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Der Hafentempel war der zweitgrosste Tempelbau der antiken Colonia Ulpia Traiana der Vorgangerstadt des heutigen Xanten Er stand architektonisch in der Tradition der romischen und damit indirekt der griechischen Tempel Es handelt sich um einen klassischen Podiumstempel der als Peripteros Ringhallentempel mit einer umlaufenden Saulenreihe versehen war Mit dem umgebenden Tempelbezirk nahm er den grossten Teil der Insula 37 der Colonia Ulpia Traiana ein und lag direkt an der nordlichen Stadtmauer der Colonia Ulpia Traiana in der Nahe des Rheins Teilrekonstruktion des Hafentempels im Archaologischen Park Xanten Position des Hafentempels in der Colonia Ulpia TraianaInhaltsverzeichnis 1 Forschungsgeschichte 2 Tempelbau 3 Tempelbezirk 4 Geschichte des Baus 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseForschungsgeschichte BearbeitenDie ersten direkt zum Hafentempel gehorenden Befunde wurden bei Ausgrabungen des Archaologen Harald von Petrikovits in den Jahren 1934 bis 1936 gemacht bei denen er ein dickes Fundament aus Opus caementicium freilegte das noch uber zwei Meter in die Tiefe reichte 14 Meter in ostliche Richtung davon entfernt verliefen im Boden zwei parallel zueinander verlaufende Mauerfundamente die schon im spaten 19 Jahrhundert bei Ausgrabungen des Niederrheinischen Altertumsvereins Xanten entdeckt worden waren Das Fundament deutete von Petrikovits korrekt als Podiumstempel die beiden Mauerreste als eine das Heiligtum umgebende Portikus 1 Weitere archaologische Grabungen wurden 1977 1978 bei der Anlage des Archaologischen Parks Xanten durchgefuhrt In ihrem Rahmen wurde das erhaltene Fundament des Tempels komplett freigelegt und untersucht Im Anschluss daran entstand an Ort und Stelle eine Teilrekonstruktion des Bauwerks die den Besuchern einen Eindruck von der Grosse und Bauweise des ursprunglichen Gebaudes vermitteln soll Die sudliche Ecke wurde bis zum Giebel rekonstruiert die meisten Saulen sind jedoch nur als Stumpfe angedeutet Das dafur errichtete rekonstruierte Podium ist innen hohl und schutzt gleichzeitig die darunter liegenden antiken Originalbefunde die bei der Rekonstruktion nicht angetastet werden mussten 2 nbsp Rekonstruktion des Hafentempels die in der modernen Rekonstruktion wiederaufgebauten Teile sind dunkelgrau markiert nbsp Ansicht der modernen Teilrekonstruktion der Steinblock rechts im Bild markiert die ursprungliche Position des AltarsTempelbau BearbeitenAnders als bei derartigen Tempeln ublich wurden fur den Hafentempel nicht nur die einzelnen Mauern des Bauwerks mit einem Fundament versehen sondern die gesamte Flache mit einer grossen Fundamentplatte abgesichert Dies war aufgrund des unsicheren Untergrundes in direkter Nahe des Rheinufers notig Das Fundament wurde errichtet indem eine drei Meter tiefe Grube mit einem dichten Gitter aus vertikal in die Erde gerammten Eichenpfahlen versehen und der Zwischenraum zwischen den Baumstammen mit Gussmauerwerk Opus caementicium hauptsachlich aus Basalt und Grauwacke ausgefullt wurde Der Rand des Fundaments wurde durch dichter nebeneinander gesetzte Baumstamme abgesichert die mit Reisig zusammengeflochten und in den oberen Schichten mit horizontalen Brettern verschalt wurden Die Abdrucke der Eichenstamme zeigen sich heute noch als Hohlraume in dem ursprunglich dazwischen eingefullten Gussmauerwerk Das aufgehende Mauerwerk des Tempels selbst war bei den Ausgrabungen nicht mehr vorhanden liess sich aber rekonstruieren da die unterste Steinreihe Abdrucke auf dem Gussmauerwerk des Fundaments hinterlassen hat Diese Abdrucke bilden zwei Rechtecke von denen das eine innerhalb des anderen liegt Beim inneren Mauerzug handelt es sich um den geschlossenen Raum in der Mitte des Tempels die Cella dessen Mauern eine Starke von 1 65 Metern aufwiesen Das aussere