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Das KZ Aussenlager Gundelsdorf war eines der zahlreichen Aussenlager des Konzentrationslagers Flossenburg Es befand sich in der oberfrankischen Gemeinde Gundelsdorf seit 1 Januar 1978 ein Gemeindeteil der Stadt Kronach und bestand vom 12 September 1944 bis zum 13 April 1945 Die judischen vorwiegend weiblichen Haftlinge wurden als Zwangsarbeitskrafte im Nachschublager der Luftwaffe am Gundelsdorfer Bahnhof und als Naherinnen in einer Firma im benachbarten Knellendorf eingesetzt Mahnmal zur Erinnerung an das Aussenlager Gundelsdorf und die dort untergebrachten Haftlinge Inhaltsverzeichnis 1 Standort 2 Geschichte 3 Gundelsdorfer Bevolkerung 4 Juristische Aufarbeitung 5 Gedenkstatte 6 Literatur 7 EinzelnachweiseStandort BearbeitenDas Konzentrationslager befand sich auf dem Betriebsgelande der ehemaligen Dampfziegelei Marie unmittelbar an der Ostseite der Hauptstrasse der heutigen Bundesstrasse 85 Das 1898 gegrundete Unternehmen musste die Produktion wahrend des Zweiten Weltkriegs ab 1941 aus wirtschaftlichen Grunden einstellen Es verfugte uber einen Anschluss an die westlich der Bundesstrasse verlaufende Bahnstrecke Hochstadt Marktzeuln Probstzella was den Transport der Haftlinge erleichterte Die Ziegelei die 1947 1948 ihren Betrieb wieder aufnahm wurde 1976 endgultig geschlossen und das die Bundesstrasse querende Bahngleis demontiert auf dem ehemaligen Betriebsgelande befindet sich heute ein Baustoffhandel 1 2 Geschichte BearbeitenIn den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs wurden zahlreiche kriegswichtige Betriebe und teilweise auch militarische Einheiten aus den Ostgebieten wo die Rote Armee immer weiter in Richtung Westen vorruckte in das deutsche Hinterland verlegt 3 8 Als Standorte wurden haufig arisierte Betriebe judischer Geschaftsleute gewahlt da diese sich nicht gegen die Enteignung wehren konnten und dadurch nur mit geringem Widerstand zu rechnen war 3 19 20 So wurde am 12 September 1944 ein Nachschublager der Luftwaffe aus Zablocie bei Krakau an den Bahnhof in Gundelsdorf verlegt 3 21 23 Das zugehorige Barackenlager entstand auf dem Betriebsgelande der 1898 von dem judischen Kaufmann Julius Obermeier gegrundeten Dampfziegelei Marie die ihre Produktion 1941 aus wirtschaftlichen Grunden einstellen musste 2 3 21Auf Betreiben des Kommandofuhrers eines Hauptmanns namens Friedrich Fischer wurden hierfur 100 polnische Judinnen aus dem bei Krakau gelegenen KZ Plaszow die zum Grossteil dort bereits fur Fischer im Nachschublager gearbeitet hatten als Arbeitskrafte nach Gundelsdorf deportiert 3 22 Der Transport der Frauen die zwischen 13 und 46 Jahre alt waren erfolgte ab Mitte oder Ende August 1944 uber das KZ Auschwitz wo die Haftlinge wohl aus Quarantanegrunden mehrere Wochen blieben nach Flossenburg und von dort weiter nach Gundelsdorf 3 10 22 23 Nach ihrer Ankunft am 11 September 1944 mussten die Frauen in der Lehmgrube auf dem Gelande der Ziegelei zunachst sehr einfach ausgestattete Baracken ohne Betten oder nennenswerte sanitare Anlagen als Unterkunfte fertigstellen 1 3 22 66 Konzipiert war das Lager fur eine durchschnittliche Belegung mit 75 Haftlingen 1 Da es sich bei dem Nachschublager um eine militarische Einrichtung der Luftwaffe handelte wurde das Wachpersonal in Gundelsdorf entgegen der sonst ublichen Bewachung durch SS Personal ebenfalls von der Luftwaffe gestellt 3 116 Spater wurden noch vier SS Helferinnen als Aufseherinnen von Flossenburg nach Gundelsdorf abkommandiert 3 31Spatestens ab dem 7 November 1944 wurden in Gundelsdorf auch mannliche Haftlinge eingesetzt 3 28 fur die das Lager entsprechend erweitert wurde 3 30 Ursprunglich sollte dies wohl bereits zur Grundung des Aussenlagers der Fall sein der Transport mit Mannern die wie die Frauen bereits bei Krakau fur Fischer gearbeitet hatten wurde jedoch offenbar in ein bis Stand 2010 nicht identifiziertes polnisches Bergwerk umgeleitet 3 9 Als Ersatz wurden Anfang November 50 mannliche Haftlinge aus Flossenburg nach Gundelsdorf uberstellt 3 28 Diese judischen Manner die unterschiedlichen Nationalitaten angehorten stammten zum Grossteil aus dem KZ Auschwitz 3 194 und waren physisch in sehr viel schlechterer Verfassung als die bereits in Gundelsdorf untergebrachten Frauen 3 28 Annahernd die Halfte wurde deshalb wieder nach Flossenburg zuruck uberstellt von wo am 25 November wiederum bis zu 17 aus Ungarn stammende Manner die zuvor im serbischen Bor als Zwangsarbeiter eingesetzt worden waren nach Gundelsdorf kamen 3 38 39 Im Dezember wurden erneut zahlreiche kranke und arbeitsunfahige Manner zuruck nach Flossenburg uberfuhrt fur die am 23 Dezember maximal 22 vorwiegend aus Italien stammende Haftlinge als Ersatz nach Gundelsdorf kamen 3 49 Die Gesamtzahl der mannlichen Haftlinge die im Laufe der Zeit das Aussenlager durchliefen ist nicht bekannt da die Unterlagen des KZ Flossenburg teilweise keine exakte Zuordnung zulassen Es durfte sich jedoch um 70 bis maximal 90 Personen gehandelt haben von denen bis zum Jahr 2010 lediglich 40 namentlich identifiziert werden konnten 3 90Der Grossteil der in Gundelsdorf internierten Frauen und Manner wurde im Luftwaffennachschublager am Bahnhof eingesetzt wo sie Guterwagen be und entladen mussten 3 59 65 Ein Teil der Frauen arbeitete in der Kuche und in der Wascherei 3 24 Ab 11 Dezember 1944 mussten rund 20 der Frauen im benachbarten Knellendorf fur die Firma Wiedemann amp Co Militaruniformen nahen 3 98 99Drei der mannlichen Haftlinge starben nachweislich wahrend ihrer Inhaftierung in Gundelsdorf Der erste Todesfall ereignete sich Ende November 1944 als ein Grieche in der Sanitatsbaracke an Krankheit und Entkraftung starb 3 38 Der zweite Tote war ein Ungar der Mitte Dezember an den Folgen von Misshandlungen durch das Wachpersonal verstarb 3 40 48 zwei der beteiligten Offiziere wurden danach auf Veranlassung von Kommandofuhrer Fischer zu Fronteinheiten versetzt 3 48 Ende Dezember 1944 oder Anfang Januar 1945 starb der dritte Haftling ein Pole an Entkraftung 3 85 88 Weitere Todesopfer unter den mannlichen Haftlingen infolge von Misshandlungen durch die Wachmannschaft sind moglich konnten anhand der Unterlagen des KZ Flossenburg jedoch nicht bestatigt werden Moglicherweise handelt es sich bei entsprechenden Hinweisen somit um Irrtumer verfalschte Erinnerungen oder Verwechslungen der uberlebenden Haftlinge mit anderen Lagerstandorten 3 74 85Der dritte Tote in Gundelsdorf und die wohl generell schlechten Bedingungen im Lager waren wahrscheinlich der Ausloser fur die Auflosung des Mannerlagers am 27 Januar 1945 alle noch lebenden mannlichen Haftlinge wurden zuruck nach Flossenburg transportiert Ein grosser Teil der Manner starb dort in den folgenden Monaten wurde in andere Aussenlager uberstellt oder am 8 Marz 1945 nach Bergen Belsen evakuiert 3 89 90 Im Jahr 2010 waren lediglich vier mannliche Uberlebende bekannt 3 90Gleichzeitig mit der Auflosung des Mannerlagers wurde die Auflosung des Frauenlagers innerhalb eines Zeitraums von zwei Wochen angeordnet 3 89 90 Ein Grossteil der weiblichen Haftlinge wurde am 6 Februar 1945 in das KZ Ravensbruck gebracht von wo aus die Frauen spater teilweise in andere Lager transportiert wurden 3 96 97 In Gundelsdorf verblieben lediglich 35 weibliche Haftlinge darunter die 20 in Knellendorf als Naherinnen eingesetzten Frauen 3 95 96 Diese 20 Haftlinge wurden am 27 Februar 1945 nach Zwodau in Tschechien evakuiert 3 101 wo sie mit anderen Frauen aus Helmbrechts und dem schlesischen Freiburg zusammengelegt wurden Am 13 April 1945 mussten die Frauen von dort aus einen sogenannten Todesmarsch antreten den viele nicht uberlebten sie starben an Entkraftung oder wurden vom Wachpersonal erschossen Ein grosser Teil der Frauen aus Gundelsdorf uberlebte die Todesmarsche jedoch und konnte befreit werden 3 191 194Bei den 15 noch in Gundelsdorf verbliebenen Judinnen handelte es sich wahrscheinlich um eine Gruppe von privilegierten Haftlingen die im Lager grossere Freiheiten genossen und teilweise auch Kontakt mit den Bewohnern des Ortes hatten 3 103 104 Eine der Frauen die den Haushalt Fischers fuhren musste konnte von mehreren Einwohnern bis zum Einmarsch der amerikanischen Truppen am 12 April 1945 versteckt werden 3 108 109 Alle anderen Frauen wurden im April 1945 hochstwahrscheinlich