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Friedrich Fritz Fischer 12 Januar 1908 in Frankfurt Preungesheim nach 1969 war ein deutscher Hauptmann der Luftwaffe und Lagerkommandant des KZ Aussenlagers Gundelsdorf Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Fischers Liste 3 Verhaltnis zur judischen Belegschaft 4 Literatur 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenNach Abschluss seiner schulischen Laufbahn absolvierte Fischer zunachst eine Ausbildung zum Fernmeldeingenieur bevor er eine Beamtenlaufbahn bei der Wehrmacht einschlug 1 117 Zum 1 Mai 1933 trat er in Bielefeld in die NSDAP ein Mitgliedsnummer 2 471 228 2 blieb jedoch passives Mitglied und ubte keine Parteiamter aus 1 117 151Wahrend des Zweiten Weltkriegs kam der Hauptmann im Januar 1943 im Zuge der Ruckverlegung der Front aus der Ukraine nach Krakau wo er Leiter eines Luftwaffennachschublagers wurde Die Verladearbeiten dort wurden mangels Arbeitskraften von etwa 100 judischen Haftlingen aus dem KZ Plaszow durchgefuhrt 1 8 Im September 1944 erhielt Fischer den Befehl das Lager in das Innere des Deutschen Reichs zu verlegen 1 9 als Standort wurde die unmittelbare Nachbarschaft des Bahnhofs der oberfrankischen Gemeinde Gundelsdorf ausgewahlt Auf Betreiben des Hauptmanns wurde ein Teil der judischen Belegschaft ebenfalls nach Gundelsdorf deportiert und dort in einem Barackenlager auf dem Betriebsgelande einer Ziegelei untergebracht 1 21 22 Wahrend Fischers Zeit als Kommandant des dem KZ Flossenburg untergeordneten Aussenlagers starben nachweislich drei der mannlichen Haftlinge einer davon infolge von Misshandlungen durch das Wachpersonal 1 38 40 85 212Im April oder Mai 1945 geriet Fischer in amerikanische Gefangenschaft aus der er jedoch bereits im August 1945 wieder entlassen wurde Er kehrte zunachst in sein Elternhaus in Preungesheim zuruck und arbeitete ab Mitte 1946 im Internierungslager in Darmstadt als Wachleiter Fischer kundigte die Anstellung jedoch im Januar 1947 nachdem er von seiner Ehefrau beim Counter Intelligence Corps der US Armee als ehemaliges NSDAP Mitglied denunziert worden war um seiner Entlassung zuvorzukommen Da er furchtete eine langere Inhaftierung durch die Besatzungsmachte aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht zu uberstehen und wegen seiner verschwiegenen Parteizugehorigkeit keine angemessene Arbeitsstelle zu finden tauchte Fischer kurz darauf unter und nahm eine neue Identitat an 1 118 119 Er lebte unter dem Namen Hans Wolfgang Kleinert in Gundelfingen und arbeitete in Freiburg im Breisgau Seine Ehe aus der im August 1945 ein Sohn hervorgegangen war wurde am 18 Marz 1948 in Abwesenheit Fischers geschieden 1 122Aufgrund seiner Tatigkeit als Lagerkommandant in Gundelsdorf wurde der ehemalige Hauptmann ab Marz 1950 von der Staatsanwaltschaft in Coburg wegen Beihilfe zur Korperverletzung und ab 8 Juni 1950 wegen Mordverdachts per Haftbefehl gesucht Fischer verriet sich im Marz 1951 selbst als er seinem Rechtsanwalt in Freiburg seine wahre Identitat offenbarte um in ein legales Leben zuruckkehren zu konnen und kam in Untersuchungshaft 1 122 Am 8 Juli 1952 wurde der ehemalige Hauptmann in Coburg wegen mehrerer Korperverletzungen gefahrlicher Korperverletzungen oder deren Anordnung zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt vom Vorwurf des Mordes wurde er freigesprochen 1 131 Durch die strafrechtliche Verurteilung durfte Fischer als Wehrmachtsbeamter und Luftwaffenoffizier auch seine Pensionsanspruche verloren haben 1 115 Wegen der Dauer seiner Untersuchungshaft von einem Jahr und vier Monaten verblieb eine Reststrafe von zwei Monaten 1 131 Ob wo und wann er diese verbusste ist unbekannt 1 115Nach seiner Verurteilung wandte sich Fischer am 4 Dezember 1953 mit einem Gnadengesuch an Bundesprasident Theodor Heuss das jedoch abgelehnt wurde 1 132 Auch das Straffreiheitsgesetz vom 17 Juli 1954 kam bei ihm nicht zur Anwendung da laut Urteil des Landgerichts Coburg vom 4 November 1954 die notwendigen Voraussetzungen bei dem ehemaligen Hauptmann nicht erfullt waren 1 133 Fischer und seine Anwalte bemuhten sich daraufhin mehrmals um eine Wiederaufnahme des Gerichtsverfahrens um eine Rehabilitierung zu erreichen Die entsprechenden Antrage aus den Jahren 1956 1959 1961 1964 und letztmals 1969 wurden jedoch