Steingeviert ist an den beiden Langsseiten und der nordlichen Schmalseite 3 25 3 40 m machtig an der sudlichen Eingangs Schmalseite des Tempels nur 2 85 m Es bildete die Basis fur die Saulenreihe Peristasis die den Innenbau auf allen vier Seiten umgab auf den Schmalseiten mit je sechs Saulen auf den Langsseiten wohl mit jeweils neun Saulen Auf drei Seiten des Tempels standen die Saulen fast ganz am Rand des Fundamentes lediglich auf der Sudseite ragte dieses noch etwa funf Meter daruber hinaus Dadurch entstand dort eine Art Vorterrasse des Tempels in die eine Treppe eingelassen war die das Betreten des Gebaudes ermoglichte Die Hohe des Gesamtbauwerkes wird mit 26 80 m rekonstruiert Etwa 16 m vor dem Tempel und in der Ausrichtung nach den Himmelsrichtungen genau diesem entsprechend wurde eine Stickung von 3 00 2 65 m freigelegt bei der es sich wohl um den Altar handelte Dieser befand sich wie allgemein ublich demnach ausserhalb vor der Aufgangstreppe in den Tempel Neben den Fundamenten wurden auch noch kleinere Reste von Saulen und Kapitellen gefunden aus denen hervorgeht dass der Tempel nach der korinthischen Ordnung angelegt war Die Saulen hatten im unteren Bereich einen Durchmesser von etwa 1 35 m nach oben hin wurden sie schmaler und hatten dort einen Durchmesser von ungefahr 1 20 m Ihre Hohe lasst sich auf circa 18 m rekonstruieren ihr Achsabstand betrug 3 85 m Sie waren ebenso wie das Gebalk und die Aussenverkleidung des Podiums aus Kalkstein aus Lothringen gefertigt Weitere kleinere Funde von Architekturteilen bestanden aus Putz Stuck und Marmor Letzterer wurde im Wesentlichen aus der Provinz Gallia Belgica und dem Gebiet um die heutige Bergstrasse importiert einzelne Teile des gefundenen Marmors stammten jedoch auch aus dem Mittelmeergebiet Diese kleineren Funde sind Beleg fur die ursprungliche prunkvolle Ausstattung des Tempels etwa mit Opus sectile als Fussbodenbelag mit marmornen Wandplatten und verschiedenen plastisch ausgearbeiteten Verzierungen Fur die Innenwand der Cella wird eine Verzierung aus zwei ubereinander angeordneten Ebenen von Pilastern angenommen die eine Hohe von um die 12 Meter erreicht habe Schliesslich hat man noch kleine Putzreste mit gewolbter Form gefunden die vermuten lassen dass es im Innenraum der Cella Nischen gab uber deren Funktion aber nichts Genaues ausgesagt werden kann nbsp Rekonstruierte Kapitelle davon eines farbig nbsp Fundamentreste mit Abdrucken des ehemaligen Mauerwerks unter dem heutigen Rekonstruktionsbau nbsp Luftbild auf den teilrekonstruierten Tempel nbsp Ruckansicht der Teilrekonstruktion nbsp Seitenansicht der modernen Teilrekonstruktion die Ausmasse des antiken Tempelbezirkes sind durch eine Hecke markiert nbsp Luftbild des rekonstruierten Hafentempels innerhalb des heute durch Baume angedeuteten antiken Strassennetzes gut zu erkennen ist die Lage des Heiligtums in der unregelmassig geformten Insula 37 direkt an der Stadtmauer nbsp Rekonstruktion des TempelbezirkesTempelbezirk BearbeitenDas Tempelgebaude bildete das Zentrum einer nahezu rechteckigen Anlage die eine Flache von 68 94 m umfasste und als Tempelbezirk bezeichnet wird Auch von der Eingrenzung dieser Anlage sind nur noch Fundamente aufgefunden worden die aus zwei parallel zueinander verlaufenden Reihen bestehen Die aussere davon reicht deutlich tiefer in die Erde als die innere hatte also ein grosseres Gewicht zu tragen Daraus lasst sich schlussfolgern dass das Tempelareal durch eine vermutlich zweigeschossige Portikus eingegrenzt wurde also einen Saulengang der nach innen hin offen war Die inneren Fundamente trugen demnach eine Saulenreihe die ausseren Fundamente dagegen eine massive Mauer die als Temenos auch den heiligen Bezirk nach aussen hin abschirmte Dadurch entstand dazwischen ein nach innen offener uberdachter Umgang um den Innenhof Die Aussenmauer dieser