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Knallgas im englischen Sprachraum auch Oxyhydrogen oder HHO genannt ist ein explosives Mischgas aus Wasserstoff H2 und Sauerstoff O2 Beim Kontakt mit offenem Feuer Glut oder Funken erfolgt die sogenannte Knallgasreaktion Ein fertiges Gemisch aus Wasserstoff und Sauerstoff im Stoffmengenverhaltnis 2 1 ist bereits in geringen Mengen explosiv Nutzt man hingegen nur Wasserstoff als Ausgangsprodukt und mischt es mit Luft unter atmospharischem Druck muss der Volumenanteil des Wasserstoffs zwischen 18 und 76 Vol liegen Werden diese Grenzwerte unter bzw uberschritten kommt es nicht mehr zu einer Explosion Detonation Gemische aus Luft und 4 bis max 18 Vol Wasserstoff sind ebenfalls brennbar aber nicht explosiv Durch kontrollierte Verbrennung an einer Mischduse kann eine kontinuierliche Knallgasflamme erzielt werden Das GHS Piktogramm zur Kennzeichnung explosionsgefahrlicher Stoffe Da die Spaltung von Wasser recht einfach als Heimversuch durchgefuhrt werden kann ist Vorsicht beim Entzunden geboten Die Entstehung von Knallgas beobachteten im 17 Jahrhundert Theodore Turquet de Mayerne um 1620 und auch Robert Boyle um 1670 durch Einwirkung von Sauren auf Metalle Es folgten in den 1770er und 1780er Jahren Henry Cavendish und Joseph Priestley Inhaltsverzeichnis 1 Herstellung 2 Knallgasreaktion 3 Knallgasprobe 4 Verwendung 5 Unfalle 6 Literatur 7 EinzelnachweiseHerstellung Bearbeiten nbsp Hofmannscher ElektrolyseapparatKnallgas lasst sich durch die Wasserelektrolyse also die elektrolytische Zersetzung von Wasser H2O oder durch die thermische Zersetzung von Wasser herstellen Die thermische Zersetzung von Wasser erfordert Temperaturen oberhalb von 2500 C 1 Bei der Wasserelektrolyse erfolgt die Aufspaltung mit Hilfe von elektrischem Strom Die Elektroden tauchen in Wasser ein die elektrische Leitfahigkeit lasst sich durch die Zugabe einer Saure oder Base enorm verbessern Um das Risiko einer unabsichtlichen Entzundung zu reduzieren werden die von den zwei Elektroden hochperlenden Gase getrennt also der Wasserstoff uber der Kathode Minuspol und der Sauerstoff uber der Anode Pluspol aufgefangen in einem sog Hofmannschen Wasserzersetzungsapparat Knallgasreaktion BearbeitenDie Knallgasreaktion ist eine exotherm und detonationsartig ablaufende Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff und verlauft mit einer Detonationsgeschwindigkeit von 2820 m s Sie ist eine Form der Verbrennung Oxidation und oft auch eine Explosion Die Reaktionsgleichung lautet 2 H 2 O 2 2 H 2 O displaystyle mathrm 2 H 2 O 2 longrightarrow 2 H 2 O nbsp Es handelt sich um eine stark verzweigte Kettenreaktion unter Beteiligung von Wasserstoff Sauerstoff und Hydroxyl Radikalen als Kettentrager H 2 E n e r g i e H H K e t t e n s t a r t displaystyle mathrm H 2 xrightarrow Energie H cdot cdot H quad Kettenstart nbsp H O 2 O H O displaystyle mathrm H cdot O 2 longrightarrow cdot OH cdot O cdot nbsp O H 2 O H H displaystyle mathrm cdot O cdot H 2 longrightarrow cdot OH H cdot nbsp O H H 2 H 2 O H displaystyle mathrm cdot OH H 2 longrightarrow H 2 O H cdot nbsp und weitere ReaktionenDas Reaktionsprodukt ist Wasser Die pro molarem Formelumsatz freiwerdende Energie betragt 571 6 kJ mol DrH0 571 6 kJ mol Damit andert sich die Enthalpie H fur ein Mol des entstehenden Wassers um 286 kJ mol Zusatzlich entsteht Wasserstoffperoxid H 2 O 2 H 2 O 2 displaystyle mathrm H 2 O 2 longrightarrow H 2 O 2 nbsp Die Knallgas Reaktion ist stark druck und temperaturabhangig Bei sehr niedrigen Drucken konnen die entstandenen Kettentrager die Gefasswand erreichen und dort rekombinieren So wird eine Kettenverlangerung oder verzweigung unterbunden und es kommt nicht zur Explosion Wird der Druck erhoht so erreicht das Gemisch die untere Explosionsgrenze Die mittlere freie Weglange ist nun so klein geworden dass die Kettentrager vor Erreichen der Gefasswande mit anderen Teilchen zusammenstossen und die Kettenreaktion fortfuhren Wird der Druck weiter erhoht so gelangt das System an die obere Explosionsgrenze Durch den hohen Druck nimmt die Wahrscheinlichkeit fur Drei Teilchen Stosse zu somit konnen Kettentrager auch in der Gasphase rekombinieren und die Kettenreaktion wird abgebrochen Bei noch hoheren Drucken kommt es schliesslich zur thermischen Explosion Hier kann die bei der Reaktion freiwerdende Energie nicht mehr schnell genug abgefuhrt werden und die Reaktionstemperatur wird erhoht Dadurch kommt es zu weiteren Reaktionen deren Energie wiederum nicht mehr abgefuhrt werden kann Die thermische Explosion beruht