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Ibirongwe auch irigogwe ist eine der in Afrika wenig verbreiteten Querfloten die von der Ethnie der Kuria in Ostafrika gespielt wird Die in den drei nach der Grosse unterschiedenen Varianten ikibiswi ikere und umwere vorkommende ibirongwe aus Schilfrohr oder Bambus mit vier Fingerlochern ist ein heute selten gewordenes Unterhaltungsinstrument der halbnomadischen Rinderhirten und wird bei bestimmten den Mannern vorbehaltenen Zeremonien eingesetzt Inhaltsverzeichnis 1 Verbreitung 2 Bauform 3 Spielweise 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseVerbreitung BearbeitenKnochenfloten gehoren zu den altesten afrikanischen Musikinstrumenten und kamen praktisch auf dem gesamten Kontinent vor Entgegen der Aussage von Erich Moritz von Hornbostel 1933 dass Querfloten zumindest solche mit offenem unterem Ende in Afrika weit verbreitet seien 1 listet Roger Blench 2009 nur eine uberschaubare Zahl von existierenden afrikanischen Querfloten Unabhangig davon werden in manchen Regionen Naturhorner quer angeblasen Im islamischen Nordafrika kommen nur die beiden Rohrquerfloten gasba qasaba qasba in der Westsahara und nay in Agypten vor die zusammen mit Rahmentrommeln auch in der religiosen Musik gespielt werden wahrend unter gasba im Maghreb und allgemein unter nay oder schabbaba Langsfloten verstanden werden Aus Westafrika sind einige Querfloten mit zwei bis vier Fingerlochern bekannt etwa bei den Bambara eine kurze Querflote mit zwei Fingerlochern die langere tami fle der Mandinka die tuniru mit drei Fingerlochern in Sierra Leone und die lontore der Bissa in Burkina Faso mit vier Fingerlocher 2 Die Bassari im Sudosten des Senegal spielen ausser der langsgeblasenen Kerbflote himan eine Bambusquerflote idyore die durch die naturlichen Knoten an beiden Enden geschlossen ist und zwei Fingerlocher besitzt 3 Aus dem zentralen Afrika wurde die dilele auch umpindo der Baluba in der Demokratischen Republik Kongo beschrieben Diese Schilfrohrflote besitzt drei Fingerlocher an der Oberseite und zwei an der Unterseite Die Flote ist geeignet um mit ihr gesprochene Sprache zu ubertragen Wahrend die dilele von Mannern der Uberlieferung nach fruher zur Ermutigung von Kriegern bei Kampfen gespielt wird ist die odin der Eton in Kamerun ein seltenes Melodieinstrument mit dem Frauen ihre Gesange begleiten 4 Von den Ekonda Konda im Nordwesten des Kongo ist eine etwa 50 Zentimeter lange mit der Nase angeblasene Querflote namens bolukulu mit zwei Fingerlochern bekannt 1934 fertigte Hugh Tracey im Kongo Tonaufzeichnungen einer 38 Zentimeter langen quibocolo an Tracey vermerkt einen nicht afrikanischen Ursprung des aus einer holzernen Spielrohre mit sechs Fingerlochern bestehenden Instruments 5 Aus der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts sind einige Namen sudafrikanischer Querfloten uberliefert die shitiringo mit drei Fingerlochern bei den Venda die Rohrflote umtshingosi mit drei Fingerlochern der Swazi oder die igemfe der Zulu mit zwei bis vier Fingerlochern Bei allen drei Floten ist das ferne Ende geschlossen Die wenigen afrikanischen Querfloten sind stets isoliert in einzelnen Regionen anzutreffen in deren Umgebung Langsfloten gespielt werden 6 Von den in Ostafrika gespielten Querfloten sei die mlanzi mulanzi aus Bambus genannt die bei den Gogo in Zentraltansania vorkommt Die pentatonisch gestimmte Flote wird zur Gesangsbegleitung besonders von Preisliedern nindo und zu zeremoniellen Tanzen gespielt Moglicherweise brachten im 19 Jahrhundert Handelskarawanen die mlanzi von der arabisch beeinflussten Swahili Kultur der ostafrikanischen Kuste ins Landesinnere 