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Hermann Ritter von Orges 12 April 1821 in Braunschweig 9 10 Juni 1874 in Wien war ein deutscher Publizist Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Militarische Laufbahn 1 2 Karriere als Publizist 1 3 Nach der Karriere als Publizist 1 4 Tod 2 Literatur 3 EinzelnachweiseLeben BearbeitenMilitarische Laufbahn Bearbeiten Hermann Ritter von Orges besuchte das Gymnasium in Braunschweig Seit Vater war ein Artillerieoffizier aus Braunschweig der in der westfalischen Armee diente Auch Orges betrat die militarische Laufbahn in Preussen vorteilhaft fur ihn war dass sein Vater ein Freund von General Joseph von Radowitz war Im April 1838 trat er als Kanonier bei der in Erfurt stationierten 4 Artilleriebrigade der Preussischen Armee ein und wurde im Herbst nach Ablegung diverser Prufungen zum Besuch der Artillerie und Ingenieurschule in Berlin kommandiert kehrte aber im Jahre 1842 zu seiner Brigade zuruck Zu seiner weiteren Ausbildung dienten grossere Reisen sowie die Teilnahme an deutschen und franzosischen Kriegsubungen Er meldete sich zum Besuch der allgemeinen Kriegsschule in Berlin in die er nach gut bestandener Prufung im Jahre 1845 aufgenommen wurde Den vorgeschriebenen Dienst in den anderen Waffen leistete er bei dem 4 Dragonerregiment in Deutz und beim 10 Infanterieregiment in Breslau bei dem er sich besonders durch Einfuhrung eines selbstandig erdachten Turnsystems verdient machte Er war Leutnant in Berlin als die Revolution 1848 ausbrach die ihn aus der begonnenen militarischen Laufbahn warf Am 19 Marz reichte er sein Entlassungsgesuch ein entfernte sich aus Berlin Er ging nach Rendsburg wo er der schleswig holsteinischen Artillerie zugewiesen wurde Hier geriet er in einen Konflikt mit den preussischen Offizieren dies veranlasste ihn den Militardienst ganz aufzugeben Anstatt der Gewahrung seines Entlassungsgesuchs war er aus den Listen der preussischen Armee gestrichen worden weil er sich ohne Erlaubnis ins Ausland begeben hatte 1 Als Schriftsteller beschaftigte er sich vorwiegend mit militarischen Dingen Eine starke Neigung war es die ihn zum Verzicht auf die militarische Laufbahn gezwungen auf das Meer und in fremde Lander trieb Noch im Herbst 1848 ging er nach Hamburg um sich durch einen Kurs in der dortigen Navigationsschule vorzubereiten Als freiwilliger Matrose diente er dann auf einem hamburgischen Schiff Wolga das unter russischer Flagge segelte und nach Rio de Janeiro fuhr Die folgenden Jahre bestanden aus Fahrten auf verschiedenen Schiffen und in verschiedene Weltgegende auf diesen Reisen bildete sich Orges zum Schriftsteller aus Karriere als Publizist Bearbeiten Er schrieb Artikel fur die Allgemeine Zeitung u a Aus Australien Auf einer Reise um die Welt und Ueber die Industrieausstellung zu London 1851 Die Allgemeine Zeitung verwendete ihn fortan fur wichtige Auftrage Johann Friedrich Cotta sandte ihn nach dem Staatsstreich des 2 Dezember 1851 nach Paris und beim Ausbruch des Krimkrieges 1853 nach Konstantinopel dem heutigen Istanbul wo er Bekanntschaft mit dem damaligen k k Internuntius Karl Ludwig von Bruck machte Orges wunschte sich spater in der Redaktion der Allgemeinen Zeitung zu arbeiten Vorerst noch ohne feste Anstellung trat er im Jahre 1854 in Augsburg ein Er war in einer Zeit gekommen in der die Mitarbeit einer jungeren Kraft besonders erwunscht war Kaum war er eingetreten so starb Karl August Mebold der Hauptredakteur an Cholera Kolb den Leiter der Redaktion bereits an einer schweren Krankheit erkrankt traf im September 1856 ein Schlaganfall von dem er sich nie mehr ganz erholen konnte obwohl er fortan arbeitete und auch die Leitung behielt Unter diesen Umstanden wuchs der Einfluss Orges Der geschwachte Kolb