also auf einer drastischen Temperaturerhohung und nicht auf einer Kettenverzweigungsreaktion 2 In den Mitochondrien lebenden eukaryotischen Zellen kommt es bei der Endoxidation im Komplex IV in der Atmungskette zu einer analogen aber strikt kontrollierten exergonen Reaktion gelegentlich nicht ganz zutreffend als biologische Knallgasreaktion bezeichnet die der Energiegewinnung der Zelle d h der Bildung von ATP Molekulen dient O 2 4 e 4 H 2 H 2 O displaystyle mathrm O 2 4 e 4 H longrightarrow 2 H 2 O nbsp Die freie Enthalpie DG der Reaktion ergibt sich aus ihrem Redoxpotential 0 5 V und betragt bei physiologischen Bedingungen pH 7 193 kJ mol Die gleiche Reaktion findet auch in der Brennstoffzelle statt Bei deren Konstruktion wird die bei der Knallgasreaktion freiwerdende Energie Enthalpiedifferenz hier genauer freie Enthalpie oder Gibbs Energie DG genutzt ohne eine Explosion herbeizufuhren Die dabei freiwerdende Enthalpie wird zum Teil als elektrischer Strom und zum Teil als Warme freigesetzt Die Reaktion lauft in der Brennstoffzelle jedoch langsam und kontrolliert ab Knallgasprobe BearbeitenMit dem Begriff Knallgasprobe bezeichnet man in der Chemie einen Nachweis von Wasserstoff Dieser ist jedoch unspezifisch da auch z B Methan mit Sauerstoff ein explosionsfahiges Gemisch bildet s Schlagwetter und dient daher nur zur Demonstration der Explosion Ein sicherer Weg um Knallgas nachzuweisen ist das Uberprufen des Mischungsverhaltnisses was aber in der Regel nur bei geschlossenen Apparaturen in kleinem Massstab einfach zu bewerkstelligen ist Fur den Nachweis wird ublicherweise das zu uberprufende Gas in einem Reagenzglas mit der Offnung nach unten damit Wasserstoff wegen der geringeren Dichte als Luft nicht entweichen kann an eine Zundquelle wie Bunsenbrenner oder Feuerzeug gehalten Fall 1 Das aufgefangene Gas ist reiner Wasserstoff Es kommt zu einer ruhigen Verbrennung oder eventuell schwachen Verpuffung negative Knallgasprobe Fall 2 Das aufgefangene Gas ist ein Gemisch aus Wasserstoff und Sauerstoff Knallgas Die Verbrennung erfolgt mit einem pfeifenden Gerausch positive Knallgasprobe Aufgrund der unterschiedlichen Gerausche bei reinem Wasserstoff und dem Gemisch Wasserstoff mit Sauerstoff wird die Knallgasprobe auch zur Uberprufung der Reinheit von Wasserstoffgas verwendet um eine Explosion in einem geschlossenen Gefass zu vermeiden Eine ahnlich reaktionsfreudiges Gasgemisch aus Wasserstoff und Chlor wird als Chlorknallgas bezeichnet Verwendung BearbeitenDass die Knallgasreaktion auch durch einen Platindraht als Katalysator in Gang gesetzt werden kann entdeckte Johann Wolfgang Dobereiner Einige Jahre spater gelang ihm die Entzundung eines Knallgasgemisches unter dem Einfluss von Platinschwamm Diese Entdeckung fuhrte zur Erfindung des ersten Feuerzeuges des Dobereinerschen Platinfeuerzeugs Technische Anwendung zum Schweissen und Schneiden findet ein Gemisch aus Wasserstoff und Sauerstoff heutzutage auch in sogenannten Knallgasgeblasen welche eine Flammentemperatur bis ca 2000 C erreichen konnen eine Art Autogenschweissgerat Eines der ersten solchen Geblase war der Daniellsche Hahn von 1833 Unfalle BearbeitenWeltweit gab es bereits sehr viele Unfalle durch Knallgas Explosionen einige davon auch katastrophalen Ausmasses Der oft als Beispiel genannte Absturz des Hindenburg Zeppelins im Jahr 1937 bei welchem beim Anflug auf den Ankermast durch ein kleineres Leck das Traggas Wasserstoff in die Luft Atmosphare entwich und dadurch ein gewaltiger Wasserstoff Brand verursacht wurde war allerdings keine Knallgasreaktion weil der Volumenanteil des Wasserstoffs zu hoch und die Sauerstoffkonzentration in der Luft zu niedrig war 3 In jungerer Zeit besonders bekannt wurden Wasserstoff Explosionen 1986 bei der Katastrophe von Tschernobyl und 2011 bei der Nuklearkatastrophe von Fukushima Literatur BearbeitenGerhart Jander Hans Spandau Jurgen Fenner Rolf Minkwitz Kurzes Lehrbuch der anorganischen und allgemeinen Chemie 10 Auflage Springer Berlin Heidelberg 1987 ISBN 978 3 540 16749 5 Peter W Atkins Julio de Paula Kurzlehrbuch der physikalischen Chemie 4 Auflage Wiley VCH Weinheim 2008 ISBN 978 3 527 31807 0 S 512 513 Einzelnachweise Bearbeiten Grundzuge der Anorganischen Chemie I Hauptgruppenelemente PDF 722 kB 2003 Peter W Atkins Julio de Paula Kurzlehrbuch der physikalischen Chemie 4 Auflage Wiley VCH Weinheim 2008 ISBN 978 3 527 31807 0 S 512 513 Flugzeug Katastrophen Gondrom Verlag Hrsg 1996 Normdaten Sachbegriff GND 7731691 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Knallgas amp oldid 234856775