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Der Stern des Bundes ist der Titel eines 1914 erschienenen zyklischen Gedichtbandes von Stefan George Stefan GeorgePortrat von Reinhold LepsiusGegenuber dem vielgestaltigen Siebenten Ring kehrt der Dichter zur Einheitlichkeit in Sprache Aufbau und Thema zuruck und legt mit genau tausend Versen sein homogenstes Werk vor das als Gipfel seines Formwillens betrachtet werden kann 1 Uberwiegend auf Melodie und Reim verzichtend und stellenweise mit Beschworungsformeln arbeitend tritt George mit dem apodiktischen Anspruch des Mahners und Sehers auf der zeitkritische Lehrsatze verkundet und Normen fur seine Gefahrten aufstellt So bildet der Stern des Bundes die Verfassung und das Erziehungsprogramm des George Kreises Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Hintergrund 3 Rezeption 4 Literatur 4 1 Textausgaben 4 2 Sekundarliteratur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseInhalt Bearbeiten nbsp Maximilian KronbergerDer Band versammelt 100 Gedichte die nicht in Strophen unterteilt sind keine Uberschriften haben und in streng geordneter Form prasentiert werden Dem Eingang mit neun Vierzehnzeilern folgen drei Bucher mit jeweils 30 Gedichten deren Lange zwischen sieben und vierzehn Zeilen betragt und von denen jedes zehnte gereimt ist Das hundertste Gedicht ist ein Schlusschor der zur Beisetzung Georges vorgetragen wurde 2 In feierlich gehobener parataktischer Sprache bekennt sich der Dichter zu seiner Sendung zwischen Gott und Menschheit als Mittler zu fungieren 3 Hatte er im Siebenten Ring den Schuler Maximilian Kronberger idealisiert zum Gott Maximin erhoben und auf diese Weise die Grundlage fur den gleichnamigen Mythos geschaffen feiert er ihn nun gleich mit dem ersten Gedicht als Herrn der Wende Du stets noch anfang uns und end und mitte Auf deine bahn hienieden Herr der Wende Dringt unser preis hinan zu deinem sterne 4 Das zweite Gedicht beleuchtet Nietzsches Gedanken uber das Verhaltnis des Apollinischen und Dionysischen dem er in der Geburt der Tragodie nachgegangen war Der Widerspruch qual der zweiheit zwischen Rausch und Helle Gefuhl und Verstand ist in der Doppel Schone Maximins als Eines zugleich und Anderes aufgehoben 5 Im ersten Buch schildert George zunachst seinen Weg von den fruhesten Anfangen bis zur Gewissheit erwahlt zu sein wendet sich den Auswuchsen seiner Zeit zu indem er ihren Fortschrittsglauben geisselt Zehntausende muss die heilige seuche raffen und ruhmt am Ende die einstigen Gefahrten Im zweiten Buch werden die Novizen in die Mysterien eingefuhrt was in den ersten zwanzig Gedichten dialogisch gestaltet wird In dieser intimen Gesprachssituation die an den Dialog von Dichter und Engel im Teppich des Lebens und die Lieder von Traum und Tod erinnert gesteht der Schuler etwa nicht tuchtig genug zu sein fur die weitre weihe und wird vom Meister getrostet Das Gesprach kreist um Fragen der Pubertat und des Eros der am Ende gefeiert wird Wahrend der Jungere seine Zweifel uberwindet macht auch der Altere eine Wandlung durch und ist auf seinen Schuler angewiesen Im dritten Buch wendet sich George dem Binnenverhaltnis der Gemeinschaft zu um den Umgang untereinander zu bestimmen So legte er das Verhaltnis zum Adel ebenso fest wie das zu Sozialisten und Frauen Der Kreis soll nach aussen hin abgeschlossen werden Hier schliesst das tor schickt unbereite fort wahrend sein Inneres durch rituelle Beschworungen gefestigt wird Wer je die flamme umschritt Bleibe der flamme trabant Wie er auch wandert und kreist Wo noch ihr schein ihn erreicht Irrt er zu weit nie vom ziel Nur wenn sein blick sie verlor Eigener schimmer ihn trugt Fehlt ihm der mitte gesetz Treibt er zerstiebend ins all 6 Hintergrund BearbeitenNach Georges eigener Darstellung war das Werk zunachst fur die freunde des engern bezirks gedacht Die sich ubersturzenden welt ereignisse gemeint ist der Erste Weltkrieg hatten die gemuter auch der weiteren schichten empfanglich gemacht fur ein buch das noch jahrelang ein geheimnis hatte bleiben