www.wikidata.de-de.nina.az
Dieser Artikel befasst sich mit dem Chemiker Hermann Kolbe Zum Entomologen siehe Hermann Julius Kolbe Adolph Wilhelm Hermann Kolbe 27 September 1818 in Elliehausen 25 November 1884 in Leipzig war ein deutscher Chemiker Er entdeckte mit der Elektrolyse von Carbonsauren Kolbe Elektrolyse eine Synthesemethode zur C C Bindungsknupfung der Alkylreste von Sauren und gilt als Begrunder der Organischen Elektrochemie 1 2 Kolbe stellte 1859 erstmals Salicylsaure aus Phenolat und Kohlendioxid synthetisch her Hermann Kolbe um 1865Nachruf Inhaltsverzeichnis 1 Lebenslauf 2 Wissenschaftliches Werk 3 Lehre und Universitat 4 Auszeichnungen 5 Schriften 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLebenslauf BearbeitenKolbe war das alteste von 15 Kindern des Pfarrers Karl Kolbe 1780 1870 und dessen Frau Auguste geb Hempel geboren 1800 Den ersten Unterricht erhielt er im elterlichen Pfarrhaus Aufgrund des Tatigkeitswechsel des Vaters zog die Familie 1826 nach Stockheim ins Leinetal Er besuchte ab 1831 das Gymnasium in Gottingen und legte dort 1838 das Abitur ab Nach seinem Chemiestudium ab 1838 bei Friedrich Wohler in Gottingen wurde er an der Universitat Marburg 1842 Assistent von Robert Wilhelm Bunsen Bereits wahrend seiner Studien und spater Assistenzzeit in Marburg verfasste er zahlreiche wissenschaftliche Abhandlungen und gab seine ersten Publikationen heraus Ebenfalls hatte er in Gottingen seine Dissertation begonnen die er dann in Marburg abschloss Im Herbst 1843 erhielt er mit der Arbeit Ueber die Produkte der Einwirkung des Chlors auf Schwefelkohlenstoff den Doktorgrad Dr rer nat 3 Von 1845 bis 1847 war Kolbe Assistent bei Lyon Playfair an der University of London Hier unterstutzte er Playfair am Museum fur Economic Geology bei Schlagwetteruntersuchungen In dieser Zeit befreundete er sich auch mit Edward Frankland Kolbe und Frankland fanden in London die Darstellungsweise von Carbonsauren aus Nitrilen Auch die Elektrolyse von Carbonsauren mit der Bildung von Kohlendioxid und den dimerisierten Alkanen fiel in diese Periode 1847 arbeitete Kolbe auch in Marburg bei Bunsen Im Herbst 1847 ging Kolbe aufgrund eines Angebotes des Verlags Fr Vieweg amp Sohn zur Bearbeitung des Handworterbuches der Chemie nach Braunschweig 1851 folgte Kolbe dem Ruf auf das Ordinariat fur Chemie an der Universitat Marburg als Nachfolger von Robert Bunsen 1853 heiratete Kolbe Charlotte von Bardeleben 1832 1876 Aus der Ehe gingen ein Sohn und drei Tochter hervor Der Sohn Karl Kolbe 1856 1909 wurde ebenfalls Chemiker und ubernahm 1884 als Direktor die Salicylfabrik Dr F v Heyden deren Teilhaber Hermann Kolbe war 1865 wurde er ordentlicher Professor an der Universitat Leipzig Hier wurde 1868 nach seinen Planen das chemische Institut der Universitat Leipzig errichtet Ab 1870 war er Herausgeber der von Otto Linne Erdmann gegrundeten Zeitschrift Journal der praktischen Chemie Wissenschaftliches Werk BearbeitenAls Kolbe sein Chemiestudium begann war die organische Chemie als Wissenschaft recht unbekannt Aus Elementaranalysen leiteten Chemiker die relativen Gehalte von Kohlenstoff Wasserstoff und Sauerstoff in einer organischen Verbindung ab Ganzlich unbekannt war zu dieser Zeit deren Struktur und die Art des Atomaustausches von Molekulen bei einer chemischen Reaktion In dieser Phase wurden viele Stoffumwandlungen untersucht mit dem Ziel aus der Anderung der elementaren Zusammensetzung eine bestimmte Ordnung zu entdecken und auf die chemische Konstitution und das Reaktionsverhalten von Verbindungen zu schliessen Nachdem in der organischen