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Die mittlere freie Weglange l displaystyle lambda Lambda ist die Weglange die ein Teilchen z B Atom Molekul Ion oder Elektron in einem gegebenen Material im Durchschnitt zurucklegt bevor es zum Stoss irgendeiner Art mit einem anderen Teilchen kommt Hat ein Teilchenstrom in einem Material die mittlere freie Weglange durchlaufen so haben knapp 2 3 der Teilchen bereits einen Stoss ausgefuhrt das ubrige Drittel genauer der Bruchteil 1 e noch keinen Inhaltsverzeichnis 1 Berechnung aus Wirkungsquerschnitt und Teilchendichte 1 1 Abschatzung bei Gasen 2 Definition fur zwei Arten von Teilchen 2 1 Abschatzung fur den Stoss von zwei Arten von Teilchen 2 2 Stosse von Neutronen und Atomkernen 3 Beispiele 3 1 Gasmolekule 3 2 Elektronen 4 EinzelnachweiseBerechnung aus Wirkungsquerschnitt und Teilchendichte BearbeitenDie mittlere freie Weglange hangt mit der Teilchendichte n displaystyle n nbsp Anzahl der Teilchen pro Volumen und dem totalen Wirkungsquerschnitt s displaystyle sigma nbsp zusammen l 1 n s displaystyle lambda frac 1 n cdot sigma nbsp Anschaulich ist s displaystyle sigma nbsp die Grosse der Zielscheibe die ein Teilchen den anderen Teilchen fur einen Stoss bietet Nachdem es eine freie Weglange l displaystyle lambda nbsp geflogen ist hat es mit dieser Flache das Volumen l s 1 n displaystyle lambda sigma 1 n nbsp uberstrichen das ist das Volumen in dem sich durchschnittlich ein Teilchen befindet Das Teilchen ist also im Durchschnitt einmal mit einem anderen Teilchen zusammengestossen Abschatzung bei Gasen Bearbeiten Beim Stoss zweier kugelformiger Teilchen mit gleichem Durchmesser d displaystyle d nbsp ist d displaystyle d nbsp auch der Abstand der Mittelpunkte also der Radius des kreisformigen geometrischen Wirkungsquerschnitts Dieser ergibt sich zu s geom p d 2 displaystyle sigma text geom pi d 2 nbsp dd Daraus folgt die geometrische mittlere freie Weglange zu l geom 1 p n d 2 displaystyle Rightarrow lambda text geom frac 1 pi n d 2 nbsp Die oben gegebene Deutung gilt wenn die Stosspartner des fliegenden Teilchens in Ruhe sind Wenn sich aber alle Teilchen ungeordnet bewegen d h auch die Stosspartner des fliegenden Teilchens fuhren Gleichgewichtsbetrachtungen unter Annahme einer Maxwellschen Geschwindigkeitsverteilung zu einer freien Weglange die um den Faktor 1 2 displaystyle tfrac 1 sqrt 2 nbsp kurzer ist 1 l 1 2 p n d 2 displaystyle lambda frac 1 sqrt 2 pi n d 2 nbsp Definition fur zwei Arten von Teilchen BearbeitenIn einem Raumbereich der zwei Arten von Teilchen enthalt sind drei Arten von Stossen moglich zwei Teilchen vom Typ 1 stossen aneinander zwei Teilchen vom Typ 2 stossen aneinander am Stoss sind ein Teilchen vom Typ 1 und ein Teilchen vom Typ 2 beteiligt Die Teilchendichten der Teilchenarten seien n 1 displaystyle n 1 nbsp bzw n 2 displaystyle n 2 nbsp und die Wirkungsquerschnitte s 1 displaystyle sigma 1 nbsp s 2 displaystyle sigma 2 nbsp und s 12 displaystyle sigma 12 nbsp Die mittleren freien Weglangen fur Stosse von Teilchen jeweils an ihresgleichen sind schon mit obiger Formel definiert l 1 1 n 1 s 1 displaystyle lambda 1 frac 1 n 1 cdot sigma 1 nbsp bzw l 2 1 n 2 s 2 displaystyle lambda 2 frac 1 n 2 cdot sigma 2 nbsp Entsprechend definiert man die mittlere freie Weglange 2 eines Teilchens vom Typ 2 im Medium vom Typ 1 l 21 1 n 1 s 12 displaystyle lambda 21 frac 1 n 1 cdot sigma 12 nbsp bzw analog l 12 displaystyle lambda 12 nbsp beim Stoss eines Teilchens vom Typ 1 im Medium vom Typ 2 l 12 1 n 2 s 12 displaystyle lambda 12 frac 1 n 2 cdot sigma 12 nbsp wobei in beiden Fallen der Wirkungsquerschnitt s 12 displaystyle sigma 12 nbsp gleich ist Der Wirkungsquerschnitt und die mittlere freie Weglange zweier unterschiedlicher Teilchen werden meist ohne Index oder andere Auszeichnungszeichen geschrieben also s