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Der Dreifaltigkeitsfriedhof vor dem Potsdamer Tor oft auch als Dreifaltigkeitsfriedhof am Potsdamer Bahnhof bezeichnet war eine Begrabnisstatte der evangelischen Berliner Dreifaltigkeitsgemeinde und existierte von ca 1740 bis 1922 Der Friedhof befand sich vor dem Potsdamer Tor auf dem Gebiet des heutigen Berliner Ortsteils Tiergarten Dort lag er ab ca 1831 an der heutigen Stresemannstrasse und ab 1838 unmittelbar am Potsdamer Bahnhof ab 1872 sogar auf dessen Vorplatz Angesichts der rasanten stadtebaulichen Entwicklung der Gegend um den Potsdamer Platz in den folgenden Jahrzehnten wirkte der Friedhof an diesem Ort zunehmend isoliert und deplatziert Im Jahr 1909 wurde er geschlossen 1922 erfolgte seine Einebnung Der Dreifaltigkeitsfriedhof auf dem Vorplatz des Potsdamer Bahnhofs um 1890Bei der inzwischen ublichen Nummerierung der Berliner Dreifaltigkeitsfriedhofe nach Alter findet der nicht erhaltene Friedhof vor dem Potsdamer Tor keine Berucksichtigung Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Beigesetzte Personlichkeiten 3 Literatur 4 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Wilhelm Thiele Der Dreifaltigkeitskirchhof am Potsdamer Bahnhof in Berlin 1907 Der Gemeinde der Dreifaltigkeitskirche die 1737 1739 an der Mohrenstrasse in der erweiterten Friedrichstadt erbaut worden war hatte der preussische Konig Friedrich Wilhelm I untersagt Bestattungen in oder an der Kirche vorzunehmen Das entsprach der sich damals entwickelnden Uberzeugung dass Friedhofe aus hygienischen Grunden ausserhalb der Stadtgrenzen angelegt werden sollten Obwohl es Hinweise gibt dass die Gemeinde sich nicht ganz strikt an die Vorgabe hielt und es zu einzelnen Beisetzungen auch an der Kirche kam bestand doch fruhzeitig die Notwendigkeit sich Terrain jenseits der Berliner Zollmauer fur die Anlage dortiger Friedhofe zu sichern Die Dreifaltigkeitsgemeinde erwarb hierfur bis 1742 Grundstucke sowohl vor dem Potsdamer als auch vor dem Halleschen Tor Die zeitliche Reihenfolge ist etwas unsicher 1 Eine Festschrift die 1839 zum hundertjahrigen Bestehen der Dreifaltigkeitskirche erschien behauptet der Friedhof vor dem Potsdamer Tor sei der erste der Gemeinde gewesen und 1741 1742 zur Regierungszeit von Konig Friedrich II angelegt worden 2 Andere Quellen sprechen dafur dass die heute als Dreifaltigkeitsfriedhof I bekannte Begrabnisstatte vor dem Halleschen Tor bereits seit 1737 genutzt wurde und damit der erste Friedhof der Gemeinde war 3 Vor dem Potsdamer Tor strebte die Dreifaltigkeitsgemeinde zunachst an ihren Friedhof an der Sudseite der heutigen Bellevuestrasse anzusiedeln Nachdem dies vom Konig untersagt worden war von welchem ist unklar kaufte man stattdessen ein Ackerstuck weiter sudlich auf der kollnischen Feldmark das von Feldern Wiesen Garten und kleinen Landhausern umgeben war Die Gemeindemitglieder nahmen den dort eroffneten Friedhof jedoch nur zogerlich an er blieb gegenuber dem vor dem Halleschen Tor zweite Wahl Die erste dokumentierte Beisetzung vor dem Potsdamer Tor fand erst 1750 statt als Maria Elisabeth Baltzer 1685 1750 die Gattin eines Branntweinbrenners dort bestattet wurde Demgegenuber kam es vor dem Halleschen Tor wegen Platzmangels bereits 1755 zu einer ersten Erweiterung der Friedhofsflache Im Jahr 1793 verpachtete die Gemeinde den Grossteil des Terrains vor dem Potsdamer Tor und nur ein kleiner Rest blieb als Begrabnisstatte ausgewiesen 4 Seit ungefahr 1831 lag dieser Dreifaltigkeitsfriedhof an der neu angelegten Hirschelstrasse ab 1867 Koniggratzer Strasse heute Stresemannstrasse Bis 1838 entstand sudlich des Friedhofs der Potsdamer Bahnhof als erster Bahnhof Berlins Die Nachbarschaft zu einem Friedhof wurde seitens der Bahngesellschaft von Beginn an als recht storend empfunden 5 