abgelehnt 1 134 135 obwohl Fischer eine wachsende Zahl von Entlastungszeugen prasentieren konnte darunter mehrere der ehemaligen judischen Haftlinge die ihn mit eidesstattlichen Erklarungen bei seinen Bemuhungen unterstutzten 1 135 136Fischers Liste BearbeitenAutor Pascal Cziborra weist in seinem Buch in Bezug auf Hauptmann Friedrich Fischer auf Parallelen zur Geschichte des Grossindustriellen Oskar Schindler hin 1 11 12 Wie Schindler will Fischer sich mit einer namentlichen Liste fur die Ruckfuhrung seiner judischen Arbeitskrafte eingesetzt haben die wahrend seiner Abwesenheit ohne sein Wissen von der SS von Krakau nach Auschwitz gebracht worden sein sollen 1 10 Obwohl diese Bemuhungen von Fischers Vorgesetztem Oberstleutnant Theobald Weyres bestatigt wurden 1 11 konnten bis Stand 2010 keine Dokumente gefunden werden die dies belegen wurden 1 13 14 Zudem widerspricht dieser Version eine Aussage des Kommandanten des KZ Plaszow Amon Goth wonach samtliche Haftlingstransporte in das Innere des Deutschen Reichs aus Quarantanegrunden generell uber das Lager Auschwitz erfolgten Ein Eingreifen Fischers ware somit gar nicht notwendig gewesen 1 18 Unklar ist ob Fischer dies tatsachlich nicht wusste oder die Ereignisse lediglich zu seiner Verteidigung vor Gericht umdeutete 1 18 19 Obwohl der Fall des Oskar Schindler erst viel spater in der Offentlichkeit bekannt wurde konnte Fischer durch personliche Kontakte davon erfahren und dessen Geschichte adaptiert haben So ist nicht ausgeschlossen dass die beiden Manner sich direkt kannten da sich das Krakauer Nachschublager und Schindlers Fabrik beide in Zablocie befanden und die Belegschaften wohl Kontakt untereinander hatten 1 13Dass er selbst keine entsprechenden schriftlichen Aufzeichnungen besass erklarte Fischer damit dass diese sich zusammen mit personlichen Dingen und anderen dienstlichen Unterlagen in einer Holzkiste befunden hatten die er Anfang April 1945 von einem Untergebenen im Garten seines Grundstucks in Gundelsdorf vergraben liess Sein Schwiegervater habe die Kiste wahrend Fischers Gefangenschaft bei den Amerikanern ausgegraben und samtliche dienstlichen Dokumente darin vernichtet 1 14Autor Franz Kluge weist darauf hin dass Fachleute der KZ Gedenkstatte Flossenburg den von Pascal Cziborra gezogenen Vergleich zu Oskar Schindler kritisch sehen Er sei fragwurdig und historisch nicht nachvollziehbar Cziborra sei laut Kluge den von ihm dokumentierten Fakten gegenuber zu unkritisch und lasse das kritische Beurteilungsvermogen vermissen um die von ihm zitierten Quellen historisch objektiv interpretieren zu konnen 3 113Verhaltnis zur judischen Belegschaft BearbeitenZu seinen judischen Arbeitskraften will Fischer ein generell gutes Verhaltnis gehabt haben und um deren Wohlergehen besorgt gewesen sein Von Uberlebenden wurde bestatigt dass der Hauptmann sich in Krakau um die Beschaffung von Lebensmitteln und Medikamenten und um die Zusammenfuhrung von Familienmitgliedern in seinem Lager bemuhte 1 17 Daneben ermoglichte er den eigentlich streng nach Geschlechtern getrennt untergebrachten Haftlingen nachtliche Zusammenkunfte von Familienmitgliedern und erlaubte Kontakte zur Belegschaft von Oskar Schindlers Emailfabrik wo die Haftlinge zusatzliche Nahrung erhalten konnten 1 128 129 Dass er hierbei aus rein uneigennutzigen Grunden handelte kann bezweifelt werden da der Hauptmann und seine Untergebenen wohl von der Belegschaft bestochen wurden und Fischer sich eventuell lediglich diese lukrative Einnahmequelle erhalten wollte 1 15Auch in Gundelsdorf soll das Verhaltnis zwischen den Haftlingen und Fischer und dessen Untergebenen zunachst vergleichsweise wohlwollend gewesen sein 1 35 36 So bemuhte sich der Hauptmann dort ebenfalls um zusatzliche Lebensmittelrationen 1 55 57 die medizinische Versorgung 1 70 74 und gewahrte den Haftlingen gewisse Freiheiten die gegen die Haftvorschriften der SS verstiessen 1 127 130 Diese Verstosse die bei einer unangekundigten Inspektion durch den Flossenburger Lagerkommandanten Max Koegel auffielen waren wohl der Hauptgrund fur die Abkommandierung von vier SS Helferinnen nach Gundelsdorf 1 33 35 wo die Bewachung bis dahin ausschliesslich durch Personal der Luftwaffe erfolgte 1 116Mit dem Eintreffen dieser Aufseherinnen anderte sich Fischers Verhalten den Haftlingen gegenuber