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Wenn Lebewesen die gleiche begrenzte Ressource nutzen und sich dadurch wechselseitig beeintrachtigen stehen sie zueinander in Konkurrenz 1 2 Auf uberindividueller Ebene konkurrieren Populationen bzw Arten nach Ansicht einiger weniger Autoren auch Biozonosen bzw Okosysteme als Ganze Bezogen auf Arten Spezies unterscheidet man zwischen intraspezifischer Konkurrenz wird auch als innerartliche Konkurrenz bezeichnet das ist Konkurrenz innerhalb einer Art oder Population und interspezifischer Konkurrenz wird auch als zwischenartliche Konkurrenz bezeichnet das ist Konkurrenz zwischen Lebewesen verschiedener Arten Konkurrenz gilt in der Populationsbiologie weithin als wichtiger Faktor dichteabhangiger Regulation von Populationsdichten in der Evolutionsbiologie und Theorie okologischer Gesellschaften als Selektionsfaktor Das okologische Konkurrenzausschlussprinzip postuliert dass Arten mit identischer oder sehr ahnlicher okologischer Nische nicht dauerhaft koexistieren konnen Inhaltsverzeichnis 1 Mathematische Modellierung der Konkurrenz 2 Konkurrenzausschluss und Koexistenz von Arten 2 1 Beispiel fur Koexistenz 3 Koexistenz unterschiedlich konkurrenzstarker Individuen innerhalb einer Art 4 Konkurrenzsituationen 5 Literatur 6 EinzelnachweiseMathematische Modellierung der Konkurrenz BearbeitenDas am weitesten verbreitete mathematische Modell der Konkurrenz ist das Lotka Volterra Modell aufgestellt von Vito Volterra 1926 und Alfred J Lotka 1932 Es ist eine Weiterentwicklung der logistischen Funktion Das Modell berucksichtigt sowohl intra als auch interspezifische Konkurrenz Die Kombination beider Situationen wird mit Populationsdichte von Art 1 x und Populationsdichte von Art 2 y meist formuliert als d x d t a 1 x 1 x c y K 1 displaystyle frac mathrm d x mathrm d t a 1 x left 1 frac x cy K 1 right nbsp d y d t a 2 y 1 y d x K 2 displaystyle frac mathrm d y mathrm d t a 2 y left 1 frac y dx K 2 right nbsp Die Konstanten a i c d K i displaystyle a i c d K i nbsp geben in Reihenfolge an intrinsische Wachstumsraten Wechselwirkungskonstanten und Kapazitaten Zur Motivation und Interpretation des Gleichungssystems ist es hilfreich sich den Fall einer isolierten Population deren Wachstum gemass der logistischen Differentialgleichung ablauft ins Gedachtnis zu rufen Fur x 0 oder y 0 erhalt man im vorliegenden Modell wieder den bekannten Fall der intraspezifischen Konkurrenz wie er durch die logistische Gleichung beschrieben wird Der Fall zweier Spezies ergibt sich also durch direkte Verallgemeinerung des eindimensionalen Falls Mit dem Modell lasst sich wenig elegant rechnen Ubergang zu dimensionslosen Grossen fuhrt mit u 1 x K 1 u 2 y K 2 p 1 c K 2 K 1 p 2 d K 1 K 2 p 3 a 2 a 1 r a 1 t displaystyle u 1 frac x K 1 u 2 frac y K 2 p 1 c frac K 2 K 1 p 2 d frac K 1 K 2 p 3 frac a 2 a 1 r a 1 t nbsp auf d u 1 d r u 1 1 u 1 p 1 u 2 displaystyle frac mathrm d u 1 mathrm d r u 1 1 u 1 p 1 u 2 nbsp d u 2 d r p 3 u 2 1 p 2 u 1 u 2 displaystyle frac mathrm d u 2 mathrm d r p 3 u 2 1 p 2 u 1 u 2 nbsp In dieser Form treten die Eigenschaften des Modells klar sichtbar hervor Neben den drei trivialen Fixpunkten erhalt man einen Fixpunkt bei u 1 1 p 1 1 p 1 p 2 displaystyle u 1 frac 1 p 1 1 p 1 p 2 nbsp u 2 1 p 2 1 p 1 p 2 displaystyle u 2 frac 1 p 2 1 p 1 p 2 nbsp Dieser Fixpunkt bildet ein stabiles Gleichgewicht zwischen Art x und Art y ab In den anderen Fallen stirbt dem Modell nach entweder Art x oder Art y oder beide aus Anders als im eindimensionalen Fall ist der Fixpunkt des Systems nicht in allen Parameterbereichen asymptotisch stabil Es lassen sich Stabilitatsbedingungen