konnen 7 Im Stern des Bundes dessen ursprunglicher Titel Lieder an die heilige Schar lauten sollte formulierte George sein padagogisches Programm fur eine Elite die sich uber die Verehrung fur den Meister und die Freundschaft zwischen einem Alteren und einem Jungeren definierte Nach dem Siebenten Ring wurde ihm die erzieherische Aufgabe seiner Dichtung immer wichtiger So richtete er seine Gedichte nun haufiger an einzelne Freunde um ihnen Massregeln zukommen zu lassen und sich uber den Stand ihrer Entwicklung zu informieren Wollte sich aber jemand in den Versen wiedererkennen belehrte George ihn dass die besungene Person weniger wichtig sei als das Werk und die Gemeinschaft und er nicht nach bestimmten Personen oder sich selbst suchen sollte Da die Einzelerlebnisse Teil der gemeinsamen Sphare waren und Personen und Namen als Besitz des Kreises betrachtet wurden sollte das Mitglied sich in die Gedichte vertiefen nach hoheren Wahrheiten suchen und Werte und Normen des Kreises verinnerlichen 8 Wahrend in den Gedichten des Siebenten Ringes der Abstand zwischen Dichter und gestaltetem Gott sichtbar bleibt geht die Identifikation im Stern des Bundes so weit dass es bisweilen schwer ist die Stimmen zu unterscheiden Wenn der Dichter spricht meint man den Gott zu horen der sich eines menschlichen Mundes bedient 9 Rezeption BearbeitenDer Stern des Bundes gehort zu den umstrittenen Werken des Dichters Claude David sprach von der Schmucklosigkeit und scheinbaren Nachlassigkeit des Zyklus von seiner liturgischen Monotonie dem Verzicht auf Preziositat und Pathos Auffallend seien Gebet Meditation und magische Beschworungsformeln welche die Sprache auf ihren Kern reduzierten 10 Indem sie das Wesentlichste bewahrt und sich von allem Zierrat befreit habe sei sie reine Dichtung nbsp Friedrich Gundolf auf einer Fotografie von Jacob Hilsdorf Der apologetische Bewunderer Friedrich Gundolf wertete Georges geschichtliche Aufgabe als Wiedergeburt der deutschen Sprache und des Dichtertums 11 und stellte ihn neben Friedrich Nietzsche indem er sie als die beiden einzigen Menschen bezeichnete die jenseits dieses ganzen Zeitalters sich im Wort entladen um ihren geschichtlichen Beruf der Erneuerung zu erfullen 12 Der Stern des Bundes enthalte die Ethik die sich in Georges vorhergehenden Werken als Lebens gesicht im Siebenten Ring als Weltgesicht gezeigt habe Er gebe keine spezifischen Regeln sondern magische Wunsch und Wahlspruche seines Willens oder Gesichte des Auf und Untergangs welche die Ordnung wirkend darstellen Werde im vielfarbigen Siebenten Ring die Erscheinung des Mittlers selbst gefeiert sei im Stern des Bundes die Durchdringung vollbracht weswegen er farben und reizlos sei 13 Die gottliche Gestalt Maximins sei Anfang End und Mitte auch dieses Werks nicht mehr als geliebter Mensch sondern als entruckter Herr der Wende Das Werk wiederhole auf einer hoheren Stufe die Magie des Jahres der Seele 14 Die seit langem hohlen Zauber und Schopfungsworte hatten durch George wieder Gewalt Gehalt und Gestalt bekommen Schonheit Grosse Mensch Volk und Gott Habe der Mensch sich seit Jahrhunderten entaussert und selbst verloren vermochte George ihn in seinem einfachen Ursprung zu grunden In dem gotthaft gestaltige n SEIN 15 Fur Michael Titzmann gehort der Zyklus zu den fragwurdigsten Werken Georges da viele der Texte kaum mehr als irrationalistische Ideologie seien Indem George in der Vorrede fast bedauernd von der Breite der Rezeption des Sterns spreche nehme er in Kauf dass der Gultigkeitsanspruch auf eine kleine Gruppe reduziert werde Die vorgelegte Zeitkritik werde damit zum Selbstwiderspruch da sie die Menschen nicht zu erreichen suche Man durfe diese Art der Gruppenesoterik nicht mit der legitimen Dunkelheit moderner Lyrik verwechseln wie sie etwa in der Dichtung Georg Trakls zum Ausdruck komme Einerseits postuliere George Geheimnisse die es zu bewahren gelte andererseits spreche er sie aus Der religios mystische Kontext trage zur Stilisierung des lyrischen Ichs zum Propheten bei der sich haufig mit