Die Dreifaltigkeitsgemeinde reklamierte ihrerseits eine Wertminderung ihres Grundstucks durch den benachbarten Bahnhof und liess sich hierfur mit einer jahrlichen Zahlung von 40 Talern durch die Bahngesellschaft entschadigen Tatsachlich trat in den folgenden Jahrzehnten allerdings eine enorme Wertsteigerung des Gelandes ein Zudem forderte die Kirchengemeinde die Finanzierung einer Einfriedung ihres Begrabnisplatzes Die Bahngesellschaft willigte ein und stellte die Mittel fur den Bau einer bis zu acht Fuss rund 2 5 m hohen Mauer bereit die den Begrabnisort ab 1837 umgab 6 nbsp Die Grabplatte von Michail Glinka befindet sich heute auf dem Russischen Friedhof in Berlin TegelTrotz der Lage an einem stadtischen Bahnhof fanden weiterhin Beisetzungen auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof statt So wurde im Februar 1857 der russische Komponist Michail Iwanowitsch Glinka 1804 1857 zunachst hier bestattet Allerdings wurde er bereits im Mai desselben Jahres auf den Tichwiner Friedhof in Sankt Petersburg umgebettet Seine ursprungliche Grabplatte vom Dreifaltigkeitsfriedhof die sein Lehrer Siegfried Wilhelm Dehn in Auftrag gegeben hatte ist heute Teil einer Gedenkstatte fur Glinka auf dem Russischen Friedhof in Berlin Tegel 7 Auch der Mineraloge Carl Karsten 1782 1853 und der preussische Staats und Kultusminister Friedrich Eichhorn 1779 1856 wurden nach 1850 am Potsdamer Bahnhof bestattet Im Jahr 1907 erfolgte die Umbettung der sterblichen Uberreste von Eichhorn und seiner Gattin auf den Dreifaltigkeitsfriedhof an der Bergmannstrasse den zwischenzeitlich dritten Begrabnisplatz der Gemeinde Spatere Umbettungen vom Friedhof vor dem Potsdamer Tor sind nicht bekannt 4 nbsp Vorplatz und Empfangsgebaude des Potsdamer Bahnhofs links der Dreifaltigkeitsfriedhof um 1900In den Jahren 1868 1872 kam es zu einem weitgehenden Umbau des Potsdamer Bahnhofs Ein neues Empfangsgebaude erhob sich anschliessend nur noch wenige Meter vom Dreifaltigkeitsfriedhof entfernt und war so weit vorgeschoben wie es das Noli me tangere des Kirchhofs gestattete 8 Der Friedhof lag nun auf dem neu angelegten Bahnhofsvorplatz dessen linke Halfte er fast vollstandig einnahm Das hatte unter anderem zur Konsequenz dass eine Zufahrt zum Bahnhof nicht am Eingangsportal vorbeigefuhrt sondern nur im rechten Winkel angelegt werden konnte 8 Zudem beeintrachtigten die Baume auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof massiv die Fassadenwirkung des neuen Empfangsgebaudes Uberhaupt erschien der Friedhof in dem geschaftigen Treiben um den Potsdamer Platz herum nun zunehmend isoliert und deplatziert Allerdings wurde er erst 1909 geschlossen Die Konigliche Eisenbahndirektion Berlin erwarb das Grundstuck anschliessend zu dem beachtlichen Preis von 600 000 Mark kaufkraftbereinigt in heutiger Wahrung rund 4 Millionen Euro 9 Im Jahr 1914 schrieb sie einen Architektenwettbewerb zur einheitlichen Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes aus der den Architekten weiten Freiraum fur Gestaltungsvorschlage liess Bezeichnenderweise bestand eine massgebliche Vorgabe allerdings darin dafur zu sorgen dass der Blick auf das Empfangsgebaude insbesondere vom Potsdamer Platz her in der Zukunft moglichst wenig beeintrachtigt sein sollte 10 Bedingt durch den Ersten Weltkrieg kam der Wettbewerb erst 1919 zum Abschluss Alle pramierten und viele weitere der 78 eingereichten Entwurfe sahen flankierende Vorbauten des Empfangsgebaudes vor mit denen auch das Friedhofsgelande uberbaut worden ware 11 Nichts davon wurde letztlich verwirklicht Man beschrankte sich 1922 schliesslich darauf die Friedhofsmauer niederzulegen die Grabstatten einzuebnen und das Friedhofsgelande in eine einfach gestaltete Grunflache umzuwandeln Einige wertvolle historische Grabdenkmaler aus Eisenkunstguss wurden