beweisen die darauf hinauslaufen dass die innerartliche Konkurrenz starker als interspezifische Konkurrenz wirkt Nur in diesem Falle konnen also zwei Arten miteinander koexistieren die Gultigkeit des Modells vorausgesetzt Dies ist die abstrakte Grundlage des bekannten Konkurrenzausschlussprinzips Genaueres dazu findet sich im unten verlinkten einfuhrenden Text von John Maynard Smith Konkurrenzausschluss und Koexistenz von Arten BearbeitenDem Lotka Volterra Modell folgend konnen zwei Arten nur miteinander koexistieren wenn die Konkurrenzwirkung auf Individuen der eigenen Art intraspezifisch starker ist als diejenige auf Individuen einer anderen Art interspezifisch Ist die Konkurrenz asymmetrisch so dass Individuen der einen Art starker auf Individuen der anderen Art einwirken als auf Artgenossen wurde der schwachere Konkurrent unweigerlich verdrangt Beispielsweise kann eine Pflanzenart eine andere von einem Standort verdrangen weil sie hoher wachst und die andere ausschattet d h sie ist in der Konkurrenz um Licht konkurrenzuberlegen Ubersetzt in die Sprache der Nischentheorie Die fundamentale Nische der zweiten Art wird vollstandig von derjenigen der ersten Art uberlappt Der schwache Konkurrent die zweite Art hat in Gegenwart des starken Konkurrenten der ersten Art keine realisierte Nische mehr und stirbt daher aus Dies bedeutet Konkurrenzausschluss In der okologischen Feldforschung ist das Fehlen einer realisierten Nische und damit vollstandiger Konkurrenzausschluss letztlich niemals beweisbar Es kann immer sein dass bei Einbeziehung eines bisher vernachlassigten oder eines noch unbekannten Faktors entweder ein konkurrenzfreier Raum d h z B ein Standort der unterlegenen Pflanzenart den der uberlegene Konkurrent physiologisch bedingt nicht besiedeln kann besteht oder dass dann die schwachere Art ganz oder teilweise an Konkurrenzkraft gewinnt so dass die Annahmen des bestehenden Lotka Volterra Modells unter diesen Randbedingungen nicht mehr zutreffen Beispiel Die schwacher wuchsige Art kann bei Wasser oder Nahrstoffmangel besser wuchsig und damit hier konkurrenzuberlegen sein Generell scheint es in der Okologie sehr viele Falle zu geben in denen zwei Arten miteinander koexistieren obwohl eine von ihnen vermeintlich oder tatsachlich konkurrenzuberlegen ist Diese Falle sind fur die okologische Theorie jeweils eine Herausforderung weil ein erklarender Faktor gefunden werden muss Moglich sind beispielsweise folgende Faktoren Die beiden Arten stehen tatsachlich nicht oder nur kaum in Konkurrenz zueinander weil sie beide ihre Lebensraum Kapazitat K nicht ausschopfen konnen d h zu selten bleiben Die konkurrenzunterlegene Art ist schneller beim Besiedeln neuer frei werdender Lebensraume Strategie einer Pionierart Die Umweltbedingungen schwanken in einer Weise dass beide Arten abwechselnd konkurrenzuberlegen sind wobei dann die Zeit zum Konkurrenzausschluss nicht ausreichen darf Beide Arten gehen sich aus dem Weg Mathematisch bedeutet das Sie haben aggregierte oder geklumpte Verteilungsmuster uber unterschiedliche Mikrohabitate haufig engl als patches bezeichnet Damit wird die effektive Konkurrenzstarke entscheidend herabgesetzt Fast allen diesen Strategien und Fallen ist gemeinsam dass der Gleichgewichtsfall des Modells nicht erreicht wird Meist ist die Zeit die die konkurrenzuberlegene Art zum Verdrangen ihres Konkurrenten benotigen wurde nicht ausreichend Zusatzlich zu den oben geschilderten Fallen kann es allerdings vorkommen dass zwei Arten in Konkurrenz zueinander stehen obwohl sie keinerlei Kontakt haben und unter Umstanden vollig unterschiedliche Nischen besetzen Dies ist zum Beispiel der Fall wenn beide