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Dieser Artikel behandelt die Erzahlung zum Altestenerbrecht siehe Majorat Das Majorat ist eine Erzahlung von E T A Hoffmann die erstmals 1817 erschien und zwar in der zweiteiligen Sammlung Nachtstucke Herausgegeben von dem Verfasser der Fantasiestucke in Callots Manier Berlin Reimer 1816 f Der erste Teil der Nachtstucke enthalt die Erzahlungen Der Sandmann Ignaz Denner Die Jesuiterkirche in G Das Sanctus der zweite Das ode Haus Das Majorat Das Gelubde Das steinerne Herz Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt und erzahlerische Organisation 2 Personen der Handlung 3 Interpretation 4 Literatur 5 WeblinksInhalt und erzahlerische Organisation BearbeitenDer Text prasentiert sich als zweiteilige Ich Erzahlung die erzahlte Zeit erstreckt sich von der letzten Dekade des 18 zur zweiten Dekade des 19 Jahrhunderts und umfasst damit die Zeit der Unruhe die Europa nach der Franzosischen Revolution erfasst hatte bis etwa zum Ende der napoleonischen Kriege Wahrend sich der erste Teil aus dem eigenen Erleben des Ich Erzahlers Theodor speist enthalt der zweite Teil als Ruckblende bis in das Jahr 1760 die Chronik der freiherrlich von R schen Familie vom Zeitpunkt der Stiftung des Majorats bis zum Tod des letzten Freiherrn von R der um 1800 eintritt Diese Chronik wird so wiedergegeben wie sie dem Ich Erzahler von seinem Grossonkel berichtet wurde der wahrend dieser ganzen Zeit Justiziar der Familie von R war Die analytische Erzahlweise die zunachst einen fragmentarischen Ausschnitt der dargestellten Welt bietet um dann einen erklarenden Kontext nachzuliefern ist nicht untypisch fur Hoffmann Sie kann auf seine Erfahrungen bei der Herstellung juristischer Texte bezogen werden Die Richter des zeitgenossischen Inquisitionsverfahrens ermittelten zunachst den unmittelbaren Sachverhalt eines Verbrechens das sie dann in einen grosseren erklarenden Kontext die sog Geschichtserzahlung einbauten die zur Grundlage des Urteils wurde Im Jahr 179 wird der damals noch junge Ich Erzahler von seinem Grossonkel V aufgefordert ihn in der Funktion eines Sekretars bei einer seiner regelmassigen Reisen auf das Stammschloss der Familie von R an der Kurischen Nehrung zu begleiten Diese Reise hat alle Merkmale einer Einfuhrung in die Welt der Erwachsenen die gepragt ist von beruflichen und gesellschaftlichen Anforderungen von sozialen hier noch standischen Unterschieden und von der Geschlechterdifferenz Das Schloss in dem sie sich mit der herbstlichen Jagdgesellschaft des Majoratsherrn aufhalten tragt schon die Zeichen des Verfalls und es ist der Ort beunruhigender Erscheinungen aus der Vergangenheit die der Grossonkel zu bannen weiss Aber auch das gesellschaftliche Leben halt Prufungen fur Theodor bereit er bewahrt sich mit Gluck bei der Jagd und er verliebt sich in Seraphine die Gattin des Majoratsherrn so dass ihn der Grossonkel als Mentor vor den Folgen seines jugendlichen Irrens beschutzen muss Insgesamt bleiben ihm die Erlebnisse und Begegnungen der Reise ratselhaft so dass es der Grossonkel als seine Aufgabe ansieht ihn im folgenden Sommer in die weiteren Zusammenhange d h in die Geschichte der Familie von R einzuweihen Der alte Roderich von R hatte fur den Stammsitz seines Geschlechts ein Majorat errichtet um wenigstens die jeweils altesten Sohne und ihre Familien an einen Ort zu