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Hylonomus ist eine ausgestorbene eidechsenahnliche Reptilien gattung Sie lebte im Oberkarbon vor rund 315 Millionen Jahren in der kanadischen Provinz Nova Scotia Hylonomus gilt sicher als einer der erdgeschichtlich altesten Vertreter der Amnioten der echten Landwirbeltiere Die Typusart Hylonomus lyelli ist derzeit die einzige anerkannte Art HylonomusLebensbild von Hylonomus lyelliZeitliches AuftretenWestfalium A Bashkirium Oberkarbon 315 Mio JahreFundorteNova Scotia Kanada SystematikLandwirbeltiere Tetrapoda Amnioten Amniota SauropsidaEureptilien Eureptilia RomeriidaHylonomusWissenschaftlicher NameHylonomusDawson 1860ArtHylonomus lyelli Dawson 1860 Syn Hylerpeton curtidentatum Dawson 1876 Syn Fritschia curtidentata Dawson 1876 Dawson 1882 Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie 2 Fundlokalitat und Taphonomie 3 Merkmale 4 Lebensweise 5 Systematik 6 Sonstiges 7 Literatur 8 EinzelnachweiseEtymologie BearbeitenDer Name Hylonomus ist die latinisierte Version des altgriechischen ὑlo nomos das so viel wie Waldbewohner bedeutet 1 Der Name bezieht sich darauf dass das Typusmaterial aus dem Inneren eines fossilen Baumstumpfes geborgen wurde der wiederum Teil eines ganzen fossilen Waldes ist 2 Beschrieben wurden Hylonomus und die Art Hylonomus lyelli vom schottischstammigen kanadischen Palaontologen Sir John William Dawson 1860 2 Das Art Epitheton lyelli wahlte Dawson zu Ehren von Sir Charles Lyell einem der beruhmtesten Geologen des 19 Jahrhunderts mit dem er die spatere Fundstatte von Hylonomus im Jahr 1852 untersucht hatte 3 Fundlokalitat und Taphonomie Bearbeiten nbsp In solchen fossilen Baumstumpfen in der Joggins Formation wurden die Uberreste von Hylonomus und zahlreicher anderer Landwirbeltiere entdeckt nbsp Panorama der Joggins Fossil Cliffs vom bei Ebbe trockenliegenden Felsenriff vor der Landspitze Coal Mine Point rechts aus gesehen Blickrichtung Nordost bis Ost Bislang einziger Fundort von Hylonomus ist die Landspitze Coal Mine Point im weltberuhmten Kliff von Joggins in Nova Scotia Kanada Der entsprechende Abschnitt des Kliffs besteht aus 315 Millionen Jahre alten Sand Silt und Tonsteinen einschliesslich geringmachtiger Steinkohlefloze aus dem Westfal A Bashkirium die unter der Bezeichnung Joggins Formation zusammengefasst werden 4 Eine Besonderheit dieser Lokalitat ist die Erhaltung von Tetrapodenfossilien im Inneren aufrecht stehender fossiler Stumpfe von Barlappbaumen Sigillaria Lepidodendron Auch das Material anhand dessen Hylonomus beschrieben wurde ist in einem solchen Baumstumpf entdeckt worden Auch die vollstandigeren Hylonomus Exemplare sind meist komplett disartikuliert d h sie liegen nicht mehr im ursprunglichen anatomischen Zusammenhang vor sondern das Skelett ist auseinandergefallen und die Knochen sind durcheinander gekommen Die Knochen selbst sind jedoch relativ gut erhalten Diese sehr spezielle und vergleichsweise seltene Form der Erhaltung konnte wie folgt zustande gekommen sein Bei Uberschwemmungen infolge des Bruches eines naturlichen Flussdeiches Levee wurden in kurzer Zeit grosse Mengen an Sand in den Sumpfwald eingeschwemmt die ihn nahe der Bruchstelle mehrere Meter hoch verschutteten Die Baume vertrugen dies nicht und starben ab Die oberen Teile der Baume verrotteten und nur die verschutteten von Sand umschlossenen unteren Teile der Stamme blieben erhalten Diese Stumpfe waren hohl und mit der Zeit sammelten sich darin Blatter und anderes organisches Material und vermoderten Dies lockte detritusfressende Arthropoden wohl am