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Die Distribuierte Morphologie englisch Distributed Morphology abgekurzt DM auch verteilte Morphologie ist ein theoretisches Konzept der allgemeinen Sprachwissenschaft bei der die Morphologie auf die Syntax und die Phonologie verteilt wird Mit ihr sollen verschiedene Flexions aber auch derivationelle Phanomene in den Sprachen der Welt erklart werden Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 2 Grundkonzepte 2 1 Spate Einsetzung 2 2 Unterspezifikation 2 2 1 Das Teilmengenprinzip 2 2 2 Merkmalsdekomposition 2 2 3 Spezifitat 2 3 Syntaktische Struktur bis ganz nach unten 3 Weitere Konzepte und Hintergrundannahmen 3 1 Die Struktur des Lexikons 3 2 Elsewhere 3 3 Readjustment Rules 3 4 Merger Spaltung Verschmelzung Verarmung 3 4 1 Merger 3 4 2 Spaltung 3 4 3 Verschmelzung 3 4 4 Verarmung 4 Die Distribuierte Morphologie und andere Modelle der Grammatik 5 Grenzen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseEinleitung BearbeitenDie Distribuierte Morphologie umfasst ein konzeptuelles Framework verschiedener Modelle uber die Prozesse die an der Schnittstelle zwischen Syntax und Phonologie auftreten Diese Modelle versuchen zu erklaren wie abstrakte morphosyntaktische und morphosemantische Merkmale durch ihre konkrete lautliche Realisierung ersetzt werden Das Modell in seiner ursprunglichen Form geht auf zwei Aufsatze der amerikanischen Linguisten Alec Marantz und Morris Halle aus den Jahren 1993 und 1994 zuruck Die Distribuierte Morphologie ist der Taxonomie von Greg Stump 2001 nach eine post syntaktische realisational lexikalische Theorie der Morphologie Post syntaktisch bedeutet dabei dass die Auswahl der bei der Einsetzung interpretierten morpho syntaktischen Merkmale auf den Hierarchien der syntaktischen Derivation aufbaut Dies bedeutet dass der syntaktische Teil der Morphologie auf die gesamte ubergeordnete Struktur des derzeit bearbeiteten Terminalknotens zugreifen kann Realisational bedeutet dass die morpho syntaktischen Merkmale eigenstandige Entitaten der Struktur sind In der Morphologie werden diese Merkmale realisiert indem sie durch phonologische Merkmale ersetzt werden Dazu im Gegensatz stehen die inkrementellen Theorien bei denen die Morphologie die Merkmale erst in die Struktur einbringt Lexikalisch bedeutet dass die Informationen welche morphosyntaktischen Merkmale durch welche phonologischen ersetzt werden morphemweise als eigenstandige Entitaten im mentalen Lexikon gespeichert sind Somit ware beispielsweise die Assoziation Plural s ein Eintrag im mentalen Lexikon eines Englisch Sprechers Diese im Lexikon gespeicherten Eintrage welche morphosyntaktische mit Ketten phonologischer Merkmale assoziieren werden in der DM als vocabulary items etwa Vokabulareintrage im weiteren VI bezeichnet Bei inferentiellen Theorien dagegen wird die Wurzel eines Wortes durch spezielle Regeln mit einer separat im Lexikon gespeicherten Wortform die sensitiv fur bestimmte Merkmale ist assoziiert Der Ablauf einer syntaktischen Derivation nach dem Modell der DM geht wie folgt vonstatten Zunachst wird eine syntaktische Struktur auf abstrakten morphosyntaktischen Kategorien und Merkmalen generiert Nach Abschluss der syntaktischen Derivation werden die Terminalsymbole der entstandenen Struktur durch Ketten phonologischer Symbole das sind Laute oder die Reprasentation von Lauten ersetzt Dieses Verknupfen von syntaktischen