binden und der Familie auf diese Weise Dauer zu verleihen Derart dynastische Absichten erschienen schon dem Zeitgenossen und Juristen V anachronistisch und gefahrlich weil sie alle nachgeborenen Geschwister benachteiligen Das Majorat gibt den Bruderkonflikten Anlass und Form und fordert so den Untergang des Hauses von R der denn auch in der Enkelgeneration eintritt 1760 stirbt der alte Roderich wahrend gleichzeitig der Turm einsturzt in dem er sich astronomischen und womoglich auch astrologischen Studien hingegeben hatte Sein altester Sohn Wolfgang wird neuer Majoratsherr und prompt vom Diener Daniel ermordet mit Zustimmung des jungeren Bruders Hubert Hubert tritt nun das Erbe an wohl wissend dass Wolfgang einen Sohn aus der Ehe hat die er vor dem Vater geheim halten musste Als Hubert stirbt tritt dessen Sohn als Anwarter auf doch der Justitiar V sorgt dafur dass nun der wahre Nachfolger eben Wolfgangs Sohn Roderich in sein Recht gesetzt wird Dessen Ehe mit der Kusine Seraphine bleibt kinderlos Seraphine stirbt kurz nach der Begegnung mit Theodor und mit Roderich dem Enkel geht das Geschlecht unter Das Majorats Gut fallt an den Staat der aus den Trummern des Schlosses den Leuchtturm errichtet den zu bauen der alte Roderich in seinem Testament aufgefordert hatte Die Erzahlung endet mit einem melancholischen Kommentar des Ich Erzahlers Armer alter kurzsichtiger Roderich welche bose Macht beschworst du herauf die den Stamm den du mit fester Wurzel fur die Ewigkeit zu pflanzen gedachtest im ersten Aufkeimen zum Tode vergiftete Personen der Handlung BearbeitenFamilie von R Roderich von R der Altere Majoratsstifter 1760 Wolfgang von R altester Sohn von 1 nach 1760 geheim als Born verh mit Julie von St Val Hubert von R zweiter Sohn von 1 mehrere Jahre spater verh mit N N 2 Sohne Hubert und N N der im russischen Militardienst fallt 1 Tochter Seraphine Hubert von R Sohn von 3 Pratendent im russischen Militardienst Roderich von R aus der geheimen Ehe von 2 verh mit Seraphine Tochter von 3 wohl nach 1810 Die Diener Daniel bei Roderich d A und Hubert Franz bei Wolfgang und Roderich d J Die burgerlichen Beobachter Justitiar V Theodor Grossneffe des Justitiars und Ich Erzahler Interpretation BearbeitenDer Versuch mit der Einrichtung des Majorats die Zukunft der Familie zu bestimmen und ihr Dauer zu geben ist misslungen schon weil er den sozialen Wandel der sich in der Zeit der Franzosischen Revolution unverkennbar beschleunigt nicht berucksichtigen kann Das Majorat gibt den unvermeidlichen Konflikten zwischen den Vatern und den Sohnen eine Form die sie immer mit der Zukunft der Familie verbindet Das dynastische Prinzip starkt die Macht der Vater und verhindert die Konkurrenz der Sohne so dass sie in Hass und Zerstorungswut umschlagen muss In gewisser Weise liefert Hoffmanns Text einen rationalen und sozialgeschichtlich grundierten Kommentar zur katastrophalen Entwicklung der Konflikte zwischen dem Vater und den Sohnen in Schillers Schauspiel Die Rauber 1781 das er mehrfach zitiert Aber gleichzeitig findet sich bei Hoffmann auch der Hinweis auf eine Alternative namlich die burgerliche Herstellung familiarer Kontinuitat die sich nicht mehr auf die direkte Generationenfolge stutzen muss In einer entscheidenden Phase seiner Entwicklung nimmt der Justitiar V der sich am Ende seines Lebens weiss die Erziehung seines Grossneffen