ehesten tausendfusserartige Formen oder Insekten an Somit kann es sein dass einzelne Individuen von Hylonomus entweder versehentlich bei der Jagd auf diese Arthropoden in die hohlen Stumpfe fielen und nicht wieder herauskamen und dort letztlich verendeten oder dass sie sich relativ sicher und wie selbstverstandlich in den hohlen Stammen bewegten diese auch als Behausung nutzten und darin eines naturlichen Todes starben 5 Nach erneuter Einschwemmung von Sediment wurden auch die Hohlraume in den Stumpfen verfullt und damit die Voraussetzung dafur geschaffen dass die Stumpfe und ihr Inhalt in Fossilien umgewandelt werden konnten Merkmale Bearbeiten nbsp Schadelrekonstruktion von Hylonomus lyelliHylonomus ist ein typischer generalisierter Vertreter der fruhen Amnioten Er war relativ kleinwuchsig die rekonstruierte Gesamtlange des Korpers einschliesslich des Schwanzes betragt ca 20 cm bei einer Schadellange von etwas mehr als 3 cm und ahnelte im Habitus einer heutigen Eidechse Der Schadelbau von Hylonomus stimmt im Wesentlichen mit dem anderer fruher Amnioten uberein speziell dem des etwas jungeren Vertreters Paleothyris aus dem mittleren Oberkarbon von Nova Scotia und dem anderer basaler Eureptilien z B aus dem fruhen Perm von Texas Protorothyris Protocaptorhinus Die hintere Seitenwand des Schadels besitzt keine Offnung anapsider Schadel und am hinteren Rand des dorsalen oberen Schadeldaches finden sich noch Knochenelemente die bei den meisten hoheren Eureptilien nicht mehr vorhanden sind Supratemporale Tabulare Postparietale Das Lacrimale erstreckte sich vermutlich uber die gesamte Lange der Schnauzenpartie bis zum Hinterrand der ausseren Nasenoffnung Die Elemente des Gaumendaches und der vordere Teil des Parasphenoids ein Hirnschadelbasisknochen sind mit zahlreichen kleinen Zahnen Dentikeln bedeckt und der Pterygoid ein Gaumenknochen weist wie fur fruhe Amnioten typisch einen deutlich ausgepragten Transversalfortsatz auf Der Stapes Columella ist relativ massig und diente sehr wahrscheinlich nicht der Wahrnehmung hochfrequenter Tone Die einzelnen Elemente der Kiefer trugen jeweils 35 bis 40 kleine spitze Zahne Auffallig sind zwei vergrosserte fangzahnartige caniniforme Zahne im Maxillare an 6 und 7 Position Auch die erhaltenen Dentalia weisen zwei vergrosserte Zahne auf jedoch an 5 und 12 bzw 6 und 13 Position Der Holotyp von Hylonomus weist 26 Rumpf und Halswirbel Prasacralwirbel auf wobei beim lebenden Tier vermutlich noch ein oder zwei mehr vorhanden gewesen sein durften Die Anzahl maximal erhaltener Schwanzwirbel pro Individuum betragt 30 Beim lebenden Tier konnten es bis zu 50 gewesen sein Die Wirbelanatomie entspricht der eines typischen fruhen Amnioten mit kompakten Wirbelkorpern aus grossen Pleurozentren und stark reduzierten Hypozentren Neuralbogen und Wirbelkorper sind fest miteinander verwachsen Die Neuralbogen sind anders als bei Captorhiniden nicht verdickt geschwollen und der Dornfortsatz ist generell niedrig Die ersten beiden Halswirbel bilden einen fur Amnioten typischen Atlas Axis Komplex Sacralwirbel konnten anhand des fossilen Materials nicht identifiziert werden die Aufhangung des Beckengurtels an der Wirbelsaule erfolgte aber vermutlich uber einen einzelnen Sacralwirbel Das Becken ist prinzipiell dreistrahlig triradiat und ahnlich ausgebildet wie bei Paleothyris mit einem nach oben hinten weisenden schmal ausgezogenen Ilium engl iliac blade und eher flachigem Pubis und Ischium engl pubioischiadic plate Die Fusswurzel zeigt den fur Amnioten charakteristischen kompakten Bau mit Astragalus und Calcaneus