte Die Ergebnisse veroffentlichte er 1912 unter dem Titel Christian Antiquities in the Nile Valley 1969 und 1979 fuhrte William Yewdale Adams im Auftrag der University of Kentucky umfangreiche Ausgrabungen auf der Insel und dem benachbarten Festland durch Dabei wurden rund 1300 Kleinfunde gesammelt und archiviert Die Ergebnisse erbrachten eine kontinuierliche Besiedlungsgeschichte und beispielhaft ein Verstandnis fur die Veranderungen der Sozialstrukturen beim allmahlichen Ubergang vom nubisch christlichen Reich bis zur turkischen Herrschaft Weitere Forschergruppen untersuchten die in den beiden Friedhofen vorhandenen menschlichen Knochenfunde Die bei Schadelvermessungen erkannten Unregelmassigkeiten wurden in Beziehung gesetzt zu den mutmasslichen Ernahrungsgewohnheiten 30 Erwachsenenschadel aus einer fruhchristlichen Grabstatte auf der Insel die aus der Zeit zwischen 550 und 850 stammten zeigten dass die Bevolkerung dieser Zeit schlechtere Lebensbedingungen hatte als im Mittelalter Die Funde wurden mit 30 weiteren Schadeln verglichen die im spateren 550 bis 1500 benutzten Friedhof auf dem westlichen Festland nahe dem Dorf Kulb ausgegraben wurden 1 Siedlungsbild BearbeitenEs wurden drei spatmittelalterliche Siedlungsplatze und einige kleinere Fundstellen auf der Insel untersucht ausserdem die beiden genannten Friedhofe und eine Kirche in Kulb mit der einzigen den gesamten Kirchenraum uberspannenden Kuppel fruhestens 12 Jahrhundert Kirche Bearbeiten Somers Clarke veroffentlichte 1912 eine Skizze der aus Lehmziegeln gemauerten Inselkirche Peter Grossmann fand sie 1964 bis auf das fehlende Gewolbe vollstandig aufrecht stehend Das sehr kleine Gebaude war auf dem Grundplan etwas schrag und mit etwa 7 6 Meter fast quadratisch Die Raumaufteilung entsprach ungefahr den ublichen dorflichen Kirchen Nubiens war jedoch insgesamt vereinfacht An der Ostwand befand sich ein rechteckig abgeteilter mittlerer Altarraum mit seitlichen Nebenraumen die durch Eingange von den Seitenschiffen betreten wurden Die Ecken der Westwand waren ebenfalls durch Nebenraume abgeteilt im sudlichen Raum fuhrte eine zweilaufige Treppe auf das Dach Die Eingange lagen sich wie ublich im westlichen Bereich der beiden Langswande gegenuber Ihre Rundbogen waren am Scheitel knapp ubermannshoch Anstelle von vier gab es nur zwei Mittelpfeiler in der Flucht der mittleren Apsis Das Kirchenschiff war nach Abzug der Nebenraume zu beiden Seiten beinahe doppelt so breit wie lang und offensichtlich fensterlos In der Westwand gab es drei Schlitzfensterpaare ebensolche waren in der Ostwand der beiden Altarnebenraume erhalten An der Innenseite der Sudwand waren noch Reste von Bemalung erkennbar an anderen Stellen bruchstuckhaft Inschriften Die fehlenden Dachformen konnen aus den Gewolbeansatzen rekonstruiert werden die an fast allen Wanden erhalten waren Die beiden rechteckigen aus Ziegeln gemauerten Pfeiler und die Wandecken der westlichen Nebenraume verbanden Rundbogen Uber diesen war ein vermutlich mit Fensteroffnungen versehenes quadratisches Mauersegment und darauf eine zentrale Rundkuppel siehe Nubisches Gewolbe konstruiert Der Ubergang zum Kuppelrund erfolgte bei derartigen Aufsatzen in Nubien erst unmittelbar am Kuppelansatz und nicht wie in der europaischen und orientalischen Baukunst durch einen Tambour Die einzige durch einen Tambour erhohte Zentralkuppel in Nubien durfte neben der Kuppelkirche von Kulb die Flusskirche in Kaw besessen haben 2 Die Kuppel ragte weit uber die langsgerichteten dreifach nebeneinanderliegenden Tonnengewolbe der ubrigen Raume hinaus William Yewdale Adams und Peter Grossmann datieren die Kirche in das 13 oder 14 Jahrhundert Es handelt sich damit moglicherweise