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Das Schlagfeuerzeug auch Pinkfeuerzeug 1 ist eine historische Ausstattung zum Entfachen eines Feuers durch das Schlagen von Funken Dieses Feuerzeug wird seit der Vorzeit genutzt und ist durch eine Vielzahl archaologischer Funde nachgewiesen In Europa war es bis zur Einfuhrung der Streichholzer ab ca 1830 die ubliche Methode Feuer zu machen Feuerschlegel mit Schwefelkies und Zunder Replik Schlagfeuerzeug mit Feuerstahl Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Geschichte 3 Chemie 4 EinzelnachweiseBeschreibung BearbeitenDas Ensemble besteht aus drei Komponenten Funkengeber vor der Eisenzeit aus Schwefelkies Pyrit oder Markasit danach aus Feuerstahl Funkenempfanger dem Zunder aus Feuerschwamm Flugsamen oder mulmigem Holz 2 Funkenloser in Europa in der Regel Feuerstein source source source source source source Feuermachen mit Schlagfeuerzeug im Freilichtmuseum Roscheider HofSchlagt man Funkenloser und Funkengeber aneinander werden winzige Splitter abgetrennt Diese entzunden sich durch die Reibungsenergie des Schlages zu gluhenden Funken Fallen sie auf den Zunder bringen sie ihn zum Glimmen Der glimmende Zunder kann in ein Zundernest gelegt und angeblasen werden um eine Flamme zu erzeugen Die Funken konnen sehr leicht entzundlichen Zunder auch direkt zum Brennen bringen Nur wenige Materialien sind als Funkengeber geeignet und alle enthalten Eisen Eisensplitter sind leicht entzundlich sehr feine Partikel sogar pyrophor d h sie zunden bei Raumtemperatur Die Oxidation setzt sehr viel mehr Energie frei als die Reibung des Schlages Das Eisen verbrennt und ermoglicht so sehr heisse und langlebige Funken mit genug Energie um den Brand auf den Zunder zu ubertragen 3 Als Funkenloser eignen sich kantige Steine die hart genug sind um Splitter aus dem Funkengeber zu schlagen 4 Feuerstein lasst sich leicht spalten und die entstehenden scharfkantigen Abschlage sind zum Funkenschlagen mit dem Feuerstahl sehr gut geeignet Alternativen sind u a Quarz und Achat die z B in Japan verwendet wurden wo es kaum geeignete Feuersteinvorkommen gibt 5 nbsp Tibetisches Me lcagsDie Utensilien werden zusammen in einem Behalter aufbewahrt So befanden sich Reste eines Schlagfeuerzeugs in Otzis Gurteltasche Tibeter tragen kunstvoll verzierte Me lcags die heute hauptsachlich als Modeaccessoire dienen Bei diesen Feuerzeugen umfasst ein ledernes Griffstuck den Stahl und bildet so einen beidseitig offenen schmalen Hohlraum der zum Aufbewahren von Stein und Zunder verwendet wird Geschichte Bearbeiten nbsp Kaiser Qianlongs Schlagfeuerzeug China Qing Dynastie nbsp Japanische Feuersichel mit SteinVermutlich lernte der moderne Mensch vor etwa 40000 Jahren Feuer zu machen denn um diese Zeit nimmt die Zahl der belegten Feuerstellen sprunghaft zu 6 Die fruhesten Steinfeuerzeuge verwendeten wahrscheinlich keinen Schwefelkies sondern bestanden aus zwei gleichartigen Steinen z B Quarz oder Feuerstein Schlagt man diese aneinander lassen sich an der Schlagstelle Lichtblitze und gelegentlich rotgluhende Funken beobachten Auch mit diesen sehr schwachen rein mechanischen Funken in denen keine chemische Reaktion stattfindet lasst sich mit einem geeigneten Zunder ein Feuer entfachen 3 Aus mindestens 27 Grabern in vier bandkeramischen d h jungsteinzeitlichen Graberfeldern Bayerns liegen Gerateensembles vor die sich als Schlagfeuerzeuge bestimmen lassen 7 Die Identifizierung war nicht einfach da die meisten Pyritknollen lagerungsbedingt stark vergangen waren und nicht geborgen werden konnten Nur in wenigen Fallen sind feste Knollen uberliefert weil Pyrit auch bei langerer Bodenlagerung haufig oxidiert Eine der altesten gut erhaltenen Schwefelkiesknollen die einem Feuerzeug zugeordnet wird befand sich in einer Grabungsschicht der Vogelherdhohle in Baden Wurttemberg deren Alter etwa 32 000 Jahre betragt Die 1934 durchgefuhrte Grabung entsprach noch nicht modernen Standards was die Datierung erschwert 8 Seit den antiken Hochkulturen werden die archaologischen Funde durch Darstellungen in Text und Bild erganzt Eine Erzahlung der persischen Mythologie schreibt die zufallige Entdeckung des Schlagfeuerzeugs dem Herrscher Huschang Schah zu Beim Versuch eine Schlange mit einem Stein zu bewerfen soll er unbeabsichtigt einen anderen Stein getroffen haben der einen