Arten von demselben Rauber gejagt werden Der Rauber hat im Prinzip freie Wahl zwischen seinen Beuteobjekten Moglicherweise bevorzugt er aber eine Art oder eine der Arten besitzt eine Strategie oder Anpassung um den Rauber zu vermeiden Bildlich gesprochen konkurrieren nun die Beutearten um feindfreien Raum Dieser Fall wird als apparente Konkurrenz bezeichnet Beispiel fur Koexistenz Bearbeiten In der Gezeitenzone von Felskusten kommen Tiere mit stark uberlappender Nische vor Miesmuscheln Mytilus californianus Kaferschnecken Napfschnecken Seepocken und Entenmuscheln Diese weidenden und filtrierenden Arten dienen dem Seestern Pisaster ochraceus als Nahrung Entfernt man im Experiment alle Exemplare des Seesterns in einem Areal reduziert sich die Zahl der ursprunglichen Arten auf eine bis zwei Die Erklarung dafur besteht darin dass ein Rauber die Dichte der uberlegenen Konkurrenten niedrig halt und dadurch die Konkurrenz fur die unterlegenen Arten mindert und dadurch deren Fortbestand sichert 3 Koexistenz unterschiedlich konkurrenzstarker Individuen innerhalb einer Art BearbeitenDie Individuen einer Art besitzen unterschiedliche Fitness bei der Konkurrenz mit Artgenossen Dies scheint zunachst im Rahmen der Evolutionstheorie erstaunlich da man erwarten konnte dass sich die konkurrenzstarksten durchsetzen mussten Erklart wird die hohe Variabilitat der Konkurrenzstarke durch inharente Nachteile Trade offs dieser Strategie Konkurrenzstarke Individuen investieren knappe Ressourcen in Strukturen und Organe fur den Konkurrenzkampf die sie auch anders nutzen konnten zum Beispiel um direkt die Zahl der Nachkommen zu erhohen Nach einem mathematischen Modell 4 kann es je nach Starke der Parameter zu einem stabilen Gleichgewicht von individuellen Genotypen mit unterschiedlicher Investition in ihre Konkurrenzstarke kommen In anderen Wertebereichen kame es zu zyklischen Schwankungen die denen die konkurrenzstarkeren abwechselnd haufiger und seltener werden diese konnen in unterschiedlichen Gebieten in unterschiedlicher Phase ablaufen Im Falle von Merkmalen zur Konkurrenzsteigerung bei sexueller Selektion kann eine bestimmte Kombination von Merkmalen etwa eine Praferenz von Weibchen fur konkurrenzstarke Mannchen in bestimmter Hohe dazu fuhren dass Vorteile aufgrund sexueller Selektion zu Nachteilen bei der allgemeinen naturlichen Selektion fuhren wodurch Arten unter Umstanden sogar aussterben konnten evolutionarer Selbstmord Konkurrenzsituationen BearbeitenNahrungskonkurrenz Konkurrenz uber der Erde um z B Licht unter der Erde um Wasser und Ionen Paarungspartner meistens konkurrieren die Mannchen um die Weibchen nur intraspezifisch Literatur BearbeitenM Begon M Mortimer D J Thompson Populationsokologie Spektrum Heidelberg 1997 ISBN 3 86025 258 5 J Murray Mathematical Biology 2 Auflage Springer Berlin 2002 ISBN 3 540 57204 X J Maynard Smith Models in Ecology Cambridge University Press Cambridge 1974 ISBN 0 521 20262 0 Einzelnachweise Bearbeiten Es existieren allerdings unterschiedliche Definitionen von Konkurrenz siehe z B E F Keller Competition current usages In E F Keller E A Lloyd Hrsg Keywords in evolutionary biology Harvard University Press Cambridge 1992 S 68 73 P A Keddy Competition Kluwer Dordrecht 2001 ISBN 0 7923 6064 8 Andrew Cockburn Evolutionsokologie Gustav Fischer Stuttgart Jena New York 1995 S 12 Sebastian A Baldauf Leif Engqvist Franz J Weissing Diversifying evolution of competitiveness In Nature Communications 5 Jahrgang 29 Oktober 2014 S 5233 doi 10 1038 ncomms6233 PMID 25351604 Normdaten Sachbegriff GND 4226984 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Konkurrenz Okologie amp oldid 230895443