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Igemfe IsiZulu Plural amagemfe auch igekle igenkle igenxe igerre und igexhle bezeichnet zwei Flotentypen der Zulu in Sudafrika die beide im 21 Jahrhundert obsolet sind hauptsachlich eine fingerlochlose einfache Form einer Kernspaltflote die von Jungen und stets paarweise gespielt wurde sowie ferner eine bereits in den 1930er Jahren seltene kleine Querflote mit zwei bis vier Fingerlochern Die ungewohnliche Langsflote besteht aus einer dickeren Pflanzenrohre in die eingeblasen wird und aus einer mit ihr fest verbundenen dunneren Rohre die an beiden Enden offen ist Sie produziert zwei Tone Der um eine Quarte tiefere Ton entsteht wenn das untere Ende mit dem Finger geschlossen wird Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Verbreitung 2 Bauform 3 Spielweise 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHerkunft und Verbreitung BearbeitenDas einfachste Blasinstrument der Zulu und Xhosa ist eine aus einem Pflanzenrohr angefertigte kleine Pfeife impepe Plural izimpepe die am oberen Ende gerade abgeschnitten und am unteren Ende durch einen Fruchtknoten geschlossen ist Der Ton wird erzeugt indem der Spieler das Rohrende an die aufgebogene Zungenspitze legt und schrag uber die obere Kante blast Die von Jungen als Spielzeug verwendete impepe produziert einen hohen Grundton und nur bei etwas langeren Instrumenten gelegentlich den ersten Oberton eine Duodezime hoher In einem Worterbuch von 1878 wird die impepe als Knochenflote gelistet 1 Eine Flote aus Schafs oder Ziegenknochen bei den Zulu erwahnt bereits der britische Missionar Allen Gardiner 1836 Die in das dunnere Ende geblasene am unteren Ende vermutlich geschlossene Flote erzeugte einen derart schrillen Ton dass sich Gardiner als er ihr Spiel zur Begleitung aller Arten von Tanzen horte jedes Mal auf die gegenuberliegende Seite des Tanzkreises begeben musste 2 Ein Worterbuch von 1923 erwahnt mit dem Namen mpempe eine Flote aus einem Federkiel Jungen der Pedi nennen kleine Rohrfloten die ublicherweise nur den Grundton hervorbringen naka ya lethlaka 3 In ahnlicher Weise wie die Rohrfloten wurden diverse Tierhorner vom offenen Ende gegen die geschlossene Spitze angeblasen und unter anderem von San und Damara als Signalinstrumente bei der Jagd verwendet Die Herero bliesen solche Eintonfloten aus dem Horn eines Springbocks bei freudigen Festlichkeiten im ganzen Land gab es Pfeifen aus den Hornern kleiner Antilopenarten wie Springbock oder Duiker die fur unterschiedliche Zwecke verwendet wurden etwa bei den Swazi und Venda um Hunde herzuholen 4 Zu den Knochenfloten gehorten ferner eine Signalpfeife aus dem Schienbeinknochen eines Springbocks bei den Koranna im sudwestlichen Transvaal Neben den wie in diesem Fall am oberen Ende rechtwinklig abgeschnittenen und am unteren Ende naturlich geschlossenen Knochenfloten gibt oder gab es andere Floten mit einem offenen unteren Ende das durch einen Pfropf verschlossen wird Hierzu gehort die aus einem Ziegen oder Schafknochen bestehende lengwane die Pedi Jungen blasen Das Instrument wird sorgfaltig mit einer V formigen Anblasoffnung am dickeren Ende und einem mit Bienenwachs verschlossenen dunneren fernen Ende hergestellt 5 Eine mit einem Stopfen verschlossene Pfeife ist auch die aus dem Schienbeinknochen des Sekretar Vogels gefertigte naka der Balete die eine Untergruppe der Batswana in Botswana bilden Die naka gehort zu den Geratschaften des Naturheilers der bei herannahendem Donner und Blitz hinausgeht um das Dorf vor Unheil zu bewahren und sie als Hilfsmittel bei der Wahrsagung benutzt Zu diesem Zweck verwenden die Naturheiler der Pedi eine tsula genannte Flote aus dem Schienbein eines Adlers oder einer sudafrikanischen Wildkatzenart Felis lybica cafra Ahnliche Saugetier und Vogelknochenfloten setzen auch die Naturheiler anderen Ethnien fur magische Zwecke ein Der schweizerische Missionar Henri Alexandre Junod 1913 beschreibt eine der tsula entsprechende Knochenflote bei den Heilern der Tsonga die mit der sogenannten Himmelflote Blitze fernhalten wollten Die