verlor nach und nach an Einfluss Orges fuhrte die Korrespondenz mit den Eigentumern der Zeitung in Stuttgart er unterhielt nach auswarts einflussreiche Verbindungen auf eigene Faust knupfte er mit politischen Personlichkeiten und mit Staatskanzleien an und sein Drang nach einer Reform brachte auch fur die Zeitung Erneuerungen Er stiess dabei auf die Tradition als starkes Hindernis Insbesondere war es der Cotta der der Aufstellung bestimmter Programmpunkte durchaus widerstrebte Ein formuliertes politisches Programm das war ganz gegen die bisherige Blattlinie Orges sah darin ein Mittel auf die allgemeine Meinung wie auf die Regierungen in bestimmtem Sinne einzuwirken Nun stimmten seine Ideen mit den Ansichten Cottas wie mit denen seiner Redakteure im Wesentlichen uberein Den grossten und wichtigsten Teil des Inhalts der Zeitung bildeten die Berichte von auswarts aus den Mittelpunkten der europaischen Politik sowie aus deutschen wie auslandischen Kulturstatten Die Sichtung Ordnung und Verarbeitung dieses Materials war das Hauptgeschaft in Augsburg gewesen und dabei hatten sich die Personlichkeiten der Redakteure im Hintergrund gehalten Eine Anderung dieser wesentlich anonymen Tatigkeit wunschte man weder in Stuttgart noch in Augsburg Orges eigentliches Arbeitsgebiet in der Redaktion war Frankreich im Anschluss daran Belgien und die iberische Halbinsel Durch seine Aufenthalte in Paris hatte er seinen Hass gegen Napoleon III Den Staatsstreich des 2 Dezember dessen nachste Wirkungen er an Ort und Stelle miterlebte hatte er ihm nie verziehen Die innere Korruption des Kaiserreichs und die Gefahren die von seiner auswartigen Politik dem Weltfrieden drohten war durch seine Feder unermudlich den Zeitgenossen vorzuhalten Die ganze romanische Welt sah er im Verfall Der Niedergang der romanischen Volker gehorte auch zu seinen Schlagworten Im Gegensatz dazu sprach er der germanischen Welt eine grosse Zukunft zu Die Steigerung der Verkehrsmittel war fur ihn der wesentlichste Hebel des Fortschritts im Volkerleben In Wien fand man in ihm einen unbequemen Mahner weshalb Cotta von dort mit manchem Vorwurf konfrontiert wurde Sein Wahlspruch lautete penna et ferro In einer Denkschrift die Orges im Jahre 1856 uber die Aufgaben der Allgemeinen Zeitung an Cotta richtete waren zwei Grundgedanken vorangestellt Freiheit als eine Funktion der Bildung und die Einheit Deutschlands durch die Einigung der materiellen Interessen Cotta war mit dem Inhalt der Denkschrift einverstanden behielt sie jedoch in seinem Archiv ohne offentlich von ihr Gebrauch zu machen Die Allgemeine Zeitung schrieb Orges 1858 sei nicht eine grossdeutsche Zeitung sondern wenn man den Ausdruck verstehe eine hochdeutsche Vom Jahre 1858 an durfte er neben Kolb und Altenhofer seinen Namen unter die Zeitung setzen Die Eigentumer in Stuttgart hatten eingewilligt Seine Hauptarbeit hatte er in die Nacht verlegt Der leidenschaftliche Eifer steigerte sich mit dem verhangnisvollen Jahr 1859 Was er schon langst von den Anschlagen Napoleons prophezeit hatte begann sich jetzt zu erfullen Die Verschworung gegen den Frieden Europas die Wiederaufnahme der napoleonischen Tradition der Umsturz der Vertrage von 1815 lag jetzt vor aller Augen enthullt Und nun galt es zum Kampf gegen den Friedensbrecher alle Krafte vor allem die gesamte Macht Deutschlands aufzurufen Die Debatte drehte sich als der Krieg wirklich zum Ausbruch kam nur darum wann Preussen in Aktion treten solle mit welchen Vorbehalten und welchen Bedingungen Neutralitat oder gar eine grosspreussische Aktionspolitik die sich auf die Freundschaft des franzosischen Kaisers stutzte Stimmen in diesem Sinne sind damals nur sehr vereinzelt laut geworden Im Mai kam Heinrich von Sybel selbst nach Augsburg um sich uber