Anders als bei basalen Synapsiden Pelycosaurier aber ahnlich wie bei Captorhiniden weist die distale Fusswurzel nur ein einziges grosses Centrale auf bei Pelycosauriern sind es zwei aber dafur kleinere distale Centralia Die Phalangenformel kann aufgrund der Disartikulation des Materials nicht rekonstruiert werden jedoch ist auffallig dass die terminalen distalsten letzten Phalangen langer sind als die subterminalen vorletzten Phalangen wohingegen bei Captorhiniden und anderen fruhen Amnioten die terminalen Phalangen stets langer sind als die subterminalen Die Gesamtlange des Fusses entspricht in etwa der gemeinsamen Lange von Ober und Unterschenkel Lebensweise BearbeitenHylonomus lebte wie sein jungerer Verwandter Paleothyris in einem tropischen Steinkohlesumpfwald Seine Korpergrosse und seine spitzen Zahne lassen darauf schliessen dass er sich von kleinen Arthropoden ernahrte und diese wohl aktiv jagte Systematik Bearbeiten nbsp Historische Rekonstruktion Dawson 1863 6 der Lebewelt der Kohlesumpfe des Westfaliums unteres und mittleres Oberkarbon Nordamerikas Rechts Hylonomus ein Insekt jagend nbsp Historische Fotografie des Holotyps von Hylonomus lyelli aus Moodie 1916 In diesem Werk wird zwar Dawson folgend Hylonomus als Vertreter der Microsauria gefuhrt jedoch wird diese Gruppe nicht mehr bei den Reptilien sondern bei den Lepospondyli eingeordnet 7 Man beachte auch die vollstandige Disartikulation des Materials Dawson 1863 6 ordnet Hylonomus als einzige der Tetrapodengattungen der coal measures kohlefuhrenden Schichten Nova Scotias in seine Ordnung Microsauria ein die er wiederum der Klasse Reptilia unterstellt Er betrachtet Hylonomus somit scheinbar als Amniot Allerdings ordnet er auch alle anderen karbonischen Tetrapoden Nova Scotias bei den Reptilia ein jedoch als Vertreter der Ordnung Labyrinthodontia Weder die Microsauria die heute den Lepospondyli zugerechnet werden noch die Labyrinthodontia deren Vertreter heute mehrheitlich den Temnospondyli zugerechnet werden sind nach heutiger Ansicht Reptilien bzw Amnioten Es ist daher zweifelhaft dass die Reptilia im Sinne Dawsons das gleiche Konzept reprasentieren wie zu spateren Zeiten von heute ganz zu schweigen Auch der Begriff Amniota war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht definiert Neben Hylonomus lyelli beschrieb Dawson 1860 2 noch zwei weitere Arten H wymani zu Ehren Jeffries Wymans der an der Beschreibung der ersten in Joggins gefundenen Tetrapodenfossilien beteiligt war und H multidens Steen 1934 8 betrachtet Hylonomus in einer ersten Revision der Tetrapoden aus Joggins aufgrund seiner Wirbelanatomie als Lepospondylen Steen erachtete daruber hinaus die Typusexemplare von H wymani und H multidens als nicht diagnostisch und damit beide Arten de facto als nomen dubium eine Einschatzung die bis heute allgemein akzeptiert wird Carroll 1964 identifiziert Hylonomus aufgrund seiner Merkmalskombination cranial und postcranial erneut als Reptil diesmal jedoch als Reptil nach relativ moderner Auffassung und somit tatsachlich als Amniot Seither gilt Hylonomus zusammen mit dem ebenfalls aus Joggins stammenden Protoclepsydrops als geologisch altester Amniot Zudem wurde er als sogenanntes Stammreptil gesehen Als solches wurde er in die seinerzeit als primitivste Reptiliengruppe betrachteten Captorhinomorpha und innerhalb derer wiederum in die Familie Protorothyrididae bzw Romeriidae gestellt Aus neueren kladistisch basierten Verwandtschaftsanalysen z B Muller amp Reisz 2006 9 erwuchs schliesslich die Ansicht dass Hylonomus zwar ursprunglich ist aber