7 Im Osten Ugandas verwenden die Bagisu die rund 90 Zentimeter lange ludaya lusweje ohne Fingerlocher die aus dem Blutenstangel einer Lobelienart Lobelia deckenii hergestellt wird Dass die Bagisu diese einzige Querflote Ugandas von benachbarten Ethnien ubernommen haben ist unwahrscheinlich Sie konnte eine einfache Nachbildung einer europaischen Piccoloflote sein die katholische Missionare im 19 Jahrhundert mitbrachten 8 Aus Kenia ist die chivoti der Ethnien Digo Duruma und Rabai bekannt Die aus einem kurzen Bambusrohr bestehende chivoti besitzt funf oder sechs Fingerlocher und ist am fernen Ende offen Die Lange der Digo Flote betragt etwa 23 Zentimeter bei einem Aussendurchmesser von 2 5 Zentimetern 9 Die mit den Kuria verwandten jedoch hauptsachlich Ackerbau treibenden Gusii besassen fruher eine Querflote die heute nicht mehr zu horen ist Bei zwei der drei Querfloten der Kuria sind beide Enden mit Bienenwachs verschlossen sie gehoren folglich zu den gedackten Querfloten mit Grifflochern fur die in der Hornbostel Sachs Systematik unter der Nummer 421 121 32 ein Vorkommen in Malakka und Ostbengalen angegeben wird Sibyl Marcuse 1964 nennt nur vage als Verbreitungsgebiet Amerika Asien und Sudsee jedoch nicht Afrika 10 Dagegen fand John Varnum in der Literatur keine an beiden Enden geschlossene Querflote ausserhalb Afrikas 11 Bauform BearbeitenDie iborongwe wird in drei unterschiedlich grossen Varianten hergestellt Die beiden kleineren Formen werden aus einem Schilfgras gefertigt das am Ufer von Flussen und Sumpfen vorkommt Das Mark wird mit einer Reihe von zunachst dunnen dann dickeren Holzstaben herausgedruckt Das Anblasloch und die Fingerlocher heissen amabanga sie werden mit der Spitze eines uber dem Feuer erhitzten Speers in die Rohre eingebrannt Bei allen drei Floten befindet sich das Anblasloch relativ genau 2 3 Zentimeter vom oberen Rand wahrend die Anordnung der Fingerlocher eher zufallig erscheint Manche Spielrohre sind mit schwarzen Streifen verziert die mit einer heissen Speerspitze eingebrannt wurden Mit etwa 34 Zentimetern und einer engen Bohrung die kleinste Flote ist die ikibiswi Nach anderen Angaben ist eine ekibiswi 20 Zentimeter und eine emborogo 25 Zentimeter lang 12 Die als einzige in der Gruppe am unteren Ende offene Flote besitzt vier Fingerlocher in gleichen Abstanden und produziert an einem untersuchten Exemplar die Tonfolge b2 d2 e2 f 2 und a3 Durch Uberblasen lassen sich die Tone einer Oktave daruber erzeugen Die mittelgrosse ikere mit 40 Zentimetern Lange ist an beiden Enden geschlossen Uber dem nicht spielbaren Grundton folgen a 2 b 2 e 2 und f2 Charakteristisch fur die kleine und mittlere Flote ist ein vergrosserter Abstand zwischen dem zweiten und dritten Fingerloch Die grosse an beiden Enden geschlossene umwere besteht aus einem rund 58 Zentimeter langen Bambusrohrabschnitt zwischen den Knoten mit 3 7 Zentimetern Durchmesser In der Grundtonreihe ergeben sich d b 1 c1 e1 und f1 Beim Uberblasen entstehen die Tone zwolf Tonstufen daruber Weder die genauen Masse der Floten noch die Tonskalen sind jedoch standardisiert die Flotenbauer bestimmen sie nach ihren Vorstellungen sodass sich Musiker haufig umgewohnen mussen wenn sie auf der ibirongwe eines anderen spielen sollen Spielweise BearbeitenDer Musiker halt die Flote waagrecht nach einer Seite Die kleine und die mittlere Flote erfordert wenig Atemdruck und ist leicht spielbar Die umwere ist dagegen wesentlich anstrengender zu blasen und wird vorwiegend von alteren Mannern verwendet Ublicherweise wird in die erste obere Lage uberblasen die Grundtonreihe ist seltener zu horen Als ein den Mannern vorbehaltenes