die Politik Preussens mit der Redaktion zu besprechen und der Zuruckhaltung seiner Staatsmanner das Wort zu reden Die Besprechung fand in Kolbs Garten statt und wurde im Wesentlichen zwischen Sybel und Orges gefuhrt Ihr Inhalt ist aus einem Brief ersichtlich den Sybel am 19 Mai an Kolb schrieb veranlasst durch einen Brief den dieser an Justus von Liebig geschrieben hatte und der von Ed Heyck veroffentlicht wurde Sybel verwahrte sich gegen die ihm von Kolb unterstellte Gothaer Gesinnung Herr Orges wird sich vielleicht erinnern dass unser Gesprach sich durchweg um die Frage drehte ob es wunschenswerth sei dass binnen sechs Wochen am Rhein losgeschlagen wurde Ich erkannte das Gewicht seiner Grunde an konnte aber trotzdem meine Gegengrunde nur fur uberwiegend halten Diese bestanden wesentlich in der Meinung dass im deutschen und osterreichischen Sinne die Position in Italien stark die am Rheine schwach sei dass es also im Interesse unser Aller liege die Franzosen sich an der starken Position verbluten zu lassen ehe man an der schwachen den Kampf eroffne Ich habe 1850 Gothaer und Erfurter Politik mitgemacht stehe aber nicht an zu erklaren dass meine Ansichten daruber sich langst modificirt haben Mein Gothaerthum besteht seit Jahren in dem einfachen Wunsche den jeder Protestant in Europa mit mir theilt dass so weit in und innerhalb des Bundes und der Bundesverfassung eine der Grossmachte vorwiegenden Einfluss haben kann dieser bei Preussen und nicht bei Oesterreich sein moge Ich sehe nun in der heutigen Krisis so gut wie Sie von ihrem Standpunkte dass Preussen eine solche wurdige und einflussreiche Stellung nicht durch Zank gegen Oesterreich sondern nur durch Unterstutzung desselben nicht durch faules Stillesitzen sondern nur durch lorbeerreiches Vorgehen gegen den Nationalfeind gewinnen kann Ich habe wo ich wirken konnte in diesem Sinne gewirkt und vor drei Wochen in Berlin bereits auf allen Seiten die Aufstellung eines Observationsheeres am Rhein gepredigt Ich habe wo ich gekonnt jedem Symptom Gothaischer Geluste mich in den Weg gestellt aber glucklicherweise nicht viel von Gothaerthum zu Gesicht bekommen So weit ich sehen kann geht es Ihnen mit den Gothaern uberhaupt wie mit mir insbesondere Sehen Sie ernstlich zu so werden Sie geringes Material fur diese Gothaer Umtriebe finden Mir scheint dass das Polemisiren dagegen die Sache der deutschen Eintracht wenig fordern die denuncirten Plane eher ins Leben rufen wird Heinrich von Sybel Der Versuch Sybels in Augsburg einer leidenschaftsloseren Beurteilung der Lage Eingang zu verschaffen diente nur dazu die gegenseitige Entfremdung und Gereiztheit zu steigern In der Broschure die Sybel zu Ende des Jahres anonym erscheinen liess hiess es Die Falschung der guten Sache durch die Allgemeine Zeitung hat er vornehmlich Orges fur die Haltung des Blattes und die ganze Stimmung Suddeutschlands verantwortlich gemacht Den Kriegsereignissen in Italien folgte Orges mit grossem Interesse Aber die Osterreicher durften nicht unterliegen und als sie die Schlachten verloren hatten tat er alles um die Geschichte aufzuhalten Er stutzte die Kriegsberichte nach seinem Ermessen zu stemmte sich dem bald einreissenden Pessimismus entgegen stellte die Dinge dar wie er sie durch gefarbte Glaser sah und verteidigte dies damit dass der Tagesschriftsteller wo vaterlandische Interessen auf dem Spiele stehen ganz andere Aufgaben und Pflichten habe als Geschichtsschreiber oder militarische Kritiker Fur die Politik die in Augsburg gemacht wurde war der plotzliche Friedensschluss eine schwere Enttauschung Fur Orges war er fast ein personliches Fiasko Mit verzweifelter Hartnackigkeit wehrte sich Orges dagegen Auch nach Abschluss des Waffenstillstands beschwor er den Kaiser von Osterreich