Chemie die dualistische Radikaltheorie mit einem positiven und einem negativen Bereich in jedem anorganischen und organischen Teilchen von Jons Jacob Berzelius durch die Entdeckung der Substitution durch Jean Baptiste Dumas von einer unitaristischen Typentheorie erschuttert wurde gab es zwei Lager in der organischen Chemie Das eine Lager Charles Gerhardt Auguste Laurent versuchte durch neue Uberlegungen die Typentheorie weiter auszubauen das andere Lager versuchte durch gedankliche Hilfskonstrukte die dualistische Theorie von Berzelius zu reformieren Kolbe unterstutzte zunachst die dualistische Theorie von Berzelius er war einer der starksten Verteidiger des dualistischen Systems von Berzelius 4 5 6 siehe hierzu auch Geschichte der Substitutionsreaktion Kolbe untersuchte fur seine Dissertation 1842 1843 die Umwandlung von Kohlenstoffdisulfid mit Chlor Er erhielt neben den organischen Chlorverbindungen auch eine kristalline Substanz die Trichlormethansulfonsaure Deren Entstehung konnte Kolbe aus der dualistischen Theorie ableiten Durch die Behandlung mit Natriumamalgam konnten alle Chloratome durch Wasserstoffatome ausgetauscht werden sodass sich Methansulfonsaure bildete Kolbe fand etwas spater heraus dass sich Tetrachlorethen erzeugt aus Tetrachlorkohlenstoff bei Durchleitung durch eine gluhende Rohre im Sonnenlicht in Gegenwart von Wasser und Chlor zu Trichloressigsaure umwandelte Die Trichloressigsaure liess sich mit Natriumamalgam in Essigsaure uberfuhren In seinem Artikel wurde erstmals das Wort Synthese im Bereich der organischen Chemie verwendet Kolbe hoffte damals dass mithilfe der organischen Chemie zukunftig aus einfachen Stoffen wie Essigsaure komplizierte Stoffe wie Zucker hergestellt werden konnten Bei seiner Arbeit wurde eine neue Kohlenstoff Kohlenstoff Bindung geknupft die Chlorsubstituenten an den Kohlenstoffen wurden durch Wasserstoff und Sauerstoff ersetzt Kolbe besuchte in London seinen Freund Edward Frankland Mit Frankland wurde eine neue Synthese von Carbonsauren ausgearbeitet Sie synthetisierten aus den Alkylcyaniden Acetonitril Ethylnitril von Dumas und Theophile Jules Pelouze erstmals synthetisiert durch Verseifung die entsprechenden Carbonsauren 7 Kolbe und Frankland nahmen nun an dass die Cyanverbindungen mit Radikalen gepaarte Carbonsauren sind Cyanwasserstoff entsprach ihrer Ansicht Oxalsaure Carboxygruppe Acetonitril der Essigsaure Kolbe wollte nun wissen ob sich aus der Essigsaure das Methylradikal abspalten lasst ob sich moglicherweise ein reines Radikal herstellen lasst Um dies zu erreichen elektrolysierte er Essigsaure 8 Es entstand am positiven Pol tatsachlich ein Stoff mit der chemischen Zusammensetzung fur ein Methylradikal sowie Kohlendioxid Die molare Masse fur das Methylradikal war jedoch hoher als erwartet es war Ethan entstanden Kolbe war sich nun sicher dass die Essigsaure aus zwei Radikalpaaren besteht dem Kohlensaure und dem Methylradikal Er elektrolysierte auch die hoheren Alkansauren und konnte auch bei diesen Kohlendioxidbildung und Alkanbildung nachweisen 8 siehe Kolbe Elektrolyse Aufgrund der elektrochemischen Versuche unterstutzte Kolbe wieder die dualistische Theorie von Berzelius 9 10 Nach den Ideen fur Sattigungskapazitaten der Elemente durch Frankland uberarbeitete Kolbe die Radikaltheorie 11 Er sah in dieser Arbeit alle organischen Stoffe als Abkommlinge der Kohlensaure an die durch Substitutionsprozesse entstanden sind Kolbe anderte die formale Typentheorie von Gerhardt zu einer realen Typentheorie er bezeichnete Gerhardts Typentheorie als unwissenschaftliche