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Eunotosaurus ist eine Gattung reptilien artiger Sauropsiden aus dem mittleren Perm 265 1 259 9 mya der Karoo Supergruppe Sudafrikas Ihre Vertreter zeichneten sich durch verbreiterte und zahlenmassig reduzierte Rippenbogen und einen rundlichen Korper aus Die Gattung nimmt historisch wie aktuell eine bedeutende Rolle im Versuch des Verstandnisses der Evolution der Schildkroten aus ihren prahistorischen Vorfahren ein 1 Viele Fossilien wiesen einen halbstarren schildkrotenahnlichen Brustkorb auf der vermutlich eine Fortbewegung nach Art der Landschildkroten notwendig machte 2 EunotosaurusReplik eines Fossils von Eunotosaurus africanus mit erkennbar verbreiterten RippenbogenZeitliches AuftretenPerm Capitanium 265 1 bis 259 9 Mio JahreFundorteSudafrikaSystematikLandwirbeltiere Tetrapoda Amnioten Amniota SauropsidaDiapsidaPan TestudinesEunotosaurusWissenschaftlicher NameEunotosaurusSeeley 1892ArtEunotosaurus africanus Seeley 1892Die Rippen waren breit und flach und beruhrten sich so dass sie breite Platten vergleichbar dem Ruckenschild einer Schildkrote bildeten Ausserdem waren die Anzahl Grosse und Aufbau der Wirbel weitgehend identisch mit denjenigen vieler Schildkrotenarten Zudem schien Eunotosaurus einen fensterlosen anapsiden Schadel zu besitzen Wegen dieser Eigenschaften wurde die Gattung oft zu den Anapsida bzw Parareptilien gestellt und innerhalb dieser Gruppe als direkter Vorfahr der traditionell ebenfalls als Anapsiden betrachteten Schildkroten angesehen Mit der spatestens aus molekulargenetischen Verwandtschaftsanalysen erwachsenen Erkenntnis dass Schildkroten zu den Diapsiden gehoren und einen sekundar anapsiden Schadel aufweisen erschienen der Schadelbau die verbreiterten Rippen und die ahnliche Wirbelsaule bei Eunotosaurus und Schildkroten jedoch nurmehr als ein Fall von konvergenter Evolution 3 Neuere Untersuchungen erbrachten jedoch dass Eunotosaurus einen reduzierten diapsiden Schadel besass und seine Gemeinsamkeiten mit den Schildkroten auf Homologie statt auf Konvergenz beruhen 4 5 zeichnerische Lebendrekonstruktion von Eunotosaurus africanusInhaltsverzeichnis 1 Fossilmaterial 2 Taxonomie und Systematik 3 Quellen 3 1 Literatur 3 2 Weblinks 3 3 EinzelnachweiseFossilmaterial BearbeitenMehr als ein Jahrhundert nach der Erstbeschreibung war Eunotosaurus mit nicht einmal einem Dutzend Exemplaren und mit nur wenig uberliefertem Material vom Schadel bekannt Trotz der luckenhaften Uberlieferung war es ausfuhrlich beschrieben Zwei zusatzliche Exemplare wurden 1999 in der Karoo Supergruppe ausgegraben und beschrieben Diese Fossilien sind nun im Bernard Price Institute for Palaeontological Research in Johannesburg und im Nationalmuseum von Bloemfontein ausgestellt Obgleich relativ selten ist Eunotosaurus in der Karoo Supergruppe haufig genug um als biostratigrafisches Marker herangezogen zu werden Fossilien finden sich innerhalb der Beaufort Gruppe in der oberen Tapinocephalus Assemblage Zone sowie der daruberliegenden Pristerognathus Assemblage Zone 6 Taxonomie und Systematik BearbeitenEunotosaurus wurde 1892 beschrieben jedoch erst 1914 als Vorfahr der Chelonia also der Ordnung der Schildkroten vorgeschlagen Der englische Zoologe D M S Watson behauptete dass Eunotosaurus eine Mosaikform zwischen Schildkroten und den Captorhinidae sei die damals noch als Cotylosaurier bezeichnet wurden 7 Er verglich Eunotosaurus mit Archichelone einem hypothetischen Vorfahren der Chelonia wobei er anmerkte dass seine Rippen intermediar sowohl zu denen der Schildkroten als auch zu denen anderer Tetrapoden waren Watsons Archichelone besass einen Beckengurtel der auf der Wirbelsaule zuruckgedrangt und unter dem Panzer platziert war Allerdings zeigen die Fossilien von Eunotosaurus dass sich sein Becken in einer fur Tetrapoden normalen Stellung uber den Rippen und nicht zwischen diesen wie bei den modernen Schildkroten befand 1 Bis in die spaten vierziger Jahre galt Eunotosaurus gemeinhin als Vorfahr der Schildkroten Der amerikanische Palaontologe Alfred Sherwood Romer behauptete 1956 in seinem Buch Osteology of the Reptiles aufgrund der vorhandenen Indizien Eunotosaurus konne nicht zu den Chelonia gestellt werden Stattdessen ordnete er Eunotosaurus den Anapsiden zu innerhalb derer er jedoch eine unsichere Stellung einnahm 1 8 Eunotosaurus wurde 1954 seiner eigenen Familie den Eunotosauridae zugewiesen 9 Diese Einteilung ist heute jedoch nicht mehr gebrauchlich 1969 stellte man ihn in eine Unterordnung der Anapsiden den Captorhinomorpha 