den Krieg fortzusetzen nachdem Franz Joseph und Napoleon sich bereits verstandigt hatten Preussen zur Pflicht sofort den Krieg zu erklaren und zwar in Unterwerfung unter die Bundesverfassung der auch Oesterreich und die reindeutschen Staaten sich unterwerfen Von da an erst hat sich auch Orges immer mehr in eine verbissene Polemik gegen Preussen hineingeschrieben Dem Vorfrieden von Villafranca folgten die gegenseitigen Anklagen zwischen Osterreich und Preussen der erregte Meinungskampf uber die Verbesserung der deutschen Bundesverfassung und die Anlaufe zu einer Organisation der offentlichen Meinung im nationalen Sinne wahrend die Allgemeine Zeitung immer einseitiger ihre Stellung auf der grossdeutschen Seite nahm und damit viele alte Freunde verlor Aus Londoner Fluchtlingskreisen war ein heftiger Angriff auf Karl Vogt in Genf erfolgt dem vorgeworfen wurde dass er der Leibpublizist des Prinzen Napoleon mit franzosischem Geld bestochen sei und andere zu bestechen versucht habe Im Lager der Fluchtlinge von 1848 herrschte eine Entzweiung die aus Anlass des italienischen Krieges zum Ausbruch kam Die Einen hielten zu Frankreich und begunstigten seine Politik in Italien wahrend die Anderen einen unausloschlichen Hass auf Napoleon geworfen hatten den sie auch in seiner Nationalitatenpolitik bekampften Jenen Angriff auf Vogt der in einem Londoner Flugblatt verbreitet war hatte die Allgemeine Zeitung durch dessen Abdruck ubernommen und dies veranlasste Vogt zu einer gerichtlichen Klage mit der er das Hauptorgan der osterreichischen Politik zu treffen gedachte Die gerichtliche Verhandlung fand am 21 Oktober in Augsburg statt Von den verklagten drei Redakteuren war Orges personlich erschienen Der kranke Kolb hatte sich mit einer offentlichen Erklarung begnugt und Altenhofer tat als ob ihn die Sache gar nichts anginge Orges aber ergriff gerne die Gelegenheit das Programm der Allgemeinen Zeitung ausfuhrlich zu entwickeln ihre Politik zu verteidigen und die patriotischen Beweggrunde bei ihrem Angriff auf den Reichsregenten von 1849 ins Licht zu stellen Man fand dass sein Auftreten nicht frei von Selbstgefalligkeit und Geziertheit sei Auch hat ihm spater Vogt einen ubermassigen Gebrauch von Glacehandschuhen vorgeruckt Naturlich konnte der Beweis dass Vogt bestochen sei nicht gefuhrt werden der Staatsanwalt aber beantragte Abweisung der Klage da das Bezirksgericht nicht zustandig sei und die Sache wenn sie weiter verfolgt werden solle vor das Schwurgericht zu bringen sei So lautete denn auch der salomonische Gerichtsspruch der am 29 Oktober verkundigt wurde Vogt dem es bloss darauf ankam die Sache an die grosse Glocke zu hangen verfolgte sie nicht weiter und begnugte sich die Akten des Prozesses zu veroffentlichen und zu kommentieren Der Ausgang war fur die Allgemeine Zeitung der denkbar gunstigste gewesen und der Prozess war bald wieder uber Wichtigerem vergessen zumal kurz darauf die Feier von Schillers hundertstem Geburtstag stattfand die fur eine Zeit lang allen politischen Hader in den Hintergrund drangte Doch der Stillstand den die Feier gebracht hatte hielt nicht lange vor bald schon begannen wieder gegenseitige Anklagen und Verdachtigungen verscharft durch die Bildung des deutschen Nationalvereins Schon im April 1859 als Osterreich um die Bundeshilfe warb trat Orges mit dem Herzog Ernst von Sachsen Coburg in Verbindung Durch dessen Kabinettschef Von Meyern hatte er den Wunsch ausgesprochen dass der Herzog die Stelle des Bundesfeldherrn erhalte und ihm die Dienste der Allgemeinen Zeitung zu diesem Zwecke angeboten Der Herzog widerstand dieser Lockung die Verbindung mit Orges blieb aber auch in der Folge unterhalten Ich hatte genauere Beziehungen zu Herrn Orges sah ihn haufig und liess durch meinen