Musikinstrument lernen die Jungen das Spiel von Gleichaltrigen und ihren Vatern Junge Manner spielen ihrer Braut auf der ikibiswi vor im Erwachsenenalter wechseln sie auf die grosseren Floten Altere Manner blasen die Floten bei Beschneidungszeremonien Fruher wurde bei besonderen Anlassen wie Beschneidungen und Initiationen gelegentlich eine kleine Flote aus Elfenbein verwendet In erster Linie gehoren ibirongwe zur Unterhaltungskultur der halbnomadischen Rinderhirten Die Kuria sind traditionell Rinderhirten wie die Massai die ostlich der Kuria bis in den Norden Tansanias leben ebenso wie die Sukuma deren Siedlungsgebiet sich bis zum Sudufer des Victoriasees erstreckt Die Kuria verbindet ein gemeinsamer mythischer Ursprung und eine ahnliche Sprache mit den Gusii die im Norden Ackerbau treiben und daher gesellschaftlich den Kuria ferner stehen Die ausschliesslich von Mannern betriebene Rinderzucht steht im Zentrum der sozialen Ordnung und der kulturellen Normen In diesem Rahmen spielen Manner die ibirongwe zur eigenen Unterhaltung und in der Gruppe beim abendlichen Biertrinken von Pombe auf der Weide oder in der Wohnsiedlung Boma John Varnum beklagte 1970 dass praktisch keine Jugendliche mehr mit der ibirongwe musizieren und dass viele altere Manner aussagten nach dem Ende ihrer Schulzeit den Bezug zu der Flote verloren zu haben 13 Die Querfloten der Kuria gehoren zu einem Instrumentarium das unter anderem die Gefassflote enko die Naturhorner esegere und induru den praktisch verschwundenen Musikbogen entono sowie die Kurbisgefassrasseln erisege und ibibirya umfasst 14 Das Hauptinstrument der Kuria ist die achtsaitige Schalenleier iritungu die etwas kleiner ist als die ansonsten ahnliche Schalenleier obokano der Gusii Literatur BearbeitenRoger Blench The worldwide distribution of the transverse flute Draft 15 Oktober 2009 John P Varnum The Ibirongwe of the Kuria A Cattle Herding Flute in East Africa In Ethnomusicology Vol 14 No 3 September 1970 S 462 467Weblinks BearbeitenJohn P Varnum Music of the Kuria amp the Gusii of Western Kenya Ethnic Folkways Records FE 4223 1972 Textbeilage der LP Einzelnachweise Bearbeiten Erich Moritz von Hornbostel The Ethnology of African Sound Instruments Continued In Africa Journal of the International African Institute Vol 6 No 3 Juli 1933 S 277 311 hier S 278 281 Roger Blench S 11f Senegal Bassari Diola CD produziert von Charles Duvelle Prophet 02 1999 Titel 8 Jos Gansemans Barbara Schmidt Wrenger Musikgeschichte in Bildern Zentralafrika Band 1 Musikethnologie Lieferung 9 Deutscher Verlag fur Musik Leipzig 1986 S 154 Laura E Gilliam William Lichtenwanger Hrsg The Dayton C Miller Flute Collection A Checklist of the Instruments Library of Congress Washington 1961 S 87 online bei Internet Archive Roger Blench S 13 Gerhard Kubik Musikgeschichte in Bildern Ostafrika Band 1 Musikethnologie Lieferung 10 Deutscher Verlag fur Musik Leipzig 1982 S 134 138 Peter R Cooke Ludaya A Transverse Flute from Eastern Uganda In Yearbook of the International Folk Music Council Vol 3 1971 S 79 90 hier S 89 Asante Darkwa Sengenya Dance Music Its Instrumental Resources and Performance In Asante Darkwa African Music Vol 7 No 1 1991 S 48 54 hier S 49f Sibyl Marcuse Musical Instruments A Comprehensive Dictionary Doubleday New York 1964 Stichwort Cross flute S 133 John P Varnum 1970 S 464f George W Senoga Zake Folk Music of Kenya Uzima Publishing House Nairobi 1986 S 158 John P Varnum 1970 S 466 Malcolm Floyd A Bibliographical Index of Kenyan Musical Instruments In The Galpin Society Journal Vol 58 Mai 2005 S 132 159 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ibirongwe amp oldid 202973127