Kategorien und ihren phonologischen Entsprechungen wird gemeinhin als Morphologie bezeichnet In der DM wird die Morphologie selbst nicht als eigenstandige Komponente der Sprache betrachtet sondern als Prozess der sich auf die Ebenen der Syntax und der Phonologie verteilt daher der Name distribuierte verteilte Morphologie Ziel der DM ist es die Prinzipien nach denen diese Ersetzung vor sich geht zu erklaren Die Distribuierte Morphologie ist dabei weniger als eigenstandige Theorie zu verstehen sondern vielmehr als Klasse von Ansatzen die eine Reihe von Konzepten teilen Die drei Grundbausteine auf die jedes DM Derivat zuruckgreift sind Spate Einsetzung engl late insertion Unterspezifikation engl underspecification und Syntaktische Struktur bis ganz nach unten engl syntactic structure all the way down Diese werden im folgenden Abschnitt naher erlautert Grundkonzepte BearbeitenDie folgenden drei Konzepte werden als zu Grunde liegend fur die Distribuierte Morphologie angesehen Spate Einsetzung Bearbeiten Das Prinzip der spaten Einsetzung engl late insertion besagt dass das Ersetzen morphosyntaktischer Eigenschaften und Merkmale durch ihre phonologischen Entsprechungen erst spat in der Derivation erfolgt In der Theorie findet die Einsetzung nach Abschluss des syntaktischen Strukturaufbaus statt Im T Modell der generativen Grammatiktheorie wird der Zeitpunkt der Einsetzung auf den Beginn des PF Pfades angesiedelt somit wird im DM Modell die Morphologie als Schnittstellenphanomen zwischen Syntax und Phonologie angesehen Unterspezifikation Bearbeiten Das Prinzip der Unterspezifikation ergibt sich aus einer Reihe von Annahmen welche selbst nicht spezifisch fur die DM sind und teilweise so alt sind wie die moderne theoretische Sprachwissenschaft selbst Erst in ihrer Zusammenfuhrung bilden sie einen wesentlichen Grundbestandteil einer jeden DM ahnlichen Theorie Zu diesen Annahmen gehoren das Teilmengenprinzip das Prinzip der Merkmalsdekomposition sowie das Konzept der Spezifitat Das Teilmengenprinzip Bearbeiten Die Einsetzung also das Ersetzen der morphosyntaktischen und morphosemantischen Merkmale durch ihre phonologischen Entsprechungen erfolgt nach der Derivation der syntaktischen Struktur unter Berucksichtigung des so genannten Teilmengenprinzips Dieses Prinzip besagt dass ein VI in einen Terminalknoten eingesetzt wird sobald die Menge der Merkmale auf diesem Knoten eine Obermenge der Merkmale sind die in dem VI angegeben sind Man sagt dass die Merkmale auf den VI unterspezifiziert sind Tragt ein Terminalknoten beispielsweise die Merkmale 1 Person Singular Aktiv Prasens Indikativ so kann ein Marker e welcher fur die Merkmale 1 Person Singular Aktiv Indikativ spezifiziert ist in diesen Terminalknoten eingesetzt werden da seine Merkmalsmenge eine Teilmenge der Merkmalsmenge auf dem Terminalknoten ist Ein Effekt des Teilmengenprinzips ist dass mit ihm Synkretismen systematisch abgeleitet werden konnen Synkretismen sind Vorkommen desselben Markers in unterschiedlichen morphosyntaktischen Kontexten So kann der obige Marker e sowohl in Indikativ als auch in Konjunktiv Kontexten auftauchen da er in beiden Kontexten das Teilmengenprinzip erfullt Merkmalsdekomposition Bearbeiten Merkmale werden in der Theorie meist aus kleineren Einheiten zusammengesetzt Im Deutschen wie in allen germanischen Sprachen gibt es einen Synkretismus zwischen den Verbformen der ersten und der dritten Person