s 12 displaystyle sigma sigma 12 nbsp und l l 21 displaystyle lambda lambda 21 nbsp l 1 n 1 s displaystyle lambda frac 1 n 1 cdot sigma nbsp Der Index der Anzahldichte n 1 displaystyle n 1 nbsp wird in der Regel ebenfalls weggelassen wenn es nur um die mittlere freie Weglange von Teilchen in irgendeinem Medium mit Teilchen vom Typ 1 geht Dann scheinen die eingangs dieses Artikels gegebene Definition der mittleren freien Weglange und die zuletzt gegebene Gleichung formelmassig gleich zu sein und werden deshalb auch manchmal verwechselt Die Anzahldichten der Teilchen n displaystyle n nbsp und n 1 displaystyle n 1 nbsp sind in Wirklichkeit aber unterschiedliche Grossen Bei n displaystyle n nbsp handelt es sich um die Anzahldichte der Teilchen von nur einem Typ bei n 1 displaystyle n 1 nbsp aber um die Anzahldichte der Teilchen des Mediums Ahnlich wie beim Billardspiel bewirkt der elastische Stoss zweier Teilchen Richtungsanderungen beider Teilchen allerdings im Unterschied zum Billardspiel im dreidimensionalen physikalischen Raum und mit Teilchen unterschiedlicher Grosse Haufig bedeutet ein Stoss zweier unterschiedlicher Teilchenarten auch dass sie eine Reaktion miteinander eingehen Sind die Stosspartner zum Beispiel zwei Atome kann ein Molekul gebildet werden sind die Stosspartner ein Neutron und ein Atomkern kann ein anderes Nuklid entstehen oder ein Atomkern gespalten werden Implizit gehen wir davon aus dass beide Stosspartner Teilchen eines Gases sind denn nur dort konnen sich beide Stosspartner frei bewegen was uberhaupt erst nahelegt von einer freien Weglange zu sprechen Es gibt aber auch Stosse und mittlere freie Weglangen wenn ein Stosspartner ein Teilchen eines Festkorpers oder einer Flussigkeit ist Teilchen vom Typ 1 und sich nur der zweite Stosspartner wie ein Teilchen eines Gases verhalt Teilchen vom Typ 2 Dabei sind in der Regel Stosse von Teilchen vom Typ 1 mit Teilchen vom Typ 2 von Interesse und nicht Stosse der beiden jeweiligen Teilchen Typen mit ihresgleichen Abschatzung fur den Stoss von zwei Arten von Teilchen Bearbeiten Der geometrische Wirkungsquerschnitt beim elastischen Stoss zweier starrer Kugeln mit den Radien r 1 displaystyle r 1 nbsp bzw r 2 displaystyle r 2 nbsp ist s geom p r 1 r 2 2 displaystyle sigma text geom pi r 1 r 2 2 nbsp dd Damit wird die geometrische mittlere freie Weglange l geom 1 p n 1 r 1 r 2 2 displaystyle lambda text geom frac 1 pi n 1 r 1 r 2 2 nbsp Der geometrische Wirkungsquerschnitt und damit die geometrische mittlere freie Weglange der elastischen Streuung hangen also nicht von den kinetischen Energien der Kugeln ab Reale Wirkungsquerschnitte und damit die mittleren freien Weglangen konnen dagegen stark von der kinetischen Energie der Stosspartner abhangen und sind folglich nicht unbedingt durch das o g einfache geometrische Modell zu berechnen Auch im Fall realer Wirkungsquerschnitte kann es jedoch hilfreich sein den geometrischen Wirkungsquerschnitt als Bezugsgrosse zu verwenden in der Art Der reale Wirkungsquerschnitt ist 10 mal grosser als der geometrische dann ist die reale mittlere freie Weglange nur ein Zehntel der geometrischen Stosse von Neutronen und Atomkernen Bearbeiten Stosse von Neutronen und Atomkernen sind gegenwartig der wichtigste Fall in der Physik fur Stosse von zwei Arten von Teilchen sie pragen die Reaktorphysik Wenn in der Reaktorphysik von mittlerer freier Weglange die Rede ist ist stets die zweite Definition dieser Grosse gemeint also die mittlere freie Weglange von Neutronen in Materie Dabei bewegen sich freie Neutronen Teilchen vom Typ 2 mit einer Teilchendichte n 2 displaystyle n 2 nbsp in einem Festkorper oder einer Flussigkeit Wirtsmedium i Allg so chaotisch wie Molekule in einem Gas Wir nehmen an das Wirtsmedium bestehe aus nur einer Teilchen bzw einer Atomart Teilchen von Typ 1 man denke