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Das Kastell Ellingen lateinisch Sablonetum war ein romisches Militarlager das nahe am Ratischen Limes einen Abschnitt der Grenzanlagen sicherte Die zum UNESCO Weltkulturerbe zahlende Anlage wurde rund 700 Meter ostlich der Stadt Ellingen im Landkreis Weissenburg Gunzenhausen in Bayern errichtet Seine besondere Bedeutung erhielt der Ort durch seine grossflachige Erforschung mit modernen Mitteln Kastell EllingenAlternativname SablonetumLimes ORL RLK Strecke RLK Ratischer Limes Strecke 14Datierung Belegung um 120 5 n Chr bis um 233 n Chr Typ VexillationskastellEinheit unbekannte VexillatioGrosse 90 80 m 0 72 haBauweise a Holz Erde Lagerb SteinkastellErhaltungszustand teilrekonstruiertOrt EllingenGeographische Lage 49 3 50 N 10 59 17 O 49 063888888889 10 988055555556 450 Koordinaten 49 3 50 N 10 59 17 OHohe 450 m u NHNVorhergehend sog Zweites Ellinger Romerlager westlich ORL 71a Kastell Theilenhofen westlich Anschliessend Kastell Oberhochstatt sudostlich Ruckwartig ORL 72 Kastell Weissenburg sudlich Vorgelagert Kleinkastell Gundersbach nordwestlich Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Forschungsgeschichte 3 Baugeschichte 4 Befunde 5 Fundverbleib 6 Denkmalschutz 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 AnmerkungenLage BearbeitenDie romische Befestigung liegt auf einer Hochflache ostlich von Ellingen rund 1 8 Kilometer sudlich des Limes und knapp vier Kilometer nordlich vom nachsten grosseren Militarstutzpunkt Weissenburg Biriciana entfernt Vom Kastell aus war es nicht moglich die vorgelagerten tiefer gelegenen Grenzanlagen direkt einzusehen Sichtkontakt bestand lediglich mit dem nordostlich gelegenen Wp 14 33 sowie mit den nordwestlichen Turmen beim Limesubergang an der Schwabischen Rezat Diese topographisch ungunstige Lage konnte bisher nicht geklart werden 1 Forschungsgeschichte BearbeitenWie der Flurname In der Burg auf dem das Lager steht nahelegt verlor sich das Wissen um eine alte befestigte Anlage wohl nie vollstandig Nach einem Hinweis des Generals und Limesforschers Karl von Popp 1825 1905 der auf diesen Flurnamen verwiesen hatte fand 1895 die Entdeckung und erste Untersuchung durch den Apotheker Wilhelm Kohl 1848 1898 einem Streckenkommissar der Reichs Limeskommission RLK statt 2 Die damaligen Grabungen lieferten allerdings nur unbefriedigende Ergebnisse Das Kastell wurde durch die RLK nicht separat sondern nur im Rahmen der Streckenbeschreibungen publiziert so dass auch keine ORL Nummer vorliegt Erst in den drei Jahren von 1980 bis 1982 wurden im Zuge der Flurbereinigung wieder umfassende archaologische Ausgrabungen durch die Aussenstelle Nurnberg des Bayerischen Landesamts fur Denkmalpflege vorgenommen Dabei konnte der leitende Archaologe Harald Koschik fast den gesamten Kastellbereich sowie weite Teile des angrenzenden Vicus erforschen 3 Im Anschluss an die archaologischen Arbeiten fand eine Teilrekonstruktion des Kastells im Bereich der Nordfront mit Tor und Eckturmen statt Diese soll den Eindruck eines verfallenen romischen Garnisonsorts vermitteln Befunde der Reichs Limeskommission nbsp Kastell EllingenLage nbsp Kastell EllingenGrundriss nbsp Kastell EllingenEckturme Sudtor und Grabenprofil nbsp Kastell EllingenGebaude des VicusBaugeschichte BearbeitenDas Kastell Ellingen wurde in fruhhadrianischer Zeit errichtet wahrscheinlich um das Jahr 120 im Rahmen des endgultigen Ausbaus des Raetischen Limes Auf eine altere Bauphase die durch eine in Holz Erde Technik ausgefuhrte Umwehrung gekennzeichnet war folgte um das Jahr 182 unter Kaiser Commodus eine zweite Ausbauphase mit einer Steinmauer Ebenfalls in dieser Zeit wurden umfassende Umbaumassnahmen im Kastellinneren vorgenommen Der Umbau des Jahres 182 wie auch der antike Name des Lagers sind durch eine Bauinschrift bezeugt die uber einem der Kastelltore angebracht war Deren Inhalt lautet ubersetzt Dem Imperator Caesar Marcus Aurelius Commodus Antoninus Augustus dem Germanenbesieger