gesamte etwa acht Zentimeter lange an ihrem unteren Ende verdickte Flote war mit Eidechsenhaut uberzogen Die gewissen Substanzen die mit dem Wachspfropfen vermischt waren sollten den Ton bis zum Himmel hinauf horbar machen wenn der Flotenblaser bei einem sich nahernden Gewitter von einer Anhohe sein Instrument ertonen liess 6 Bei den Venda heisst die magische Vogelknochenflote nanga ya danga 7 Manche Floten wie die naka ya pathola der Pedi waren mit magischen Substanzen prapariert weil sie von Kriegern mitgefuhrt wurden und ihnen Schutz verleihen sollten Falls der Besitzer der Flote im Kampf getotet wurde ubernahm ein anderer aus seiner Truppe die Flote um sie an seiner Stelle zu blasen Ein Junge spielte die seiner Altersgruppe gemassen Floten und ubte erst anschliessend die schwieriger zu spielende Flote des Vaters die er dann bei dessen Tod erhielt 8 Die imbande der Zulu war eine etwa 13 Zentimeter lange Vogelknochenflote mit einem ahnlich wie bei der igemfe von zwei Seiten zugespitzten oberen Ende das gegen die Unterlippe gehalten wird 9 Das gerade abgeschnittene untere Ende wurde mit einem Finger abgedeckt um wie bei der dzhio der Venda zwei schrille hohe Tone im ungefahren Abstand einer Terz zu erzeugen Berichte aus dem 19 Jahrhundert beschreiben die imbande als Flote aus dem Schienbeinknochen einer Ziege oder eines Grossriedbocks die vermutlich von den San ubernommen wurde Auf diese Herkunft deutet der Name umbaendi hin der fur eine Pfeife die San um den Hals trugen uberliefert ist 10 Eine Flote konnte in Ermangelung eines Tierhorns auch aus Holz nachgeahmt werden ebenso wie das Naturhorn phalaphala gelegentlich durch eine Holzimitation ersetzt wurde Die luveve der Swazi bestand aus einem Stuck Hartholz das in die Form eines kleinen Antilopenhorns gebracht wurde Dieses teilte man langs in der Mitte hohlte beide Halften aus legte sie passgenau wieder zusammen und umwickelte sie mit der nassen Haut eines Ochsenschwanzes Die Flote wurde mit einem Riemen um die Schulter gehangt Damit sendeten die Swazi Signale bei der Jagd und in Gefechten ein Heiler rief mit ihnen bei magischen Handlungen jenseitige Geister herbei Die entsprechende Flote der Zulu hiess uveve Der methodistische Missionar und Historiker William Clifford Holden 1866 berichtet uber die Verwendung dieser schrillen und durchdringenden Flote bei der Antilopenjagd 11 Eine lange dunne an beiden Enden offene Flote der Zulu war die fingerlochlose umtshingo Plural imitshingo auch ivenge aus einem Pflanzenrohr und einem schrag zugeschnittenen Anblasloch Der Spieler formte mit der Zunge einen Luftkanal und konnte mit dem geoffneten oder durch einen Finger geschlossenen unteren Ende zwei Obertonreihen von vierten bis zum zwolften Oberton hervorbringen 12 Diese Obertonflote ist bei den Swazi als umtshingosi und bei den Basotho als lekolilo bekannt Die umtshingo diente den Rinderhirten der Zulu als Signalinstrument und ihr Spiel sollte fur die Rinder auf der Weide forderlich sein 13 Die umtshingo stellt mit ihren tonalen Moglichkeiten einen deutlichen Entwicklungssprung gegenuber den zuvor genannten Knochenfloten dar 14 Als einen weiteren Schritt hin zu den Kerbfloten besitzt die aus einem Pflanzenrohr bestehende begu der Zulu ein U formig ausgeschnittenes Ende Dies ermoglicht dem Spieler seine Zunge in einer stabilen Position an die Unterseite des Anblaslochs zu legen um so einen simplen Kernspalt zu bilden Die begu wird stets paarweise gespielt Die etwas langere mannliche Flote heisst indota und die kurzere weibliche umfazi Die beiden mit dem geschlossenen oder geoffneten unteren Ende produzierten Tone sind fur das Spiel ausreichend weitere prinzipiell spielbare Obertone werden nicht benotigt Die begu wird uberwiegend von jungen Kuhhirten geblasen Die weibliche Flote ubernimmt mit ihren beiden abwechselnd gespielten Tonen die rhythmische Fuhrung wahrend die mannliche Flote denselben gleichbleibenden Rhythmus wiederholt 15 Bauform BearbeitenDie langs geblasene igemfe war abgesehen von der begu die einzige paarweise gespielte Flote in Sudafrika Sie besteht