seinem Gott zu verwechseln scheine 16 Thomas Karlauf sieht im Stern des Bundes den ungeheuerlichen Versuch die Paderastie mit padagogischem Eifer zur hochsten geistigen Daseinsform zu erklaren Wer diesen Umstand nicht habe sehen wollen musste die tausend Verse fur inkommensurabel halten oder wie Walter Benjamin zitiert wird fur das choreographische Arrangement des Veitstanzes George habe eine erfolgreiche Strategie verfolgt als er in die Offentlichkeit ging um sie als sichersten Schutz zu wahlen Nur wenige hatten zu fragen gewagt wozu der Aufwand betrieben worden sei und worin der Unterschied zwischen Geweihten und Ungeweihten bestanden habe So habe das offene Geheimnis entscheidend zur Elitebebildung beigetragen 17 An anderer Stelle beschreibt Karlauf dass der Elite Gedanke innerhalb des George Kreises von einer stillschweigenden Einigung uber das Wesen des padagogischen Eros getragen sei Die Liebe zu den jungeren schonen Mitgliedern musste platonischer Natur sein 18 Wegen fehlender Belege konne man nur daruber spekulieren inwieweit es in einzelnen Fallen zu sexuellen Handlungen gekommen ist Auf Martin Buber wirkte der Zyklus so als ob ein geheimer Orden seine in dunklen und bedeutenden Worten gehaltene Regel drucken und verkaufen lassen wolle Gehore das Geheimnis nicht vor die Ohren des Marktes solle man nicht von ihm reden Man durfe nicht befehlen das Tor zu schliessen und den Schlussel aus dem Schlusselloch nehmen damit die von draussen doch hereinschauen konnen 19 Literatur BearbeitenTextausgaben Bearbeiten Stefan George Der Stern des Bundes Herausgegeben von Ute Oelmann Klett Cotta Stuttgart 1993 Samtliche Werke in 18 Banden Band VIII derzeit massgebliche Ausgabe Stefan George Der Stern des Bundes In Stefan George Werke Ausgabe in zwei Banden Klett Cotta Stuttgart 1984 S 345 394 Stefan George Der Stern des Bundes Georg Bondi Berlin 1914 Sekundarliteratur Bearbeiten Bernd Johannsen Reich des Geistes Stefan George und das Geheime Deutschland Verlag Dr Hut Munchen 2008 Thomas Karlauf Stefan George Die Entdeckung des Charisma Karl Blessing Verlag Munchen 2007 ISBN 3 89667 151 0 Hansjurgen Linke Das Kultische in der Dichtung Stefan Georges und seiner Schule Helmut Kupper Munchen und Dusseldorf 1960 Manfred Riedel Geheimes Deutschland Stefan George und die Bruder Stauffenberg Bohlau Verlag Koln 2006Weblinks BearbeitenDer Stern des Bundes bei Zeno org https www projekt gutenberg org george stern1 stern1 htmlEinzelnachweise Bearbeiten Thomas Karlauf Stefan George Die Entdeckung des Charisma Biographie 2 Auflage Blessing Munchen 2007 ISBN 978 3 89667 151 6 S 390 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Inhaltsverzeichnis Der Stern des Bundes In Gero von Wilpert Lexikon der Weltliteratur S 1246 1247 Herbert A und Elisabeth Frenzel Daten deutscher Dichtung Gegenstromungen zum Naturalismus Stefan George Der Stern des Bundes Deutscher Taschenbuch Verlag Munchen 1990 S 521 Stefan George Der Stern des Bundes In Stefan George Werke Ausgabe in zwei Banden 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Zweite Auflage Georg Bondi Verlag Berlin 1921 S 2 Friedrich Gundolf George Der Stern des Bundes Zweite Auflage Georg Bondi Verlag Berlin 1921 S 247 Friedrich Gundolf George Zweite Auflage Georg Bondi Verlag Berlin 1921 S 245 Friedrich Gundolf George Zweite Auflage Georg Bondi Verlag Berlin 1921 S 269 Michael Titzmann Der Stern des Bundes In Kindlers Neues Literatur Lexikon Bd 6 Kindler Munchen 1989 S 232 Thomas Karlauf Stefan George Die Entdeckung des Charisma Biographie 2 Auflage Blessing Munchen 2007 ISBN 978 3 89667 151 6 S 394 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Thomas Karlauf Stefan George Die Entdeckung des Charisma Biographie 2 Auflage Blessing Munchen 2007 ISBN 978 3 89667 151 6 S 388 Zit nach Thomas Karlauf Stefan George Die Entdeckung des Charisma Biographie 2 Auflage Blessing Munchen 2007 ISBN 978 3 89667 151 6 S 395 Normdaten Werk GND 4331998 1 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der Stern des Bundes amp oldid 236350964