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Der Eisenbahnunfall von Avenwedde bei Gutersloh am 21 Januar 1851 war mit drei Todesopfern der bis dahin schwerste Eisenbahnunfall in Deutschland und auch der erste Unfall eines Reisezuges in Deutschland mit mehreren Toten 1 Bei dem Zwischenfall wurde zudem auch der mitreisende Prinz Friedrich Wilhelm von Preussen der spatere Kaiser Friedrich III leicht verletzt Rekonstruierende und im Detail teilweise nicht zutreffende Zeichnung zu einem Artikel uber den Unfall in der Illustrirten ZeitungPrinz Friedrich Wilhelm 1855 Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangslage 2 Unfallhergang 3 Folgen 3 1 Unmittelbare Folgen 3 2 Ermittlung der Unfallursache 3 3 Gedenken 4 Wissenswert 5 Literatur 6 EinzelnachweiseAusgangslage BearbeitenDer Schnellzug wurde von einer Dampflokomotive der Achsfolge 1A1 mit verlangertem Kessel und dem Namen Gutersloh gezogen 2 Er war an diesem Tag sehr lang Die genaue Anzahl der Wagen findet sich explizit in keiner Quelle aber vermutlich waren es zehn ein Gepackwagen und neun Personenwagen 3 Der Zug war gut besetzt da in Bielefeld eine grosse Pferdeauktion stattgefunden hatte Hier sollte der Zug planmassig um 13 36 Uhr abfahren und am nachsten Bahnhof Gutersloh um 14 05 Uhr eintreffen Er fuhr uber die vier Jahre zuvor eroffnete Stammstrecke der Koln Mindener Eisenbahn Gesellschaft Prinz Friedrich Wilhelm studierte von 1849 bis 1852 an der Rheinischen Friedrich Wilhelms Universitat Bonn Er war fur wenige Tage anlasslich der 150 Jahr Feier der Erlangung der Konigswurde durch Preussen am 18 Januar 1851 nach Berlin gefahren und befand sich in Begleitung von Premierleutnant von Heiz 1867 dem spateren Hofmarschall des Prinzen und Oberst Friedrich Leopold Fischer 1798 1857 spater Generalmajor auf der Ruckfahrt nach Bonn 4 Er war zu diesem Zeitpunkt nach seinem Vater der Zweite in der preussischen Thronfolge also noch nicht Kronprinz Der Prinz war am Abend des 20 Januar 1851 vom Anhalter Bahnhof in Berlin abgereist In Minden bestiegen der Prinz und seine Begleiter einen Zug der Koln Mindener Eisenbahn Gesellschaft und fuhren damit in Richtung Koln Deutz 5 Der Prinz reiste in diesem Zug in dem fur ihn und seine Begleitung reservierten letzten Abteil einem der ersten Wagenklasse im vierten Wagen des Zuges 6 Unfallhergang BearbeitenDer Unfall ereignete sich um 13 44 Uhr im Bereich des heutigen Bahnhofs Isselhorst Avenwedde 7 der allerdings erst 1891 eingerichtet wurde unmittelbar westlich der Stelle an der die heutige Kreisstrasse 35 die Bahnstrecke kreuzt Bahnseitig ist das heute der Streckenkilometer 121 9 der Bahnstrecke Hamm Minden Die Dampflokomotive kam bei etwa 60 80 km h ins Schleudern 8 entgleiste und sturzte den etwa 5 Meter hohen Bahndamm hinab 9 Ihr Schlepptender sturzte auf die Lokomotive wobei der Lokomotivfuhrer zerquetscht wurde und sofort tot war Der Heizer starb an den erlittenen Verbrennungen noch an der Unfallstelle Die entgleisende Lokomotive riss die folgenden vier Wagen mit sich die ebenfalls entgleisten wobei deren Kupplungen und die zum