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Die finnische Sprachenpolitik bezeichnet das Verhaltnis des finnischen Staates zu den im Land gesprochenen Sprachen und den diese Sprachen sprechenden Volksgruppen Zu den besonderen Zugen der finnischen Sprachenpolitik gehort seit dem 19 Jahrhundert die Zweisprachigkeit und das damit verbundene Ringen um die Krafteverhaltnisse zwischen der von einer Minderheit gesprochenen schwedischen und der finnischen Sprache Das 1543 erschienene ABC Buch von Mikael Agricola war das erste finnischsprachige Lesebuch Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Vorgeschichte 1 2 Grossfurstentum Finnland 1 3 Fennomanen und Svekomanen 1 4 Verschiebung der Krafteverhaltnisse 1 5 Ringen um die Sprachenpolitik des selbststandigen Finnland 1 6 Die wahren Finnen 1 7 Sprachenpolitik in der Nachkriegszeit 2 Finnisch und Schwedisch im heutigen Finnland 2 1 Gesetzliche Regelung der Sprachfrage 2 2 Statistik 2 3 Der Sprachenstreit heute 3 Stellung der samischen Sprachen 4 Siehe auch 5 Literatur 6 WeblinksGeschichte BearbeitenVorgeschichte Bearbeiten Das Gebiet des heutigen Finnland war seit etwa dem 12 Jahrhundert bis ins Jahr 1809 ein organischer Teil des Schwedischen Reiches Als Verwaltungssprache des Staates diente im Wesentlichen die schwedische Sprache Im Spatmittelalter wurde zusatzlich auch Latein und wahrend der Zeit der Kalmarer Union in gewissem Umfang auch Danisch verwendet Die vom uberwiegenden Teil der Bevolkerung gesprochene finnische Sprache hatte hingegen keinen offiziellen Status und war als Schriftsprache zunachst nicht existent Als Vater der finnischen Schriftsprache gilt heute Mikael Agricola welcher spatestens im Jahr 1543 das erste Lesebuch in finnischer Sprache das ABC Buch veroffentlichte Am Anfang des 17 Jahrhunderts wurden die ersten Gesetze auch auf Finnisch veroffentlicht und im Jahr 1759 wurde schliesslich das gesamte Gesetzbuch des Landes in finnischer Sprache herausgegeben Wahrend der schwedischen Zeit nahm der finnische Adel ebenso wie ein grosser Teil des wohlhabenden Burgertums die schwedische Sprache an Der Bauernstand trug bei den Reichstagen wiederholt erfolglos die Bitte nach Dolmetscher und Ubersetzerdiensten vor und verlangte die Berucksichtigung der finnischen Sprache bei der Besetzung von Amtern Wahrend sich jedoch an der Akademie zu Turku unter der Fuhrung von Henrik Gabriel Porthan eine Bewegung von Liebhabern der finnischen Sprache die sogenannten Fennophilen bildete war Porthan selbst der Ansicht dass im Zuge der weiteren Ausbreitung der Kultur die finnische Sprache letztlich verschwinden wurde Grossfurstentum Finnland Bearbeiten nbsp Beim Reichstag von Porvoo sagte Zar Alexander I Finnland den autonomen Status zu Nach der Loslosung Finnlands von Schweden und der Bildung des Grossfurstentums Finnland unter der russischen Krone bewahrte sich das Schwedische seine Position als Amts und Verwaltungssprache Die russischen Herrscher erhofften sich jedoch durch eine Starkung der finnischen Sprache eine Schwachung der Bindungen Finnlands an das bisherige Mutterland Schweden So wurde die Regentenversicherung von Zar Alexander I auf dem Reichstag von Porvoo sowohl auf Finnisch als auch auf Schwedisch veroffentlicht In der Zeit des Grossfurstentums entstand angefacht durch die in Europa aufgekommenen nationalen Ideen eine neue finnische Identitat Diese finnische Nationalbewegung war zunachst nicht sprachpolitischer Natur Von den zentralen Protagonisten