Funken schlug und das trockene Gras entzundete 9 Die Erzahlung belegt dass den Verfassern das Prinzip des Steinfeuerzeugs gelaufig war Im alten Agypten und im antiken Griechenland wurden uberwiegend Feuerbohrer verwendet aber griechische Quellen erwahnen auch Schlagfeuerzeuge Solche Textstellen finden sich unter anderem in Sophokles Philoktetes 10 und den Schriften von Theophrastos von Eresos Im romischen Reich wurden sowohl Schlag als auch Reibfeuerzeuge verwendet Die Autoren Lukrez 11 und Plinius der Altere 12 nennen neben Pyrit auch Eisen als Funkengeber 13 Die Eigenschaft bestimmter Stahle Funken zu schlagen wurde im Verlauf der Eisenzeit entdeckt und es entwickelten sich die Feuerstahle Siehe auch Abschnitt Geschichte im Artikel Feuerzeug und Abschnitt Prahistorische Feuernutzung im Artikel Feuer Chemie BearbeitenDurch den Schlag wird dem abplatzenden Splitter Aktivierungsenergie zugefuhrt und es beginnt die Oxidation Fur Schwefelkies der uberwiegend aus Eisen II disulfid besteht verlauft die exotherme Reaktion nach der Gleichung 4 FeS 2 s 11 O 2 g 2 Fe 2 O 3 s 8 SO 2 g displaystyle ce 4FeS2 s 11O2 g gt 2Fe2O3 s 8SO2 g nbsp D H R 3 4 M J m o l displaystyle qquad Delta H R 3 4 mathrm MJ mathrm mol nbsp Die freiwerdende Energie erhitzt den Funken weiter und erhoht dadurch die Erfolgswahrscheinlichkeit beim Feuermachen Die zugefuhrte Warme betragt etwa 11 kJ g Fe 2 O 3 displaystyle ce Fe2O3 nbsp was zu einer theoretischen Funkentemperatur von ca 5000 C fuhren wurde Durch Abkuhlung liegt die reale Temperatur weit unter 1000 C Die Abschatzung zeigt jedoch dass der chemische Beitrag zur Energiebilanz signifikant ist Analog verlauft die Oxidation von Eisensplittern 4 Fe s 3 O 2 g 2 Fe 2 O 3 s displaystyle ce 4Fe s 3O2 g gt 2Fe2O3 s nbsp D H R 1 6 M J m o l displaystyle qquad Delta H R 1 6 mathrm MJ mathrm mol nbsp Obwohl nur etwa die Halfte an Warmeenergie frei wird brennen Stahlfunken erheblich heisser Mogliche Ursachen hierfur sind Verunreinigungen im Schwefelkies der typisch zu etwa 20 aus Gangart besteht und die hohere Pyrophorizitat des metallischen Eisens 3 Einzelnachweise Bearbeiten Georg Brandes Rolf Jarschel Feuer und Flamme Interessantes vom Feuerzeug VEB Fachbuchverlag Leipzig 1988 ISBN 3 343 00453 7 S 24 zunder In Jacob Grimm Wilhelm Grimm Hrsg Deutsches Worterbuch Band 32 Zobel Zypressenzweig XVI S Hirzel Leipzig 1954 Sp 556 560 woerterbuchnetz de a b c Stig R Johansson On the History of Fire Tools and Matches Intermatch Sweden AB Jonkoping Pyroteknikdagen 1983 S 5 englisch Hans Hartig Unterhaltsames uber Zundwaren Geschichtliches Physik amp Chemie Unterhaltung Phillumenie 1 Auflage VEB Fachbuchverlag Leipzig 1986 ISBN 3 343 00116 3 S 28 Alice Gordenker Kibiri In The Japan Times The Japan Times K K 16 Dezember 2010 archiviert vom Original abgerufen am 13 August 2022 englisch Georg Brandes Rolf Jarschel Feuer und Flamme Interessantes vom Feuerzeug VEB Fachbuchverlag Leipzig 1988 ISBN 3 343 00453 7 S 12 Norbert Nieszery Linearbandkeramische Graberfelder in Bayern Verlag Marie Leidorf Espelkamp 1995 ISBN 3 924734 34 8 Jurgen Weiner Harald Floss Eine Schwefelkiesknolle aus dem Aurignacien vom Vogelherd Baden Wurttemberg Zu den Anfangen der Feuererzeugung im europaischen Palaolithikum In Frank Siegmund Hrsg Archaologische Informationen Band 27 Nr 1 Deutsche Gesellschaft fur Ur und Fruhgeschichte 5 Marz 2014 doi 10 11588 ai 2004 1 12609 Stig R Johansson On the History of Fire Tools and Matches Intermatch Sweden AB Jonkoping Pyroteknikdagen 1983 S 4 englisch Sophokles Philoktetes Zeile 294 Volltext in Perseus Digital Library abgerufen am 20 Juli 2022 Otto Nitzsch Ubersetzung des Sophokleischen Philoktet In Jahresbericht uber das Schuljahr 1884 1885 Gymnasium und Realgymnasium zu Bielefeld 1891 S 9 Volltext abgerufen am 20 Juli 2022 Lukrez De Rerum Natura Band 6 Zeile 161 Volltext in Perseus Digital Library abgerufen am 11 August 2022 Hermann Diels Uber die Natur der Dinge 1924 S 216 Ubersetzung abgerufen am 11 August 2022 Plinius der Altere Naturalis Historia Band 36 Kapitel 30 Volltext in Perseus Digital Library abgerufen am 11 August 2022 Georg Brandes Rolf Jarschel Feuer und Flamme Interessantes vom Feuerzeug VEB Fachbuchverlag Leipzig 1988 ISBN 3 343 00453 7 S 18 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schlagfeuerzeug amp oldid 236701818