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Gottfried Heinersdorff 9 Marz 1883 in Berlin 24 Oktober 1941 in Mouleydier Frankreich war ein deutscher Glasmalerei und Glasmosaikfabrikant Kunstmazen und Kunstsammler Er war Grundungsmitglied des Deutschen Werkbundes und gilt als bedeutender Reformer der Glasmalkunst in Deutschland Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werkauswahl 3 Schriften 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenGottfried Heinersdorff war vaterlicherseits ein Enkel von Julius Christlieb Heinersdorff 1805 1877 Dieser war judischer Abstammung hatte sich aber Anfang der 1830er Jahre zum Christentum bekannt und wurde evangelischer Pastor in Moltheinen Ostpreussen Seine Grossmutter vaterlicherseits Joanna Rosalie Friedlander 1806 1889 konvertierte am 11 November 1826 ebenfalls Sein Vater war Paul Gerhard Heinersdorff 1844 1900 der in Berlin eine Hofbuchhandlung mit Verlag betrieb und 1875 eine Glaskunstwerkstatt mit Kunsthandel eroffnet hatte Zum Zeitpunkt seines Todes im Jahr 1900 war das Unternehmen bereits eine der fuhrenden Glasmalereiwerkstatten des Landes geworden Sie schuf Glasmalereien fur zahlreiche deutsche Kirchen unter anderem fur die evangelische Kirche in Ranzin Auferstandener Christus 1881 fur die evangelische Kirche in Elgershausen nahe Kassel 1882 1883 fur die evangelische Kirche in Lohre nahe Fritzlar und 1893 die Chorfenster der evangelischen Kirche St Johannis in Bevern Landkreis Holzminden Als sein Vater starb ubernahm Gottfried Heinersdorff im Alter von 17 Jahren die Leitung des Unternehmens Carl Heinersdorff war der altere Bruder seines Vaters Gottfried befasste sich zunachst mit der Glasmaltechnik der Gotik wurde 1907 Grundungsmitglied der kunstgewerblichen Reformbewegung Deutscher Werkbund und hatte gute Verbindungen zu Kunstlern wie Henry van de Velde Hans Poelzig Lyonel Feininger Heinrich Vogeler Paul Scheerbart Bruno Taut Carl Otto Czeschka Johan Jan Thorn Prikker und August Endell sowie zu dem Kunstmazen Karl Ernst Osthaus Ebenfalls 1907 fertigte er nach dem Entwurf des Kunstlers Max Pechstein der seinerzeit ein Entwurfsatelier fur Glasfenster Mosaiken und Wandbilder in Dresden hatte die Fenster des im Jugendstil neu erbauten Rathauses von Eibenstock in Sachsen der erste Grossauftrag Pechsteins Viele expressionistische Kunstler wurden von Heinersdorff gefordert indem er sie mit Entwurfen fur Glaskunstarbeiten aller Art beauftragte einschliesslich Fenster Mosaik Fussboden Wanden und Leuchten Bezahlen liess er sich dadurch dass die Kunstler ihm Bilder uberliessen mit denen er dann handelte Durch seine Arbeiten errang Heinersdorff schnell uberregionale Anerkennung als einer der besten und innovativsten Glaskunstler Deutschlands Ab 1908 stellte er auch Glasmosaiken her Ab 1908 ging auf Empfehlung von Bruno Paul dem Leiter der Unterrichtsanstalt des Koniglichen Kunstgewerbemuseums Berlin der spater als Maler bekannt gewordene Otto Nagel bei Heinersdorff in die Lehre brach sie jedoch 1910 ab nachdem er aufgrund der Teilnahme an einer Feier zum 1 Mai gemassregelt worden war 1913 unternahm Heinersdorff mit Jan Thorn Prikker eine Studienreise nach Frankreich In die Jahre 1912 13 fallt die Zusammenarbeit mit Carl Otto Czeschka aus Hamburg fur das Fenster der neuen Kunstgewerbeschule am Lerchenfeld in Hamburg Architekt Fritz Schumacher Die Zusammenarbeit wurde wegen der Kompliziertheit der kunstlerischen Gestaltung der Hellglas Fenster aufgegeben 1 Zum 1 April 1914 fusionierte Heinersdorffs Kunstanstalt fur Glasmalerei Bleiverglasungen und Glasmosaik mit dem wesentlich grosseren Berliner Konkurrenten Deutsche Glasmosaikanstalt Puhl amp Wagner bekannt unter anderem durch die Anfertigung der Fenster und der grossflachigen Goldmosaiken der Kaiser Wilhelm Gedachtniskirche zur Vereinigte Werkstatten fur Mosaik und Glasmalerei Puhl amp Wagner Gottfried Heinersdorff Puhl amp Wagner besass eine eigene Glashutte und seit 1905 das Reichspatent auf Gold Mosaikglas dessen Herstellung uber Jahrhunderte in Vergessenheit geraten war Heinersdorff war nicht nur Teilhaber sondern