der Bewegung schrieben zum Beispiel Johan Ludvig Runeberg und Zacharias Topelius auf Schwedisch und Johan Vilhelm Snellman benutzte beide Sprachen Allerdings schrieben Elias Lonnrot und Aleksis Kivi auf Finnisch und die Veroffentlichung von Lonnrots Sammlung Kalevala sowie Kivis Roman Die Sieben Bruder brachten der bisher geringgeschatzten finnischen Sprache und Kultur Respekt ein Die russische Sprache erreichte auch in der Zeit der russischen Herrschaft zu keinem Zeitpunkt einen wesentlichen Stellenwert wenn auch seit dem Jahr 1818 von allen Amtsinhabern ein Zeugnis uber die russische Sprachkenntnis verlangt wurde Diese Anforderung wurde fur Pfarrer im Jahr 1824 aufgehoben Von diesen wurde stattdessen in Gemeinden mit finnischsprachiger Bevolkerung finnische Sprachkenntnis verlangt Im Jahr 1828 wurde an der Universitat das Amt des Lektors der finnischen Sprache und 1850 der Lehrstuhl fur finnische Sprache und Literatur begrundet Die erste finnischsprachige Dissertation wurde 1858 veroffentlicht Im gleichen Jahr wurde in Jyvaskyla das erste Gymnasium gegrundet dessen Unterrichtssprache Finnisch war Gesetze und Verordnungen wurden auf Schwedisch und nach Bedarf auch auf Finnisch bekanntgemacht Das seit 1860 erschienene finnische Verordnungsblatt wurde von Beginn an zweisprachig im Zuge der in den 1880er Jahren begonnenen Russifizierungsbestrebungen in der kurzen Periode von 1903 bis 1905 auch auf Russisch veroffentlicht Die Vorarbeiten zu den Gesetzen fanden grundsatzlich auf Schwedisch statt und erst fur die offizielle Gesetzesvorlage wurden finnische Ubersetzungen angefertigt Erst ab der Parlamentsreform von 1906 begann die finnischsprachige Gesetzesvorbereitung Raum zu gewinnen Fennomanen und Svekomanen Bearbeiten Die Bestrebungen zur Verbesserung der Stellung der finnischen Sprache und der sprachlichen Rechte der Finnischsprachigen fuhrten in den 1840er Jahren zur Entstehung der Fennomanie als ideeller Bewegung Deren Anhanger grundeten die Finnische Partei und gaben ab 1847 die erste in finnischer Sprache an ein gebildetes Publikum gerichtete Zeitung Suometar heraus Der prominenteste Fennomane war zunachst der Philosoph Journalist und spatere Staatsmann Johan Vilhelm Snellman welcher in Zeitungsartikeln beklagte dass das finnische Volk gegenuber anderen Volkern geistig und materiell zuruckgeblieben sei Als Grund hierfur machte Snellman den Mangel an Nationalbewusstsein aus welches man nur durch die Erhebung der finnischen Sprache zur Amts und Bildungssprache fordern konne Die Gedanken Snellmans fanden ein weites Echo und in der sich erweiternden Bewegung bildeten sich bald unterschiedliche Stromungen heraus Wahrend liberale Fennomanen wie Elias Lonnrot und Zacharias Topelius eine Zweisprachigkeit des Landes anstrebten wollten vor allem die ab 1863 um Yrjo Koskinen formierten Jungfennomanen Finnisch unter Verdrangung des Schwedischen als einzige Kultur und Amtssprache Finnlands etablieren Radikalisierte Fennomanen entwickelten aus der Sprachfrage die Forderung nach einem die finnischsprachigen Volker umfassenden Grossfinnland Die Finnlandschweden bezeichneten sie als Fremde oder als Verrater ihrer finnischen Vorfahren Als Gegenreaktion zu den Fennomanen bildete sich eine die Stellung der schwedischen Sprache verteidigende Bewegung die Svekomanen deren fuhrende Personlichkeit Professor Axel Olof Freudenthal war und aus welcher die Schwedische Partei hervorging In den schwedischsprachigen Zeitungen wurde