aus einem 30 bis 50 Zentimeter langen Schilfrohr ohne Fingerlocher das ausserst ungewohnlich aus zwei Teilen zusammengesetzt ist Der obere wesentlich dickere Teil ist an einem Ende durch einen Fruchtknoten geschlossen und am anderen offenen Ende knapp unterhalb des nachsten Fruchtknotens abgeschnitten In das verschlossene Ende wird ein rundes Loch geschnitten das exakt so gross ist wie das dunnere Rohr Dieses an beiden Seiten offene Rohr wird am oberen Ende leicht ausgedunnt damit es passgenau und luftdicht in das Loch des dickeren Rohrs gesteckt werden kann Das offene Ende des dickeren Rohrs wird als Anblasoffnung prapariert und wie bei der begu beidseitig ungefahr in einem 45 Grad Winkel U formig gerundet nach innen ausgeschnitten englisch double notched wobei einer der Schnitte etwas grosser ist als der andere Die grossere Schnittseite legt der Spieler gegen seine Unterlippe wahrend er die Flote annahernd senkrecht nach unten halt sodass uber der Lippe ein Spalt als Einblasoffnung verbleibt und die Blasluft nach dem Prinzip der Kernspaltflote gegen eine vom oberen Teil des Rohrendes gebildete Kante gelenkt wird 16 Dieses der Konstruktion der Schnabelflote Blockflote entwicklungsgeschichtlich vorausgehende Flotenende ist seit der Altsteinzeit bekannt 17 Ein Fundstuck mit entsprechendem oberen Ende ist die Gansegeier Knochenflote aus der baden wurttembergischen Hohle Hohler Fels deren Alter auf mindestens 35 000 Jahre geschatzt wird und die somit zu den altesten erhaltenen Floten gehort 18 Mit dem Zeigefinger der rechten Hand verschliesst der Spieler das untere Ende wodurch ein etwa um eine Quarte tieferer Ton gegenuber dem offenen Ende entsteht Werden die beiden Rohre einzeln benannt so heisst das dickere igemfe und das dunnere isitukulu Wie bei der begu gilt die etwas grossere Flote als mannlich und die kleinere als weiblich Der Tonhohenunterschied betragt einen Halbton oder wenig mehr Uberwiegend werden nur die beiden tiefsten Tone beim Spiel verwendet obwohl eine Reihe von Obertonen verfugbar sind 19 Gegenuber der begu deren Lange vom maximalen Abstand zwischen den Fruchtknoten vorgegeben ist stellt die igemfe eine Weiterentwicklung dar weil die Tonhohe durch Abschneiden des dunnen Rohrs am unteren Ende eingestellt werden kann 20 Neben der Langsflote igemfe ist eine gleichnamige Querflote der Zulu bekannt die in den 1930er Jahren bereits selten war und entweder noch vereinzelt vorkommt oder ganzlich verschwunden ist Die Rohrquerflote igemfe besitzt zwei bis vier Fingerlocher und ahnelt in Sudafrika der shitiringo der Venda mit drei Fingerlochern und der umtshingosi der Swazi mit drei Fingerlochern sowie in Ostafrika der ibirongwe mit vier Fingerlochern 21 Percival Kirby 1934 beschreibt zwei quer geblasene amagemfe mit drei Fingerlochern die am fernen Ende offen sind und eine an beiden Enden geschlossene Querflote mit vier paarweise angeordneten Fingerlochern Bei einer weiteren igemfe mit drei Fingerlochern befinden sich zwei in der Mitte und eines nahe am unteren Ende Die uneinheitlichen Formen sprechen dafur dass das Instrument von anderswo ubernommen und ohne eigene Uberlegungen nachgeahmt wurde 22 Manchmal werden auch andere Blasinstrumente igemfe genannt Spielweise BearbeitenDie igemfe ist auf einer Illustration des englischen Zeichners George French Angas in dessen Band mit handkolorierten Lithografien The Kafirs Illustrated von 1849 abgebildet Auf einer Fotografie in einem Werk des Tiroler Priesters Franz Mayr A Short Study of Zulu Music London 1908 sind mehrere Zulu Musiker zu sehen die den Mundbogen umqangala nebst anderen Musikbogen und igemfe spielen 23 Die Flote wurde meist von Jungen und stets paarweise gespielt Ein Spieler erganzte die beiden Tone des anderen in einer besonderen antiphonen Form zu einer Melodie Die weibliche Flote des amagemfe Paars produziert bei einem typischen Beispiel die Tone im Quartabstand c1 unten offen und fis1 unten geschlossen die mannliche Flote b1 offen und f1 geschlossen Wie die umtshingo durften die Zulu in fruheren Zeiten die igemfe nicht vor dem Jahresfest