Julius Hermann Pätsch (* 15. Juni 1905 in Gelsenkirchen; † 29. Oktober 1982 in Jena) war ein deutscher Journalist. Er war der erste Chefredakteur der ab 1948 im Ruhrgebiet erschienenen kommunistischen Neuen Volkszeitung. Nach der Übersiedlung in die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) war er ab 1949 als SED-Funktionär in verschiedenen Ministerien tätig.
Leben Bearbeiten
Julius Pätsch wurde in einer Bergmannsfamilie geboren. Er arbeitete zwischen 1920 und 1933 selbst als Bergmann in der Gelsenkirchener Bergwerks-AG. 1923 schloss er sich der Arbeiterbewegung an und wurde Mitglied der SPD. Er war in Gelsenkirchen Mitglied der Bezirksleitung der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) und Mitglied des Zentralverbandes der Angestellten (ZdA).
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten floh Pätsch 1933 ins Exil. 1935 wurde er verhaftet und verbüßte die Haft in der Strafanstalt Wittlich/Mosel. Ab 1936 war er Arbeiter bei den Vereinigten Stahlwerken in Gelsenkirchen. 1944 leistete er der Einberufung in die Wehrmacht nicht Folge und ging bis Kriegsende in den Untergrund.
1945 trat er in die KPD ein und wurde Sekretär der KPD-Kreisleitung Gelsenkirchen. Ab 1946 war er zunächst Stellvertreter Georg Kipps und dann selbst Erster Sekretär (Vorsitzender) der KPD-Bezirksleitung Nord-Westfalen mit Sitz in Münster. 1948 wurde er in Dortmund der erste Chefredakteur der dreimal wöchentlich erscheinenden Neuen Volkszeitung, dem Organ der KPD für das Ruhrgebiet. Noch im selben Jahr siedelte er zusammen mit seiner späteren Ehefrau, der Linguistin und Ethnologin Gertrud Kettler-Robben (später Pätsch), die in der KPD-Bezirksleitung in Münster für die Kulturpolitik verantwortlich war, in die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) über.
In der DDR war Julius Pätsch ab 1949 Leiter der Hauptabteilung für Hochschulen im Ministerium für Volksbildung in Weimar. Ab 1951 war er Abteilungsleiter für Gesellschafts- und Sprachwissenschaften im Staatssekretariat für Hochschulwesen in Berlin. Nach 1953 war er leitend im Büro des Ministerrates der DDR tätig. Dort wurde er 1958 wegen „revisionistischer“ Ansichten anlässlich des Ungarnaufstandes entlassen. Danach war er freiberuflicher Journalist.
Der Fall Pieper-Streletzki Bearbeiten
Die Nachkriegszeit war für die Aktivisten der KPD in Westfalen, von denen einige im Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiv gewesen waren, von Konflikten mit ehemaligen Nationalsozialisten geprägt. Auch die Britische Militärverwaltung erließ gegen die KPD Verbote und führte Verhaftungen durch. In seinem Buch, Ein Totgesagter kehrt zurück, schildert Rudolf Fey, der als Parteisekretär in der KPD-Bezirksleitung in Münster ein Genosse Julius Pätschs gewesen ist, den Fall von Werner Pieper-Streletzki, einem angeblich aus der SBZ geflohenen SED-Funktionär, mit dessen Auftritt für eine Wahlveranstaltung der CDU im Januar 1948 im westfälischen Gronau geworben wurde. Julius Pätsch sollte auf dieser Wahlveranstaltung das Wort ergreifen und Pieper-Streletzki entlarven. In Wahrheit handelte es sich bei diesem um einen ehemaligen SS-Unterführer, der in amerikanischer Kriegsgefangenschaft als CIA-Agent ausgebildet und mit gefälschten Papieren, die ihn als KZ-Häftling auswiesen, in der SBZ eingesetzt worden war und dort Sabbotage-Akte verübt hatte.