Portikus war nach Norden hin durch leicht hervortretende Abschnitte sogenannte Lisenen gegliedert Dort verlief der Decumanus maximus also die ost westliche Hauptstrasse der Stadt Im Westen des Tempelareals sind funf Meter vor der ausseren Portikusmauer direkt an der dort verlaufenden Nord Sud Strasse die Reste von mehreren Fundamentstickungen freigelegt worden die in einem Abstand von ungefahr 4 50 m zueinander stehen Daher nimmt die Forschung an dass sich an dieser Stelle auch nach aussen hin eine kleine Saulenreihe befunden hat in der moglicherweise der Eingang zum Heiligtumsbezirk lag Ein Anhaltspunkt dafur ist auch dass man auf den beiden Schmalseiten des Tempelbezirkes keine Indizien fur einen dortigen Zugang zum Innenhof gefunden hat Die Portikus des Hafentempels fasst eine Flache ein die zwar annahernd aber eben nicht vollig rechteckig ist sondern eigentlich ein Parallelogramm bildet Der Grund dafur ist bislang unbekannt Ebenso unklar ist warum die eine Ecke dieses Parallelogramms bis direkt an den Hafenturm der Stadtmauer heranreicht Dort war also die Via sagularis die auf der Innenseite der Stadtbefestigung einmal um die gesamte Stadt herumfuhrte unterbrochen Die Vermutung liegt zwar nahe dass diese eigenwillige topographische Anlage des Hafentempels darauf zuruckzufuhren ist dass sich an der gleichen Stelle schon vor der Stadtgrundung ein Heiligtum befunden hat dessen Position und Ausrichtung man aus religiosen Grunden beibehalten wollte Allerdings deutet von den verschiedenen Funden und Befunden aus der vorcoloniazeitlichen Epoche die auf dem Gebiet des Tempels gemacht wurden nichts auf einen Tempel an dieser Stelle hin Geschichte des Baus BearbeitenIn den Schichten unterhalb der Tempelreste sind diverse archaologische Befunde freigelegt worden die stratigraphisch in die Zeit vor der Errichtung des Bauwerks datiert werden Sie belegen eine dichte Besiedlung des Areals bis kurz vor den Beginn der Baumassnahmen am Heiligtum Gefunden wurden in erster Linie Reste von Gruben Graben und andere im Erdreich nachweisbare Zeichen fur menschliche Eingriffe durch die sich Gebaude in Holz oder Lehmbauweise erschliessen und in funf Besiedlungsphasen gliedern lassen Die Funde lassen Siedlungs und gelegentlich auch handwerkliche Aktivitaten einer romischen oder romanisierten Bevolkerung erkennen eine endgultige Einordnung in einen Siedlungstyp ist allerdings nicht moglich 3 Zu den wichtigsten sonstigen Befunden gehort eine Strasse mit Kiesdeckung die durch den westlichen Bereich des spateren Tempelareals fuhrte und noch nicht die Orientierung des spateren Strassenrasters der Colonia aufwies und ein steinernes Bauwerk das als Bau Y bezeichnet wird Dieses befand sich direkt im Norden des Tempels und bedeckte eine Flache von uber 300 m2 es gehort in die spateste Besiedlungsphase vor Errichtung des Tempels und wird in die Zeit um 100 n Chr datiert also kurz vor oder kurz nach der Erhebung der Stadt zur Colonia Zweck und Nutzung des Gebaudes sind noch unklar die Deutung als kleiner Tempelbau der dann vor Errichtung des Hafentempels restlos abgebaut worden ware ist rein spekulativ 4 nbsp Rekonstruiertes Hafentor als TurmanlageDie Errichtung des Tempels lasst sich chronologisch dadurch eingrenzen dass die Fundamente der Tempelportikus und die des Hafentors der Stadtmauer aneinanderstossen An dieser Stelle geht aus dem Bodenbefund hervor dass das Tor bereits vor Anlage des Heiligtums existierte Die ausgegrabenen Uberreste des Hafentores wiederum enthielten noch Holzteile die den Ergebnissen dendrochronologischer Untersuchungen nach von Baumen stammen die in der Winterzeit 105 106 n Chr gefallt wurden Der Hafentempel muss demnach definitiv spater entstanden sein Terminus post quem Allerdings werden die erhaltenen Reste der Dekoration des Bauwerks stilgeschichtlich innerhalb des 2 Jahrhunderts eher