zwar gesichert zu Umbettungen kam es indes nicht 9 Beigesetzte Personlichkeiten Bearbeiten nbsp Der Potsdamer Platz um 1920 oben rechts vor Haus Vaterland und Potsdamer Bahnhof der Dreifaltigkeitsfriedhof kurz vor seiner EinebnungZu den bekannten Personlichkeiten die auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof vor dem Potsdamer Tor bestattet wurden zahlen Johann Heinrich Christian Barby 1765 1837 Lehrer Altphilologe Christian Gunther von Bernstorff 1769 1835 danischer und preussischer Staatsmann und Diplomat Carl Karsten 1782 1853 Mineraloge Metallurge Georg Jacob Decker der Altere 1732 1799 Buchdrucker Georg Jacob Decker der Jungere 1765 1819 Buchdrucker Verleger Friedrich Eichhorn 1779 1856 preussischer Staats und Kultusminister 1907 auf den Dreifaltigkeitsfriedhof an der Bergmannstrasse umgebettet Michail Iwanowitsch Glinka 1804 1857 Komponist im Mai 1857 nach Sankt Petersburg umgebettet Franz von Reden 1754 1831 hannoverscher Staatsmann und Diplomat Friedrich Philipp Rosenstiel 1754 1832 Beamter Oberbergrat Staatsrat Direktor der Koniglich Preussischen Porzellan Manufaktur Wilhelm von Salpius 1785 1866 Generalmajor Kommandant der Festung Danzig Johann Karl Philipp Spener 1749 1827 Verleger Buchhandler Publizist RedakteurLiteratur BearbeitenHans Jurgen Mende Ehemaliger Friedhof der Dreifaltigkeits Gemeinde am ehemaligen Potsdamer Bahnhof evangelisch In Ders Lexikon Berliner Begrabnisstatten Pharus Plan Berlin 2018 ISBN 978 3 86514 206 1 S 152 153 Einzelnachweise Bearbeiten Hans Jurgen Mende Lexikon Berliner Begrabnisstatten Pharus Plan Berlin 2018 ISBN 978 3 86514 206 1 S 72 152 153 223 Geschichte der Dreifaltigkeits Kirche zu Berlin Zur 100jahrigen Jubelfeier der Kirche den Mitgliedern dieser Kirchen Gemeinde gewidmet von den Predigen derselben und dem Kirchen Collegium Decker Berlin 1839 S 17 Mende Lexikon Berliner Begrabnisstatten S 223 a b Mende Lexikon Berliner Begrabnisstatten S 152 153 Artur Furst Die Welt auf Schienen Eine Darstellung der Einrichtungen und des Betriebs auf den Eisenbahnen des Fernverkehrs Nebst einer Geschichte der Eisenbahn Langen Munchen 1918 Reprint Salzwasser Verlag Paderborn 2013 ISBN 978 3 86195 515 3 S 113 Furst Die Welt auf Schienen S 113 Suddeutsche Musik Zeitung 6 Jg Nr 10 9 Marz 1957 S 1 Kurt Pomplun Berliner Hauser Geschichten und Geschichte Hessling Berlin 1971 ISBN 3 7769 0119 5 S 99 Detlef Gojowy Deutsch russische Musikbeziehungen In Dittmar Dahlmann Wilfried Potthoff Hrsg Deutschland und Russland Aspekte kultureller und wissenschaftlicher Beziehungen im 19 und fruhen 20 Jahrhundert Harrassowitz Wiesbaden 2004 ISBN 3 447 05035 7 S 191 236 hier S 194 Mende Lexikon Berliner Begrabnisstatten S 1006 In vielen Darstellungen herrscht Verwirrung bezuglich Glinkas ursprunglichem Begrabnisort So werden irrtumlich der Russische Friedhof in Berlin Tegel der Dreifaltigkeitsfriedhof I vor dem Halleschen Tor und selbst der Luisenstadtische Friedhof am Sudstern als Orte der Berliner Beisetzung identifiziert a b Alexander Rudell Der Wettbewerb fur Vorentwurfe zu einer Neugestaltung des Vorplatzes am Potsdamer Hauptbahnhof in Berlin In Zentralblatt der Bauverwaltung 39 Jg Nrn 99 und 103 6 und 20 Dezember 1919 ISSN 0372 8021 S 592 593 und 613 616 hier S 592 a b Mende Lexikon Berliner Begrabnisstatten S 152 Zentralblatt der Bauverwaltung ISSN 0372 8021 34 Jahrgang 1914 Nr 31 vom 18 April 1914 S 247 Rudell Der Wettbewerb fur Vorentwurfe zu einer Neugestaltung des Vorplatzes am Potsdamer Hauptbahnhof in Berlin S 593 Rudell Der Wettbewerb fur Vorentwurfe zu einer Neugestaltung des Vorplatzes am Potsdamer Hauptbahnhof in Berlin S 613 616 52 508405 13 376724 34 Koordinaten 52 30 30 N 13 22 36 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dreifaltigkeitsfriedhof vor dem Potsdamer Tor amp oldid 235066008