Plural zum Beispiel wir sie geh en Da mit privativen Merkmalen diese Synkretismen nicht abzuleiten waren nimmt man an dass diese Merkmale etwas gemeinsam haben Die genannten Personenmerkmale haben beispielsweise gemeinsam dass sie nicht den oder die Adressaten eines Sprachaktes 2 Person einschliessen Diese Personenmerkmale konnen sich also wie folgt zusammensetzen erste Person 1 2 zweite Person 1 2 dritte Person 1 2 Dieses Aufspalten der Merkmale in kleinere Einheiten heisst Merkmalsdekomposition Der Marker en der im Deutschen an Verben in der ersten und dritten Person Plural angehangt wird kann nach diesem Merkmalssystem fur die Merkmale 2 Plural spezifiziert werden Nach dem Teilmengenprinzip kann er sowohl in erste Plural als auch in dritte Plural Kontexte eingesetzt werden Diese Art der Merkmalskomposition lasst sich auf nahezu alle konventionellen Merkmale anwenden wenngleich sich die Art der zugrundeliegenden Merkmale von Ansatz zu Ansatz unterscheidet Spezifitat Bearbeiten Durch Merkmalsdekomposition und Teilmengenprinzip kann es vorkommen dass mehrere VI in einunddenselben Kontext eingesetzt werden konnen Ist beispielsweise ein VI fur 1 pl spezifiziert ein anderer fur 1 so konnten beide in einen Knoten mit den Merkmalen 1 pl Indikativ eingesetzt werden Um solche Falle zu steuern nimmt man das Prinzip der Spezifitat an welches vorhersagt welcher der beiden Marker nun eingesetzt wird Wie dieses aussieht hangt vom gewahlten Ansatz ab In der ursprunglichen Version der DM wurde der Marker eingesetzt welcher fur die meisten Merkmale spezifiziert ist In vorgenannten Beispiel wurde der erste Marker eingesetzt werden da er fur zwei Merkmale spezifiziert ist wahrend der zweite es nur fur ein Merkmal ist Das System stosst an seine Grenzen wenn ein drittes VI hinzukommt der beispielsweise fur 1 Indikativ spezifiziert ist In solchen Fallen sind weitere Annahmen bezuglich der Spezifitat notig Die meisten Ansatze bringen an dieser Stelle Merkmalshierarchien ins Spiel Demnach wird der Marker eingesetzt dessen Merkmale hoher in der Hierarchie stehen als die des anderen Markers Wie diese Hierarchien aussehen hangt ebenfalls stark vom gewahlten Ansatz ab meist basieren diese Hierarchien aber auf typologisch empirischen Daten Syntaktische Struktur bis ganz nach unten Bearbeiten Ein weiteres Prinzip hinter DM wird als Syntactic Hierarchical Structure All the Way Down engl sinngemass Syntaktische hierarchische Struktur bis ganz nach unten bezeichnet Es besagt im Wesentlichen dass die morphologische und die syntaktische Komponenten einer Sprache auf denselben hierarchischen Strukturen aufbauen Die Elemente mit denen sowohl Morphologie als auch Syntax arbeiten sind als diskrete Konstituenten zu verstehen nicht als Ergebnisse von morphologischen Prozessen 1 Weitere Konzepte und Hintergrundannahmen BearbeitenDie Struktur des Lexikons Bearbeiten Das bis dahin gekannte Konzept eines mentalen Lexikons wird von den Autoren der distribuierten Morphologie zuruckgewiesen Phanomene die bisher als lexikalisch erklart wurden wie beispielsweise das Bilden von Komposita oder Derivaten werden in der DM auf andere Komponenten verteilt Im mentalen Lexikon selbst sind nur noch die reinen Assoziationen von morphosyntaktisch interpretierbaren Einheiten und ihren Bedeutungen gespeichert Um Uberschneidungen mit anderen Konzepten des mentalen Lexikons zu vermeiden spricht man in der DM daher von einer