auch kunstlerischer Leiter und Finanzdirektor des zusammengeschlossenen Unternehmens sein Sozius war August Wagner 1866 1952 dessen bisheriger Partner Friedrich Puhl mit der Fusion aus dem Unternehmen ausschied Gleichfalls 1914 veroffentlichte Heinersdorff im Verlag von Bruno Cassirer das grundlegende Handbuch Die Glasmalerei ihre Technik und ihre Geschichte Auf der Werkbund Ausstellung in Koln zeigte Heinersdorff viel beachtete Glasfenster nach Entwurfen von Thorn Prikker die fur die Dreikoniginnenkirche in Neuss gedacht waren auf Betreiben des Erzbistums Koln aber nicht eingebaut wurden Bereits zuvor hatte Heinersdorff mit Prikker Fenster fur das Gesellenhaus von Peter Behrens in Neuss produziert Die Originale befinden sich heute im Kaiser Wilhelm Museum in Krefeld eingebaut sind Zweitausfertigungen 1918 fusionierte das Unternehmen mit der Koniglich Bayerischen Hofmosaik Kunstanstalt Prof Theodor Rauecker Der Munchner Betrieb wurde fortan als Zweigwerk Vereinigte Werkstatten fur Mosaik und Glasmalerei Munchen Solln auch Vereinigte Suddeutsche Werkstatten genannt gefuhrt Die unterschiedlichen kunstlerischen Auffassungen der beiden Teilhaber des Gesamtunternehmens des konservativ kaisertreuen Wagner einerseits und des reformerischen Heinersdorff andererseits fuhrten zu Konflikten 1926 kundigte August Wagner vorzeitig den auf 15 Jahre geschlossenen Gesellschaftervertrag Heinersdorff beschritt dagegen den Rechtsweg unterstutzt durch eidesstattliche Versicherungen von Max Pechstein Franz Becker Tempelburg und von Reichskunstwart Edwin Redslob die seine Bedeutung fur die Entwicklung des Unternehmens bestatigten Schliesslich musste Wagner die Vertragskundigung zunachst zurucknehmen Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 erreichte Wagner durch eine zusatzlich eingereichte Strafanzeige gegen Heinersdorff wegen angeblicher Beleidigung und Betrug und unter Verweis auf die judische Abstammung Heinersdorffs doch die Auflosung des Gesellschaftervertrages Der Prozess endete mit einem Vergleich bei dem Heinersdorff sich gegen eine spater nie vollstandig ausgezahlte Abfindung verpflichtete in Deutschland nie wieder als Glasmaler zu arbeiten Auf Grundlage der Nurnberger Rassengesetze wurde Heinersdorff 1935 zum Halbjuden erklart Ihm wurde ausserdem auf Dauer verboten sich im Glasmosaik und Glasmalereigewerbe zu betatigen Unter dem 23 Dezember 1938 teilte die Handwerkskammer Berlin Heinersdorff mit er sei zum Jahresende aus der Handwerksrolle geloscht und forderte ihn zur Ruckgabe der Handwerkskarte auf Seiner bisherigen Existenzgrundlage beraubt eroffnete er ein Fotostudio in Berlin 1937 konnte er durch Fursprache von Reichswirtschaftsminister Hjalmar Schacht gemeinsam mit seinem Sohn an einer Ausstellung in Paris teilnehmen Beide kehrten jedoch nicht nach Deutschland zuruck sondern baten dort um politisches Asyl und eroffneten in Paris das Fotostudio Ego Zu ihren Auftragen gehorte unter anderem ein Portrat von Kardinal Jean Verdier Als am 3 September 1939 Deutschland Frankreich den Krieg erklarte sollten beide Heinersdorffs als feindliche Auslander interniert werden Wahrend Eberhard Heinersdorff untertauchte blieb Gottfried Heinersdorff bis Januar 1940 Als die Deutschen Frankreich besetzten liessen die Franzosen samtliche Inhaftierten frei Gottfried Heinersdorff floh in die Dordogne nach Mouleydier in der Nahe von Bergerac Dort wohnte er in dem kleinen Chateau Les Merles wo er laut Sterbeurkunde der Gemeinde am 24 Oktober 1941 gegen 22 00 Uhr verstarb nach der Bescheinigung des Hausarztes an Krebs Der Ort seines Grabes in Mouleydier ist heute nicht mehr bekannt Sein Sohn Eberhard genannt Peter war mit dem Vater nach Frankreich emigriert und trat nach der deutschen Invasion in die Fremdenlegion ein Er wurde von der Vichy Regierung gefangen genommen und in Colomb Bechar in Algerien interniert dort wurde er spater von den Briten befreit und als Fotograf des Pioneer Corps in Italien eingesetzt Eberhard ging nach dem Krieg zunachst nach Paris heiratete eine Judin trennte sich von ihr und ging 1946 nach London Dort wurde er unter dem