ubrigen Zug rissen Die drei der Lokomotive nachstfolgenden Wagen sturzten ebenfalls den Bahndamm hinab Der erste auf Lokomotive und Tender folgende Wagen der Gepackwagen wurde dabei vollig zertrummert Im dritten Wagen reiste der US amerikanische Gesandtschaftssekretar John B Andre 10 aus New York der sich durch Abspringen zu retten versuchte aber von dem umsturzenden Fahrzeug erschlagen wurde 11 Er befand sich auf der Reise zu seiner Hochzeit in New York 12 Laut einer anderen Quelle soll es sich um den Attache der US amerikanischen Gesandtschaft Mr Ward gehandelt haben 13 Der vierte Wagen in dem der Prinz reiste entgleiste und sturzte um kam aber noch auf dem Bahndamm auf dem Gleis der Gegenrichtung zum Stehen Insoweit gibt die Abbildung aus der Illustrirten Zeitung eine unzutreffende Darstellung Prinz Friedrich Wilhelm erlitt eine stark blutende Verletzung am Hinterkopf 14 je nach Quelle ist von Hautabschurfungen 15 einer Splitterverletzung 16 oder einer Prellung 17 die Rede Er und seine Begleiter konnten durch ein Fenster ins Freie klettern Es gab auch die Meldung der Prinz sei in Berlin am 22 Januar fruh um 4 Uhr wohlbehalten wieder eingetroffen und hat nur etwas Schnupfen den er bereits aus Berlin mitgenommen 18 Daruber hinaus wurden vier Eisenbahner und drei Reisende verletzt 19 Auch zahlreiche Pferde starben oder wurden verletzt Der Bremser der auf dem funften Wagen mitfuhr zog die Bremse derart schnell und scharf an dass die Kupplung zu den entgleisenden Wagen vor ihm riss und damit das Entgleisen der folgenden Wagen verhindert wurde die nach einigen hundert Metern zum Stehen gebracht werden konnten Folgen BearbeitenUnmittelbare Folgen Bearbeiten Vom Bahnhof Gutersloh wurde ein Hilfszug entsandt der auch die Reisenden dorthin brachte Dort mussten sie bei grosser Kalte auf einen Ersatzzug aus Hamm warten mit dem ihnen die Weiterreise ermoglicht wurde Der Prinz und seine Begleitung wurden solange in dem vollig uberfullten Bahnhof im Stationsburo untergebracht 20 Auf Anordnung des preussischen Konigs Friedrich Wilhelm IV wurde am auf den Unfall folgenden Sonntag den 26 Januar in den Kirchen Berlins und am darauf folgenden Sonntag in den Kirchen des ganzen Konigreichs fur die Rettung des Prinzen im Rahmen des Furbittengebets fur die Konigsfamilie gedankt 21 Die Koln Mindener Eisenbahn Gesellschaft versuchte den Unfall herunterzuspielen In ihrer offiziellen Verlautbarung wurde behauptet die Unfallursache sei nicht festzustellen Der Prinz als verletzter Reisender wurde gar nicht erwahnt in der Presse dagegen schon 22 Ermittlung der Unfallursache Bearbeiten Fur einen Unfall bei dem Hochste Herrschaften zu Schaden gekommen waren fiel die nachfolgende Unfalluntersuchung aus heutiger Sicht recht oberflachlich und amateurhaft aus Offensichtlich ermittelte nur die Bahngesellschaft selbst und kam offiziell zu dem Ergebnis dass die Ursache des Unfalls nicht zu ermitteln sei 23 so ihre offizielle Darstellung in der Kolnischen Zeitung von 23 Januar 1851 Nr 20 24 Zwei Unfallursachen werden diskutiert 25 Ein nicht ausreichend befestigtes