argumentiert dass die finnische Sprache als Kultursprache ungeeignet sei Radikale Svekomanen vertraten die Ansicht dass die Schweden bereits im Mittelalter den ansonsten entwicklungsunfahigen Finnen die westliche Kultur gebracht hatten Auch in Regierungskreisen herrschte eine der finnischen Sprache unfreundlich gesinnte Einstellung vor von russischer Seite verstarkt durch die Besorgnis vor der Verbreitung revolutionaren Gedankengutes im Volke Daher wurde im Jahr 1850 durch die sogenannte Sprachverordnung die Veroffentlichung von finnischsprachigen Texten mit Ausnahme von religiosen und wirtschaftlichen Veroffentlichungen verboten Die Verordnung wurde jedoch wenig befolgt und im Jahr 1860 auch formal wieder aufgehoben Seit 1858 wurden im Binnenland tatige Amtstrager verpflichtet eine mundliche finnische Sprachprufung abzulegen Wahrend der finnische Senat der finnischen Sprache gegenuber weiterhin skeptisch blieb erzielten die Fennomanen im Jahr 1863 scheinbar einen Durchbruch als Zar Alexander II einen von Snellman unter Umgehung des Senates vorgelegten Verordnungsentwurf unterzeichnete nach welchem Finnisch innerhalb von 20 Jahren gleichberechtigte Amts und Gerichtssprache werden sollte Verschiebung der Krafteverhaltnisse Bearbeiten Als die von Alexander II gesetzte Frist im Jahr 1883 ablief versuchte der russische Generalgouverneur Fjodor Loginowitsch Heiden das Finnische im Verordnungswege in den Stand der Amtssprache einzusetzen Er scheiterte dabei jedoch zunachst am Widerstand des schwedisch gesinnten Senates wie auch des Prokurators Robert Montgomery welcher das Finnische fur eine fremde Sprache hielt die in den Gerichten nicht verwendet werden konne Erst mit der Sprachverordnung vom 19 Juni 1902 wurde Finnisch Amtssprache Dieser Vorgang wurde uberlagert von den Auswirkungen des im Jahr 1900 erlassenen Sprachmanifestes durch welches im Zuge der angestrebten Russifizierung Finnlands die russische Sprache unter anderem als Sprache des Senats festgelegt wurde In der Praxis blieben jedoch Schwedisch und Finnisch die im Senat verwendeten Sprachen wahrend die Protokolle und Beschlusse lediglich ins Russische ubersetzt wurden Das Sprachmanifest wurde nach dem vorlaufigen Ende der Russifizierungsbestrebungen im Jahr 1906 wieder aufgehoben Der in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts begonnene Aufbau eines finnischsprachigen Schulwesens fuhrte bis zur Jahrhundertwende zur Bildung einer gebildeten finnischsprachigen Bevolkerungsschicht und bis zum zweiten Jahrzehnt des 20 Jahrhunderts hatte sich Finnisch zu einer vollwertigen Kultursprache entwickelt Im gleichen Zuge verlor das Schwedische seine Stellung als alleinige Kultursprache Wahrend bisher Schwedisch die Sprache der gebildeten Schichten war wurde es nun zunehmend als Sprache einer klaren Bevolkerungsminderheit empfunden Dies fuhrte auch dazu dass sich die schwedischsprachigen Bevolkerungsteile deutlicher als zuvor als besondere Volksgruppe empfanden zu welcher neben der alten Elite auch die schwedischsprachigen Teile der einfachen Bevolkerung gehorten Diese Entwicklung zusammen mit dem wieder aufflammenden Sprachenstreit und den Bestrebungen von fennomanischen Kreisen Finnisch zur einzigen Amtssprache des Landes zu machen fuhrte schliesslich zur Grundung der Schwedischen Volkspartei als Interessenvertretung der sprachlichen Minderheit sowie der ersten explizit schwedischsprachigen Universitat der Abo Akademi Ringen um die Sprachenpolitik des