Enzyklopadie in der diese Assoziationen gespeichert sind Die darin gespeicherten Informationen sind dreigliedrig Zum einen wird darin eine semantisch konzeptionelle Bedeutung mit einem so genannten Vokabulareintrag engl vocabulary item VI assoziiert Die VI sind wiederum Paare welche morphosyntaktische und oder morphosemantische Merkmale mit ihren jeweiligen phonologischen Entsprechung assoziieren In der Literatur haben diese VIs meist die Form von kontextsensitiven Einsetzungsregeln Lautentsprechung MerkmalsketteAls Beispiel ist hier das VI fur das Suffix angegeben welches im Deutschen Verben in der ersten Person Singular Aktiv Prasens markiert ich geh e e 1 Person Singular Aktiv Prasens Die Schreibweise besagt dass die Merkmalskombination 1 Person Singular Aktiv Prasens durch den Laut e ausgedruckt wird und dass dieser Laut ein Suffix ist gekennzeichnet durch das Symbol vor dem Laut Der Enzyklopadieeintrag fur dieses Morphem beinhaltet demnach die Information dass das Morphem welches als e realisiert wird und die Merkmale 1 Person Singular Aktiv Prasens ausdruckt mit der Bedeutung assoziiert ist dass der Sprecher allein 1 Singular zur Gesprachszeit Prasens der Ausfuhrende Aktiv einer Handlung Verb Endung ist Im Weiteren unterscheidet man zwei Arten von lexikalen Eintragen zum einen die l Morpheme und zum anderen die f Morpheme Wahrend die funktionalen f Morpheme fest sind dienen die l Morpheme als Platzhalter fur beliebigen lexikalen Inhalt So sind Stamme von Nomen Verben oder Adjektiven jeweils auf eine bestimmte Sprache bezogen l Morpheme Diese konnen nach belieben ausgetauscht werden ohne dass sich die grundlegende Grammatikalitat eines Ausdrucks andert f Morpheme dagegen sind fest mit der grammatischen Konstruktion verbunden das heisst f Morpheme konnen nicht ohne weiteres ausgetauscht werden wenn man die zugrundeliegenden Merkmale nicht andert Zur Illustration soll folgendes Beispiel dienen Maria sieh t den Mann In diesem Satz sind drei l Morpheme enthalten namlich Maria als Stamm des Subjekts sieh als Stamm des Verbes sehen sowie Mann als Stamm des Objekts Diese drei konnen in bestimmten Massen durch beliebige andere ersetzt werden ohne dass sich die Grammatikalitat des Satzes andert Peter schatz t den Kater Hans lies t den Roman Die anderen Morpheme des Satzes oben t und den sind dagegen fest mit der syntaktischen Struktur verbunden andert man diese wird der Satz ungrammatisch Maria sieh en das MannDies soll verdeutlichen dass im Gegensatz zu den l Morphemen die f Morpheme an den konkreten morphosyntaktischen Kontext gebunden sind Zu den f Morphemen zahlen neben den Flexionsaffixen auch alle Arten von Pronomen Determinierern das sind zum Beispiel bestimmte und unbestimmte Artikel Adpositionen und sonstige funktionale Kategorien Die kontextuelle nahezu uneingeschrankte Einsetzbarkeit der l Morpheme ermoglicht das Verwenden ein und derselben Wurzel in verschiedenen Kategorien das heisst ein l Morphem wie les kann je nach Kontext zu einem Nomen die Lesung ein Verb wir lesen ein Partizip der lesende Mann oder ahnliches sein Als was eine Wurzel verwendet wird ist durch den morphosyntaktischen Kontext bestimmt geht jedoch nicht von der Wurzel selbst aus Ist der nachste Nachbar eines Terminalknotens in der die Wurzel eingesetzt werden soll beispielsweise ein Tempusknoten wird die Wurzel als Verbstamm interpretiert ist der nachste Nachbar ein Determinativknoten wird der