und grossten Sarmatenbesieger mit tribunizischer Gewalt Konsul zum 3 Mal Vater des Vaterlandes zu Ehren wurde die Mauer des Castellum Sablonetum mit den Toren in Steinbau ersetzt auf Anordnung des Quintus Spicius Cerialis des kaiserlichen Legaten mit propratorischer Gewalt des Provinzstatthalters unter dem Konsulat des Mamertinus und des Rufus durch die Infanteriegarde des Statthalters unter der Leitung des Aurelius Argivus Centurio der 3 Italischen Legion Der Name des Kaisers Commodus wurde aus der Inschrift ausgemeisselt nachdem der Herrscher nach seinem gewaltsamen Tod im Jahr 192 geachtet wurde und der Damnatio memoriae Verdammung des Andenkens verfiel Der lateinische Name Castellum Sablonetum lasst sich in etwa mit Lager am Sand ubersetzen Der in dieser Bauinschrift genannte raetische Statthalter Quintus Spicius Cerialis hatte bereits ein Jahr zuvor kurz nach seinem Amtsantritt das bisherige Holz Erde Kastell Bohming im Altmuhltal durch eine Abteilung der in Regensburg liegenden 3 Italischen Legion Legio III Italica in Stein ausbauen lassen Das Ellinger Befestigung wurde in den Alamannenkriegen wohl spatestens um 233 aufgegeben Das in alteren Publikationen oft noch genannte Datum 229 wird in der jungeren Forschung verworfen Wahrscheinlich wurde es planmassig geraumt da keine in eine andere Richtung weisenden Brand und Zerstorungshorizonte nachgewiesen werden konnten Aus Ellingen liegen bisher zwei dendrochronologische Datierung vor Sie stammen aus den Jahren 126 und 145 n Chr 4 Befunde BearbeitenDas zweitorige Kastell von ungefahr 90 80 Metern Ausdehnung war mit seiner Hauptstrassenachse Via praetoria in Nord Sud Richtung ausgerichtet In seiner letzten Ausbauphase war es von einer steinernen Mauer umgeben deren abgerundete Ecken mit einfachen und deren Tore an der Nord und Sudfront mit doppelten Turmen bewehrt waren Um die Mauer verlief ein einfacher Spitzgraben von durchschnittlich funf bis sechs Metern Breite und zwei Metern Tiefe Von Bautyp und Grosse her ahnelt das Castellum Sablonetum den Kastellen in Bohming und Halheim Als Wehrgang und gleichzeitig zur Stabilisierung der Ummauerung diente eine aufgeschuttete Erdrampe Rechtwinklig verlaufende mit Schotter befestigte Strassen untergliederten die Innenflache des Lagers Die zwischen Nord zum Sudtor verlaufende Hauptstrasse wurde durch ein Bauwerk unterbrochen Dabei handelt es wahrscheinlich um die Reste einer auf das Fahnenheiligtum Aedes reduzierten Stabsgebaude Principia des Kastells Diese Rumpfprincipia bot Anlass zu der Uberlegung dass es sich bei der Besatzung des Kastells um eine nicht selbstandig operierende Vexillatio Abordnung Detachement einer grosseren Auxiliartruppe gehandelt haben konnte und nicht um einen eigenstandigen Numerus zumal inschriftlich keine Numeri in Raetien nachgewiesen wurden 5 Vielleicht war eine Abordnung einer der Truppen aus den beiden Nachbarkastellen Theilenhofen beziehungsweise Weissenburg in Ellingen stationiert 6 Ebenso ware moglich dass die in der Bauinschrift genannten Pedites singulares das Kastell nicht nur erbaut sondern auch belegt haben Die Innenbauten wurden weitestgehend in Fachwerkbauweise errichtet Einen grossen Teil der ostlichen Lagerhalfte bedeckte ein grosses Gebaude in dem die Mannschaften untergebracht waren In dieser Doppelbaracke befanden sich 24 Contubernia Stubengemeinschaften zu jeweils acht Mann Zwei weitere Gebaude im Nordwesten und Nordosten des Lagers werden ebenfalls als mogliche Mannschaftsbaracken mit zehn weiteren Contubernia angesehen so dass die Maximalbelegung des Ellinger Kastells uber 260 Mann stark gewesen sein konnte Diese jungeren Untersuchungsergebnisse haben altere Annahmen das Kastell sei von zwei Zenturien a 80 Mann belegt gewesen hinfallig werden lassen Moglich ist auch eine Belegung mit zweien durch eine Reiterabteilung verstarkten Infanteriegruppen Centuriae Die Bauten im Sudteil stellten vermutlich Fabricae Werkstatten dar das grossere Gebaude in der Sudwestecke des Lagers war