selbststandigen Finnland Bearbeiten Als Finnland im Jahr 1917 die Unabhangigkeit erlangte hatten sich die Krafteverhaltnisse zwischen den Sprachen umgekehrt und als entscheidende offene Frage verblieb der Status des Schwedischen im jungen Staat Die um ihre Sprachrechte furchtenden Finnlandschweden sahen sich lautstarken Forderungen der Fennomanen gegenuber welche das Schwedische allenfalls als Minderheitensprache tolerieren wollten Radikale svekomanische Gruppierungen stellten die Theorie von zwei verschiedenen Nationalitaten auf und verlangten einen Autonomiestatus fur die mehrheitlich schwedischsprachigen Gebiete vergleichbar den spater der Inselgruppe Aland zugestandenen Rechten Zu diesem Zweck wurde im Fruhjahr 1919 eine inoffizielle Volksvertretung der Finnlandschweden Svenska Finlands folkting gegrundet Die Schwedische Volkspartei welche eine Schwachung der Gesamtstellung des Schwedischen im Lande furchtete lehnte diese Forderungen ab und auch im Parlament konnte das Projekt keine bedeutende Zustimmung gewinnen Nach langen Verhandlungen einigte man sich schliesslich auf einen Kompromiss und legte in der Verfassung von 1919 fest dass Finnisch und Schwedisch gleichberechtigte Landessprachen sind Das Sprachengesetz von 1922 bestimmte die Details des Gebrauchs der Landessprachen in Gerichten und Behorden wobei die Rechte zur Benutzung der eigenen Sprache in erster Linie auf der Ebene der schriftlichen Korrespondenz garantiert wurden Die wahren Finnen Bearbeiten nbsp Der Akademische Karelien Verein AKS gehorte zu den zentralen Akteuren des wahren Finnentums Der in den Verfassungsverhandlungen gefundene Kompromiss loste die im jahrzehntelangen Sprachenstreit verharteten Fronten nicht auf Die schwedische Sprache bewahrte sich noch fur lange Zeit eine beherrschende Stellung in Bildungs und Kulturkreisen und finnische Bevolkerungskreise beschuldigten die Finnlandschweden wiederholt der Arroganz und des Elitedenkens Die radikale fennomanische Bewegung setzte sich in den Aktivitaten von verschiedenen Bevolkerungsgruppen fort die bald als die wahren Finnen aitosuomalaiset bekannt wurden Ihre hauptsachlichen Stutzpfeiler hatte die Bewegung einerseits in finnischsprachigen akademischen Kreisen hier insbesondere unter Einfluss des nationalistischen Akademischen Karelien Vereins Akateeminen Karjala Seura AKS andererseits in der finnischen Landbevolkerung vertreten durch den Landbund heutige Finnische Zentrumspartei Der fortgesetzte Sprachenstreit fuhrte zu haufigen Demonstrationen aber auch zu einer regen Entwicklung des Kulturlebens auf beiden Seiten Der Sprachstreit spitzte sich Ende 1934 erneut zu als die Regierung die Einfuhrung einer Quote fur schwedischsprachige Professuren an der Universitat Helsinki plante Dies wurde von den zu einer einsprachigen Universitat strebenden wahren Finnen um den Landbund und einen Teil der Nationalen Sammlungspartei vehement abgelehnt Die Marathonreden der Gegner des Vorhabens verhinderten 1935 eine abschliessende Behandlung der Vorlage wahrend der Legislaturperiode des Parlaments so dass die Frage zunachst offenblieb Erst 1937 wurde der Streit im Grundsatz zugunsten der finnischen Sprache entschieden die Quote fur schwedischsprachige Professuren uber den Umweg eines Ausfuhrungsgesetzes aber dennoch eingefuhrt Nach dieser letzten Verscharfung der Sprachenfrage begannen die weltpolitischen Geschehnisse den Sprachengegensatz in den Hintergrund zu drangen Die Furcht vor der Sowjetunion und einem