zumindest nach aussen grundlegend 1 35 36 In den Aussagen ehemaliger Untergebener und der Gundelsdorfer Bevolkerung wurde er als Choleriker oder Judenhasser beschrieben 1 36 139 144 der die Haftlinge haufig angeschrien und misshandelt haben soll 1 76 77 139 Teilweise handelte es sich bei den Befragten jedoch um Personen die womoglich personliche Abneigungen gegen Fischer hegten 1 146 147 oder von eigenem Fehlverhalten ablenken wollten 1 139 141 Zudem wurden vermeintliche Opfer des Hauptmanns nicht befragt oder konnten nicht befragt werden sodass der Wahrheitsgehalt der betreffenden Aussagen zumindest fraglich ist 1 146 Auch diverse Anschuldigungen in den Aussagen ehemaliger Haftlinge lassen sich anhand der bekannten Fakten nicht belegen Es handelte sich dabei wohl zumeist um bewusste oder unbewusste Ubertreibungen oder um verfalschte Erinnerungen bei denen Ereignisse an anderen Orten mit dem Gundelsdorfer Lager und der Person Friedrich Fischer in Verbindung gebracht wurden 1 81 85 213 217 Den Misshandlungsvorwurfen widersprachen Fischers eigene Aussage und die Zeugnisse mehrerer Uberlebender die das Verhalten des Hauptmanns als Schauspiel fur das linientreue SS Personal beschrieben in Abwesenheit der Aufseherinnen habe sich Fischer zumindest seinen Vertrauten unter den judischen Haftlingen gegenuber stets gerecht und respektvoll verhalten 1 130 137 139Als die endgultige Auflosung des Gundelsdorfer Lagers und die Ankunft der alliierten Truppen bevorstand soll Fischer die 15 noch im Lager verbliebenen Judinnen bei ihren Fluchtplanen zumindest indirekt unterstutzt haben etwa durch das Besorgen ziviler Kleidung 1 103 104 Daneben plante er wohl zeitweilig die Frauen im Rahmen einer vorgetauschten Erschiessungsaktion im Wald in der Nahe von Gundelsdorf in die Freiheit zu entlassen setzte dies jedoch nicht in die Tat um 1 110 111 Stattdessen sorgte er fur die Verlegung der letzten Haftlinge in das KZ Aussenlager Helmbrechts wo er die Frauen wohl in relativer Sicherheit glaubte von dem Todesmarsch der von dort aus stattfand hatte er zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis Der langere Aufenthalt in Gundelsdorf durfte jedoch die Uberlebenschancen der Frauen erhoht haben 1 114Autor Pascal Cziborra stellt fest dass Friedrich Fischer zwar keineswegs der uneigennutzige Judenretter war als der er sich vor Gericht darzustellen versuchte 1 10 15 Gleichwohl hatten viele der in Gundelsdorf inhaftierten Frauen dem Hauptmann zumindest mittelbar ihr Uberleben zu verdanken Es bestehe somit die Moglichkeit dass Fischer ein Opfer seines fur die Gundelsdorfer Bevolkerung und das linientreue SS Personal gespielten Judenhasses wurde da das Gericht seinen Ausfuhrungen offenbar keinen Glauben schenkte und belastende Zeugenaussagen und die ihm zur Last gelegten Korperverletzungen als schwerwiegender beurteilte als entlastende Aussagen ehemaliger Haftlinge 1 114 Aus wissenschaftlicher Sicht gesehen erscheine es wahrscheinlich dass Fischer sich im Rahmen der Verhaltnisse und Strukturen im NS Staat durchaus anstandig und gewissenhaft verhalten und nicht aus rassistischen Motiven gehandelt habe 1 145 Bei den von ihm begangenen oder angeordneten Korperverletzungen handle es sich um seinerzeit gebrauchliche Strafmassnahmen 1 147Literatur BearbeitenPascal Cziborra KZ Gundelsdorf Fischers Liste Die Aussenlager des KZ Flossenburg Band 6 Lorbeer Verlag Bielefeld 2010 ISBN 978 3 938969 11 3 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai aj ak al am an ao ap aq ar as at au av aw Pascal Cziborra KZ Gundelsdorf Fischers Liste Die Aussenlager des KZ Flossenburg Band 6 Lorbeer Verlag Bielefeld 2010 ISBN 978 3 938969 11 3 Bundesarchiv R 9361 IX KARTEI 8870534 Franz Kluge Auslandische Arbeitskrafte als Zwangsarbeiter Eine Spurensuche im Landkreis Kronach fur den Zeitraum 1940 1945 In Heimatkundliches Jahrbuch des Landkreises Kronach Band 29 2019 ISBN 978 3 9817764 2 3 S 104 116 Normdaten Person GND 143658298 lobid OGND AKS VIAF 169033700 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Fischer FriedrichALTERNATIVNAMEN Fischer FritzKURZBESCHREIBUNG deutscher KZ LagerkommandantGEBURTSDATUM 12 Januar 1908GEBURTSORT Frankfurt PreungesheimSTERBEDATUM nach 1969 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Friedrich Fischer Hauptmann amp oldid 239362674