www.wikidata.de-de.nina.az
Kalkschutthalden sind eine Landschafts und Substratform in Gebieten die aus Karbonatgesteinen aufgebaut werden Geomorphologisch sind sie eine Ansammlungen von kalkhaltigem Lockergestein das uber Frostverwitterung in situ aus anstehenden Felsgestein entstanden ist oder durch gravitative Prozesse aus hoher liegenden Hangstufen aus Felsabbruchen als Schuttkorper am Bergfuss akkumuliert wird Aus den in der Landschaft wirkenden geomorphologischen Prozessen konnen Kalkschutthalden entweder beruhigt oder stark mobil sein Verbreitet sind sie vom hugeligen Mittelgebirge bis in die subnivale Stufe der Hochgebirge In den periglazialen sub arktischen Gebieten treten sie zirkumpolar auch in vollig ebenen Gebiet auf Hier kommt es durch Gefrier und Auftauprozesse des Bodens zu Materialsortierung und Frostmusterbodenbildung In den Alpen konnen uber Kalkschuttboden dagegen Fliesserden gebildet sein 1 In alpinen Hohenzonen bilden beruhigte Kalkschutthalden immer schneebetonte Habitate die in primarer Sukzession Standort der Kalkschneeboden Gesellschaften sind Als solche sind sie im BNatSchG 30 als gesetzlich geschutzte Biotope ausgewiesen 2 Die Faun Flora Habititat Richtlinie im EU Natura 2000 Netzwerk fuhrt sie im Habitatcode 6170 3 Kalkschutthalden mit Dinarischer Akelei Orjen Gebirge subadriatische DinaridenPeriglaziale Frostmusterboden auf Kalk Durch Frostverwitterung entstehen periglaziale Lagen Hierauf siedeln Pionierpflanzen wie die Weisse Silberwurz Dryas octopetala Daneben Scabiosa silenifolia Carex kitaibelliana und Salix retusaRauher Lowenzah subsp hyoseroides auf feinerdereicher Kalkschutthalde Inhaltsverzeichnis 1 Okologie 2 Lebensraum fur Tiere und Pflanzen 3 Verbreitung 4 Gebiets und Artenschutz 5 Einzelnachweise 6 WeblinksOkologie BearbeitenDer Lebensraum Kalkschutthalden ist von dem meist geringen Anteil feiner Sedimente gepragt Es dominieren dabei sehr unterschiedliche Korngrossenfraktionen die zwischen Blocken gt 25 cm und Grobgestein 2 25 cm und Kies 0 2 2 cm aus Schutt aller moglichen Korngrossenklassen liegen Aus der primaren Porositat und hervorragenden Wasserleitfahigkeit von Kalkschutthalden resultiert ihre hochrangige Signifikanz im Landschaftshaushalt aus dem klimatischen Wasseruberschuss und den daraus abzuleitenden lateralen Wasserbewegungen in den Boden In den subozeanischen Nordlichen Kalkalpen sind sie Okotope der wechselfrischen Durchsickerungsregime mit episodischen Austrocknungsphasen steile Hanglagen und fliessenden Ubergangen zum Sickerwasserregimen mit teilweiser Haft und Staunasse massige Hangneigung schattige Nordhange 4 Nur im Karbodenbereich sind Zuschusswasser und Grundwasserregime moglich jedoch besteht auch hier ein Austrocknung im Hochsommer nachdem die letzten Schneereste verschwunden sind Anders bildet sich die Situation in den Sudalpen oder subtropischen Kalkgebirgen ab Hier bilden Kalkschutthalden oft sehr trockene Okotope die hohe Warmemengen geniessen Kalkschutthalden sind insbesondere in nemoralen Hochgebirgen wie den Alpen Pyrenaen Dinariden oder Kaukasus kalte Standorte Uber das eingeschlossenen Luftvolumen der Kluftzwischenraume ist eine gute Isolierung gegenuber Bodenaufwarmung gewahrleistet Dies auch obwohl sich die offenen Flachen durch Sonneneinstrahlung stark aufwarmen konnen Jedoch dringt die Warme nicht bis in den Boden vor Mit der Gesteinsabschirmung wird die kurzwellige Sonneneinstrahlung ebenfalls reflektiert wie die Gesteinslagen gegen hohe Wasserverdunstung gut isolieren Daher finden sich auch Kalkschutthalden oft die Vertreter der Kalkschneetalchen Flora in der Kriechweiden Charakterarten sind Aufgrund dieser besonderen Standorteigenschaften apert Schnee auf Kalkschutthalden