weniger ursprunglich als vormals angenommen Diese kladistischen Analysen ergaben dass die Gattung bereits nach der Aufspaltung der Amnioten in verschiedene Hauptlinien lebte Demnach ist Hylonomus ein basaler Vertreter der sogenannten Eureptilia einer Linie der auch die Diapsiden und damit alle rezenten Reptiliengruppen sowie die Vogel angehoren Dass im Oberkarbon bereits Vertreter hoherer Linien der Sauropsiden monophyletische Reptilia einschliesslich der Vogel lebten legt nahe dass die Trennung der Sauropsiden und Synapsiden Linien schon im fruhesten Oberkarbon erfolgt sein konnte und der Ursprung der Amnioten damit moglicherweise bis ins Unterkarbon zuruckreicht Sonstiges BearbeitenAufgrund der Bedeutung von Hylonomus fur das Verstandnis der Entwicklungsgeschichte der Landwirbeltiere und weil der Holotyp und die einzigen bislang bekannten Exemplare der Gattung in Nova Scotia gefunden wurden ist die Art Hylonomus lyelli als provincial fossil eines der Wahrzeichen Nova Scotias 10 Literatur BearbeitenRobert L Carroll The earliest reptiles Journal of the Linnean Society Zoology Bd 45 Nr 304 1964 S 61 83 doi 10 1111 j 1096 3642 1964 tb00488 xEinzelnachweise Bearbeiten Henry George Liddell Robert Scott A Greek English Lexicon Eighth Edition Harper Brothers New York 1897 S 1600 rechts archive org a b c John W Dawson On a Terrestrial Mollusk a Chilognathous Myriapod and some New Species of Reptiles from the Coal Formation of Nova Scotia Quarterly Journal of the Geological Society Bd 16 1860 S 268 277 Volltext auf BHL Charles Lyell John W Dawson On the Remains of a Reptile Dendrerpeton Acadianum Wyman and Owen and of a Land Shell discovered in the Interior of an Erect Fossil Tree in the Coal Measures of Nova Scotia Quarterly Journal of the Geological Society Bd 9 1853 S 58 67 einschl J Wyman Notes on the Reptilian Remains S 64 66 und R Owen Notes on the above described Fossil Remains S 66 67 Volltext auf BHL Sarah J Davies Martin R Gibling Michael C Rygel John H Calder Deborah M Skilliter The Pennsylvanian Joggins Formation of Nova Scotia sedimentological log and stratigraphic framework of the historic fossil cliffs Atlantic Geology Bd 41 Nr 2 3 2005 S 115 142 online J H Calder A C Scott A C Milner The Tree Hollow Fauna of Joggins Ockham s Razor Fells the Pitfall Theory North American Paleontology Convention Dalhousie University Halifax Nova Scotia Canada June 19 25 2005 Programme and Abstracts Paleobios Bd 25 Nr 2 Supplementum 2005 S 28 PDF 128 kB a b John William Dawson Air Breathers of the Coal Period A Descriptive Account of the Remains of Land Animals Found in the Coal Formation of Nova Scotia with Remarks on their Bearing on Theories of the Formation of Coal and of the Origin of Species Dawson Brothers Montreal 1863 81 S eingescannter Mikrofiche auf archive org Roy Lee Moodie The coal measures Amphibia of North America Carnegie Institution of Washington Publication Nr 238 Washington 1916 archive org S 75 ff Margaret C Steen The Amphibian Fauna from the South Joggins Nova Scotia Proceedings of the Zoological Society of London Jhrg 1934 Bd 104 S 465 504 doi 10 1111 j 1096 3642 1934 tb01644 x Johannes Muller Robert R Reisz The Phylogeny of Early Eureptiles Comparing Parsimony and Bayesian Approaches in the Investigation of a Basal Fossil Clade Systematic Biology Bd 55 Nr 3 2006 S 503 511 doi 10 1080 10635150600755396 Provincial FossilHylonomus lyelli The Nova Scotia Legislature Anm enthalt fehlerhafte Angaben zur Etymologie des Gattungsnamens Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hylonomus amp oldid 207989668