Cabinetschef mit demselben einen intimeren Briefwechsel fuhren erzahlt Von Meyern Am Anfang des Jahres 1860 machte sich Orges als freiwilliger Diplomat auf zu einer Rundreise an die Hofe um deren Gesinnungen gegenuber den friedensbedrohlichen Planen des 2 Dezember die sich jetzt aufs Neue im schweizerisch savoyischen Handel enthullten zu erkunden oder zu befestigen Er sandte von dieser Reise von Berlin uber Warschau nach Wien fortlaufende Berichte nach Coburg die in Bettelheim s Biographischen Blattern veroffentlicht wurden In Berlin wurde der einst aus den Listen der preussischen Armee gestrichene Offizier vom Prinzen von Preussen vom Ministerprasidenten und Fursten Anton von Hohenzollern und anderen Staatsmannern empfangen Indessen empfing er vom Fursten von Hohenzollern Versicherungen Keine ehrgeizigen Plane Zusammengehen mit Osterreich in allen ausseren Fragen Bekampfung der Praponderanz Napoleons darum bessere militarische Organisation in Preussen und im Bundesheer und endlich Ruckendeckung durch Russland Diese Erklarungen sollte er nach Wien ubermitteln Dort zeigte sich allerdings Verstimmung uber Preussens Nichtaktion die Osterreich zum Friedensschluss gezwungen habe auch habe die Handlungsweise der preussischen Diplomatie den uneigennutzigen Versicherungen ihrer Regierung nicht entsprochen Gleichwohl fand er auch hier alles vom besten Willen beseelt Napoleon glaube Osterreich und Preussen entzweit zu haben allein er tausche sich wenn er glaube Osterreich werde einem Angriff auf den Rhein untatig zusehen Versohnung mit Preussen sagte der Kaiser sei sein innigster Wunsch Es ist offenbar in den hochsten Kreisen der beste und deutscheste Wille aber es fehlt in den ubrigen Kreisen Funfzigjahrige Uebelstande lassen sich nicht uber Nacht abstellen und tuchtige Krafte nicht aus dem Boden stampfen Von den Ministern hielt Orges nicht viel mit Ausnahme von Bruck Von dessen Genialitat sei fur die innere Neugestaltung des Reiches das meiste zu hoffen Er ist der Hort Oesterreichs und vor allem des Deutschthums in ihm Eins ist gewiss dass die Regierung nie Deutschland aufgeben wird Emsig und stetig voran arbeitet Oesterreich auf ein den deutschen Zustanden sich naherndes Niveau hin um die Nationalitaten in ihrer Abgeschlossenheit durch die Macht des Verkehrs und die Macht der Bildung zu besiegen Orges selbst war von dem Erfolg seiner Reise offenbar sehr befriedigt Wenn man in Wien jetzt einen Unterschied macht zwischen dem was der Prinz Regent gewollt und dem was seine politischen Agenten gethan so ist das zum Theil wenigstens mein Verdienst Im Marz berichtet er in Coburg auch von einer Audienz die er beim Konig Maximilian II Joseph von Bayern gehabt hatte dem er gleichfalls seine Ansicht uber die politische Lage im Sinn der innern Einheit und des Friedens und des Kampfes nach aussen entwickelte Mit Coburg stand er fortdauernd in lebhaftem Verkehr Am 27 Marz richtete er an Rudolf von Bennigsen einen Brief der mit weitschweifiger Rhetorik den Begrunder des Nationalvereins fur das grossdeutsche Programm zu gewinnen suchte Orges stellte sich ihm als echter Sachse als der Erbe Justus Mosers aber zugleich als Positivisten als Anhanger August Comtes vor Der merkwurdige Brief der die Entwicklung unserer Nationalitat als oberstes Ziel an die Spitze stellte enthielt folgende charakteristische Satze Wir Deutschen sind noch in dem Jugendalter unserer nationalen Entwicklung Auswanderungstrieb Wanderlust der Volker Colonien der Zeit der Fruchtbarkeit Die Romanen haben diese Periode lange hinter sich sie sind im Absterben begriffen Die Portugiesen sind todt Spanier und Italiener in Agonie und die Franzosen auf dem besten Weg dahin Sie wollen Deutschland gross machen unter Preussens Fuhrung Zur Weltmacht wird es