des Konigs blasen das ublicherweise Ende Dezember stattfand Bei diesem umkosi genannten Fest versammelte sich die gesamte Bevolkerung vor dem koniglichen Wohnsitz Kraal Die Truppen der weiter weg im Land verstreuten befestigten Militarlager amakhanda Singular ikhanda errichteten provisorische Hutten wahrend die in der Nahe stationierten Truppen ihr Nachtlager beibehielten und abends dorthin zuruckkehrten Kein Krieger durfte sich ohne die am Hof vorgeschriebene formelle Kleidung zeigen Vor den 1870er Jahren als die Vorschrift gelockert wurde musste zumindest theoretisch die gesamte mannliche Bevolkerung der Zulu vor dem Konig erscheinen 24 Der Konig wurde von seinen Heilern in einem Ritual gestarkt und die Menschenmenge sang Lieder zur Verehrung der Ahnen Das Ereignis fand nach der Ernte statt Die Bevolkerung erhielt bei diesem Anlass vom Konig die offizielle Erlaubnis mit dem Verzehr der neuen Ernte zu beginnen Bis dahin war es bei Androhung schwerer Strafen bis hin zur Todesstrafe verboten Nahrung aus der neuen Ernte zuzubereiten Die Zeit in der frohliche Lieder auf der Flote geblasen werden durften endete im Februar und begann erst wieder beim nachsten umkosi 25 Andere Musikinstrumente neben den Floten igemfe und umtshingo die typischerweise Jugendliche in der Zeit vor ihrer Heirat spielten waren die bei den Zulu Jungen seltene mit einem Bogen gestrichene Schalenzither ubhelindhlela der tshidzholo der Venda entsprechend 26 und die bei Pubertatsriten von Madchen verwendete Reibtrommel ingungu Literatur BearbeitenPercival R Kirby The Musical Instruments of the Native Races of South Africa 1934 2 Auflage Witwatersrand University Press Johannesburg 1965 David R Rycroft Andrew Tracey Igemfe In Laurence Libin Hrsg The Grove Dictionary of Musical Instruments Bd 3 Oxford University Press Oxford New York 2014 S 10Weblinks BearbeitenIgemfe Percival Kirby Musical Instruments Collection University of Cape Town Abbildung einer Langsflote Igemfe Percival Kirby Musical Instruments Collection University of Cape Town Abbildung einer Querflote mit vier Fingerlochern Einzelnachweise Bearbeiten J W Colenso Zulu English Dictionary 1878 4 Auflage Munro Bros Pietermaritzburg 1905 S 352 Allen F Gardiner Narrative of a Journey to the Zoolu Country in South Africa William Crofts London 1836 S 104 Naka ya lethlaka Percival Kirby Musical Instruments Collection University of Cape Town Abbildung Percival R Kirby 1965 S 88 92 Laurie Levine The Drumcafe s Traditional Music of South Africa Jacana Media Johannesburg 2005 S 145 Henri Alexandre Junod The Life of a South African Tribe Band 2 The Psychic Life Attinger Freres Neuchatel 1913 S 291f Percival R Kirby 1965 S 94 101 Percival R Kirby 1965 S 104f David K Rycroft Andrew Tracey Imbande In Grove Music Online 26 Oktober 2011 Percival R Kirby 1965 S 107f William Clifford Holden The Past and Future of the Kaffir Races London 1866 S 277 David K Rycroft Angela Impey Gregory F Barz John Blacking Jaco Kruger C T D Marivate Caroline Mears James May David Coplan South Africa Republic of I Indigenous music 1 Nguni music iii Musical instruments In Grove Music Online 9 November 2009 Percival R Kirby 1965 S 110 113 116f Percival R Kirby 1965 S 111f A J F Veenstra The Begu Zulu vertical flute In African Music Journal of the International Library of African Music Bd 2 Nr 1 1958 S 40 45 Percival R Kirby 1965 Tafel 42 B Percival R Kirby 1965 S 274 Michael Seifert Fruheste Musiktradition in Sudwestdeutschland nachgewiesen Eberhard Karls Universitat Tubingen 24 Juni 2009 Percival R Kirby 1965 S 120f A J F Veenstra 1958 S 40 Roger Blench The worldwide distribution of the transverse flute Draft 15 Oktober 2009 S 13 Percival R Kirby 1965 S 127 Tandile Mandela The Revival and Revitalization of Musical Bow Practice in South Africa Masterarbeit Universitat Kapstadt 2005 S 23 Ian Knight The Anatomy of the Zulu Army from Shaka to Cetshwayo 1818 1879 Greenhill Books Londres 1999 S 148 Percival R Kirby 1965 S 116 Percival R Kirby 1965 S 215 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Igemfe amp oldid 216547539