„Julius Pätsch war ein außerordentlich gebildeter Genosse mit gewählter Redeweise, etwas professoral und distinguiert wirkend, der durch überzeugende Argumente die Zuhörer in seinen Bann zu schlagen vermochte. Er hatte etwa zehn Minuten gesprochen, als Militärpolizei mit der Gronauer Ortspolizei im Saal erschien, die Versammlung als widerrechtlich schloss und Julius Pätsch auf der Stelle verhaftete. Kriminalwachtmeister Möller, einst Unterbannführer der HJ, führte die Verhaftung durch. […] Als Gertrud Kettler-Robben in englischer Sprache gegen die Verhaftung Protest erhob, wurde sie gleich mit abgeführt.“
Pätsch und Fey kamen vor ein britisches Militärgericht. Der Richter habe „eine nicht zu unterdrückende Abneigung [gezeigt], daß ihm zugemutet worden war für diesen Verbrecher (Pieper-Streletzki) ein Anklageverfahren gegen Antifaschisten durchzuführen. Das wurde auch offenkundig, als er Julius Pätsch und mich besonders höflich nach unserer antifaschistischen Einstellung und unserem Widerstand gegen das Naziregime befragte“ (Rudolf Fey). Beide wurden zu einer Geldstrafe verurteilt. Zu dem Zeitpunkt, als die Strafe entrichtet werden sollte, hatte Julius Pätsch mit Ferdinand Hestermann und Gertrud Kettler-Robben die Britische Besatzungszone verlassen.
Auszeichnungen Bearbeiten
- Medaille 30. Jahrestag der Gründung der DDR
- Ehrennadel der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands / Ehrennadel für 50-jährige Mitgliedschaft in Arbeiterparteien
Zeitungsartikel (Auswahl) Bearbeiten
- Die Lage der Studenten in Westdeutschland und in der Deutschen Demokratischen Republik. In: Universitäts-Zeitung Jena, 1. Oktober 1950. Digitalisat
Literatur Bearbeiten
- Rudolf Fey: Ein Totgesagter kehrt zurück. Militärverlag der DDR, Berlin 1989.
- Christa Hempel-Küter: Die KPD-Presse in den Westzonen von 1945 bis 1956: Historische Einführung, Bibliographie und Standortverzeichnis. Peter Lang GmbH, Internationaler Verlag der Wissenschaften; Neuausg. Edition (1. Juli 1993).
Einzelnachweise Bearbeiten
- ↑ Bundesarchiv: SED-Kaderakte von Julius Pätsch DY 30/ 92304.
- ↑ Rudolf Fey: Ein Totgesagter kehrt zurück. Militärverlag der DDR, Berlin 1989, Seite 357–374.
- Christa Hempel-Küter: Die KPD-Presse in den Westzonen von 1945 bis 1956: Historische Einführung, Bibliographie und Standortverzeichnis. Peter Lang GmbH, Internationaler Verlag der Wissenschaften; Neuausg. Edition (1. Juli 1993), S. 221–225.
- Wilhelm Seidel: Lizenzen-Handbuch deutscher Verlage 1949: Zeitungen, Zeitschriften, Buchverlage. Walter de Gruyter, Berlin 1949, ISBN 978-3-11-164026-6, S. 7 (google.de [abgerufen am 9. August 2023]).
- Gottfried Meinhold: Der besondere Fall Jena. Die Universität im Umbruch 1989–1991. Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2014, Seite 311.
Personendaten | |
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NAME | Pätsch, Julius |
ALTERNATIVNAMEN | Pätsch, Julius Hermann (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Journalist |
GEBURTSDATUM | 15. Juni 1905 |
GEBURTSORT | Gelsenkirchen, Deutsches Reich |
STERBEDATUM | 1. November 1982 |
STERBEORT | Jena, Bezirk Gera, Deutsche Demokratische Republik |