Formelspielerei Kolbe verwarf die These von Gerhardt dass eine chemische Verbindung mehrere Konstitutionsformeln besitzen konne Er prognostizierte aus seiner Theorie die Moglichkeit der Existenz von sekundaren und tertiaren Alkoholen 12 13 Diese Alkohole wurden wenige Jahre spater von Alexander Butlerow und Charles Friedel aufgefunden Kolbe untersuchte auch die Isomerieerscheinungen von Fettsauren und klarte die Konstitution von Milchsaure Alanin und Apfel und Weinsaure auf Kolbe gelang auch die Herstellung der ersten aliphatischen Nitroverbindung Nitromethan 14 Fur die Medizin war Kolbes Entwicklung einer einfachen Synthese fur Salicylsaure Acetylsalicylsaure Aspirin ist ein Derivat der Salicylsaure besonders bedeutsam 15 16 Salicylsaure stellte er aus Phenol in Gegenwart von Kohlenstoffdioxid und Natrium her Vollige Aufklarung der Bildung von Salicylsaure brachte jedoch erst Rudolf Schmitt 17 Durch die Einbringung seiner Kolbe Synthese wurde er Teilhaber der 1874 von Friedrich von Heyden gegrundeten Salicylsaurefabrik Dr F v Heyden die in Radebeul weltweit erstmals Arzneimittelsynthese im industriellen Massstab betrieb Sein Sohn Carl Kolbe ebenfalls Chemiker ubernahm 1884 erst die Leitung und 1885 die Fabrik von ihrem Grunder Seine Tochter Johanna heiratete den Chemiker Ernst von Meyer Sein Neffe Hermann Ost Sohn seiner Schwester Bertha wurde ebenfalls Chemiker und Professor an der TH Hannover Und auch sein Enkel Ferdinand Hermann Krauss wurde Professor fur Chemie Lehre und Universitat BearbeitenKolbe hat ein umfangreiches Lehrbuch der organischen Chemie 1854 1865 verfasst Ferner ein kurzes Lehrbuch fur anorganische und organische Chemie Er war Herausgeber seit 1870 der von O L Erdmann gegrundeten Zeitschrift Journal fur praktische Chemie Zwischen 1847 und 1851 bearbeitete er das Handworterbuch der reinen und angewandten Chemie beim Vieweg Verlag in Braunschweig Nach seinen Planen wurde 1868 das chemische Institut in Leipzig errichtet Als Lehrer wandte er eine Lernmethode an die beim Studenten eine sorgfaltige Beobachtungsgabe und das Nachdenken forderte Zu seinen Schulern und Mitarbeitern in Leipzig gehorten Ernst Otto Beckmann Alexander Michailowitsch Saizew und Theodor Curtius Auszeichnungen Bearbeiten nbsp Gedenktafel der GDCh an der Chemischen Fabrik v Heyden Meissner Strasse 35 in RadebeulKolbe wurde fur seine Arbeit zum Geheimen Hofrat ernannt 1877 erhielt er in Tubingen den Dr med h c 1862 wurde er zum auswartigen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewahlt 18 Dazu war Kolbe Mitglied bzw Ehrenmitglied mehrerer wissenschaftlicher Einrichtungen so der Koniglich Sachsischen Gesellschaft der Wissenschaften der Preussischen Akademie der Wissenschaften der Universitaten Kasan und Kiew sowie der Royal Society in Edinburgh Kolbe war ab 1872 Ritter des Bayerischen Maximiliansorden fur Wissenschaft und Kunst und erhielt 1884 von der Royal Society die Davy Medaille Seit dem 1 Oktober 2012 ist die ehemalige Salicylsaurefabrik und spatere Chemische Fabrik Dr F von Heyden eine der Historischen Statten der Chemie ausgezeichnet durch die Gesellschaft Deutscher Chemiker GDCh im Rahmen eines Festakts mit einer Gedenktafel am Hauptgebaude in Radebeul Diese erinnert an das Wirken von Jacob Friedrich von Heyden Adolph Wilhelm Hermann Kolbe Rudolf Wilhelm Schmitt Bruno Richard Seifert und Richard Gustav Muller Schriften BearbeitenKurzes Lehrbuch der Chemie Band 1 Vieweg Braunschweig 2 verb Aufl 1884 Digitalisierte Ausgabe der Universitats und Landesbibliothek Dusseldorf Ausfuhrliches Lehrbuch der Organischen Chemie Vieweg 