moglichen Krieg zwangen auch die fennomanisch orientierten Parteien zu einer starkeren Hinwendung zu einer an den skandinavischen Westnachbarn orientierten Politik Die nachfolgenden Kriege trugen dazu bei das nationale Zusammengehorigkeitsgefuhl der Finnen zu starken und Sprachenstreite in der bisherigen Vehemenz gehorten damit der Vergangenheit an nbsp Juho Kusti Paasikivi hier als Prasident im Jahr 1948 erkannte die Zweisprachigkeit als aussenpolitische Starke Sprachenpolitik in der Nachkriegszeit Bearbeiten Nach dem Krieg musste Finnland erhebliche Gebiete an die Sowjetunion abtreten darunter Ostkarelien Die Umsiedlung der betroffenen Bevolkerungsteile welche 12 der finnischen Gesamtbevolkerung ausmachten warf auch sprachpolitische Fragen auf Die Neuansiedlung der vorwiegend bauerlichen Bevolkerung wurde durch das 1945 im Parlament verabschiedete Landerwerbsgesetz geregelt Auf Forderung des damaligen Ministerprasidenten und spateren Prasidenten Juho Kusti Paasikivi wurden in das Gesetz auch sprachbezogene Bestimmungen aufgenommen Diesen zufolge durften die Umsiedlungen die Sprachverhaltnisse der betroffenen Gemeinden nicht andern Hierdurch wurde in der Praxis die Ansiedlung in schwedischsprachige oder zweisprachige Gebiete verhindert da es schwedischsprachige Fluchtlinge nur sehr wenig gab Nach Paasikivis Ansicht hatten die Umsiedler die schwedischsprachige Besiedlung und Kultur gefahrdet Deren Erhaltung stelle aber sicher dass das Interesse Schwedens der nordischen Lander sowie mittelbar auch der gesamten westlichen Welt am Schicksal Finnlands nicht nachlasse Anders als in der Vorkriegszeit wurde die Zweisprachigkeit in Finnland damit nicht mehr als innenpolitisches Problem sondern als aussenpolitischer Vorteil empfunden Finnisch und Schwedisch im heutigen Finnland BearbeitenGesetzliche Regelung der Sprachfrage Bearbeiten nbsp Lage der einsprachig schwedischen und zweisprachigen Gemeinden in Finnland Dunkelblau einsprachig schwedisch auf dem Festland bis Mitte der 2010er Jahre Mittelblau zweisprachig mit schwedischer Mehrheit Hellblau zweisprachig mit finnischer MehrheitDas 1922 erstmals verabschiedete Sprachgesetz finnisch kielilaki schwedisch spraklagen ist in der Folge verschiedentlich reformiert worden zuletzt im Jahr 2003 Kernregelungen des Gesetzes betreffen einerseits die Rechte der individuellen Person andererseits den Sprachstatus von Gemeinden als Verwaltungseinheiten Jede Gemeinde ist entweder finnischsprachig schwedischsprachig oder zweisprachig Eine Gemeinde gilt als zweisprachig wenn die sprachliche Minderheit von mindestens 3000 Einwohnern reprasentiert wird oder alternativ einen Bevolkerungsanteil von mindestens 8 ausmacht Nach der derzeitigen bis zum Jahr 2022 gultigen Einteilung sind in Finnland 16 Gemeinden schwedischsprachig samtlich in der Provinz Aland und 33 Gemeinden zweisprachig Die ubrigen 260 Gemeinden sind ausschliesslich finnischsprachig Der Burger hat das Recht mit staatlichen Gerichten und Behorden in seiner Muttersprache Schwedisch oder Finnisch zu verkehren Das Gleiche gilt fur die kommunalen Behorden in zweisprachigen Gemeinden In einsprachigen Gemeinden verwenden die kommunalen Behorden dagegen grundsatzlich nur die Gemeindesprache Soweit aber ein Beteiligter in einer Sache die er nicht selbst veranlasst hat angehort werden muss darf er auch seine Muttersprache verwenden Notigenfalls muss ein Dolmetscher hinzugezogen werden In den Gesetzen uber die Besetzung von offentlichen