moglicherweise ein Praetorium Kommandantenwohnhaus Die massiven Mauerfundamente westlich der Principia gehorten offensichtlich zu einem Horreum Getreidespeicher Ein Valetudinarium Lazarett darf vermutet konnte aber nicht sicher nachgewiesen werden Uber wenigstens funf oder sechs Brunnen war eine ausreichende Trinkwasserversorgung gewahrleistet Ostlich des Kastells erstreckte sich der Vicus die Zivilsiedlung des Kastells Hier befand sich auch ein kleines Kastellbad nbsp Teilrekonstruierte Bauinschrift im Romermuseum Weissenburg nbsp Teilrekonstruierte Pratorialfront 2011 Nordostliche Kastellecke mit angedeutetem Graben nbsp Teilrekonstruierte Pratorialfront 2006 Blick von Osten auf Porta praetoria nbsp Teilrekonstruierte Pratorialfront 2011 Nordwestecke mit vorgelagertem Graben nbsp Teilrekonstruierte Pratorialfront 2007 Blick von Westen auf die nordwestliche Kastellecke nbsp Teilrekonstruierte Pratorialfront 1991 Blick von Westen auf die WehrmauerFundverbleib BearbeitenDas umfangreiche Fundmaterial der archaologischen Ausgrabungen ist im Romermuseum Weissenburg ausgestellt Denkmalschutz BearbeitenDas Kastell Ellingen und die erwahnten Anlagen sind als Abschnitt des Obergermanisch Ratischen Limes seit 2005 Teil des UNESCO Welterbes Ausserdem sind sie geschutzt als eingetragene Bodendenkmale im Sinne des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes BayDSchG Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind erlaubnispflichtig Zufallsfunde sind den Denkmalbehorden anzuzeigen Siehe auch BearbeitenListe der Kastelle am Obergermanisch Raetischen Limes Zweites Ellinger RomerlagerLiteratur BearbeitenDietwulf Baatz Der Romische Limes Archaologische Ausfluge zwischen Rhein und Donau 4 Auflage Mann Berlin 2000 ISBN 3 7861 2347 0 S 292 f Wolfgang Czysz u a Die Romer in Bayern Nikol Hamburg 2005 ISBN 3 937872 11 6 Thomas Fischer Gunter Ulbert Der Limes in Bayern Von Dinkelsbuhl bis Eining Theiss Stuttgart 1983 ISBN 3 8062 0351 2 Johann Schrenk Werner Muhlhausser Land am Limes Auf den Spuren der Romer in der Region Hesselberg Gunzenhausen Weissenburg Schrenk Gunzenhausen 2009 ISBN 978 3 924270 57 5 insbesondere S 105 107 Werner Zanier Das romische Kastell Ellingen Limesforschungen Band 23 Philipp von Zabern Mainz 1992 ISBN 3 8053 1264 4 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kastell Ellingen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Kastell Ellingen auf den Webseiten der Deutschen Limeskommission abgerufen am 18 Marz 2012 Anmerkungen Bearbeiten Gunter Ulbert Thomas Fischer Der Limes in Bayern Theiss Stuttgart 1983 ISBN 3 8062 0351 2 S 80 Werner Zanier Das romische Kastell Ellingen Limesforschungen Band 23 Philipp von Zabern Mainz 1992 ISBN 3 8053 1264 4 S 12 Werner Zanier Das romische Kastell Ellingen Limesforschungen Band 23 Philipp von Zabern Mainz 1992 ISBN 3 8053 1264 4 S 12 291 C Sebastian Sommer Trajan Hadrian Antoninus Pius Marc Aurel Zur Datierung der Anlagen des Raetischen Limes In Bericht der Bayerischen Bodendenkmalpflege Band 56 2015 S 321 327 hier S 142 Marcus Reuter Studien zu den numeri des romischen Heeres in der mittleren Kaiserzeit In Bericht der Romisch Germanischen Kommission Band 80 1999 ISSN 0341 9312 S 357 569 hier S 419 422 zugleich Dissertation Universitat Freiburg Breisgau 1996 Bernd Steidl Limes und Romerschatz RomerMuseum Weissenburg Likias Friedberg 2019 ISBN 978 3 9820130 0 8 S 54 Kastelle des Ratischen Limes ORL Strecke 14 Kastell Gunzenhausen Kleinkastell am Hinteren Schlossbuck Kastell Theilenhofen Iciniacum Kleinkastell Gundersbach Kastell Ellingen Sablonetum Kastell Weissenburg Biriciana Holz Erde Kastell auf der Breitung in Weissenburg Kastell Oberhochstatt Burgus Burgsalach Kleinkastell Raitenbuch Kleinkastell Petersbuch Kleinkastell Biebig Kleinkastell Hegelohe Kastell Pfunz Vetoniania Erdkastell Nassenfels Scuttarensium Kastell Bohming Normdaten Geografikum GND 7504730 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kastell Ellingen amp oldid 235613360