10 die heute innerhalb der Klade der Eureptilia angesiedelt wird 11 Im Jahr 2000 wurde Eunotosaurus in die Klade der Parareptilien eingeordnet wo er eine unabhangige Stellung von den Schildkroten und den Cotylosauriern einnimmt 12 Eine phylogenetische Analyse der Parareptilien aus dem Jahr 2008 befand dass Eunotosaurus ein Schwestertaxon der Milleretta sei und daher in die Familie der Millerettidae zu stellen sei 13 Eunotosaurus wurde in eine phylogenetische Analyse aus dem Jahr 2010 einbezogen die der Frage nach dem Ursprung der Schildkroten nachging 14 In neuerer Zeit werden Schildkroten auf der Grundlage genetischer und phylogenetischer Erkenntnisse als Diapsiden betrachtet und daher als naher verwandt mit den Eidechsen Schlangen Krokodilen und Vogeln als mit den Parareptilien oder allen anderen Anapsiden Allerdings platziert der resultierende phylogenetische Baum die Schildkroten unter der Einbeziehung von Eunotosaurus und dem spattriassischen Proganochelys einem Stammgruppenvertreter der Schildkroten in einer Position die der ursprunglichen Einordnung der Schildkroten als Anapsiden ahnelt Die Studie behauptet dass Eunotosaurus abgeleitete Merkmale der Rippen und der Ruckenwirbel mit den fruhesten Schildkroten teilte was ihn zu einer Mosaikform mache In der Studie wird eine Reihe von Merkmalen identifiziert die es moglich machen Eunotosaurus in einer echten Klade mit den Schildkroten zu vereinen Diese gemeinsamen Merkmale beinhalteten breite T formige Rippen zehn verlangerte Rumpfwirbel kraniale Tuberkeln kleine Hocker auf der Oberflache des Schadels und einen breiten Rumpf Die Klade aus Eunotosaurus und den Schildkroten wurde als Pan Testudines bezeichnet Fortschrittlichere Vertreter der Pan Testudines wie z B Odontochelys haben bereits einen Bauchpanzer 14 Unterstrichen wurde diese These durch eine Studie aus dem Jahr 2013 die die osteologische Feinstruktur der Knochen analysierte mit der Ontogenese rezenter Schildkroten verglich und statistisch gewichtete Sie kam zu dem Schluss dass Eunotosaurus und die Schildkroten ein Monophylum bilden und innerhalb der Parareptilia stehen Damit widersprachen beide Studien auch molekulargenetischen Untersuchungen die die Schildkroten als Schwestergruppe der Archosaurier ausweisen 15 Eine weitere Studie aus dem Jahr 2014 zeigt dass sich bei Eunotosaurus schon der eigenartige Atmungsmechanismus der Schildkroten entwickelte Da die Rippen der Schildkroten in den Panzer integriert sind sind sie unbeweglich und fur den Ein und Ausstrom der Luft mussen spezielle Muskeln sorgen 16 Im September 2015 veroffentlichte computertomographische Untersuchungen an verschiedenen Schadeln von Eunotosaurus ergaben dass die Tiere zwei Schlafenfenster hinter den Augen besassen also einen diapsiden Schadel hatten Dies ist besonders bei jungen Exemplaren deutlich zu sehen bei alteren sind die Schlafenfenster dagegen fast vollstandig verdeckt Die Schadelontogenese von Eunotosaurus zeigt somit wie sich aus einem diapsiden Schadel ein sekundar anapsider Schadel entwickelt wie ihn die heutigen Schildkroten besitzen 4 Moglicherweise verbreiterten sich die Rippen bei Eunotosaurus als Anpassung an eine grabende Lebensweise 5 Quellen BearbeitenLiteratur Bearbeiten Tyler R Lyson Gabe S Bever Torsten M Scheyer Allison Y Hsiang Jacques A Gauthier Evolutionary Origin of the Turtle Shell In Current Biology Bd 23 Nr 12 2013 ISSN 0960 9822 S 1113 1119 doi 10 1016 j cub 2013 05 003 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Eunotosaurus Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Einzelnachweise Bearbeiten a b c Ann Campbell Burke The development and evolution of the turtle body plan Inferring intrinsic aspects of the evolutionary process from experimental embryology In American Zoologist Bd 31 Nr 4 1991 ISSN 0003 1569 S 616 627 doi 10 1093 icb 31 4 616 Stuart S Sumida Sean Modesto A Phylogenetic Perspective on Locomotory Strategies in Early Amniotes In American Zoologist Bd 41 Nr 3 2001 S 586 597 doi 10 1093 icb 41 3 586 Facts About Turtles Eunotosaurus And Turtle Evolution Memento vom 12 September 2010 im Internet Archive In All About Reptiles com Abgerufen am 2 November 2014 a b G S Bever Tyler R Lyson Daniel J Field Bhart Anjan S Bhullar Evolutionary origin of the turtle skull Nature Bd 525 2015 S 239 242 doi 10 1038 nature14900 a b Tyler R Lyson Bruce S Rubidge Torsten M Scheyer Kevin de Queiroz Emma R Schachner Roger M H Smith Jennifer Botha Brink G S Bever Fossorial Origin of the Turtle Shell 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