Amtern ist festgelegt dass jede Einstellung in den offentlichen Dienst Finnlands den Nachweis von finnischen und schwedischen Sprachkenntnissen voraussetzt Das Erlernen der jeweils anderen Landessprache ist in allen Schulen seit 1968 zwingend vorgeschrieben Auch der Erwerb eines Hochschulabschlusses setzt jeweils den Nachweis von Kenntnissen der jeweils anderen Landessprache voraus In der finnischen Armee ist Finnisch aus praktischen Grunden ausschliessliche Kommandosprache Allerdings werden die meisten schwedischsprachigen Soldaten in einer gesonderten Brigade in Dragsvik ausgebildet In Aland gelten die finnischen Sprachengesetze nicht stattdessen werden die Sprachfragen in dieser autonomen Provinz durch das Selbstverwaltungsgesetz geregelt Aland ist ausschliesslich schwedischsprachig jedoch durfen Finnen gegenuber den Behorden des finnischen Staates auch die finnische Sprache verwenden Gegenuber den Behorden der Provinz oder ihrer Gemeinden kann nur Schwedisch verwendet werden Die offentlich rechtliche Rundfunkanstalt Finnlands Yleisradio versorgt die schwedischsprachige Bevolkerung mit zwei Radiostationen In den Fernsehprogrammen der Anstalt nehmen Sendungen in schwedischer Sprache einen Anteil von etwa 10 ein Entwicklung des Anteils derschwedischsprachigen Bevolkerung in FinnlandJahr Anzahl Anteil 1880 294 900 14 31890 322 600 13 61900 349 700 12 91910 339 000 11 61920 341 000 11 01930 342 900 10 11940 354 000 9 61950 348 300 8 61960 330 500 7 41970 303 400 6 61980 300 500 6 31990 296 700 5 91999 292 700 5 72006 289 600 5 5Statistik Bearbeiten Wahrend die absolute Zahl der schwedischsprachigen Finnen langfristig weitgehend unverandert geblieben ist ist der relative Anteil an der Gesamtbevolkerung stetig zuruckgegangen siehe nebenstehende Tabelle Dabei ist insbesondere in den zweisprachigen Gebieten eine zunehmende Vermischung der Sprachgruppen zu beobachten Es gehort zu den Besonderheiten der in Finnland praktizierten Zweisprachigkeit dass die Sprachgrenzen in der Praxis kein relevantes Hindernis fur die Formung von Lebensgemeinschaften darstellen Hierzu mag beitragen dass nach einer Untersuchung aus dem Jahr 1997 ein Anteil von 70 der Finnen die schwedische Sprache als Teil der eigenen nationalen Identitat betrachtet In den zweisprachigen Familien werden 60 der Kinder als schwedischsprachig registriert Der Sprachenstreit heute Bearbeiten Obwohl es seit den 1930er Jahren keine gross angelegten Sprachenstreite mehr gegeben hat ist es um die Sprachenfrage doch nie ganz ruhig geworden Die Diskussion entzundet sich heute regelmassig vor allem an zwei Streitpunkten namlich der obligatorischen Sprachausbildung sowie den Quoten fur schwedischsprachige Studenten Die Pflicht zur Erlernung der jeweils anderen Landessprache ist standiger Kritik vor allem aus den Reihen der Finnischsprachigen ausgesetzt insbesondere von Seiten der von der Lernpflicht betroffenen Schuler und Studenten Das Thema wird unter dem Schlagwort Zwangsschwedisch finnisch pakkoruotsi immer wieder zum Gegenstand von offentlichen Kampagnen gemacht Als zentrales Argument dient dabei dass die schwedische Sprache weniger nutzbringend sei als das Erlernen von Fremdsprachen wie Englisch Unter den politischen Parteien des Landes herrscht derzeit jedoch ein klarer Konsens uber die Beibehaltung des obligatorischen Schwedischunterrichts Der Forderung nach dessen Abschaffung haben sich nur einige kleine rechtspopulistische Parteien angeschlossen So wurde das