Gleis an der Unfallstelle sollen Gleisbauarbeiten stattgefunden haben und eine Fehlkonstruktion der Lokomotive Ersteres kann ausgeschlossen werden Die nicht entgleisten Wagen passierten bremsend die Unfallstelle bevor sie nach einigen hundert Metern zum Stehen kamen Es ist ausgeschlossen dass sechs Personenwagen ohne zu entgleisen uber eine Fehlstelle im Gleis gefahren sind Sehr viel wahrscheinlicher ist dass ein Konstruktionsfehler die Lokomotive aus der Werkstatt von Robert Stephenson bei hoheren Geschwindigkeiten fahruntuchtig machte Ohne die Achsabstande zu verandern hatte er Lokomotiven mit einem langeren Kessel einem so genannten Longboiler gebaut Der jetzt weit uber die ausseren Achsen ragende Kessel konnte Eigenschwingungen der Lokomotive verursachen die diese im Extremfall aus den Gleisen warfen 26 Mehrere derartige Unfalle sind bekannt 27 Die zulassige Hochstgeschwindigkeit dieses Lokomotivtyps wurde sofort begrenzt und sie wurden aus dem Schnellzugdienst abgezogen Die Lokomotiven wurden in der Folgezeit umgebaut indem die hintere Laufachse weiter nach hinten verlegt wurde um die erforderliche Laufruhe zu erreichen was auch gelang Gedenken Bearbeiten nbsp Taufengel in Gutersloh nbsp Kronprinzendenkmal um 1898Der Martin Luther Kirche vor 1911 Neue Kirche oder Neue evangelische Kirche zwischen 1911 und 1933 Auferstehungskirche in Gutersloh stiftete Prinz Friedrich fur seine Rettung bei dem Eisenbahnunfall die Plastik eines Taufengels von Bertel Thorvaldsen Es handelt sich um einen Zinkdruckguss aus der Werkstatt Moritz Geiss Berlin Der Taufengel wurde nach einem Vorbild aus Marmor gefertigt das in der Frauenkirche in Kopenhagen steht 28 Der Gutersloher Engel tragt auf seiner auf dem Sockel aufliegenden Gewandfalte die Widmung Gutersloh den 21 Januar 1851 Als weitere Erinnerung an den Unfall wurde 1866 ein Denkmal unmittelbar an der Unfallstelle geschaffen ein auf einem Sockel stehender aufsteigender Adler zunachst aus Sandstein Bei der Renovierung des Denkmals 1888 wurde ein Adler aus Bronze nach einem Modell von Christian Daniel Rauch aufgesetzt 29 Das Denkmal musste nach der Errichtung des Bahnhofs Isselhorst Avenwedde 1891 und der Erweiterung der Bahntrasse auf vier Gleise um 200 Meter nach Osten und sudlich der Gleisanlagen versetzt werden 30 Der Bronzeadler wurde im Ersten Weltkrieg als Metallspende des deutschen Volkes eingeschmolzen und durch einen aus Sandstein ersetzt 31 1969 oder 1970 wurde das Denkmal abgerissen von wem bleibt unklar die Verantwortung dafur wollte im Nachhinein niemand ubernehmen 32 Wissenswert BearbeitenIn der Literatur wird der Unfall auch als Eisenbahnunfall bei Gutersloh 33 Eisenbahnunfall von Isselhorst und Eisenbahnunfall von Gutersloh Isselhorst bezeichnet Die Eisenbahnstrecke verlauft in dem Bereich in dem der Unfall geschah aber auf der Gemarkung von Avenwedde Die Gemarkung von Isselhorst ist lediglich benachbart 34 Literatur BearbeitenUlrich Felchner Der Gutersloher Taufengel im neuen Licht In Gutersloher Beitrage zur Heimat und Landeskunde 56 57 1997 S 1263 1284 Friedrich Fischer Kronprinz