Stamm als Nomen ist er ein Nominalknoten als Adjektiv interpretiert usw Elsewhere Bearbeiten In vielen Varianten der DM wird die Existenz eines so genannten Elsewhere Markers angenommen Dies ist ein VI welches auf alle gegenwartig betrachteten Kontexte passt und uberall dort eingesetzt wird wo kein anderes hoher spezifiziertes VI passt Die Moglichkeit der Existenz eines Elsewheremarkers ergibt sich aus den anderen Annahmen weswegen das Teilmengenprinzip haufig auch als Elsewhere Prinzip bezeichnet wird Readjustment Rules Bearbeiten Der Begriff readjustment rules bezieht sich auf Regeln die nach der eigentlichen Einsetzung nochmals auf den eingesetzten VIs operieren um sie phonologischen Veranderungen zu unterwerfen Diese Regeln werden bei morphologisch bedingter Allophonie angewendet Dies ist das Phanomen dass eine bestimmte phonologische Regel nur in Gegenwart eines bestimmten morphologischen Markers appliziert also in einem nicht rein phonologischen Kontext Zur Illustration soll ein Beispiel aus der deutschen Verbflexion dienen Das Affix fur ein Verb in der 2 Person Plural lautet t ihr geh t das fur die 2 Person Singular ist st du geh st Bei bestimmten Verben wird jedoch ein Schwa e geschrieben als lt e gt zwischen Stamm und Endung eingeschoben wie in arbeiten du arbeit e st ihr arbeit e t Die Phonemfolge tst ist aber an sich nicht ungrammatisch im Deutschen vgl das Wort Arzt gesprochen aɐtst Die Einsetzung des Schwa wird nach DM Sicht durch eine readjustment rule gewahrleistet die nur im Kontext von flektierten Verben appliziert Alternativ konnte man auch sagen dass et bzw est die Flexionsendungen der zweiten Person im Deutschen sind und eine andere readjustment rule das e in bestimmten Kontexten loscht Merger Spaltung Verschmelzung Verarmung Bearbeiten In der DM Literatur werden eine Reihe weiterer Regeln angenommen welche die syntaktische Struktur manipulieren bevor die VIs eingesetzt werden Merger Bearbeiten Die Merger Operation verschiebt einen Terminalknoten an eine andere Position in der Hierarchie Diese Funktion wird angenommen um Linearisierungsphanomene zu erklaren Solche treten auf wenn die Architektur der Theorie die Lizenzierung eines Merkmals an einer anderen Stelle vorsieht als an der an welcher das Merkmal realisiert wird In einigen Modellen der Syntax nimmt man an dass bestimmte Terminalknoten nur dann den Wert eines Merkmals erhalten konnen wenn sie an einer bestimmten Position innerhalb der syntaktischen Struktur stehen Tritt nun der Fall auf dass diese angenommene Position eine andere ist als man beim Horen des fertigen Satzes wahrnimmt greift man auf Merger Operationen zuruck und verschiebt den jeweiligen Terminalknoten an die empirisch beobachtete Position Spaltung Bearbeiten Unter Spaltung engl fission wird das Aufspalten eines Terminalknotens frei nach dem Prinzip der Unterspezifikation verstanden Tragt ein Terminalknoten die Merkmale a b so konnen in Ermangelung eines fur beide Merkmale spezifizierten VIs zwei VIs eingesetzt werden eines welches fur a spezifiziert ist und ein anderes welches fur b spezifiziert ist Wahrend beispielsweise Halle und Marantz Spaltung noch als eigenstandige durch eine Regel gesteuerte Operation betrachteten leiteten andere Autoren 2 ein Konzept der Spaltung aus dem Teilmengenprinzip ab Demnach konnen Merkmale die das am hochsten spezifizierte und passende VI nicht selbst realisiert dazu verwendet werden weniger