1854 Bearbeitung der 3 Auflage des Lehrbuchs von Friedrich Julius Otto und Thomas Graham der Graham Otto Digitalisat Ueber den naturlichen Zusammenhang der organischen mit den unorganischen Verbindungen die wissenschaftliche Grundlage zu einer naturgemassen Classification der organischen chemischen Korper 1859 Herausgegeben von Ernst von Meyer Ostwalds Klassiker Nr 92 Leipzig 1897 ArchiveLiteratur BearbeitenFrank Andert Red Stadtlexikon Radebeul Historisches Handbuch fur die Lossnitz Hrsg Stadtarchiv Radebeul 2 leicht geanderte Auflage Stadtarchiv Radebeul 2006 ISBN 3 938460 05 9 Gunther Bugge Das Buch der grossen Chemiker Band 2 Verlag Chemie 1974 ISBN 3 527 25021 2 S 124 ff Alan J Rocke The Quiet Revolution Hermann Kolbe and the Science of Organic Chemistry University of California Press Berkeley 1993 Alan Rocke Emil Heuser Hrsg Justus von Liebig und Hermann Kolbe in ihren Briefen 1846 1873 Mannheim Bionomica Verlag 1994 Grete Ronge Kolbe Hermann In Neue Deutsche Biographie NDB Band 12 Duncker amp Humblot Berlin 1980 ISBN 3 428 00193 1 S 446 451 Digitalisat A Strigel Kolbe Hermann In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 51 Duncker amp Humblot Leipzig 1906 S 321 329 Ernst von Meyer Geschichte der Chemie Verlag von Veit amp Comp Leipzig 1905Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Hermann Kolbe Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Hermann Kolbe im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Ubersicht der Lehrveranstaltungen von Hermann Kolbe an der Universitat Leipzig Sommersemester 1866 bis Wintersemester 1884 Hermann Kolbe im Professorenkatalog der Universitat Leipzig Hermann Kolbe und seine Arbeiten uber die Salicylsaure Kolbe Adolf Wilhelm Hermann Hessische Biografie Stand 15 April 2021 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Informationen zu und akademischer Stammbaum von Hermann Kolbe bei academictree orgEinzelnachweise Bearbeiten Toshio Fuchigami Shinsuke Inagi Mahito Atobe Fundamentals and Applications of Organic Electrochemistry Hrsg Wiley Wiley ISBN 978 1 118 65317 3 Ole Hammerich Bernd Speiser Organic Electrochemistry Revised and Expanded 5 Auflage Taylor amp Francis Inc ISBN 978 1 4200 8401 6 Lieb Ann d Chem 41 41 Ann Chem 54 156 Ann Chem 75 211 Ann Chem 76 1 Lieb Ann d Ch 65 288 1848 a b Hermann Kolbe Untersuchungen uber die Elektrolyse organischer Verbindungen In Friedrich Wohler Justus Liebig Hrsg Annalen der Chemie und Pharmacie Band 69 Nr 3 C F Winter Heidelberg 1849 S 257 294 doi 10 1002 jlac 18490690302 online im Internet Archive durch die elektrolytischen Zersetzungen organischer Verbindungen uber ihre chemische Constitution wichtige Aufschlusse zu erhalten Lieb Ann d Ch 75 211 1851 Lieb Ann d Ch 76 1 1851 Lieb Ann d Ch 113 293 1859 Lieb Ann d Ch 113 307 1859 Das chemische Laboratorium der Universitat Marburg Braunschweig 1865 von Hermann Kolbe Lieb Ann d Chem 171 1 175 88 180 111 Lieb Ann d Ch 113 125 1859 Lieb Ann d Ch 115 201 Journ pr Chem 2 31 397 Mitgliedseintrag von Hermann Kolbe mit Bild bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften abgerufen am 9 Februar 2016 Normdaten Person GND 119151375 lobid OGND AKS LCCN n88129996 VIAF 2551354 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kolbe HermannALTERNATIVNAMEN Kolbe Adolph Wilhelm Hermann vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher ChemikerGEBURTSDATUM 27 September 1818GEBURTSORT Elliehausen heute ein Stadtbezirk von GottingenSTERBEDATUM 25 November 1884STERBEORT Leipzig Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hermann Kolbe amp oldid 239335090