verletzt Lokomotivfuhrer Klein war sofort tot In Heimat Jahrbuch Kreis Gutersloh 1992 S 59 63 Franz Flaskamp Die Kronprinz Friedrich Wilhelm Stiftungen im Kreise Wiedenbruck Quellen und Forschungen zur Natur und Geschichte des Kreises Wiedenbruck 1 Hildesheim 1929 NN Das Eisenbahnungluck bei Isselhorst 1851 In Brackweder Heimatblatter Jahrgang 1967 S 26 28 Ernst Osterrath Das Kronprinzen Denkmal des Kreises Wiedenbruck in der Gemeinde Avenwedde bei Bahnhof Isselhorst in Westfalen Hrsg Kreisausschuss des Kreises Wiedenbruck Wiedenbruck 1898 urn nbn de hbz 6 1 72876 Hans Joachim Ritzau Schatten der Eisenbahngeschichte Purgen 1987 Andreas Sassen Das Kronprinzendenkmal am Bahnhof Isselhorst Avenwedde Beitrage zur Geschichte des Kirchspiels Isselhorst Gutersloh Einzelnachweise Bearbeiten Sassen S 8 Osterrath S 4 Sassen S 3f zitiert sekundar den anonymen Bericht eines Eisenbahnfachmanns aus der Neuen Westfalischen vom 21 Januar 1976 der von vier entgleisten und sechs im Gleis gebliebenen Wagen berichtet das Gleiche ergibt sich aus dem Holzstich der zu dem Unfall in der Leipziger Illustrierten Zeitung erschien Sassen S 3 Anm 1 u 2 Sassen S 3 und NN Das Eisenbahnungluck S 26 gehen davon aus dass es ein durchgehender Zug von Berlin war Der Prinz berichtet jedoch in einem Brief Sassen S 5 in Minden in den Wagen eingestiegen zu sein in dem er verungluckte und bei Fischer S 63 ist ein Fahrplanauszug aus dem Jahr 1851 wiedergegeben aus dem ebenfalls hervorgeht dass Reisende zwischen Berlin und der Koln Mindener Eisenbahn in Minden umsteigen mussten Osterrath S 6 vgl Brief Prinz Friedrich Wilhelms an Zastrow vom 29 Januar 1851 zitiert bei Sassen S 5 NN Das Eisenbahnungluck S 26 Sassen S 3 Sassen S 3 Osterrath S 5 Flaskamp S 11 Sassen S 5 Tages Neuigkeiten In Fremden Blatt der k k Haupt und Residenzstadt Wien Fremden Blatt und Tags Neuigkeiten der k k Haupt und Residenzstadt Wien Fremden Blatt Fremden Blatt mit Vedette Fremden Blatt mit militarischer Beilage Die Vedette 26 Janner 1851 S 2 online bei ANNO Vorlage ANNO Wartung fdb Brief Prinz Friedrich Wilhelms an Zastrow vom 29 Januar 1851 zitiert bei Sassen S 5 Flaskamp S 11 Sassen S 5 Osterrath S 7 geht aber unzutreffenderweise von einer Verletzung an der Stirn aus Fischer S 59 Berlin 23 Janner In Gratzer Zeitung Der Aufmerksame Steyermarkische Intelligenzblatter Steyermarkisches Intelligenzblatt Steyermarkisches Amtsblatt Stiria ein Blatt des Nutzlichen und Schonen Gratzer Zeitung Steiermarkisches Amtsblatt 27 Janner 1851 S 3 online bei ANNO Vorlage ANNO Wartung gra Osterrath S 5 Sassen S 5 Osterrath S 10 Der entsprechende Erlass des Koniglichen Konsistoriums ist abgedruckt bei Osterrath S 13ff Sassen S 6f Felchner S 1269f Sassen S 7 Osterrath S 11 Sassen S 7 Ritzau Schatten Bd 4 Sassen S 7f Vgl dazu insb Felchner Sassen S 11 Sassen S 16 Plan NN Das Eisenbahnungluck S 28 Flaskamp S 15ff Sassen S 19ff Osterrath S 3 Flaskamp Plan als Anlage 51 93855 8 436213 Koordinaten 51 56 18 8 N 8 26 10 4 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eisenbahnunfall von Avenwedde amp oldid 238858585