etwa an Graphitatome Da jedes Atom nur einen Atomkern besitzt ist die Teilchendichte n 1 displaystyle n 1 nbsp der Atome gleich der ihrer Atomkerne Der Kehrwert der mittleren freien Weglange diese Typs ist unter dem Namen Makroskopischer Wirkungsquerschnitt eine der wichtigsten Grossen der Reaktorphysik S 1 l n 1 s displaystyle Sigma frac 1 lambda n 1 cdot sigma nbsp Wirkungsquerschnitte von Kernreaktionen hangen extrem stark von der Energie ab und sind somit auch nicht mehr geometrisch zu erklaren Nur im Fall der elastischen Streuung von Neutronen an den Atomkernen gebrauchlicher Moderatoren fuhrt das oben angegebene geometrische Modell auf mittlere freie Weglangen die in der Grossenordnung der gemessenen Werte liegen dies zumindest fur Neutronen mit kinetischen Energien in einem gewissen mittleren Intervall Neutronen untereinander stossen sich auch Dies ist ein Fall fur die erste Definition der mittleren freien Weglange Die Anzahldichte der Neutronen ist selbst im Hochflussreaktor vergleichsweise gering Klein ist auch der Wirkungsquerschnitt fur den Stoss zweier Neutronen Deshalb wird vermutlich in keinem Lehrbuch der Reaktor oder Neutronenphysik die mittlere freie Weglange fur diesen Typ von Stoss auch nur erwahnt Atomkerne untereinander konnen sich nicht stossen Selbst im Fall dass die Neutronen sich in Helium Gas bewegen wie im Hochtemperaturreaktor stossen allenfalls Helium Atome aufeinander Allerdings lasst sich falls erforderlich die mittlere freie Weglange fur solche Atomstosse mit der o g ersten Definitionsformel und dem geometrischen Wirkungsquerschnitt berechnen der denjenigen der Atomkerne um Grossenordnungen ubertrifft Beispiele BearbeitenGasmolekule Bearbeiten Die mittlere freie Weglange eines Gasmolekuls betragt in Luft unter Standardbedingungen etwa 68 Nanometer Fur eine Tabelle mit Angaben von Normaldruck bis zum extremen Hochvakuum XHV siehe Vakuum Druckbereiche Elektronen Bearbeiten nbsp Universelle Kurve fur die inelastische mittlere freie Weglange von Elektronen in Elementen basierend auf Gleichung 5 in 3 Die mittlere freie Weglange freier Elektronen ist wichtig bei Anwendungen von Elektronenstrahlen im Vakuum z B bei bestimmten oberflachensensitiven analytischen Methoden oder in Braunschen Rohren Sie hangt ab von der kinetischen Energie des Elektrons Die inelastische freie Weglange im Festkorper kann fur die meisten Metalle mit einer universellen Kurve abgeschatzt werden s Abb 3 Bei Energien um 100 eV ist sie fur die meisten Metalle am geringsten da hier Prozesse im Festkorper angeregt werden konnen z B Plasmonen bei hoheren und niedrigeren Energien sind die mittleren freien Weglangen im Festkorper grosser Der Wirkungsquerschnitt fur elastische Stosse ist meist kleiner als der fur inelastische Stosse 4 damit ist bei gleicher Teilchendichte die elastische freie Weglange grosser als die inelastische In gasformigen Isolierstoffen z B Schwefelhexafluorid beeinflusst die mittlere freie Weglange die elektrische Durchschlagfestigkeit Fur Elektronen im Impulsraum siehe Fermi Kugel betrachtet man statt der Weglange die mittlere freie Flugzeit Einzelnachweise Bearbeiten William C Hinds Aerosol Technology Properties Behavior and Measurement of Airborne Particles Wiley Interscience New York 1999 ISBN 0 471 19410 7 Paul Reuss Neutron physics EDP Sciences Les Ulis France 2008 ISBN 978 2 7598 0041 4 S xxvi 669 a b M P Seah W A Dench Quantitative electron spectroscopy of surfaces A standard data base for electron inelastic mean free paths in solids In Surface and Interface Analysis 1 1979 S 2 doi 10 1002 sia 740010103 Wolfgang S M Werner Electron transport in solids for quantitative surface analysis In Surface and Interface Analysis 31 2001 S 141 doi 10 1002 sia 973 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mittlere freie Weglange amp oldid 239204229