Kunstlernamen Peter Dorp ein bekannter Werbefotograf Er lebte zusammen mit Elisabeth Chat beide arbeiteten unter anderem fur die Picture Post Gottfried Heinersdorffs Frau Gertrud sowie ihre beiden Tochter siedelten nach Beginn der Bombenangriffe auf Berlin nach Cappenberg in das Haus des Vaters Otto Bolte Werkauswahl Bearbeiten nbsp Taufe Jesu Stadtkirche Neustrelitz 1931 Fast alle Fenster und anderen Kunstwerke Heinersdorffs wurden im Zweiten Weltkrieg zerstort 1905 1906 Evangelische Kirche in Marne Schleswig Holstein vollstandig erhaltener Zyklus in den Obergaden Salbung in Bethanien Kreuzigung Beweinung Christi Erscheinung des Auferstandenen vor der Maria von Magdala 1906 Burg Schoneck vollstandig erhaltene Verglasung im Treppenhaus der Villenburg 1907 1909 Evangelische Kirche in Behrenhoff Mecklenburg Vorpommern Glasmalerei im Chor Maiestas Domini Auferstehung und Geburt Christi Januar 1913 Grace and Holy Trinity Cathedral in Kansas City Missouri so genanntes Munchner Fenster nach dem Entwurf der Deutsch Amerikanerin Mary Fraser Wesselhoeft 1873 1971 Das Fenster ist die fruheste bisher bekannte Arbeit von Heinersdorff in Nordamerika und dadurch eines der wenigen nicht kriegsbedingt zerstorten Werke uberhaupt 1916 17 Gutshof Schulze Wischeler in Selm Netteberge St Georgs Mosaik Entwurf Ausfuhrung durch Bengsen Berlin 1920er Jahre Ehrenhof Dusseldorf Grossflachige Mosaike in den Torgebauden der Anlage grosses Glasfenster nach Thorn Prikker im Foyer des Museums Kunstpalast 1925 Wandmosaik in der Kirche Zum Vaterhaus in Berlin Baumschulenweg 2011 Fertigstellung der Neuausfuhrung der Fensterentwurfe fur das Treppenhaus im Grassi Museum Leipzig nach den Entwurfen von Josef Albers Erste Ausfuhrung durch Gottfried Heinersdorff zweite durch die Glasmalerei Peters in Paderborn Schriften BearbeitenGottfried Heinersdorff Die Glasmalerei ihre Technik und ihre Geschichte Mit einer Einleitung und einem Anhang uber moderne Glasmalerei von Karl Scheffler Bruno Cassirer Berlin 1914 Literatur BearbeitenAnnemarie Richter Gottfried Heinersdorff 1883 1941 Ein Reformer der deutschen Glasbildkunst Berlin Technische Universitat Fachbereich 01 Kommunikations u Geschichtswissenschaft Dissertation 1983 3 Bande Helmut Geisert Elisabeth Moortgat Red Wande aus farbigem Glas Das Archiv der Vereinigten Werkstatten fur Mosaik und Glasmalerei Puhl amp Wagner Gottfried Heinersdorff Berlinische Galerie Berlin 1989 ISBN 3 927873 01 2 Katalog zur Ausstellung vom 8 Dezember 1989 21 Januar 1990 im Martin Gropius Bau Berlin Gegenwart Museum Nr 9 Kunst Museum Ahlen Hrsg Farblicht Kunst und Kunstler im Wirkungskreis des Glasmalers Gottfried Heinersdorff Ausstellungskatalog ardenkuverlag Hagen 2001 ISBN 3 932070 35 6 Frank Martin Berlin Brandenburgische Akademie der Wissenschaften Arbeitsstelle fur Glasmalereiforschung des Corpus Vitrearum Medii Aevi Deutschland Die Werkstatt Paul Gerhard Heinersdorff In Glasmalereien in den Kirchen St Jacobi Greifswald St Marien und St Nikolai Rostock Ein Projekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt Leipzig 2005 S 25 40 ISBN 3 361 00594 9 Bettina Berendes Carl Otto Czeschka Die Schonheit als Botschaft Das Glasfenster der Hamburger Kunstgewerbeschule 2005 mit Schriftwechsel zwischen Gottfried Heinersdorff und Carl Otto Czeschka Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Gottfried Heinersdorff im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Portratfotografien von Gottfried Heinersdorf in Jugendjahren Memento vom 31 Dezember 2010 im Internet Archive und im Alter Memento vom 31 Dezember 2010 im Internet Archive Einzelnachweise Bearbeiten Bettina Berendes Carl Otto Czeschka die Schonheit als Botschaft Kiel 2005 Normdaten Person GND 11939877X lobid OGND AKS LCCN nr98025775 VIAF 34704577 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Heinersdorff GottfriedKURZBESCHREIBUNG deutscher GlasmalerGEBURTSDATUM 9 Marz 1883GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 24 Oktober 1941STERBEORT Mouleydier Frankreich Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gottfried Heinersdorff amp oldid 214594461