relativ spat aus Kalkschutthalden konnen in drei Grundtypen unterteilt werden aktiv mit standigem Materialzuschuss beruhigt ohne Materialzuschuss jedoch beweglich stabilisiert vollig unbeweglichLebensraum fur Tiere und Pflanzen Bearbeiten nbsp Larvalhabitate des Roten Apollo sind Sedum reiche KalkschutthaldenDie Tier und Pflanzenwelt der Kalkschutthalden unterscheidet sich in den hohen und tiefen Lagen Typische Pflanzenarten alpiner Kalkschutthalden sind z B Wolliges Reitgras Calamagrostis villosa Rundblattriges Taschelkraut Thlaspi rotundifolium Alpen Pestwurz Petasites paradoxus oder etwas haufiger Kriechendes Gipskraut Gypsophila repens Zwerg Glockenblume Campanula cochleariifolia Taubenkropf Leimkraut Silene vulgaris oder Schild Ampfer Rumex scutatus Auf Dolomit siedelt Einseles Akelei 5 Verbreitet sind daneben verschiedene Arten von Lowenzahnen Leontodon hispidus subsp pseudocrispus 6 Leontodon hispidus subsp hyoseroides in den Alpen sowie Leontodon crispus ssp crispus in den Sudalpen Appeninen und Gebirgen Sudosteuropas Reich an Endemiten sind die Kalkschutthalden der Balkanhalbinsel Hier insbesondere in den Dinariden sowie im Pindus So sind in den Dinariden die auffalligen Buschelglocken insbesondere Edraianthus serpyllifolius oder die endemischen grossblutigen Akeleien Dinarische Akelei und Kitaibel Akelei vorzugsweise in Kalkschutthalden anzutreffen Als besondere Kalkschutthalden Pioniere kommen in den Alpen Karpaten und Dinariden die Spalierstraucher Weisse Silberwurz Dryas octopetala sowie Stumpfblattrige Weide Salix retusa vor Sie konnen beruhigte Schutthalden befestigen Starker bis stark bewegte Schutthalden so im Vorfeld von Gletschern besiedelt der Berg Lowenzahn Scorzoneroides montanus Die Berglowenzahnhalden Leontodontetum montani sind besonders artenarme Standorte und finden sich in den Bayerischen Alpen nur sehr unregelmassig Insbesondere sind sie jedoch auf dem Zugspitzplatt verbreitet Hier sind neben der Berglowenzahnhalden als Gesellschaft des bewegten Schutts noch die der bewegten Kalkschutthalden der Schneetalchen mit den artenarmen Gesellschaften der Taschelkrauthalde Thlaspietum rotundifolii und dem Gansekresse Schneetalchen Arabidetum caeruleae besiedelt Als haufigste Pflanzengesellschaft tritt auf dem Zugspitzplatt die Taschelkrauthalde auf allen Schutthalden unterhalb der Plattumrahumg sowie stellenweise bis in die untere alpine Zone auf Charakteristisch sind Bedeckungsgrade von 10 15 7 Physiologische Anpassungen der Pflanzen sind widerstandsfahige Wurzeln und Sprosse Spalierstraucher wie die Kriechweiden nutzen die teilweise Bedeckung von Geroll als Schutz gegen starken Frost Die Knospen und Triebe sind in den Luftraumen der Grobblocke sowie die an den Boden gedruckte Wuchsform gegen die tiefsten Schaden verursachende Froste besser geschutzt 8 Der luckige Untergrund ist fur Wirbellose Tiere wie Insekten und Spinnen ein wichtiger Lebensraum der vielen Reliktarten als Ruckzugsgebiet dient Unter den Laufkafern sind z B Arten der Gattungen Bembidion und Nebria vertreten Einige der seltenen alpinen Tagfalter mit geographischer Restriktion wie Roter Apollo 9 Gletscherfalter Gelbgefleckter Mohrenfalter oder Alpenmatten Perlmuttfalter sind uber Larvalhabitate mit den nur auf Kalkschutthalden und Gerollfluren vorkommenden Nahrungspflanzen angepasst Daneben sind in den Alpen noch Engadiner Bar 10 sowie Eis Mohrenfalter 11 fur die Reliktcharakteristik des Standortes erwahnenswert Alpenbraunelle Alpenschneehuhn und Steinschmatzer sind typische Vogelarten welche man hier antreffen kann Verbreitung BearbeitenKalksteine wie Kalzit und Dolomit sind anfallig fur Frostverwitterung In temperaten Gebirgen die hauptsachlich aus