auf diesem Wege nie denn nur eine Weltmission ist fur uns offen das ist die Cultivirung und Assimilirung der unteren Donaulander und dadurch Wiedererhebung Ausbeutung des Orients Wir brauchen die maritime Entwicklung aber eine Weltmission nach Westen zu besteht fur uns nicht Sie geben mit Preussens Hegemonie die Weltmacht auf Erobert uns Preussen so werden wir preussisch statt deutsch denn eine leichte Ablenkung unserer Nationalitat durch den herrschenden Geist ist moglich Erobern wir das Donaureich so muss es deutsch werden Alles Grosse in Preussen was Scharnhorst Aster Stein Hardenberg Vincke geschaffen ist deutsch nicht preussisch Das eigentliche Preussenthum ist ein mit Slaventhum durchtranktes Deutschthum das eben wegen der slavischen Mischung das echte Bureaukratenthum den Tschin erzeugt und stets erzeugen wird Dem Selfgovernment dem eigentlichen Deutschthum ist es entfremdet Es wird dasselbe wohl annexiren es formuliren es ausnutzen konnen aber schaffen kann es nichts das Preussenthum ist kein schopferisches Moment weil es kein ursprungliches kein originales ist Oesterreich ist ein grosses Wildland fur deutsche Cultur Was wir Deutschen haben halb Nordamerika fur deutsche Cultur gewonnen und sollen aufgeben was uns gehort Sie der Kleindeutsche rechnen mit Kraften die sind mit den Zustanden die vorliegen ich rechne mit denen die werden auf die Zukunft speculire ich Hermann Ritter von Orges Dazu auch hier das Lob Brucks Ein Staatsmann ersten Ranges wahrscheinlich der grosste Staatsmann Europas Er ist ein Genie der die grosse Zukunft Oesterreichs erarbeiten will Wenige Wochen vor dem tragischen Ende des Ministers das fur Orges eine seiner schlimmsten Enttauschungen war Vielleicht war eine mundliche Aussprache mit den Fuhrern des Nationalvereins wirksamer als eine briefliche Auseinandersetzung Der Herzog der damals die Vereinigung aller Parteien zu einer grossen Demonstration gegen Napoleon im Sinn hatte wunschte sie wie Orges sie wunschte und so erschien dieser am 13 Mai in Gotha aus Anlass einer dortigen Vorstandssitzung des Nationalvereins Die Besprechung dauerte mehrere Stunden Ein praktisches Ergebnis hatte sie nicht Ebenso wenig ein Vorschlag den Orges kurz darauf in der Allgemeinen Zeitung machte dass der Verein auf Grund der Thronrede des Prinzregenten vom 12 Januar sein Programm abandere Am 31 Mai schrieb der herzogliche Kabinettssekretar Bollmann an Bennigsen Orges wolle einen allgemein deutschen Verein zur Wahrung und Forderung der Unabhangigkeit und Freiheit Deutschlands und des deutschen Volkes grunden der unter 9 Mannern stehe 3 Preussen 3 Oesterreichern und 3 Reindeutschen als die drei letzteren habe er im Auge den Herzog Heinrich von Gagern und Gustav von Lerchenfeld Am 6 Juni war Orges in Heidelberg bei August Ludwig von Rochau dem Herausgeber der Wochenschrift des Nationalvereins der aber kurzweg an Streit daruber schrieb Der Mensch ist im Grund genommen ein Windbeutel und Faselhans Schon im Jahr 1859 hatte Orges Meding bei einem Besuch in Augsburg an ihm eine fortwahrende nervose Irritation bemerkt welche sich auch in seinem zitternd unruhigen Geberdenspiel und in seinen fast fieberhaft glanzenden Augen bemerkbar machte Die aufreibende Redaktionstatigkeit mit ihrer Nachtarbeit blieb nicht ohne Einfluss auf seine Gesundheit Die Eigentumer der Zeitung in Stuttgart wurden stutzig als sie sahen wohin Orges ihr altes solides Institut fuhrte Schon nach dem Ausgang der oberitalienischen Schlachten wunschten sie mehr Mass in der Parteinahme fur Osterreich auch das personliche Sichvordrangen und die diplomatischen Freiwilligendienste ihres Redakteurs konnten ihnen nicht angenehm sein dass er ganz die Macht an der Zeitung an sich reisse war gegen ihren Willen So kam es zu Zerwurfnissen