spezifische VIs einzusetzen Verschmelzung Bearbeiten Unter Verschmelzung engl fusion versteht man in der DM eine Operation bei der zwei Terminalknoten zu einem einzigen verschmolzen werden Auf diese Weise werden zum Beispiel Portmanteaus erklart das sind einzelne Morpheme welche die Merkmale mehrerer an sich unabhangiger Terminalknoten gleichzeitig realisieren Verarmung Bearbeiten Als Verarmung engl impoverishment wird das Loschen einzelner Merkmale aus der Struktur verstanden Meist sind diese Regeln kontextsensitiv Auf diese Weise kann in einen Kontext fur den es ein hochspezifiziertes VI gibt ein weniger spezifisches VI eingesetzt werden da durch die Verarmung der Kontext fur das hoherspezifizierte VI zerstort wird Da weniger spezifische VIs auf mehr Kontexte passen spricht man nach Anwendung von Verarmungsregeln vom so genannten Retreat to the General Case engl etwa Ruckkehr zum generellen Fall Jochen Trommer betrachtet Verarmung als Einsetzung hochspezifischer Nullmarker 3 Damit betrachtet er Verarmung als Folge des Prinzips der Spaltung Die Distribuierte Morphologie und andere Modelle der Grammatik BearbeitenGleichwohl sich die DM generativer Terminologie wie dem Schema des T Modells und einiger anderer Annahmen dieser bedient sind die beiden Modelle nur bedingt miteinander vereinbar Einer der wesentlichsten Unterschiede besteht darin dass alle Merkmale wahrend der syntaktischen Derivation verfugbar sind also auch solche die nur von der Morphologie selbst interpretiert werden wie beispielsweise Merkmale von Flexionsklassen In den Theorien nach Noam Chomsky ist die Syntax jedoch frei von jeglichen Merkmalen die von der Syntax nicht selbst interpretiert werden konnen zu denen zahlen auch Flexionsklassenmerkmale Ein weiterer Unterschied betrifft den Zeitpunkt der morphologischen Interpretation Wahrend Chomsky eine pra syntaktische Morphologie praferiert findet die morphologische Interpretation in der DM post syntaktisch statt Grenzen BearbeitenHeidi Harley und Rolf Noyer konstruieren in ihrem einleitenden Aufsatz uber DM von 1999 1 eine Sprache Marsianisch welche die DM nicht erklaren kann In dieser fiktiven Sprache wird das Merkmal Plural dadurch ausgedruckt dass die letzte Silbe des Wortes unabhangig ob diese Silbe zu einem Flexionsaffix zum Stamm oder zu einer Kombination mehrerer dieser gehort getilgt wird In der DM konnen solche Readjustment Rules nur einzelne Vokabulareintrage affizieren nicht aber mehr als eines zu einem Zeitpunkt Die Folge daraus ist dass eine Sprache die morphologische Merkmale auf diese Art ausdruckt nicht existieren konne Das in der Sprache vorkommende Muster das als Subtraktion bezeichnet wird ebenso wie das der Trunkierung entspricht weitestgehend diesem Muster betrifft aber stets nur den Stamm und niemals Affixe Ein Beispiel fur eine Sprache mit einem solchen Phanomen ist die Uto Aztekischen Sprache Papago 4 bei welcher der Perfektiv durch das Tilgen der letzten Silbe des Stammes markiert wird Auch weitere Falle von nicht konkatenativer Morphologie lassen sich oft nicht ohne zusatzliche Annahmen in einem DM Ansatz ableiten Ebenfalls problematisch ist das Erklaren von Fallen erweiterter Exponenz bei bestimmten Abwandlungen des DM Ansatzes Unter erweiterter Exponenz versteht man das Realisieren einunddesselben Merkmals durch mehr als einen Marker Nimmt man wie die meisten DM Ansatze an dass VIs bei der Einsetzung die morpho syntaktischen