neue Sprachengesetz 2003 welches in dieser Hinsicht keine Anderung brachte vom Parlament mit 179 Stimmen bei nur drei Gegenstimmen angenommen Der zweite grosse Streitpunkt betrifft die quotenmassige Besetzung von bestimmten Studien und Ausbildungsplatzen mit schwedischsprachigen Studenten So stehen in den Studiengangen der Rechtswissenschaft und der Medizin jeweils gesonderte Quoten fur Studenten zur Verfugung welche die schwedische Sprache beherrschen Diese von manchen finnischsprachigen Finnen als diskriminierend empfundene Praxis wird damit begrundet dass das Sprachgesetz ein zureichendes Angebot an schwedischsprachigen Dienstleistungen erfordert und dass zu diesem Zweck auch eine ausreichende Ausbildung in schwedischer Sprache sichergestellt werden muss Ausserdem stehe die schwedischsprachige Ausbildung allen Finnen offen welche die schwedische Sprache beherrschen nicht etwa nur solchen Finnen deren Muttersprache Schwedisch ist Trotz dieser Streitpunkte ist die auf dem Sprachgesetz beruhende Praxis inzwischen fur die meisten Finnen zur Selbstverstandlichkeit geworden und sprachliche Streitfragen sind nur noch selten Gegenstand einer breiteren offentlichen Diskussion Stellung der samischen Sprachen Bearbeiten nbsp Die Flagge der SamenBesonders ab den 1990er Jahren wurde in der Sprachenpolitik Finnlands zunehmend auch auf andere Minderheitensprachen sowie auf das Recht der Sprecher dieser Sprachen an ihrer eigenen Sprache und Kultur Rucksicht genommen In diesem Zusammenhang hat Finnland auch die Europaische Charta der Regional oder Minderheitensprachen ratifiziert Neben dem Schwedischen fallen in Finnland nur die samischen Sprachen unter die Charta Seit dem Jahr 1992 haben diese einen offiziellen Status in den Heimatbezirken der Samen in den Gemeinden Enontekio Inari und Utsjoki sowie im Nordteil der Gemeinde Sodankyla Der Status der samischen Sprachen garantiert den Samen das Recht diese als Verkehrssprache in Behorden und Krankenhausern zu verwenden Da die verschiedenen Varianten der samischen Sprache ebenfalls berucksichtigt werden ist infolge der Neuerung aus Inari die einzige viersprachige Gemeinde Finnlands geworden Dort werden alle offentlichen Bekanntmachungen auf Nord Sami Inari Sami Skolt Sami sowie auf Finnisch gemacht In den Schulen einiger Gebiete ist Nord Sami die erstrangige Schulsprache Zu den zentralen Anliegen der Sprachenpolitik der nordischen Lander gehort die Wiederbelebung der samischen Sprachen Unter dem Druck der grosseren Landessprachen spricht nur noch etwa die Halfte der Samen eine samische Sprache Zur Uberwachung der Stellung der samischen Sprachen und zur Verwirklichung einer sprachlichen und kulturellen Selbstverwaltung wurde 1996 eine eigene parlamentarische Vertretung der Samen samediggi gegrundet Siehe auch BearbeitenListe der schwedisch und zweisprachigen Gemeinden FinnlandsLiteratur BearbeitenPentti Virrankoski Suomen historia SKS Helsinki 2001 ISBN 951 746 321 9 ISBN 951 746 342 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Languages of Finland Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Kansalliskielten historiallinen kulttuurinen ja sosiologinen tausta 2000 Memento vom 23 Februar 2012 im Internet Archive Kommission zur Vorbereitung des Sprachgesetzes 2003 finnisch und schwedisch nbsp Dieser Artikel wurde am 22 Marz 2006 in dieser Version in die Liste der exzellenten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Finnische Sprachenpolitik amp oldid 230163636