in die Hand und bringt diesen gleichsam auf die Lebensbahn die ihn dahin bringt das Ungluck der adligen Familie ubersehen und als unvermeidlich deshalb melancholisch beurteilen zu konnen Dauer wird nicht durch einen Machtspruch erreicht sondern durch die Vermittlung von Wissen und Werten die das Gelingen des Lebens ermoglichen Justitiar V verbietet seinem Zogling die unmogliche Liebe zu Seraphine nicht wie der alte Roderich seinem Sohn Wolfgang die Verbindung mit Julie von St Val er vermittelt ihm ironisch beilaufig die Einsicht dass diese Liebe unmoglich ist Insofern liefert Hoffmanns Text einen Beitrag zur Aufwertung der burgerlichen Familie und der burgerlichen Erziehung die fur das 19 Jahrhundert charakteristisch werden wird Es sind nicht umsonst die Burger die die Gespenster der adligen Vergangenheit zu bannen vermogen und die ihrer Zukunft eine eigene rechtliche juristisch informierte Form zu geben vermogen In der burgerlichen Erziehung das ware ein zweites Thema spielt das literarische Erzahlen eine gewichtige Rolle Wenn aber dieses Erzahlen erzieherische bildende Funktionen entfalten soll dann mussen auch die uberkommenen Rezeptionshaltungen uberwunden werden Dies macht der Text Hoffmanns deutlich als Theodor seine nachtliche Lekture in Schillers Der Geisterseher unmittelbar auf seine Umwelt projiziert so dass Angst und Handlungsunfahigkeit entstehen die erst durch das Gesprach mit dem Grossonkel uberwunden werden konnen Vor diesem Hintergrund ist auch die schadliche Wirkung zu verstehen die der Genuss von trivialen Musikstucken auf Seraphine hat sie bringen die Symptome einer Krankheit zum Vorschein die nicht mehr geheilt werden kann Literatur BearbeitenStefan Diebitz Uberhaupt eine gehassige Sache E T A Hoffmanns Erzahlung Das Majorat als Dichtung der Hybris und der Niedertracht In Mitteilungen der E T A Hoffmann Gesellschaft Sitz in Bamberg 32 1986 ISSN 0073 2885 S 35 49 Lee B Jennings The anatomy of Spuk in two tales of E T A Hoffmann In Colloquia germanica 17 Heft 1 2 1984 ISSN 0010 1338 S 60 78 Peter Konig Der poetische Charakter des Rechts Das Majorat von E T A Hoffmann In Internationales Archiv fur Sozialgeschichte der deutschen Literatur IASL 31 Heft 2 2006 ISSN 0340 4528 S 203 217 doi 10 1515 IASL 2006 2 203 Carsten Lange Architekturen der Psyche Raumdarstellung in der Literatur der Romantik Konigshausen amp Neumann Wurzburg 2007 ISBN 978 3 8260 3259 2 S 169 180 Epistemata Reihe Literaturwissenschaft 562 Zugleich Oldenburg Univ Diss 2004 Karl Ludwig Lohndorf E T A Hoffmanns Novelle Das Majorat und ihre Bezuge zu Marmontel und Kotzebue In Karl Ludwig Lohndorf Marmontel als intermediale Quelle Neues zur Rezeptionsgeschichte von Jean Francois Marmontels Bestsellerroman Les Incas ou La destruction de l empire du Perou Lang Frankfurt am Main u a 2009 ISBN 978 3 631 59062 1 S 147 183 Kenneth Negus The Allusions to Schiller s Der Geisterseher in E T A Hoffmanns Das Majorat Meaning and Background In The German Quarterly 32 1959 ISSN 0016 8831 S 341 355 Peter Philipp Riedl Die Zeichen der Krise Erbe und Eigentum in Achim von Arnims Die Majoratsherren und E T A Hoffmanns Das Majorat In Aurora 52 1992 ISSN 0341 1230 S 17 50 Ulrike Vedder Majorate Erbrecht und Literatur im 19 Jahrhundert In Sigrid Weigel Ohad Parnes Ulrike Vedder Stefan Willer Hrsg 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