zusammen nach Helmbrechts abtransportiert von wo aus sie wahrscheinlich weiter nach Zwodau gebracht wurden und dort ebenfalls einen Todesmarsch antreten mussten 3 106 Ein grosser Teil dieser Frauen uberlebte und konnte befreit werden 3 191 194Die vollstandige Auflosung des Gundelsdorfer Aussenlagers ist in den Unterlagen des KZ Flossenburg nicht mehr verzeichnet 3 104 105 Es wurde dort letztmals am 13 April 1945 erwahnt 3 117Gundelsdorfer Bevolkerung BearbeitenDie Bevolkerung von Gundelsdorf nahm offenbar recht schnell eine deutliche Abwehrhaltung dem Lager und dem Luftwaffenpersonal gegenuber ein Zum einen lag dies wohl am schlechten Verhalten der Luftwaffenangehorigen einzelnen Mitgliedern der Dorfgemeinschaft gegenuber Zum anderen furchteten die Einwohner die Ausbreitung von Seuchen aufgrund der menschenunwurdigen Bedingungen unter denen die Haftlinge untergebracht waren Daneben bestand die Gefahr dass der Ort aufgrund des Nachschublagers Ziel von Luftangriffen wurde Mit der abzusehenden Niederlage wuchs auch die Furcht vor undifferenzierten Vergeltungsmassnahmen der Alliierten 3 180Dennoch duldeten keineswegs alle Einwohner das Lager stillschweigend So protestierten etliche Gundelsdorfer Burger bei der Kommandantur in Flossenburg gegen die unmenschliche Behandlung der Haftlinge oder versuchten obwohl ihnen jeglicher Kontakt zu den Haftlingen verboten war deren Leid zu lindern indem sie ihnen heimlich Nahrung zukommen liessen Eine der Judinnen konnte von mehreren Einwohnern bis zum Eintreffen der amerikanischen Truppen versteckt werden 3 180 183Wenn in Berichten uberlebender Haftlinge konkrete Personen aus der Gundelsdorfer Bevolkerung erwahnt wurden geschah dies in der Regel in einem positiven Licht 3 180Juristische Aufarbeitung BearbeitenNach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nahm die Staatsanwaltschaft Coburg aufgrund des Todes des misshandelten Haftlings Ermittlungen wegen Totschlags auf und erhob Anklage gegen Kommandofuhrer Hauptmann Friedrich Fischer Lagerfuhrer Unteroffizier Wilhelm Sann und weitere Offiziere Am 8 Juli 1952 wurde Fischer wegen mehrerer Korperverletzungen gefahrlicher Korperverletzungen oder deren Anordnung zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt Sann wurde in derselben Verhandlung wegen mehrerer Korperverletzungen und gefahrlicher Korperverletzungen zu einer Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt 3 131 Die Aufenthaltsorte der restlichen Offiziere konnten von den Behorden nicht ermittelt und diese somit nicht zur Rechenschaft gezogen werden 3 165 166Gedenkstatte BearbeitenAuf Initiative der Evangelischen Jugend wurde am 8 Mai 2002 am parallel zur Bundesstrasse 85 verlaufenden Rad und Fussweg zwischen Gundelsdorf und Knellendorf ein Gedenkstein errichtet Das Mahnmal das vom Kronacher Bildhauer Heinrich Schreiber aus einem Block Flossenburger Granit angefertigt wurde zeigt eine Menschenmenge die unter der Last einer unmenschlichen Diktatur leidet 1 Literatur BearbeitenPascal Cziborra KZ Gundelsdorf Fischers Liste Die Aussenlager des KZ Flossenburg Band 6 Lorbeer Verlag Bielefeld 2010 ISBN 978 3 938969 11 3 Barbara Heinlein Das ehemalige KZ Aussenlager Gundelsdorf In Landkreis Kronach Hrsg Heimatkundliches Jahrbuch des Landkreises Kronach Band 23 2001 02 Anton Hauguth Verlag Kronach Neuses 2002 ISBN 3 9803467 6 5 S 217 223 Evangelische Jugend im Dekanat Kronach Hrsg Das KZ Aussenlager Gundelsdorf Ergebnisse einer Spurensuche Witwe Marie Link Druck Kronach 2000 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Barbara Heinlein Das ehemalige KZ Aussenlager Gundelsdorf In Heimatkundliches Jahrbuch des Landkreises Kronach Band 23 2001 02 a b Gerd Fleischmann Mit Julius Obermeier kam der wirtschaftliche Aufschwung In Heimatkundliches Jahrbuch des Landkreises Kronach Band 23 2001 02 S 197 203 a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai aj ak al am an ao ap aq ar Pascal Cziborra KZ Gundelsdorf Fischers Liste Die Aussenlager des KZ Flossenburg Band 6 50 284738 11 301713 Koordinaten 50 17 5 1 N 11 18 6 2 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title KZ Aussenlager Gundelsdorf amp oldid 226715709