die den Wunsch einer Trennung nahelegten Im Fruhjahr 1864 loste Orges seine Verbindung mit der Zeitung Nach der Karriere als Publizist Bearbeiten Langst hatte er in Wien mit einflussreichen Personen Beziehungen angeknupft Im Mai wurde er in den osterreichischen Untertanenverband aufgenommen Dort durfte er auf Dank fur seine hingebenden und uneigennutzigen Dienste hoffen Der Dank bestand darin dass er zuerst im Handelsministerium angestellt und dann im auswartigen Amt von Beust fur das Pressbureau verwendet wurde nbsp Orden der Eisernen Krone III KlasseAm 2 Marz 1865 erfolgte seine Erhebung in den erblandischen Ritterstand und am 30 Mai 1866 wurde er k k Regierungsrat und erhielt den Orden der Eisernen Krone III Klasse Den Franz Joseph Orden hatte er schon nach dem Vogt schen Process erhalten Auch von mehreren Mittelstaaten war er mit Orden u a mit dem Welfenorden ausgezeichnet worden Mit seiner Ubersiedlung nach Wien verschwand er aus der Offentlichkeit Ein Jahrzehnt arbeitete Orges noch im Dienste des Donaureichs aber sein Name wird kaum mehr genannt Nach den Mitteilungen J Frobels hat er es dort wie schon in seinen letzten Augsburger Jahren mit der absolutistischen Militarpartei gehalten mit der kriegseifrigen Camarilla die sich im Jahre 1866 mit den abenteuerlichsten Reaktions und Restaurationsplanen trug von Wiederherstellung des Kirchenstaats Zuruckeroberung der Lombardei Vernichtung der preussischen Macht und Herrschaft in Deutschland traumte Noch im Jahre 1868 habe er eine Verstandigung zwischen Osterreich und Preussen fur unmoglich und auch im Geiste des Kaisers Franz Josef fur undenkbar erklart niemals werde Osterreich den Anschluss Suddeutschlands an den norddeutschen Bund zulassen Der kriegerische Ton der Korrespondenzen die er fur auswartige Blatter schrieb sei selbst Beust zuweilen unbequem gewesen Befriedigung hat er auch in seiner Wiener Stellung nicht gefunden Tod Bearbeiten Ein Unfall setzte im Juni 1874 seinem Leben ein Ende In einem uberfullten Wagen der Trambahn von Dornbach nach Wien stand er auf einem Tritt der Plattform als ihm sein Spazierstock entfiel Als er ihn noch packen wollte sturzte er zu Boden und geriet unter die Rader die ihm uber beide Fusse fuhren Er wurde ins Allgemeine Krankenhaus gebracht wo ihm am 8 Juni der linke Fuss amputiert wurde Nach 24 Stunden starb er am starken Blutverlust um Mitternacht zwischen dem 9 und dem 10 Juni 1874 Die Bestattung wurde vom auswartigen Amt in die Hand genommen Auf Wunsch des Verstorbenen fand es ohne jede kirchliche Zeremonie statt Zwei verheiratete Schwestern waren an das Sterbelager geeilt Die Leiche wurde in die Familiengruft in Osnabruck uberfuhrt Literatur BearbeitenConstantin von Wurzbach Orges Hermann Ritter von In Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich 21 Theil Kaiserlich konigliche Hof und Staatsdruckerei Wien 1870 S 92 96 Digitalisat Wilhelm Lang Orges Hermann Ritter von In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 55 Duncker amp Humblot Leipzig 1910 S 565 576 E Lebensaft Orges Hermann von 1821 1874 Journalist In Osterreichisches Biographisches Lexikon 1815 1950 OBL Band 7 Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften Wien 1978 ISBN 3 7001 0187 2 S 245 Einzelnachweise Bearbeiten Hermann Ritter Orges Einleitung zur Geschichte des preussischen Militarsystems der Gegenwart 1898 Normdaten Person GND 117144908 lobid OGND AKS VIAF 5701214 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Orges Hermann vonALTERNATIVNAMEN Orges Hermann Ritter vonKURZBESCHREIBUNG deutscher PublizistGEBURTSDATUM 12 April 1821GEBURTSORT BraunschweigSTERBEDATUM 9 Juni 1874 oder 10 Juni 1874STERBEORT Wien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hermann von Orges amp oldid 237387622