Merkmale auffressen so dass sie fur spatere Einsetzung nicht mehr zur Verfugung stehen sollte das Auftreten von erweiterter Exponenz ausgeschlossen sein Auch zu diesem Problem gibt es eine Reihe von Ansatzen beispielsweise kontextsensitive Einsetzungsregeln sekundare Exponenz oder in Analogie zu den Verarmungsregeln Anreicherungsregeln welche das mehrfach realisierte Merkmal in bestimmten Kontexten kopieren 5 Ein Problem bei der Annahme eines radikal unterspezifizierten Elsewhere Markers in Kombination mit dem Teilmengenprinzip basierten Spaltungskonzept liegt darin dass der Elsewhere Marker potentiell beliebig oft in einunddenselben Terminalknoten eingesetzt werden konnte Um dies zu verhindern muss ein Filter fur solche Falle angenommen werden der aus keinem der DM Prinzipien folgt und damit einen potentiellen Schwachpunkt der Theorie darstellt Die strikte Trennung der beiden Arten von Morphemen l und f Morpheme fuhrt zu der Problematik dass einige Merkmale erst nach Einsetzung der l Morpheme zur Verfugung stehen konnen diese aber mitunter bei der Syntax bereits berucksichtigt werden mussen wie zum Beispiel Genus Merkmale Diese werden beispielsweise im Deutschen innerhalb einer Nominalprojektion weitervererbt das heisst in der gesamten Nominalphrase stehen Genusmerkmale zur Verfugung was man an der Genuskongruenz von Adjektiven und Artikeln mit dem Nomen erkennen kann Welches Genus am Ende jedoch realisiert wird entscheidet sich erst nach der Einsetzung des Nominalstammes auch hier sind eine Reihe nicht trivialer Zusatzannahmen vonnoten um die korrekte Derivation einer solchen Konstruktion abzuleiten Literatur BearbeitenGregory T Stump Inflectional Morphology A Theory of Paradigm Structure In Cambridge Studies in Linguistics Band 93 Cambridge University Press Cambridge 2001 ISBN 0521780470 Morris Halle und Alec Marantz Distributed Morphology and the Pieces of Inflection In K Hale amp S J Keyser Hrsg The View from Building 20 MIT Press Cambridge Mass S 111 176 1993 Morris Halle und Alec Marantz Some Key Features fo Distributed Morphology MIT Working Papers in Linguistics 21 S 275 288 1994 Weblinks BearbeitenDistributed Morphology Frequently Asked Questions List Haufig gestellte Fragen zur distribuierten Morphologie und Antworten darauf auf der Webseite von Rolf Noyer englisch Prof Dr Fabian Heck 2011 Skript Morphologie Modul 04 046 2011 Distribuierte MorphologieEinzelnachweise Bearbeiten a b Heidi Harley und Rolf Noyer Distributed Morphology Glot International Band 4 Nummer 4 Seiten 3 9 1999 zum Beispiel Gereon Muller A Distributed Morphology Approach to Syncretism in Russian Noun Inflection In Olga Arnaudova Wayles Browne Maria Luisa Rivero und Danijela Stojanovic Hrsg Proceedings of FASL 12 2004 Online englisch zuletzt abgerufen 22 Juli 2009 PDF 98 kB Jochen Trommer Morphology consuming Syntax Resources In Proceedings of ESSLI Workshop on Resource Logics and Minimalist Grammars Nijmegen 1999 Online englisch zuletzt abgerufen 22 Juli 2009 PDF 179 kB J J McCarthy Morphology Concatenative In R E Asher and J M Y Simpson Hrsg The Encyclopedia of Language and Linguistics Pergamon Oxford 1994 S 2598 2600 Gereon Muller Extended Exponence by Enrichment Argument Encoding in German Archi and Timucua Ms Uni Leipzig 2006 Online PDF 136 kB englisch zuletzt abgerufen 6 August 2009 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Distribuierte Morphologie amp oldid 239519184