um den letzten in Nubien fertiggestellten Kirchenbau 3 Festung Bearbeiten Das markanteste Bauwerk aus mittelalterlicher Zeit ist eine Festung Kurfa auf dem Gerollfeld am Sudende der Insel Es besteht aus einem machtigen sich nach oben verjungenden und mit Lehm verputzten Bruchsteinmauerwerk Mehrfache Militarexpeditionen der agyptischen Mamluken Ende des 13 und im 14 Jahrhundert beendeten die Macht des christlichen Makuria Reiches Direkt nach Kulubnarti scheinen die Mamluken auch beim letzten Einfall 1365 nicht vorgedrungen zu sein In der Folge fuhrte Machtvakuum zu anarchischen Zustanden in der Region Wahrend der Osmanenherrschaft in Agypten sicherten seit Mitte des 16 Jahrhunderts kleinere Garnisonen die in Festungen stationiert waren die Sudgrenze des Osmanischen Reiches die im Sudan am 3 Katarakt lag Qasr Ibrim gehorte wie die ebenfalls seit fruhchristlicher Zeit befestigten Stadte Faras und Gebel Adda um 1600 zu einem Verwaltungsbezirk Sandschak In der Festung von Kulubnarti residierte spatestens seit dem 19 Jahrhundert ein offizieller Steuereintreiber Kaschef 4 Ahnliche Festungen gab es in Tarmuki Kasanarti und Meinarti alle nordlich des 2 Katarakts und heute vom Nassersee uberflutet Um die Kirche waren keine Siedlungsspuren erhalten Ostlich der Festung befanden sich vier Wohngebaude aus Lehmziegeln mit Bruchsteinsockel aus christlicher Zeit Im westlichen Haus blieben christliche Graffiti erhalten Zwei dieser Hauser besassen ein Obergeschoss die Erdgeschosswande waren sorgfaltig mit Bruchsteinen gemauert Die Decke uber den Erdgeschossraumen bestand aus drei langen nebeneinander liegenden Tonnengewolben 5 Wann die letzten Christen ihre Religion aufgegeben hatten und wann die Bevolkerung zum Islam ubertrat liess sich durch die bisherigen Ausgrabungen nicht mit Bestimmtheit klaren Aus osmanischer Zeit wurden keine Reste einer Moschee gefunden Die einzigen Hinweise den Islam betreffend waren drei Topfscherben mit Koranversen 6 Literatur BearbeitenWilliam Y Adams Kulubnarti Band 1 The Architectural Remains University of Kentucky Program for Cultural Resource Assessment Lexington KY 1994 William Y Adams Nettie K Adams Kulubnarti Band 2 The Artifactual Remains Sudan Archaeological Research Society Band 2 Sudan Archaeological Research Society London 1999 ISBN 1 901169 01 4 William Yewdale Adams Kulubnarti Band 3 The Cemeteries Sudan Archaeological Research Society Band 4 Archaeopress Oxford 1999 ISBN 1 84171 027 X Friedrich Wilhelm Deichmann Peter Grossmann Nubische Forschungen Archaologische Forschungen Band 17 Deutsches Archaologisches Institut Mann Berlin 1988 ISBN 3 7861 1512 5 Weblinks BearbeitenJulie R Anderson A Mamluk Coin from Kulubnarti British Museum PDF Datei 1 65 MB Kulubnarti Memento vom 4 Juni 2010 im Internet Archive National Cooperation for Antiquities and Museums of Sudan NCAM bei Internet Archive Einzelnachweise Bearbeiten Valerie Burke DeLeon Fluctuating asymmetry and stress in a medieval Nubian population In American Journal of Physical Anthropology Band 132 2007 S 520 534 ISSN 0002 9483 F W Deichmann P Grossmann Nubische Forschungen Berlin 1988 S 50 156 F W Deichmann P Grossmann Nubische Forschungen Berlin 1988 S 45 47 Tafeln 73 76 Anonym The Ottoman Turkiyya in the Sudan AH 930 1553 AD 1200 1823 Memento vom 3 Mai 2006 im Internet Archive Durham University bei Internet Archive F W Deichmann P Grossmann Nubische Forschungen Berlin 1988 S 7 Timothy Insoll The Archaeology of Islam in Sub Saharan Africa Cambridge University Press Cambridge u a 2003 ISBN 0 521 65171 9 S 113 Normdaten Geografikum GND 4616519 8 lobid OGND AKS VIAF 239201347 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kulubnarti amp oldid 219400959