Dolomitgestein und Kalkgestein aufgebaut sind ist die Frostwechselhaufung sowie periglaziale Verwitterung fur die Anlage von Kalkschutthalden ursachlich In den Bayerischen Alpen sind diese u a am Zugspitzplatt oder in den Berchtesgadener Alpen markant In den Sudalpen treten Schutthalden in den Dolomiten hervor Unter Umstanden transportieren Gebirgsbache Kalkschutt in tiefere Tallagen Hierdurch konnen auch in verwilderten Flussbetten typische Vertreter der Kalkschuttflora vorkommen So steigt die Weisse Silberwurz im Isartal auf den begleitenden Kalkgerollen bis Bad Tolz hinab Gebiets und Artenschutz BearbeitenKalkschutthalden haben vergleichsweise geringe Ausdehnungen So ist ihre Alpine Hauptverbreitung auf bestimmte Hohenzonen uber der Waldgrenze auf die Nordlichen und Sudlichen Kalkalpen beschrankt Da sich aus Hohenverbreitung und Mikroklima spezielle Lebensbedingungen ergeben in der die Konkurrenzkraft kalkliebender Grasarten zugunsten von Spalierstrauchern abnimmt haben die Arten dieser Habitate auch andere Anspruche als die in derselben Hohenzone verbreiteten Gesellschaftskomplexe uber feinerdereichen Standorten Vom Standortstyp sind Machtigkeit und Andauer der Schneedecke im Wechselspiel mit Kleinrelief und Windwirkung ebenfalls wichtiger als das allgemeine Makroklima So spiegelt sich die Abbildung der Isochionen im Vegetationsmosaik der Kalkschutthalden sehr deutlich wider Dabei ist es auch unerheblich ob die temporale Verteilung der Schneedecke jedes Jahr starker Schwankung unterliegt und damit witterungsabhangig ist raumlich ist die Schneedecke durch eine immer gleichbleibende jahrliche Verteilung der Isochionen ausgezeichnet 12 Durch geringere Verdunstung und geringere Windwirkung sowie Kryoturbation und hohere Bodenfeuchte sind Kalkschutthalden von anderen Standorten stark unterschieden Uber den Untergrund mit unterschiedlicher Festigung bzw Beweglichkeit bieten sie eine hohe kleinraumige Standortsvielfalt 13 Die wesentliche Gefahrdung dieser Standorte geht vom Klimawandel aus da die an das Habitat angepasste Arten starker temperaturempfindlich sind als es fur andere Habitate gilt 14 Einzelnachweise Bearbeiten Thorsten Englisch Multivariate Analysen zur Synsystematik und Standortsokologie der Schneebodenvegetation Arabidetatlia caeruleae in den Nordlichen Kalkalpen In Stapfia 59 Linz 1999 S 1 211 zobodat at PDF Gesetz uber Naturschutz und Landschaftspflege Bundesnaturschutzgesetz BNatSchG In gesetze im internet de Abgerufen am 11 Mai 2020 BFN Natura 2000 NATURA 2000 Code 6170 Stefan Braker Landschaftsentwicklung und Landschaftsprozesse in einem alpinen Hochtal der Nordlichen Kalkalpen Oberjoch Allgauer Alpen Z Geomorphologie Sppl Vol 147 2006 S 55 76 Aquilegia einseleana Leontodon hispidus subsp pseudocrispus Oliver Korch Arne Friedmann Phytodiversitat und Dynamik der Flora der Vegetation des Zugspitzplatts In Jahrbuch des Vereins zum Schutz de Bergwelt 76 77 2012 S 217 234 Christian Korner Alpine Plant Life 2 Auflage Springer 2003 ISBN 3 540 00347 9 S 108 Wolfgang Wagner 2005 2019 Roger Apollo Europaische Schmetterlinge und ihre Okologie Engadiner Bar Arctia flavia Europaische Schmetterlinge und ihre Okologie Eis Mohrenfalter Erebia pluto Christian Korner Alpine Plant Life Springer 2 Auflage Berlin 2002 Thorsten Englisch 1999 S 57 Magali Matteodo Klaus Ammann Eric Pascal Verrecchia Pascal Vittoz Snowbeds are more affected than other subalpine alpine plant communities by climate change in the Swiss Alps Ecology and Evolution 6 19 2016 1 Weblinks BearbeitenKalkschutthalden Klassifikation in der InfoFlora fur den Schweizer Alpenteil Alpine Kalkblockflur Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kalkschutthalden amp oldid 234763170