fruh eingeordnet Daher wird der Hafentempel insgesamt meistens in die Regierungszeit des Kaisers Hadrian 117 138 oder spatestens in die seines Nachfolgers Antoninus Pius 138 161 datiert Wem er geweiht war ist nicht bekannt in Erwagung gezogen wurden der Kriegsgott Mars oder der nach seinem Tod vergottlichte Kaiser Trajan regierte 98 117 Einen Hinweis darauf gibt die Bauform des Ringhallentempels die fur die Entstehungszeit aber auch generell fur den Nordwesten des romischen Reiches eher untypisch ist Das konnte ein Zeichen dafur sein dass eine besondere Anordnung aus Rom die Errichtung motivierte uber deren Anlass sich aber auch nur spekulieren lasst Im Bereich des Tempelpodiums sind verschiedene kleine Bruchstucke von Skulpturen aufgefunden worden die teilweise zu einem Fries teilweise zu Statuen gehorten Stratigraphisch lassen sich diese Funde nicht mehr einordnen allerdings sind viele von ihnen nicht nur stark beschadigt sondern weisen auch Spuren von Mortel sowie charakteristische Zeichen von Brandeinwirkung auf Der Mortel ist ein Zeichen dafur dass diese Stucke spater als Baumaterial zweitverwendet wurden die Brandspuren deuten darauf hin dass die Skulpturen erst in der Zeit nach der Nutzung des Tempels dorthin gebracht wurden um in Kalkofen zu Branntkalk verarbeitet zu werden Die Aufgabe und Zerstorung des Tempels wird in das spate 3 Jahrhundert n Chr datiert als im Anschluss an die frankischen Uberfalle der Jahre 275 276 der Grossteil des Stadtgebietes aufgegeben wurde und die Siedlung auf ein kleineres Areal im Zentrum die Tricensimae schrumpfte Es wird angenommen dass bei dieser Verkleinerung des Ortes die grossen Bauwerke in den aufgegebenen Flachen abgerissen wurden weil man Steine zur Errichtung der neuen Befestigung brauchte und monumentale Gebaude zukunftigen Angreifern daruber hinaus Deckung und damit militarische Vorteile verschaffen konnten Literatur BearbeitenHans Joachim Schalles Der Hafentempel In Martin Muller Hans Joachim Schalles Norbert Zieling Hrsg Colonia Ulpia Traiana Xanten und sein Umland in romischer Zeit Geschichte der Stadt Xanten Band 1 Philipp von Zabern Mainz 2008 ISBN 978 3 8053 3953 7 S 311 318 Jutta Zerres Die Ausgrabungen von 1979 80 beim Hafentempel Insula 37 der Colonia Ulpia Traiana British Archaeological Reports International series Band 2181 Archaeopress Oxford 2010 ISBN 978 1 4073 0731 2 Online Version der ursprunglichen Fassung der Dissertation von 2001 Werner Oenbrink Der Hafentempel auf Insula 37 der Colonia Ulpia Traiana Xanten Tempelbau und Temenos des coloniazeitlichen Heiligtums Architektur Baudekor Skulptur Xantener Berichte Band 37 Nunnerich Asmus Verlag Oppenheim am Rhein 2022 ISBN 978 3 96176 192 0 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Hafentempel Xanten Sammlung von Bildern Beschreibung des Hafentempels auf der Website des APX abgerufen am 13 September 2018 Einzelnachweise Bearbeiten Harald von Petrikovits Die Ausgrabungen in der Colonia Traiana bei Xanten Die Ausgrabung der Kernsiedlung und der Uferanlagen 1934 1936 In Bonner Jahrbucher Heft 152 1952 S 41 161 hier S 125 131 Hans Joachim Schalles Der Hafentempel In Martin Muller Hans Joachim Schalles Norbert Zieling Hrsg Colonia Ulpia Traiana Xanten und sein Umland in romischer Zeit Geschichte der Stadt Xanten Band 1 Philipp von Zabern Mainz 2008 ISBN 978 3 8053 3953 7 S 311 318 hier S 312 Jutta Zerres Die Ausgrabungen von 1979 80 beim Hafentempel Insula 37 der Colonia Ulpia Traiana Archaeopress Oxford 2010 ISBN 978 1 4073 0731 2 Zusammenfassung auf S 120 f Zu Bau Y siehe Jutta Zerres Die Ausgrabungen von 1979 80 beim Hafentempel Insula 37 der Colonia Ulpia Traiana Archaeopress Oxford 2010 ISBN 978 1 4073 0731 2 S 61 und S 74 51 669332 6 446306 Koordinaten 51 40 9 6 N 6 26 46 7 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hafentempel amp oldid 233046139